(26.03.2013 15:37)913Chris schrieb: [ -> ]...All in all scheint der Alte Orient um 1200 herum geschwächt gewesen zu sein: In wichtigen Staaten - Ägypten, Hethiter, Assyrien - brachen innenpolitische Querelen aus, die das gesamte Wirtschaftssystem der Region mit schwächten, damit auch die kleineren Handelsnationen - Mykener, Troja, Ugarit - so dass schließlich die Seevölker (die ja auch aus irgendwelchen Gründen aufgebrochen waren, warum nicht deswegen, weil die Handelspartner ihnen ihre Waren nicht mehr abkauften und sie dadurch in Not gerieten.....
Eine sehr schlüssige Erklärung, danke.
Noch "Nachklatsch": Auch libysche Völker trugen ihren Teil zum sog. "Seevölkersturm" bei:
Die Meschwesch werden unter Merenptah und unter Ramses III, daneben auch im Papyrus Harris und im Papyrus Anastasi erwähnt. Schon unter Amenophis III. – dem Vater von Echnaton – waren die Meschwesch den Ägyptern als Viehzüchter bekannt, denn sie lieferten Stierfett in die Gegend von Theben. Unter Ramses II. waren sie eines der Völker, die regelmäßig aus der westlichen Wüste das Niltal überfielen. Auch Herodot schreibt noch – fast tausend Jahre später! – von den Meschwesch, die er „Maxyes“ nennt. Nach seiner Beschreibung rasierten sich die Meschwesch nur eine Hälfte des Kopfes, nach ihrem Kleidungs- und Keramikstil rechnet er sie zu den Nachfahren der Trojaner. Nach Herodot kamen die Meschwesch aus dem östlichen Libyen, allerdings äußert er sich hier sehr vorsichtig.
Anfangs scheinen die Meschwesch Verbündete der Tehenu und Temehu gewesen zu sein – zwei libyschen Stämmen – später werden sie in eigenständigerer Rolle angeführt.
Schon Merenptah wurde von einer Allianz aus Libyern, Meschwesch und anderen seefahrenden Völkern „aus dem Norden“ angegriffen. 1182 v.Chr. sah sich Ramses III. wieder einem Angriff verbündeter Libyer und Meschwesch gegenüber, gleichzeitig griffen Peleset und Tjekker an. Möglicherweise wurden die beiden Angriffe koordiniert.
Ramses III. konnte die Libyer und Meschwesch zwar schlagen (danach kämpfte er erst gegen die „eigentlichen“ Seevölker), aber die Meschwesch waren immer noch in der Lage, eine substantielle Bedrohung für Ägypten darzustellen.
An der Bewaffnung der Meschwesch fällt vor allem auf, dass sie – wie einige der in Medinet Habu als Libyer dargestellten Krieger – einen phallusartigen Schild tragen. Außerdem trugen sie Leinenkleidung. Sie gehörten wohl nicht zu den eigentlichen Seevölkern, sondern stellten einen libyschen Stamm dar.
Nach den ägyptischen Quellen verschwanden die Meschwesch nicht nach den Seevölkerunruhen, sondern sie sicherten sich im westlichen Nildelta um die Städte Bubastis und Danis - wo sie ohnehin schon siedelten - eine Region, in der sie die Macht innehatten. Sie stellten als am Ende der Bronzezeit wohl eine der wichtigeren sozio-politischen Gruppen des östlichen Mittelmeers dar. Die Meschwesch errichteten in der Spätzeit Ägyptens ein Fürstentum. Einer dieser Meschwesch-Fürsten, Scheschonq I., schwang sich schließlich zum Pharao auf (945 v.Chr.).
VG
Christian
Labu
Die Labu, manchmal auch Libu oder Rebu genannt, tauchen in ägyptischen Papyri und Inschriften aus der Zeit der 18.Dynastie bis zur 21.Dynastie auf. Sie scheinen aus dem westlichen Libyen gestammt zu haben. Zusammen mit den Meschwesch ersetzten sie irgendwann während des Neuen Reichs in Ägypten die ursprünglichen Bewohner Libyens, die quasi von Anfang an in einem wechselnden Verhältnis mit den Ägyptern lebten: Mal florierte der Handel auf den Wüstenstraßen, mal mussten die Libyer von Raubzügen abgehalten werden. Die Labu scheinen aber ein anderes Volk gewesen zu sein als die früheren Libyer. Auf ägyptischen Darstellungen sind die Labu eindeutig erkennbar aufgrund ihrer fahlen Haut, den roten Haaren und ihren blauen Augen. Aufgrund dieser Darstellungsart wurde vermutet, dass sie nicht aus Libyen selbst stammen, sondern entweder wie die Seevölker aus dem Ägäisraum oder sogar vom Balkan.
Weiter werden die Labu tätowiert dargestellt, mit einer einzelnen Haarlocke (insofern ganz ähnlich wie die auf einer Kopfseite rasierten Meschwesch aus dem östlichen Libyen, mit denen sie kooperierten) sowie mit reich verzierten Mänteln. Im Unterschied zu den Meschwesch trugen die Labu allerdings kurze Röcke.
Unter Merenptah ist auf der sog. „Israel-Stele“ ein erster Angriff der Labu dokumentiert, bei dem ihr Fürst Mereye wohl aufgrund einer Hungersnot im eigenen Land die Führung über die Koalition u.a. mit Meschwesch und einigen Seevölkern hatte, mit – nach ägyptischen Angaben – 16.000 Kriegern, aber auch mit Frauen und Kindern Richtung Delta marschierte und von den Ägyptern geschlagen wurde. Während der Wirren nach Merenptahs Regierungszeit siedelten sich Labu und Meschwesch im westlichen Nildelta im Imau an. Der Angriff auf Ägypten zu Ramses´ III. Zeiten wird im Papyrus Harris darauf zurückgeführt, dass die Ägyptern einen Labu-Fürstensohn, der als Geisel am Nil war, nicht mehr zurückgaben. Schon ein Jahr nach dem ersten Sieg Ramses´ II. überfielen die Labu erneut Ägypten und noch unter Ramses IX. kamen Labu bis nach Theben.
Spätestens in der Regierungszeit von Ramses X. verschwinden die Labu aus den Quellen. Sie sind wohl mit anderen libyschen Völkern wie Meschwesch und Mahasun verschmolzen, so dass alle libyschen Teilvölker von den Ägyptern und auch im eigenen Selbstverständnis als EIN Volk wahrgenommen wurden. Schon während der 21.Dynastie haben libysche Würdenträger wohl wichtige Positionen im ägyptischen Reich wahrgenommen, bevor sie unter Scheschonq I. endgültig die Herrschaft über Ägypten übernahmen.
