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Normale Version: Oberschwäbischer Hochadel zB Waldburg
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Zitat Teresa
Zitat:Gibt es eigentlich einen besonderen Grund (abgesehen vom Bauernjörg), dass die Truchsesse / Grafen von Waldburg in Schwaben offensichtlich einen schlechten Ruf haben?

Ich bin erstmals auf sie durch die Starkenberger Fehde und die Geschichte des Bundesland Vorarlberg bzw. bei einem einwöchigen Aufenthalt im "Ländle" auf sie gestoßen. Habe ich mich dann mehr mit ihnen beschäftigt, da mich vor allem die Ursula von Waldburg für ein Romanprojekt näher interessiert hat. Zudem es von ihr einige Briefe gibt, aus denen sich auch Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit bzw. ihr öffentliches Auftreten ergeben.


Gute Frage.Thumbs_up
Mein Versuch, vom Subjektiven zum Objektiven zu kommen:
Die Person des Bauernjörg spielt mit Sicherheit eine große Rolle hierbei.
Weiter, die Familie Waldburg hat weite Territorien von Habsburg verpfändet bekommen,
zB die berühmten Donaustädte, die sich dann selbst auslösten. Und sich als Pfandinhaber allem nach nicht mit Ruhm bekleckert, ob dies aber außergewöhnlich war, wage ich nicht zu entscheiden.
Und weiter: In Württemberg gab es nach 1816 ca. 45 Standesherrschaften, mehr als in allen anderen "Staaten" des Deutschen Bundes.
Nach 1800 wurden etliche von links des Rheins "vertriebene" in Oberschwaben mit Klöstern, Metternich zB und Reichsstädten (Wykradt in Isny zB) entschädigt.
Zwischen 1817 und 1848 haben sich die ganzen Standesherrschaften mit Zähnen und Klauen gewehrt, irgendetwas ihrer vermeintlichen "Rechte" aufzugeben. Das Haus Württemberg dagegen hat frühzeitig dies alles geregelt. So gab es im Königreich Württemberg zweierlei Untertanen, wobei die die zusätzlich einen Standesherren hatten, doppelt bezahlten. Was Anno 1848 eine erhebliche Rolle spielte. Wobei da auch hochkam, dass diverse "Rechte", die längst nicht mehr legal waren, nichtsdestotrotz noch eingefordert wurden, sogar noch 1850 ff. Die Standesherren waren ja gleichzeitig Gerichtsherren, was für die Standesuntertanen, bei nicht berechtigten Forderungen eine schwierige Situation war.
Die Bauern bzw. Doppelt-Untertanen waren dann auch die Zweifellos einzigen Gewinner der 1848/49er Revolution waren.

In der Hoffnung hier mit den paar Worten etwas zur Aufklärung beigetragen zu haben.
Danke Dir Teresa, dass Du mich mit der Nase auf das Thema gestoßen hast.

Suche ich letzte Nacht nach den Schandtaten der Truchsesse währende der 48er-Revolution, was finde ich? Das glatte Gegenteil.

Constantin von Waldburg-Zeil Trauchburg

Frei gewählter Abgeordneter in der Nationalversammlung, und dort bei den ganz Linken!

1850 auf dem württ, Demokartenbuckel Asperg eingesperrt. Theobald Justinus Kerner, Sohn des Dichterarztes aus Weinsberg, zur gleichen Zeit dort inhaftiert, widmete ihm diese Zeilen:

Mögen tausend Wetter stürmen,
Himmel brechen noch zusammen,
Jubelnd ruft das Volk, das Deutsche:
Schwaben hat noch seinen Z e i l.

Warhaftig einer, bei dem es sich lohnt sich mit ihm zu beschäftigen
Ich habe gar nicht gewusst, dass die Truchsesse und Grafen von Waldburg in Schwaben so unbeliebt sind, sondern ich habe mir gedacht, dass sich ein "Hans mit den vier Frauen" doch ganz gut für ein Jux-Rätsel eignen könnte.
Teresa, das ist mow meine eigene subjektive Meinung.
Deswegen oben auch mein Versuch, objektiver zu sein.

Es kommt natürlich dazu, dass die diversen Häuser immer wieder Dinge zu Geld machen, die insbesondere der historisch Interessierte als Allgemein-Eigentum sieht.
Beispiel zu Waldburg die Waldseemüller-Karte.

Als 9- oder 10-Jähriger bekam ich ein Buch geschenkt, Deutsche Götter und Heldensagen,
auf dem Schutzumschlag der germanische Spangenhelm, gefunden in einem merowingischen Gräberfeld in Gammertingen. Im Text wurde dann die Vermutung geäußert, dass die durchaus als Muster für die Kaiserkrone des HRR gedient haben könnte.
Nun, jener Spangenhelm lag oder liegt in den Hohenzollerischen Sammlungen in Sigmaringen, und ich habe ihn dort immer andächtig betrachtet. Inzwischen lässt man, da seit 10oder15 Jahren keinen mehr rein, auch den Fachleuten der Sigmaringer Dependance des BW-Landesmuseums wird, der Zugang verweigert....

Im Grundgesetz steht sinngemäß, Eigentum verpflichtet und soll vorrangig der Allgemeinheit dienen.

Damit meine immer mal wieder hochkochende Empörung verstanden wird.
Der 16 jährige "Bauernjörg" soll versucht haben in Italien Söldner zu werden.
Die Erziehungsberechtigten hätten ihn daran gehindert. Bat

Nächstes Jahr ist ja Jubiläum, 500 Jahre Bauernkrieg.

Es ist, besonders im Hegau und Bodenseegegend schon 1524 losgegangen.
Wobei es erstaunlich ist, dass die Masse der Konflikte auf dem Verhandlungsweg bereinigt worden sind. Zumindest in dieser Frühphase.
Noch zur Verdeutlichung, der abenteuerlustige Jörg wurde "per Staatsgewalt" zurückgeholt, nicht schon an der Abreise gehindert.
Am Sonntag war ich nach Jahrzehnten mal wieder auf der Waldburg

Die ziehen da inzwischen ein richtiges "Neuschwanstein" auf.
Die Burg selber ist zumindest optisch auch zweifellos Hochmittelalter.

Was ich nicht mehr auf dem Schirm hatte, dass die Reichskleinodien über 20 Jahre auf der Waldburg waren.
1220bis ca. 1242
Ist aber erklärbar. Dass die Reichskleinodien 1220 auf die Waldburg kamen, hängt mit der Vormundschaft für Heinrich (VII.) zusammen. Inwieweit ein Zusammenhang zwischen Heinrichs Tod im Jahr 1242 und der Herausgabe der Reichskleinodien besteht, ist möglich, aber nicht sicher. Nachdem Heinrich 1235 entmachtet wurde, wurde Konrad IV. römisch-deutscher König und für ihn übernahm auch ein Waldburg die Vormundschaft.
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