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Zuvor habe ich nach langer langer Zeit mal wieder bei meinen "besten Freunden" reingespickt.

Die Währungsreform und die GAU-Inflation 1923 ist dort Thema....

Johannes Semler wird genannt. Seine Rolle bei der "Vernichtung" von Borgward dürfte ja bekannt sein.
Christian Semler, mit Streiter von Rudi Dutschke und späterer TAZ-Redakteur war sein Sohn.

Das Statement von Ludwig Erhard zur Inflation kann man in meinen Beiträgen immer unten lesen...

Vielleicht interessiert es ja ein wenig, könnten wir hier diskutieren.
1923 gab es die klare Aussage der Reichsbank
"Mark ist gleich Mark"
soll heißen, eine Schuld aus dem Jahr 1913 über z. B. 10.000 Mark
konnte im September 1923 mit 10.000 Mark Inflationsgeld bezahlt werden, dem Gegenwert von einem Himbeer-Bonbon.
Und das ist tatsächlich im großen Stil geschehen.

Mein Großvater als Regionalpolitiker wurde als Vermögensvormund in einigen Fällen von Waisenkindern amtlich eingesetzt.
Einen Fall hat er immer wieder geschildert, eine Waise hat 1 Woche nach dem Zeitpunkt der Volljährigkeit und damit Aufhebung der Vormundschaft ihr ererbtes Haus verkauft. Wert des Verkaufserlöses siehe oben.
Und er hätte dann alles versucht, den Verkauf rückgängig zu machen, vergeblich, es ging nichts, gar nichts.
"Mark ist gleich Mark"
Der Grundsatz "Mark ist gleich Mark" Rechtspositivismus nannte man das, ist erst am vom 5. Zivilsenats des Reichsgerichtshofes am 28. November 1923 aufgehoben worden.
Was dann natürlich noch zu jahrelangen Diskussionen führte.

Letztendlich hat sich der deutsche Staat damit aller seiner "internen" Kriegsschulden entledigt.
Die berühmten Kriegsanleihen, mit denen das Deutsche Reich den Krieg finanzierte, waren damit völlig wertlos geworden.
Hier ein Link dazu
https://www.bundesarchiv.de/aktenreichsk...ra2_49.htm

Die Kriegsanleihen sind mit erheblichem Druck, insbesondere dem Bürgertum gegenüber, ins Volk "gedrückt" worden. "Wer hat, und nicht zeichnet, hat sich gezeichnet"
aus Wiki:
Zitat:Die langfristigen Anleihen des Deutschen Reichs waren bis 1. Oktober 1924 unkündbar.[6] Trotz des für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieges war die Tilgung der Anleihen dem Staat durch den hyperinflationären Wertverlust der Mark von 1914 bis 1923 ohne Schwierigkeiten möglich.[7] Die Zeichner der Kriegsanleihen erhielten praktisch keinen Wert zurück, ihr dem Staat geliehenes Geld war verloren.

Noch die 9. Kriegsanleihe im September 1918! Brachte über 10 Milliarden Mark ein!
Es gab verschiedene Strategien wie mit der galoppierenden Inflation umgegangen wurde,
Der Lohnempfänger musste die um 11 Uhr gezahlten Löhne sofort, bis 12 Uhr, wenn der neue Dollarkurs "kam" einkaufen gehen, Lohn/Gehalt in Waren umgesetzt haben.

Firmen bezahlten mit Wechsel! Ein Wechsel ist erst in 3 Monaten fällig, lediglich der Diskont (Zinsabschlag) ist sofort fällig. Und nach 3 Monaten war der zu zahlende Betrag "Mark ist gleich Mark" nahe nichts mehr wert.

Fortsetzung folgt.
International tätige Firmen konnten kräftige Gewinne erzielen.
Im Inland wurde faktisch ohne Lohnkosten produziert, und die Waren wurden gegen wertbeständige Devisen verkauft.

Einer der Inflationsgewinner war der fürchterliche Adolf!
Er machte eine Vortragsreise im Sommer 1923 in die Schweiz und sammelte Schweizer Franken in 5-stelliger Höhe als Spende ein.
Aber er investierte dann in eine verlorene Sache. Den Hitlerputsch im November 1923
Aber ohne dieses Geld hätten ihn die anderen Putschisten, Ludendorff pp. ja niemals ernst genommen.
Als Beispiele für
die Inflationsgewinner wäre hier Hugo Stinnes, oder auch Jakob Schapiro zu nennen.

Die ganzen Jahre der Demokratie in der Weimarer Republik kam die Forderung einer Entschädigung der Bevölkerung, der "Sparer" für die Inflationsverluste immer wieder hoch.
Es gab auch mehrere Parteien die sich insbesondere diesem Thema annahmen.
Was mit dem 30. Januar 1933 dann vorbei war.

Die Industrie mit ihren Export-Gewinnen investierte diese Mittel in Maschinen und Vorrichtungen die zu einem erheblichen Teil schnell veralteten, was dementsprechend nicht brachte.
Fahrzeughersteller richteten Fertigungsbänder zur kostengünstigeren Produktion ein.
Was halt auch nur klappte, wenn das Produkt in größeren Stückzahlen zu verkaufen war.Bei Opel funktionierte dies hervorragend, bei Brennabor gar nicht.


ABER:
Der Hauptproviteur der Inflation 1923 war der Staat, der auf die Art und Weise sich seiner Schulden bei den eigenen Bürgern völlig entledigte.
Wie Ludwig Erhard in den 50ern schrieb, "Die Inflation ist nichts anderes als der Betrug an dem Staatsbürger, der um seine Ersparnisse gebracht wird.