VG
Christian
Ekwesh/Akwasha
Der Name erinnert so verdächtig an die Ahhijawa aus hethitischen Texten und an die homerischen Achäer, dass es nahe liegt, diese mit jenen zu identifizieren.
Wenn man nach den Karnak-Inschriften geht, waren die Ekwesh die größte Gruppe innerhalb der Seevölker, gegen die sich Pharao Merneptah wehren musste. Außerdem sind nach den Darstellungen in Karnak die Ekwesh beschnitten gewesen! Diesen Fakt bringt man normalerweise nicht mit den mykenischen Griechen in Verbindung, allerdings weiß man auch nicht, dass sie NICHT beschnitten waren.
Tatsache ist jedoch, dass die Ägypter den in der Schlacht von Sais Gefallenen – wie damals üblich – jeweils eine Hand abschnitten, um die Zahl der Toten zu ermitteln. Dies taten sie jedoch nicht bei allen Völkern, sondern nur bei den Schekelesch, den Tursa, den Schardana und den Ekwesch. Bei anderen, wie bei den libyschen Stämmen, schnitten sie die Phalli ab, weil diese Völker unbeschnitten gewesen seien. Unbeschnitten zu sein galt bei den Ägyptern als Schande; die postmortale Entmannung stellte somit eine Art dar, noch den Toten besondere Verachtung zu zeigen. In Sauls Befehl an David, die Vorhäute toter Philister als Dokumentation, dass David Sauls Vorgaben auch wirklich erfüllt habe, ist eine biblische Parallele zu diesem Vorgehen der Ägypter bekannt.
Wie kamen diese relativ eindeutig als ägäischen Ursprungs identifizierten Völker dazu, die Sitte der Beschneidung einzuführen? Ein Hinweis könnte sein, dass die Beschneidung bei den Ägyptern aufgekommen ist. Die Israeliten haben sie beispielsweise von den Ägyptern übernommen. Da auch z.B. die Schardana sicher alte und enge Verbindungen zu den Ägyptern hatten, liegt die Vermutung nahe, dass sie durch ihren lang andauernden Kontakt mit den Ägyptern auch die Beschneidung von diesen übernommen haben. Wenn dies bei den Schardana der Fall war, dann vielleicht auch bei den anderen beschnittenen Seevölkern.
Im Fall der Ekwesch – und sollten diese tatsächlich identisch mit den Ahhijawa und Achäern sein – kann man sich dann durchaus vorstellen, dass nicht alle Ekwesch diesen Brauch übernommen haben, sondern nur die Stämme, die engeren Kontakt mit Ägyptern und/oder Schardana & Co hatten. Denn weder von den Griechen der historischen Zeit noch von den Etruskern – die ja möglicherweise mit den Tursa (Tyrsenern?) zu identifizieren sind – ist der Brauch der Beschneidung bekannt. Wie gesagt ist jedoch nicht auszuschließen, dass Teile dieser Völker die ägyptische Sitte übernommen haben.
Nach den späteren griechischen Legenden bestanden enge Kontakte zwischen Griechen und Lykiern, den „Lukka“ hethitischer Texte, die auch in Karnak erwähnt werden.
Da der Staat Ahhijawa zwar in seiner konkreten Lage bis heute unbekannt ist, aber wohl auf Westanatolien und die ägäischen Inseln ausgegriffen hat, liegt es nahe, dass Ahhijawa und Lukka gemeinsame Sachen machten – warum nicht auch bei einem Überfall auf Ägypten?
Anklänge in der Odyssee, die einen Angriff auf Ägypten durch Griechen erwähnen sowie Kontakte zwischen Libyen und Griechen, müssen sich nicht auf den speziellen libysch-„seevölkischen“ Überfall zur Zeit Merneptahs beziehen, sie zeigen aber, dass solche Pläne bei den Griechen nicht ungewöhnlich waren.
VG
Christian
Seevölker – die Teresch/Tursa
Die Teresch unterscheiden sich in den Darstellungen von Karnak und Medinet Habu von den anderen Seevölkern durch ihre Haartracht: Sie tragen Stirnlocken, ihre Haare sind ansonsten kurz geschnitten und fallen daher nicht auf die Schultern. Zusammengehalten wird das Ganze durch einen Stirnreif oder ein Stirnband. Außerdem tragen einige Teresch einen scheibenartigen Gegenstand oder einen großen Ring, der vor der Brust hängt, offenbar Teil ihrer Rüstung. Außerdem trugen wohl zumindest die Anführer der Teresch einen Vollbart. Als Kleidung tragen die Teresch eine Art Wickeltuch mit horizontalen Streifen sowie eine Schürze, von der Troddeln herab hängen.
Interessanterweise finden wir Gestalten mit solcher Ausstattung und Haartracht auch unter Mitgliedern der Garde von Ramses III. Angehörige der Teresch kämpften also zumindest während des „großen“ Seevölkerangriffs zur Zeit Ramses´ III. auf beiden Seiten.
Merneptah berichtet von 742 toten Teresch in der Schlacht von Sais, in Medinet Habu ist ein Teresch-Fürst unter den gefangenen Seevölkern dargestellt.
Die Teresch sind auch aufgrund ihrer anscheinend besonders engen Verbindungen zu Ägypten das einzige Seevolk, von dem wir einen Angehörigen tatsächlich in Augenschein nehmen können: W.Flinders Petrie hat in Grab 23 von Gurob eine Mumie ausgegraben, deren Name laut Inschriften An-en-Tursa lautete (Tursa = Teresch). Er war ein hochgestellter Angestellter am Hof Ramses´ III. Seine Haare sind erhalten; sie passen zu den Darstellungen von Teresch in Karnak und Medinet Habu.
Wer waren nun die Teresch?
Sie stammten wohl aus Anatolien. Die Gegend um Troja wird in hethitischen Quellen als „Taruisa“ bezeichnet. Da die Ägypter keine Vokale kannten, wird bei ihnen „Taruisa“ ebenso wie „Teresch“ oder „Tarsu“ t-r-s geschrieben. Die Theorie ist, dass versprengte Trojaner nach dem Untergang von Troja VIIa auf Raubzug gingen und sich den Seevölkern anschlossen. Nach der Niederlage gegen die Ägypter können solche versprengten Trojaner ihr Piratenleben durchaus fortgesetzt haben, denn im Hymnus an Dionysos, der etwa 700 v.Chr. entstanden ist, ist von „Tyrsenern in wohl gedeckten Schiffen“ (also in Schiffen mit festem Deck) dir Rede.
