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Normale Version: Auswandern um 1420 - wohin?
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Ich habe einmal wieder eine Frage zu einem Romanprojekt, an dem ich seit Jahren arbeite. Diesmal geht es darum, dass ich zwei Figuren aus einem Handlungsstrang endgültig wegbekommen möchte, wobei ich aus dramaturgischen Gründen keinen zweiten Todesfall einbauen will.

Meine Idee daher - das junge Paar, um das es geht, beschließt, seine Vergangenheit bzw. die seiner Eltern hinter sich zu lassen und einen Neuanfang in der Fremde zu wagen. Er hat mit seiner Familie gebrochen, ihre Familie wurde aus politischen Gründen aus ihrer Heimatstadt vertrieben und hat es bisher nicht geschafft, woanders wenigstens wieder sesshaft zu werden.

Eine Auswanderung nach Amerika war damals noch nicht möglich. Ob Auswandern nach Jerusalem damals noch möglich, weiß ich nicht.

Meine Frage ist daher? Hat hier irgendjemand eine Idee, wohin jemand aus der Reichslandschaft Schwaben (bisher zwischen Pfalz, Schwarzwald und Bodensee unterwegs) um 1420 eine Auswanderung gewagt hätte? Ich suche eine Lösung, die nicht gänzlich unglaubwürdig ist, die aber der Auswanderung in ein fernes Land entspricht.


Würde mich über Ideen sehr freuen.
Teresa
1420
da gab es doch noch die hochmittelalterliche Ostsiedelung.
Zumindest Handwerker sind da noch in Stückzahlen ausgewandert.

https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/beg...stsiedlung

In Württemberg hatten die Einwohner, auch der Dörfer das Recht der Freizügigleit.
Deshalb über ein halbes Jahrtausend nicht wenige ausgewandert.
Siebenbürgen.
Danke für Eure Tipps - Siebenbürgen kommt zwar aus dramaturgischen Gründen eher nicht in Frage, aber die Ostbesiedlung klingt gut.
Naja, wann sind die Wolga Deutschen ausgewandert? Und die Donauschwaben, damit ist nicht Siebenbürgen gemeint, denke ich zumindest, war auch nach 1918 in Ungarn. Hatte mal einen Forianer mit dem Nick "Nemeth" (ungarisch Deutscher), der dort geboren war. In Jugoslawien gab es auch Deutsche.

Ich glaube aber, diese Emirgrationen waren alle später, jedenfalls weiss ich dass von der tschechischen Auswanderung, nach Wolhynien oder Kroatien.
Die Vorfahren der Wolgadeutschen kamen erst unter Katharina II. ins Land. Bei den Siebenbürger Sachsen, Donauschwaben usw. gab es mehrere Einwanderungswellen. Die ersten deutschen Siedler kamen im 12. und vor allem 13. Jahrhundert nach Siebenbürgen, weitere Siedlungswellen gab es seit der Reformation. Eine große Anzahl Siedler kamen im 18. Jahrhundert in ihre neue Heimat.

Deswegen würde ich für die Zeit um 1420 diese Auswanderungsziele nicht favorisieren.

Ich würde Dir als Auswanderungsziele Städte wie Reval, Riga, Pernau - also das Baltikum, oder Bergen empfehlen.
(14.03.2023 23:18)Sansavoir schrieb: [ -> ]Deswegen würde ich für die Zeit um 1420 diese Auswanderungsziele nicht favorisieren.

Ich würde Dir als Auswanderungsziele Städte wie Reval, Riga, Pernau - also das Baltikum, oder Bergen empfehlen.

Das waren aber überwiegend "Hanseaten" und keine Schwaben, die dorthin gelangten.

1410 war die Schlacht bei Grunwald. In dieser Zeit und davor kamen viele Ordensritter auch aus Schwaben nach Preussen und sie hatten meist ihr "Personal" (Waffenknechte) dabei.
Von den am Kampf beteiligten Gebietigern und Komturen hatten nur drei überlebt. Es waren Oberst-Spittler Werner von Tettingen, der Danziger Komtur Johann von Schönfeld und Graf Friedrich von Zollern, der Komtur von Bal
(14.03.2023 23:37)Arkona schrieb: [ -> ][quote='Sansavoir' pid='75925' dateline='1678828691']
./.

1410 war die Schlacht bei Grunwald. In dieser Zeit und davor kamen viele Ordensritter auch aus Schwaben nach Preussen und sie hatten meist ihr "Personal" (Waffenknechte) dabei.