UND:
Was per Saldo zur Republik-Feindschaft weiter Kreise der Staatsbürger führte. Und dies, nur dies brachte Hitler in den Sattel.
Es war nach dem völlig unnötig vom Zaun gerissenen Krieg das grösste Verbrechen, das die Politik sich bis dahin geleistet hat. Dazu die Dolchstosslegende. Immerhin - nach dem Zweiten Weltkrieg hat man dann daraus die Lehren gezogen, und deshalb die Währungsreform, aber dann vor allem Ludwig Erhard mit seiner "Kettensäge" - wie man heute vielleicht sagen würde, in Anlehnung an Milei - die Marktkräfte sich haben entfalten lassen.
(27.12.2024 18:33)Marek1964 schrieb: [ -> ]Es war nach dem völlig unnötig vom Zaun gerissenen Krieg das grösste Verbrechen, das die Politik sich bis dahin geleistet hat. Dazu die Dolchstosslegende. Immerhin - nach dem Zweiten Weltkrieg hat man dann daraus die Lehren gezogen, und deshalb die Währungsreform, aber dann vor allem Ludwig Erhard mit seiner "Kettensäge" - wie man heute vielleicht sagen würde, in Anlehnung an Milei - die Marktkräfte sich haben entfalten lassen.

Nun am Ausbruch des WK I haben nun viele Länder Anteil, einen Hauptanteil auf das Reich zu verlasten heißt nur das Versailler Diktat noch 100 Jahre später zu legitimieren.
Dolchstoßlegende ? Legende war das nicht das Munitionsarbeiter durch SPD und Vorläufer der KPD zum Generalstreik aufriefen und damit im Grunde die letzte gut vorgetragene Offensive nach Durchbruch nicht zur vollen Wirkung brachten.
Das nach dem WKII man "Lehren " daraus zog , hat mit der allierten Umerziehung zu tun.
In diesen Punkten werden wir uns nicht einig. Für mich haben im Juli 1914 die Mittelmächte klar die unumkehrbaren Schritte gemacht, die anderen haben eigentlich nur reagiert, und das sogar zurückhaltend (so mobilisierte Russland nach der Kriegserklärung Wiens an Serbien lediglich und gab so noch Raum für Wien, einen Rückzieher zu machen oder die Kriegsziele zu beschränken).

Als der Generalstreik im November 1918 ausbrach, war die letzte grosse Offensive der Deutschen vom März 1918 längst vorbei, am 14. August stufte die Heeresleitung die Lage als hoffnungslos ein.

Ja, wenn man einen Krieg verliert, dann sind die Friedensbedingungen meist kein Zuckerschlecken, nach einem so langen und ruinösen Krieg erst recht.

Im kalten Krieg war man später immer wieder mal nahe an einer Eskalation, aber man vermied es, die rote Linie zu überschreiten - nach zwei vor allem für Russland fürchterlichen Weltkriegen (und dazu noch dem russischen Bürgerkrieg) handelte man besonnener als die Mittelmächte im Sommer 1914.

Aber das ist ein schon so oft diskutiertes Thema, das müssen wir wirklich nicht nochmal vertiefen.
Man muss sich doch nicht einig werden.
Das Forum lebt doch von unterschiedlichen Standpunkten.
Fragen wir doch mal den Czech.
Warum wurde Franz-Ferdinand umgebracht?
Die Serben pp befürchteten doch, dass er den Czechen einen ähnlichen Status wie den Ungarn in der Donaumonarchie einräumen würde.

Der berühmte Blankoscheck in Wien hatte doch ein Pedant in St. Petersburg, Poincaré überbrachte ihn.

Die britisch-russischen Marineverhandlungen, die abgeleugnet wurden---
Das war doch keineswegs vertrauensbildend.

Nee nee, Clark hat schon Recht, Schlafwandler allüberall.
Natürlich müssen wir uns nicht einig werden, aber ich habe diese Frage im Leben so oft diskutiert, wie kaum eine andere, zumal nicht in einem Faden, der ein anderes Thema hat. Schon 2014, als meine Geschichte Foren Aktivität noch relativ frisch war, habe ich mir gesagt - dieses Thema diskutiere ich anlässlich des 100. Jahrestag zum letzten Mal, ist mir aber auch nicht ganz geglückt.

Ist nur eine Frage der persönlichen Bewertung, die Fakten sind eigentlich schon lange unumstritten, die Motive, da gibt es Diskussionen, und ob es halt später zum Krieg gekommen wäre, der von anderer Seite angefangen worden wäre.

Die Serben wollten einen Staat aller Südslawen, den Tschechen hätten sie einen eigenen Staat auch gegönnt, es sind da auch viele zu ihnen übergelaufen, weil die Tschechen diesen Krieg als Krieg fremder Interessen ansahen.

Hier gibt es auch schon einen Faden zum Thema: http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...3#pid64223
Sind wir noch bei der Währungsreform und der galoppierenden Inflation 1923

Die galoppierende Inflation wurde durch eine neue vertrauenswürdige Währung beendet.
Zuerst waren die deutschen Getreidevorräte als Deckung vorgesehen.
Roggenmark sollte sie heißen.
Dann aber entschied man sich für "Renten-Mark".
Zur Renten-Mark
https://www.sparkassengeschichtsblog.de/...entenmark/

Wenn man diesen Link liest, denkt sich der unbeleckte Bürger des 21. Jahrhunderts
"dass die da nicht früher drauf kamen"?

Dann dreht er sich zweimal im Kreis und sagt sich:
"Das war Absicht, die Staatsschulden mussten weg".
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