Herodot lokalisiert die ihm als Tyrsener bekannten Völker in Lydien, also in dem Teil Anatoliens, der zu hethitischer Zeit das Königreich Arzawa war und der südlich der Troas lag. Thukydides erwähnt sie als Bewohner von Lesbos, einer Insel vor der südwestlichen Küste der Troas. Da die Griechen auch die Etrusker als Tyrsener bezeichneten und die Etrusker – die sich selbst allerdings als „Rasenna“ bezeichneten – laut ihrer Herkunftslegende aus Anatolien stammten, ergibt sich auch hier wieder ein Anhaltspunkt dafür, die Teresch/Tarsu/Tyrsener in Westanatolien zu verorten.
Eine dritte – meiner Ansicht nach wahrscheinlichere – Möglichkeit, die Herkunft der Teresch an eine bekannte Landschaft zu knüpfen, liegt darin, dass auch die Stadt Tarsus – hethitisch Tarsa – in Südanatolien in ägyptischer Schreibweise t-r-s buchstabiert wird. Die Stadt liegt in Kilikien in unmittelbarer Nähe zu den Lukka, war um 1200 Bestandteil des hethitischen Königreiches Kizzuwatna und in historischer Zeit auch Heimat berüchtigter Piraten.
VG
Christian
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Ekwesh/Akwasha
Der Name erinnert so verdächtig an die Ahhijawa aus hethitischen Texten und an die homerischen Achäer, dass es nahe liegt, diese mit jenen zu identifizieren.
Die Gleichsetzung Ahhijawa und Achaia ist aber heftig umstritten. Befürwortet wird sie tendenziell von denen, deren Schwerpunkt auf den Mykenern liegt. Abgelehnt wird sie mehrheitlich von denen, deren Schwerpunkt bei den Hetithern zu finden ist.
Eine dritte Meinung geht dahin, daß Homer den Begriff "achaiisch"- vielleicht sogar bewußt- falsch angewendet hat...
Wenn also Ahhijawa und Achaia nicht das gleiche meinen, wäre es natürlich sehr spannend, wer von beiden mit den Ekwesh gleichgesetzt würden...
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Wenn man nach den Karnak-Inschriften geht, waren die Ekwesh die größte Gruppe innerhalb der Seevölker, gegen die sich Pharao Merneptah wehren musste. Außerdem sind nach den Darstellungen in Karnak die Ekwesh beschnitten gewesen! Diesen Fakt bringt man normalerweise nicht mit den mykenischen Griechen in Verbindung, allerdings weiß man auch nicht, dass sie NICHT beschnitten waren.
Üblicherweise wird heute die Beschneidung als eine kulturelles oder religiöses Ritual betrachtet. Aber vielleicht war sie das zu eben jener Zeit noch nicht überall. Es könnte durchaus medizinische Gründe für die Beschneidungen gegeben haben. Eine Entzündung unter der Vorhaut ist für kleine Jungs sehr, sehr schmerzhaft und kommt gar nicht so selten vor- von daher kann das vorbeugend gemacht worden sein, um solchen Entzündungen vorzubeugen.
In dem Fall wäre es aber sich nicht als "kulturelle" Eigenart beschrieben worden.
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Wie kamen diese relativ eindeutig als ägäischen Ursprungs identifizierten Völker dazu, die Sitte der Beschneidung einzuführen?
Ich würde hier auch erst einmal medizinische Gründe in Betracht ziehen. Nicht umsonst stammt die Sitte der Beschneidung aus einem land mit großer Hitze, viel Wüste und abseits des Nils wenig Wasser.
Hervorragende Bedingungen für das Entstehen einer Entzündung der Eichel...
Wenn Völker aus dem Norden weiter in den Süden kamen, könnte das schon zu Schwierigkeiten geführt haben...
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Nach den späteren griechischen Legenden bestanden enge Kontakte zwischen Griechen und Lykiern, den „Lukka“ hethitischer Texte, die auch in Karnak erwähnt werden.
Du ziehst aber auch die Möglichkeit in Betracht, daß diese späteren griechischen Legenden ihre eigene Herkunft etwas aufhübschen wollten, indem sie ihre Kontakte mit den Lykiern etwas enger darstellten, als sie in Wirklichkeit waren?
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Da der Staat Ahhijawa zwar in seiner konkreten Lage bis heute unbekannt ist, aber wohl auf Westanatolien und die ägäischen Inseln ausgegriffen hat, liegt es nahe, dass Ahhijawa und Lukka gemeinsame Sachen machten – warum nicht auch bei einem Überfall auf Ägypten?
Mal abgesehen davon, daß ich Ahiijawa nicht nach Griechenland verorte (einfach auch schon deshlab, weil Ahhijawa einen Oberkönig hatte, die griechen aber nicht) halte ich das Szenario, wie du weißt, für ausgesprochen wahrscheinlich.
Ich halte es- auch unahängig von seiner genauen Lage, die ich aber auf dem anatolischen Festland verorte- für sehr wahrscheinlich, daß in Ahhijawa der Seevölkersturm seinen Anfang nahm. Die hetitischen Inschriften berichten von einer zunehmenden Bedrohung durch Ahhijawa- und Hattusa wurde als erstes durch die Seevölker zerstört...
(01.05.2013 09:56)913Chris schrieb: [ -> ]Anklänge in der Odyssee, die einen Angriff auf Ägypten durch Griechen erwähnen sowie Kontakte zwischen Libyen und Griechen, müssen sich nicht auf den speziellen libysch-„seevölkischen“ Überfall zur Zeit Merneptahs beziehen, sie zeigen aber, dass solche Pläne bei den Griechen nicht ungewöhnlich waren.
Dier Odyssee wäre sicherlich auch ein sehr spannendes Thema.. Odysseus wurde ja durchaus öfter als "Pirat" bezeichnet, von daher könnte man genauso trefflich darüber spekulieren, ob "Odysseus" nicht vielleicht jemand war, der in den Sog des Seevölkersturms geraten ist...
(01.05.2013 12:05)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich würde hier auch erst einmal medizinische Gründe in Betracht ziehen. Nicht umsonst stammt die Sitte der Beschneidung aus einem land mit großer Hitze, viel Wüste und abseits des Nils wenig Wasser.
Hervorragende Bedingungen für das Entstehen einer Entzündung der Eichel...
Wenn Völker aus dem Norden weiter in den Süden kamen, könnte das schon zu Schwierigkeiten geführt haben...
Die Philister (und einige andere alte Völker Palästinas) werden im Alten Testament ausdrücklich als unbeschnitten erwähnt. Über den Rest deiner Ausführungen bezüglich der angeblichen medizinischen Gründe lasse ich mich hier lieber nicht aus, es ist Quatsch - da gibt es ein Wundermittel, das da heisst Waschen.