Das ist richtig.
Ist vielleicht auch verwendbar:
Ein schwäbischer Hohenzollern-Graf gehörte zu den wenigen Überlebenden der Schlacht bei Tannenberg.

er war Komtur von Balga
Von den am Kampf beteiligten Gebietigern und Komturen hatten nur drei überlebt. Es waren Oberst-Spittler Werner von Tettingen, der Danziger Komtur Johann von Schönfeld und Graf Friedrich von Zollern, der Komtur von Balga

./.
Da sah ich zufällig, dass du deine Frage auch bei meinen Freinden gestellt hast.
Nun klar, es gibt gar manche Punkte wohin man auswandern kann.

zB
https://de.wikipedia.org/wiki/Schw%C3%A4...ondottieri

aber, es handelt sich doch um keinen Adel, oder sehe ich das falsch?
oder sg Reisläufer?

Und speziell in der von dir genannten Zeit war mal wieder eine Pestepidemie in Süddeutschland ausgebrochen.
aus Wiki
Zitat:Ab 1410 traten, ausgehend vom Ostalpenraum, wiederholt Pestepidemien im süddeutschen Raum auf. ./.[49]

was die Lust zum Auswandern, die Lust Migranten aufzunehmen usw. bestimmt dämpfte.
Ich habe die Frage auch bei deinen "Feinden" gestellt, aber mit einem wesentlichen Unterschied - hier habe mich detailliert dazu geäußert, worum es bei der Frage geht und bin auch ein wenig auf die Hintergründe eingegangen. Gegen eine Diskussion habe ich hier nämlich nichts einzuwenden.

Im Nirwana habe ich dagegen nur die Frage (wohin auswandern um 1420) gepostet, weil ich mir gedacht habe, vielleicht hat jemand dazu eine Idee (Brainstorming).

Ich hoffe, dass Dich das nicht verletzt hat. Das wollte ich sicher nicht.
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In meinem Roman handelt es sich um eine bürgerliche Familie. Der Vater der Frau wurde als Folge einer politischen Entwicklung aus seiner Heimatstadt vertrieben. Diese politische Entwicklung konnte ein dort angesehener Bürger nutzen, um ihn zu verjagen, weil er die Stelle des Stadtarztes mit einem Verwandten besetzen wollte. In der Folge versucht der Vertriebene mit seiner Familie in einer anderen Stadt Fuß zu fassen, und das gelingt ihm letztlich nicht, weil die, welche jetzt in seiner einstigen Heimatstadt das Sagen haben, dort ebenfalls politische Verbündete haben. In dieser Stadt lernt die Tochter des Arztes den Sohn eines Bürgers kennen, der bei der neuerlichen Vertreibung sich gegen seine Familie stellt und ihrer Familie anschließt. Letztlich beschließt die beiden jungen Leute die Auswanderung, weil sie sich einfach einiges von einem völlige Neuanfang versprechen. (Und weil ich ihr Schicksal offenlassen will, sie aber aus dramaturgischen Gründen aus der Handlung wegbekommen möchte.)

Du hast vollkommen Recht, es handelt sich nicht um jemanden von Adel und auch um keinen Reisläufer, sondern um Menschen, denen die Politik der Mächtigen indirekt die Existenz kostet und die halt nicht, wie in Romanen übrig, am Schluss mit einem Aufstieg in den Adel belohnt werden, nachdem sie als Etablierte vorübergehend in die Unterschicht abgesunken sind wie zum Beispiel in der "Wanderhure" und nicht nur dort.
Ach was, natürlich hat mich das nicht verletzt.
Warum auch.

Als ich aber jetzt dein Post gelesen habe, ist mir einiges eingefallen.
Irgendwo ist mir eine reale Geschichte ähnlich wie die von dir skizzierte untergekommen.
Im Umfeld der Oberschwäbischen Handelsstädte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe...sellschaft