(01.05.2013 14:14)Arkona schrieb: [ -> ]Über den Rest deiner Ausführungen bezüglich der angeblichen medizinischen Gründe lasse ich mich hier lieber nicht aus, es ist Quatsch - da gibt es ein Wundermittel, das da heisst Waschen.
Mein älterer Sohn hatte im Alter von 2 und 3 eine derartig heftige Entzündung- trotz Waschens, was in dem Alter im übrigen anatomisch nicht ganz so einfach ist-, daß ich kurz davor stand, ihm diesen kleinen Eingriff zu unterziehen.
Ansonsten- ich hatte glaube ich, ausdrücklich geschrieben, daß dort, wo die Beschneidungen entstanden, Wasser eher Mangelware war. Wenn man mit einer kleinen Menge Wasser am Tag auskommen muss, dann gießt man die sich doch wohl eher in den Hals als über den...
(01.05.2013 12:05)Bunbury schrieb: [ -> ]Mal abgesehen davon, daß ich Ahiijawa nicht nach Griechenland verorte (einfach auch schon deshlab, weil Ahhijawa einen Oberkönig hatte, die griechen aber nicht)
Nachdem Ahhijawa auch meiner Überzeugung nach seinen Schwerpunkt wohl nicht auf dem griechischen Festland hatte (aber vielleicht "Außenposten", etwa in der Argolis, aus denen sich dann die Achäer Homers entwickelten) und die westanatolischen Staaten soweit bekannt sind, dass man sagen kann, dass Ahhijawa auch hier nicht lag, bleiben eigentlich nur noch die ägäischen Inseln über, wobei Rhodos der heißeste Kandidat sein dürfte für das Zentrum von Ahhijawa. Dass Milet, das ja eine Zeitlang unter Ahhijawa-Herrschaft stand, nahe bei Rhodos liegt, passt da ins Bild.
Die von mir bisher beschriebenen Seevölker haben mit Ausnahme der Libyer allesamt ägäischen und/oder (west-)anatolischen Ursprung, zumindest teilweise.
Insofern kann es schon sein, dass die Wanderung der Seevölker auch in Ahhijawa ihren Ausgang nahm und verschiedene Nachbarvölker quasi "mitriß".
Dazu würde auch passen, dass unter den Seevölkern sehr viele Ekwesch waren...
VG
Christian
(01.05.2013 12:05)Bunbury schrieb: [ -> ]Üblicherweise wird heute die Beschneidung als eine kulturelles oder religiöses Ritual betrachtet. Aber vielleicht war sie das zu eben jener Zeit noch nicht überall. Es könnte durchaus medizinische Gründe für die Beschneidungen gegeben haben.
Warum sollte denn die Beschneidung etwas anderes sein als ein kulturell-religiöses Ritual? Medizinische Gründe können ja trotzdem quasi "im Hintergrund" vorhanden gewesen sein, aber wenn ich jemanden nur deshalb verachte, weil er nicht beschnitten ist, und ich noch dazu ein Ägypter bin, und als solcher der Überzeugung, außerhalb Ägyptens gebe es sowieso kein nennenswertes Leben, dann bedeutet das, dass die Beschneidung bei den Ägyptern in ungefähr die Rolle gespielt hat wie später bei den Juden: Es war ein Abgrenzungsmerkmal zwischen "meinem" Volk und "den Anderen".
Wer länger mit den Ägyptern lebte, tat sich was Gutes, wenn er sich und seine Söhne beschneiden ließ. So lebte sich´s höchstwahrscheinlich sehr viel einfacher unter den Ägyptern...
Und dann kamen noch die medizinischen Vorteile dazu...
VG
Christian
Wobei ich das mit Rhodos auch nicht wirklich überzeugend finde, weil dann wiederum Hattusa als erstes Angriffsziel der Seevölker wieder nicht zwangsläufig ist. Möglicherweise gehörte Rhodos zu Ahhijawa dazu, aber... Die Hethitischen Schriften berichten nunmal darüber, daß Ahhijawa zunehmend als bedrohung empfunden wurde- und da die Hethiter das einzige bronezezeitliche Volk jener Zeit waren, das nicht rege am Handel teilnahm, fällt es ein bißchen schwer, ein Bedrohungsszenario für Hattusa zu konstruieren, wenn Rhodos mit Ahhijawa gleichzusetzen wäre. Ahhijawa als Angang der Seevölkerinvasion macht streng genommen nur dann Sinn, wenn es sich in der Nachbarschaft zum Hethiterreich befand.
Nicht jeder setzt im übrigen "Millawanda" mit Milet gleich, eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern (zugegebenermaßen in der Minderheit) verortet Millawanda an der Küste des Marmarameers... Ich kann es nicht beurteilen, weil ich die Argumente beider Seiten nicht vollständig verstehe, aber ich denke, daß ein kleiner Raum für Zweifel an der Identifizierung "Millawanda = Milet" durchaus noch vorhanden ist.
Das große Puzlle paßt noch nicht, aber ich finde, wir kommen dem Bild schon ein bißchen näher (wenn auch jeder wohl ein eigenes Bild hat...
)
(01.05.2013 17:10)913Chris schrieb: [ -> ]Warum sollte denn die Beschneidung etwas anderes sein als ein kulturell-religiöses Ritual? Medizinische Gründe können ja trotzdem quasi "im Hintergrund" vorhanden gewesen sein, aber wenn ich jemanden nur deshalb verachte, weil er nicht beschnitten ist, und ich noch dazu ein Ägypter bin, und als solcher der Überzeugung, außerhalb Ägyptens gebe es sowieso kein nennenswertes Leben, dann bedeutet das, dass die Beschneidung bei den Ägyptern in ungefähr die Rolle gespielt hat wie später bei den Juden: Es war ein Abgrenzungsmerkmal zwischen "meinem" Volk und "den Anderen".
Wer länger mit den Ägyptern lebte, tat sich was Gutes, wenn er sich und seine Söhne beschneiden ließ. So lebte sich´s höchstwahrscheinlich sehr viel einfacher unter den Ägyptern...
Und dann kamen noch die medizinischen Vorteile dazu...
VG
Christian
Moment mal, wir reden hier von zwei Sachen. Du redest von denen, die sich den Ägyptern kulturell so angepaßt haben.
Ich rede von der Entstehung des Rituals an sich. Gut, da kommt wohl zum Tragen, daß ich nun mal nicht davon überzeugt bin, daß irgendwann mal Gott gesagt hat "laßt euch beschneiden als zeichen dafür, daß ihr zu mir gehört..."
Irgendwer muss also irgendwann mal den Gedanken gehabt haben, daß es in irgendeiner Weise von Vorteil sein kann, wenn da ein kleiner Eingriff vorgenommen wird. Irgendwie, (Sorry, jungs) kann ich mir nicht richtig vorstellen, daß irgendwann einfach mal auf den Gedanken kam, sich genau an dem Teil herumzuschnippeln. Nee, irgendwie gar nicht. Oder der muss derartig viele Pilze gekaut haben... nee. Dann kann ich mir nicht vorstellen, daß die anderen mitgemacht hätten.
Also kommt mir vor allem der medizinische Grund in den Kopf. Gerade bei kleinen Jungen passieren solche Entzündungen extrem häufig, wenn nicht die Möglichkeiten zum Waschen da sind. (Stichwort: Wüste.) Sie passieren ja zum Teil auch, wenn man wäscht- weil man da bei kleinen Jungs nicht richtig waschen kann. Und wenn dann eine Entzündung da ist und man dann nicht richtig saubermachen kann, dann ist das Ende nicht schön.
Also ist wohl mal jemand auf den Gedanken gekommen, daß da ein kleiner Schnitt vorbeugen kann. Und plötzlich waren die kleinen Jungs, die Stammhalter, von den bösen Dämonen befreit- und schwupps- war es ein heilendes, magisches Ritual.
Die Verachtung für Nichtbeschnittene gibt es im übrigen heute noch- unter den beschnittenen ist die Meinung weit verbreitet, daß sich die anderen gar nicht richtig sauber halten können...
(01.05.2013 17:36)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich rede von der Entstehung des Rituals an sich. Gut, da kommt wohl zum Tragen, daß ich nun mal nicht davon überzeugt bin, daß irgendwann mal Gott gesagt hat "laßt euch beschneiden als zeichen dafür, daß ihr zu mir gehört..."
Glaub ich auch nich...
[quote='Bunbury' pid='25368' dateline='1367422608']
Irgendwer muss also irgendwann mal den Gedanken gehabt haben, daß es in irgendeiner Weise von Vorteil sein kann, wenn da ein kleiner Eingriff vorgenommen wird. Irgendwie, (Sorry, jungs) kann ich mir nicht richtig vorstellen, daß irgendwann einfach mal auf den Gedanken kam, sich genau an dem Teil herumzuschnippeln. Nee, irgendwie gar nicht. Oder der muss derartig viele Pilze gekaut haben... nee.
und zwar gaaaanz komische Pilze. Nein, deine Logik ist mir durchaus zugänglich. Aus diesem nützlichen Gedanken hat sich dann eben eine identitätsstiftende Ritual-dings-sache entwickelt, und zwar angefangen bei - na? wer hat´s erfunden? Richtig. Die Ägypter.
VG
Christian
Das mit den medizinischen Gründen ist für mich nur vorgeschobener Bullsh... in der modernen Zeit! Der Eingriff unter miesen hygienischen und -es wurde oben gerade noch mal betont- unter wasserarmen Bedingungen ist doch viel gefährlicher als eine Phimose, die sich zu 95% wieder von allein (und mit pubertärem "Handspiel) wieder hinwächst.
Es gab und gibt zudem andere identitätsstiftende, zum Teil verstümmelnde Praktiken. Tattoos, Piercings und Schmucknarben sind da noch die harmlosen modernen Varianten für Erwachsene. Aber da wären noch Turmschädel bei Kleinkindern, das Ausschlagen oder Anfeilen von Zähnen, Lippenpflöcke oder die weibliche Genitalverstümmelung. Will mir jetzt etwa jemand erzählen, das alles sei primär auf wirklich vorhandene medizinische Vorteile zurückzuführen, die sich später kulturell manifestierten???
Tut mir leid, da macht auch die religiöse Knabenbeschneidung für mich keine Ausnahme, auch wenn ich damit politisch hochgradig inkorrekt bin.
(01.05.2013 19:14)913Chris schrieb: [ -> ]und zwar gaaaanz komische Pilze. Nein, deine Logik ist mir durchaus zugänglich. Aus diesem nützlichen Gedanken hat sich dann eben eine identitätsstiftende Ritual-dings-sache entwickelt, und zwar angefangen bei - na? wer hat´s erfunden? Richtig. Die Ägypter.
VG
Christian
Soweit sind wir uns also noch einig, wie schön.
Aber warum hälst du es für ausgeschlossen, daß andere, die dem ganzen nicht die religiöse Bedeutung beigemessen haben, das "Ritual" eben aus medizinischen Gründen durchgeführt haben? Wenn es medizinische Gründe hatte, war es nicht Bestandteil der Kultur und somit nicht identitätsstiftend- und somit nicht erwähnenswert...
War im übrigen für dein Argument gedacht, daß niemand gesagt hätte, die Mykener wären nicht beschnitten gewesen...
(01.05.2013 20:12)Arkona schrieb: [ -> ]Das mit den medizinischen Gründen ist für mich nur vorgeschobener Bullsh... in der modernen Zeit! Der Eingriff unter miesen hygienischen und -es wurde oben gerade noch mal betont- unter wasserarmen Bedingungen ist doch viel gefährlicher als eine Phimose, die sich zu 95% wieder von allein (und mit pubertärem "Handspiel) wieder hinwächst.
Solche Beschneidungen wurden ja dann nicht einfach mal so im Vorbeireiten mitten in der Wüste durchgeführt, sondern eben in einer zeremonie bei allen kleinen Jungen in einem Aufwasch, wenn man eben zu einer Wasserstelle kam. Dann wurde noch ein Festchen gefeiert...
Du gehst einfach zu sehr von heutigen Bedingungen aus. Man hat ind er Steinzeit auch Menschen Löcher in den Schädel gebohrt, wenn sie an Kopfschmerzen litten...
Oder bist du tatsächlich der Meinung, daß irgendjemand mal genug Pilze gekaut hat, um bereitwillig an seinem Schniedel herumschnippeln zu lassen und das alle anderen das so toll fanden, daß sie sich in der Schlange hinten angestellt haben und das auch haben wollten?
(01.05.2013 20:12)Arkona schrieb: [ -> ]Es gab und gibt zudem andere identitätsstiftende, zum Teil verstümmelnde Praktiken. Tattoos, Piercings und Schmucknarben sind da noch die harmlosen modernen Varianten für Erwachsene. Aber da wären noch Turmschädel bei Kleinkindern, das Ausschlagen oder Anfeilen von Zähnen, Lippenpflöcke oder die weibliche Genitalverstümmelung. Will mir jetzt etwa jemand erzählen, das alles sei primär auf wirklich vorhandene medizinische Vorteile zurückzuführen, die sich später kulturell manifestierten???