die diversen Familien in Ravensburg, Konstanz, Biberach, Buchhorn (heute Friedrichshafen), Memmingen, Kempten, usw. waren alle verflochten, geschäftlich aber auch verwandtschaftlich.
Die spielten zwar ein-zwei Ligen tiefer als Fugger und Welser, aber es ging sehr ähnlich zu, die Humpis zB aus Ravensburg haben es auch in den landbesitzenden Adel geschafft.
Idee:
Der "Sohn eines Bürgers" schnappt sich seine Duschinea und geht für die Welser nach Cremona und macht der Ravensburger Kompagnie dort Konkurrenz
Ich hatte oben schon einige Vorschläge gemacht, ich könnte mir auch Antwerpen als Auswanderungsort vorstellen.
Danke für die Tipps - was das Baltikum bzw. Norwegen betrifft, wurde geographisch gut passen, allerdings bin ich im Moment noch am Nachforschen, da ich mir die Frage stelle, wie jemand im Südwestdeutschland von Reval, Riga, Pernau oder Bergen einmal gehört hat. Andererseits könnte hier aber das Konzil von Konstanz eine Rolle spielen, der Deutsche Ordensstaat und Polen-Litauen haben dort ihre Differenzen ausgetragen. Eine weitere Möglichkeit wäre der Bernsteinhandel.
(25.03.2023 09:45)Teresa C. schrieb: [ -> ]Danke für die Tipps - was das Baltikum bzw. Norwegen betrifft, wurde geographisch gut passen, allerdings bin ich im Moment noch am Nachforschen, da ich mir die Frage stelle, wie jemand im Südwestdeutschland von Reval, Riga, Pernau oder Bergen einmal gehört hat. Andererseits könnte hier aber das Konzil von Konstanz eine Rolle spielen, der Deutsche Ordensstaat und Polen-Litauen haben dort ihre Differenzen ausgetragen. Eine weitere Möglichkeit wäre der Bernsteinhandel.

Die Grafen und Fürsten Südwestdeutschlands machten mindestens ab dem 13, Jahrhundert regelmäßig "Kriegsreisen" in die Länder des Deutschen Ordens.
Von mindestens 3en württembergischer Grafen in der gesuchten Zeit weiß ich.
Ein Hohenzollerngraf war wie beschrieben in der gesuchten Zeit Komtur von Balga.
Die sind aber allesamt keineswegs alleine in unbekannte Länder gereist.... sprich "Nirwana":shade:

Ich habe iM kA wie die Wissensübermittlung in der Zeit vor dem Buchdruck beim "einfachen Volk" abgelaufen ist.
Aber es gibt für mich keinen Zweifel, dass die Kenntnisse hatten, belastbare
(26.03.2023 00:28)Suebe schrieb: [ -> ]
(25.03.2023 09:45)Teresa C. schrieb: [ -> ]Danke für die Tipps - was das Baltikum bzw. Norwegen betrifft, wurde geographisch gut passen, allerdings bin ich im Moment noch am Nachforschen, da ich mir die Frage stelle, wie jemand im Südwestdeutschland von Reval, Riga, Pernau oder Bergen einmal gehört hat. Andererseits könnte hier aber das Konzil von Konstanz eine Rolle spielen, der Deutsche Ordensstaat und Polen-Litauen haben dort ihre Differenzen ausgetragen. Eine weitere Möglichkeit wäre der Bernsteinhandel.

Die Grafen und Fürsten Südwestdeutschlands machten mindestens ab dem 13, Jahrhundert regelmäßig "Kriegsreisen" in die Länder des Deutschen Ordens.
Von mindestens 3en württembergischer Grafen in der gesuchten Zeit weiß ich.
Ein Hohenzollerngraf war wie beschrieben in der gesuchten Zeit Komtur von Balga.
Die sind aber allesamt keineswegs alleine in unbekannte Länder gereist.... sprich "Nirwana":shade:

Ich habe iM kA wie die Wissensübermittlung in der Zeit vor dem Buchdruck beim "einfachen Volk" abgelaufen ist.
Aber es gibt für mich keinen Zweifel, dass die Kenntnisse hatten, belastbare


Hat mich jetzt interessiert.
Arkona hat recht, die Masse der bürgerlichen Siedler im Ordensland kam tatsächlich aus dem Niederdeutschen Sprachgebiet.
Aber selten waren die Oberdeutschen Siedler keineswegs, schon aus dem 13. Jahrhundert gibt es eine "Reimchronik", einen Kriegsbericht in Reimform in Oberdeutscher Sprache.
Ergo: Ein Auswandern nach "Preußen" oder "Livland" war keineswegs aus der Weise für einen Südwestdeutschen.
Bei Bedarf kannst gerne Quellenangaben haben.
Viele Norddeutsche kamen auch als Seeleute und Kaufleute nach England und Skandinavien.
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