Ich habe mich mit den von dir angeführten Beispielen zwar noch nicht näher befaßt außer der Genitalverstümmlung und die dient nun mal nicht der religiösen Identitätsstiftung. Die entspricht wohl eher dem afrikanischen Gegenstück zur hexenverfolgung, aber das wäre einen eigenen Thread wert.
Es gibt natürlich unterschiedliche Gründe, warum die eine oder andere Verstümmelungspraxis zum allgemeingut in einer Kultur wurde, und das gilt es im einzelnen zu untersuchen, bevor man höchst unterschiedliche Praktiken über einen Kamm schert.
(01.05.2013 20:12)Arkona schrieb: [ -> ]Tut mir leid, da macht auch die religiöse Knabenbeschneidung für mich keine Ausnahme, auch wenn ich damit politisch hochgradig inkorrekt bin.
Wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Ich habe nicht darüber geschrieben, warum das heute gemacht wird oder ob das heute in irgendeiner Art und Weise zu rechtfertig ist, du kannst dir den Geifer also gerne wieder vom Mund wischen.
Ich habe darüber geschrieben, warum man damit vielleicht irgendwann mal angefangen hat. Es besteht keinerlei Notwendigkeit, das in irgendeiner Art und Weise auf heutige gesellschaftliche Sachverhalte zu beziehen, die waren hier einfach nicht Thema.
Wir haben hier darüber diskutiert, warum die Egkwesh als beschnitten beschrieben werden, wenn sie offensichtlich aus der Ägäis stammten.
In dem Zusammenhang von "Politisch korrekt" zu sprechen ist absolut fehl am platze und erinnert dann doch eher an Cato den Älteren...
(01.05.2013 21:10)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich habe mich mit den von dir angeführten Beispielen zwar noch nicht näher befaßt...
Wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Wenn du es selbst sagt, dann hast du hier ein wenig Lektüre. Sorry, aber bei dem Thema habe ich wenig Verständnis, besonders wenn es Kinder betrifft.
http://forum.giga.de/das-einzige-offizie...itten.html
Aber macht ruhig in Troja und bei den Philistern weiter...
Es geht hier defintiv nicht um heute. Das Thema, wie Kulturen mit ihren Kindern umgehen, wäre sicher einen eigenen Thread wert. Dazu würde mir dann wohl sicherlich auch noch das eine oder andere einfallen. Ich habe auch nichts übrig für Rituale, die einfach nur deshalb so gemacht werden, weil sie schon immer so gemacht wurden.
Aber hier geht es defintiv um Geschichte. Und um die Frage, wieso Männer als "beschnitten" beschrieben werden, bei denen die Beschneidung nicht als Bestandteil der Kultur beschrieben ist. Dafür habe ich eine Erklärungsmöglichkeit gesucht.
Die Beschneidung aus medizinischen Gründen ist mir nun mal familiär bekannt (wurde bei meinem Bruder vor über 40 Jahren durchgeführt.) Ob das nach dem heutigen medizinischen Wissensstand noch zu rechtfertigen ist, ist eine ganz andere Frage, aber um die ging es nicht.
Es ging nur darum, ob es vielleicht mal medizinische Gründe für ein solches Ritual gegeben haben könnte- und es gibt einiges, was dafür spricht.
Aber selbst wenn das vor 3000 Jahren ein Grund war, heißt das noch lange nicht, daß es heute einer ist.
Ich denke, da muss man auch mal differenzieren können und nicht gleich mit den Unterstellungen beginnen und die Moralkeule schwingen...
(28.03.2013 05:27)Sansavoir schrieb: [ -> ]Kann es nicht sein, dass zumindest ein Teil der „Seevölker“ sich aus der Bevölkerung der untergegangenen Gesellschaften rekrutiert hat? Oder die "Seevölker" aus einer Verbindung von Einwanderern und ursprünglicher Bevölkerung hervorgegangen sind?
Ob sie daraus hervorgegangen sind, kann ich schwer sagen. Aber das die Seevölker Leute aus anderen Gesellschaften und Völker mitgerissen haben ist denkbar. Das war ja auch bei anderen Völkerbewegungen in anderen Zeiten so, z.B. bei den Hunnen in der Zeit der Völkerwanderung.
(05.04.2013 21:59)Bunbury schrieb: [ -> ] (05.04.2013 14:41)913Chris schrieb: [ -> ]Aber das Ziel der Seevölker könnte letzten Endes schon das "Goldene Ägypten" gewesen sein. Wenn sie sich irgendwann teilten oder auch nur alte Kontakte aufrecht erhielten (so dass die in Libyen sitzenden wussten, was die, die vom Hethiterreich her kamen, vorhatten), könnten sie ihren Angriff schon koordiniert haben, mit den Möglichkeiten der Zeit zumindest.
VG
Christian
Eine Koordination halte ich für durchaus warhscheinlich, aber davon, daß die Seevölker Ägypten erobern wollten, glaube ich nicht.
Lassen wir doch mal das Szenario, daß es den Seevölkern primär darum ging, Land zu erobern, in dem sie sich niederlassen wollten. (Was ich nebenbei gesagt, ohnehin nicht glaube).
Wie wir ja schon festgestellt hatten, waren es lediglich Krieger, die per Schiff kamen, während eventuelle Frauen mit dem Planwagen nachkamen. Da ja der Seevölkersturm im Nordosten der Ägäis gestartet ist, kann ich mir das Szenario beim besten Willen nicht vorstellen.
Nein, die Seevölker haben Ägypten nicht angegriffen, um das Land zu besetzen und zu erobern.
Ich könnte mir, sofern es sich um eine koordinierte Aktion ging, gut vorstellen, daß es vielleicht darum ging, den Nil zu kontrollieren, um sich vor allem die ägyptischen Getreidevorräte zu sichern.
Wer auf dem Schiff und mit Ochsenkarren unterwegs ist, kann nicht sähen und ernten, aber essen muss er trotzdem. Warum hier und da eine Siedlung anggreifen, wenn man die ägyptishe Getreideversorgung unter Kontrolle bekommen kann?
Ich vermute mal man konnte das ähnlich sehen wie bei den Germanen und anderen Völkern in der Völkerwanderungszeit. Ägypten muss (ähnlich wie Rom den Germanen) als extrem Reiches und fruchtbares Gebiet erschienen sein, dessen Reichtum hat sich sicherlich relativ weit hin herumgesprochen (im östlichen Mittelmeer sowieso). Das man da einen Anteil am Reichtum haben wollte ist relativ logisch - und die Militärmacht hatte man ja um etwas zu unternehmen - also griff man es an, ob nun mit Eroberungs- oder Plünderungsabsichten spielt denke ich gar keine so große Rolle, weiß nicht ob man das vorher so groß geplant hat. Weiß auch nicht ob man Ägypten als das Endziel gesehen hat, ich denke eher nicht. Man sah es eben als Reich in dem es sich lohnte einzufallen.
(01.05.2013 20:46)Bunbury schrieb: [ -> ]Aber warum hälst du es für ausgeschlossen, daß andere, die dem ganzen nicht die religiöse Bedeutung beigemessen haben, das "Ritual" eben aus medizinischen Gründen durchgeführt haben? Wenn es medizinische Gründe hatte, war es nicht Bestandteil der Kultur und somit nicht identitätsstiftend- und somit nicht erwähnenswert...
War im übrigen für dein Argument gedacht, daß niemand gesagt hätte, die Mykener wären nicht beschnitten gewesen...
E shat aber auch niemand gesagt, dass sie es gewesen wären. Und ich denke, wenn die Mykener beschnitten gewesen wären, die Trojaner jedoch nicht, dann hätte Homer das irgendwie einfließen lassen.
Wenn die Ekwesch aber beschnitten waren, die homerischen Achäer jedoch nicht, dann schließe ich mehreres daraus:
Irgendwas stimmt mit der Kette Ekwesch-Ahhijawa-Achäer nicht.
Oder die Ekwesch waren eben keine Ahhijawa/Achäer.
Oder die Ekwesch waren zwar Ahhijawa, aber diese keine Achäer.
Oder die Ekwesch stellten eben nicht alle Ahhijawa/Achäer dar (sofern letztere doch identisch waren), sondern nur einen Teil dieses Volkes, den Teil eben, der mit den Ägyptern in engerem Kontakt stand.
Ich denke für mich persönlich, dass es am wahrscheinlichsten so war, dass die Ahhijawa tatsächlich Vorfahren der Achäer waren, dass aber die homerzeitlichen Achäer, die ja v.a. in der Nordwestpeloponnes lebten, nur einen Teil der Ahhijawa als Vorfahren hatten, die die nördliche Peloponnes (wo eben auch Mykene, Tyrins etc. lagen) unter Kontrolle bekommen hatten, vorzugsweise nach oder während des Niedergangs der Palastkultur. Das könnte dann der Grund gewesen sein, dass wir aus den Palasttäfelchen keine Infos über einen Oberkönig haben. Aus diesen "Auslands-Ahhijawa" hätten sich dann die homerzeitlichen Achäer entwickelt.
Die beschnittenen Ekwesch könnten Ahhijawa gewesen sein, die es - analog zu den Schardana etwa - etliche Zeit vor dem Niedergang der mykenischen Kultur schon Richtung Ägypten oder/und Libyen verschlagen hatte und die dort einen "Seitenzweig" der Ahhijawa "eröffneten". Dieser eine Seitenzweig könnte dann die Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben.
Alles pure Spekulation, ich weiß, aber so könnte ich mir wenigstens die ganzen Widersprüche zusammenreimen.
Achja, die Frage nach dem Grund für die Beschneidung:
Wenn die Ägypter die Leitkultur des südlichen Alten Orients gewesen sind - und das waren sie - dann war der Anreiz, sich ihnen anzugleichen, indem man eben z.B. die Beschneidung übernahm, wesentlich größer als der medizinische Nutzen, wie groß oder klein er auch gewesen sein mag. Bei solchen Dingen spielt immer die Vorbildfunktion der "größeren" Kultur sowie der Wille des "Dazugehörens" eine größere Rolle als irgendwelche tatsächlichen oder eingebildeten praktischen Nutzen.
VG
Christian
(02.05.2013 13:28)WDPG schrieb: [ -> ]Ich vermute mal man konnte das ähnlich sehen wie bei den Germanen und anderen Völkern in der Völkerwanderungszeit. Ägypten muss (ähnlich wie Rom den Germanen) als extrem Reiches und fruchtbares Gebiet erschienen sein, dessen Reichtum hat sich sicherlich relativ weit hin herumgesprochen (im östlichen Mittelmeer sowieso). Das man da einen Anteil am Reichtum haben wollte ist relativ logisch - und die Militärmacht hatte man ja um etwas zu unternehmen - also griff man es an, ob nun mit Eroberungs- oder Plünderungsabsichten spielt denke ich gar keine so große Rolle, weiß nicht ob man das vorher so groß geplant hat. Weiß auch nicht ob man Ägypten als das Endziel gesehen hat, ich denke eher nicht. Man sah es eben als Reich in dem es sich lohnte einzufallen.
Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.
Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....
(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]E shat aber auch niemand gesagt, dass sie es gewesen wären. Und ich denke, wenn die Mykener beschnitten gewesen wären, die Trojaner jedoch nicht, dann hätte Homer das irgendwie einfließen lassen.
Immer ein schwieriges Argument, wie ich finde. Erstens könnte Homer dem keine Aufmerksamkeit geschenkt haben, und zweitens könnte dieses Detail im laufe der Jahrhunderte verloren gegangen sein...
(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]Wenn die Ekwesch aber beschnitten waren, die homerischen Achäer jedoch nicht, dann schließe ich mehreres daraus:
Irgendwas stimmt mit der Kette Ekwesch-Ahhijawa-Achäer nicht.
Oder die Ekwesch waren eben keine Ahhijawa/Achäer.
Oder die Ekwesch waren zwar Ahhijawa, aber diese keine Achäer.
Oder die Ekwesch stellten eben nicht alle Ahhijawa/Achäer dar (sofern letztere doch identisch waren), sondern nur einen Teil dieses Volkes, den Teil eben, der mit den Ägyptern in engerem Kontakt stand.
Ich denke für mich persönlich, dass es am wahrscheinlichsten so war, dass die Ahhijawa tatsächlich Vorfahren der Achäer waren, dass aber die homerzeitlichen Achäer, die ja v.a. in der Nordwestpeloponnes lebten, nur einen Teil der Ahhijawa als Vorfahren hatten, die die nördliche Peloponnes (wo eben auch Mykene, Tyrins etc. lagen) unter Kontrolle bekommen hatten, vorzugsweise nach oder während des Niedergangs der Palastkultur. Das könnte dann der Grund gewesen sein, dass wir aus den Palasttäfelchen keine Infos über einen Oberkönig haben. Aus diesen "Auslands-Ahhijawa" hätten sich dann die homerzeitlichen Achäer entwickelt.
Die beschnittenen Ekwesch könnten Ahhijawa gewesen sein, die es - analog zu den Schardana etwa - etliche Zeit vor dem Niedergang der mykenischen Kultur schon Richtung Ägypten oder/und Libyen verschlagen hatte und die dort einen "Seitenzweig" der Ahhijawa "eröffneten". Dieser eine Seitenzweig könnte dann die Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben.
Alles pure Spekulation, ich weiß, aber so könnte ich mir wenigstens die ganzen Widersprüche zusammenreimen..
Es ist aber eine schöne Argumentationskette, bei der alles ziemlich gut zusammenpaßt, von daher können wir sie ruhig mal so stehen lassen- auch wenn ich finde, daß du einige Haken schlägst, um den Griechen ihre Vorrangstellung zu lassen.
(02.05.2013 15:56)913Chris schrieb: [ -> ]Achja, die Frage nach dem Grund für die Beschneidung:
Wenn die Ägypter die Leitkultur des südlichen Alten Orients gewesen sind - und das waren sie - dann war der Anreiz, sich ihnen anzugleichen, indem man eben z.B. die Beschneidung übernahm, wesentlich größer als der medizinische Nutzen, wie groß oder klein er auch gewesen sein mag. Bei solchen Dingen spielt immer die Vorbildfunktion der "größeren" Kultur sowie der Wille des "Dazugehörens" eine größere Rolle als irgendwelche tatsächlichen oder eingebildeten praktischen Nutzen.
Was solche Überlegungen angeht, werde ich dir nicht widersprechen. Daß man Leitkulturen kopiert, ist ja schon fast zwangsläufig.
Wenn die Seevölker die Ägypter als Leitkultur gesehen haben, dann hast du sicher recht.
Ich halte es nur nicht für erwiesen, daß sie es taten. Vielleicht haben die Seevölker ja aus irgendwelchen Gründen auf die Ägypter herabgesehen und sie als verweichlichte und dekadente Kultur betrachtet, wofür sich sicherlich auch einige Gründe finden ließen. Dann würde vielleicht doch ein anderer Grund auch eine Rolle spielen.
Beweisen kann man natürlich gar nichts. Ich finde es halt nur gut, die ganzen Möglichkeiten einfach mal durchzuspielen, weil man dann flexibler bleibt, wenn Fakten auftauchen, die nicht in das starre Gerüst der strikten Lehrmeinung passen... Nur weil heute von allen Kulturen der damaligen zeit die ägyptische als die strahlenste erscheint, müssen das die zeitgenossen nicht genauso gesehen haben...
Schardana waren unter Ramses II. eine Elitetruppe der Ägypter, Ekwesch gehörten unter Ramses III. zur Palastgarde. Meschwesch und Luba hatten Ägypten schon oft überfallen.
Für die Seevölker, die aus dem Ägäisraum stammten, war Ägypten selbst mit Hattuscha verglichen, und noch mehr mit Mykene oder Troja verglichen ein Wunderland.
Ich denke schon, dass die Ägypter eine Leitkultur darstellten, allenfalls noch in Konkurrenz mit dem mesopotamischen Gebiet. Das minoische Kreta oder die nordsyrischen Städte waren ja schon alle wieder verschwunden, zumindest als der ägyptischen und mesopotamischen ebenbürtigen Hochkulturen.
VG
Christian
Das ist alles sicher richtig, aber um es mal ganz salopp zu sagen- man überfällt doch nicht jemanden, den man verehrt und den man als Leitbild ansieht.
Irgendwann muss bei den Seevölkern ein "Gesinnungswandel" stattgefunden haben. Aus irgendwelchen Gründen müssen sie zu dem Schluss gekommen sein, daß sie das Recht oder die Möglickeit haben, den Ägyptern eines auf die Mütze zu hauen. In dem Augenblick aber waren die Ägypter keine Leitkultur mehr. Und da zwischen den beiden erwähnten Seevölkerangriffen doch einige Jährchen lagen, hätte genügend Zeit bestanden, eine Sitte, die nur aus der Verehrung des ägyptischen übernommen wurde, auch wieder abzulegen...
(02.05.2013 17:08)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.
Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....
Da wäre ich mir nicht ganz so sicher. Oft wurden erfolgreiche Plünderungszüge zu Eroberungszügen, z.B. der, der Araber in Spanien. Oft waren Eroberungen sehr zerstörerisch, obwohl das Gebiet dann langfristig gehalten wurde, ein Beispiel das mir hier einfällt ist das der Mongolen in China.
Ja, wenn sich die Gelegenheit bietet, warum nicht? Daß aus einer Plünderung eine Eroberung wird, wenn man dann vielleicht auf erstaunlich wenig Widerstand trifft, glaube ich wohl.
Aber hier ging es darum, ob eine Eroberung oder eine Plünderung Ägyptens vorgesehen war. Eine Eroberung halte ich für unwahrscheinlich. Chris weist ja gerne darauf hin, daß die Seevölker mit der ägyptischen Kultur sehr vertraut waren- also mußte ihnen auch bekannt sein, daß fruchtbares Land in Ägypten nun mal nur entlang des Nils zu finden ist- und daß da auch schon Ägypter lebten, die sich auch nicht so einfach vertreiben lassen würden. Einen Eroberungsfeldzug hätte man entlang des Nils durchführen müssen- ich denke, es hat schon seinen (geologischen und geographischen) Grund, warum Ägypten nie wirklich erobert wurde und die ägyptische Kultur letztendlich einer der, wenn nicht die konstanteste der Weltgeschichte ist. Es gab Fremdherrschaften, aber die waren nie von langer Dauer und ließen die bäuerliche Schicht eigentlich unberührt.
Aber Ägypten eignet sich aufgrund seiner Reichtümer dennoch hervorragend zum Überfallen und Plündern...
(02.05.2013 20:47)913Chris schrieb: [ -> ]Schardana waren unter Ramses II. eine Elitetruppe der Ägypter, Ekwesch gehörten unter Ramses III. zur Palastgarde. Meschwesch und Luba hatten Ägypten schon oft überfallen.
Für die Seevölker, die aus dem Ägäisraum stammten, war Ägypten selbst mit Hattuscha verglichen, und noch mehr mit Mykene oder Troja verglichen ein Wunderland.
Das heißt aber nicht zwangsläufig, daß die Seevölker die Ägypter bewunderten. Man findet es häufig, daß Menschen die verachten, für die sie arbeiten. Nur weil Seevölker als Söldner in Ägypten dienten und vielleicht aus Opportunismus die eine oder andere Sitte übernahmen, heißt das noch lange nicht, daß sie die Kultur bewunderten. Warum sollen sie nicht gedacht haben "Ihr verdammten Weicheier- laßt euch bejubeln und beweihräuchern, aber in eurem Volk gibt es nicht genug Kerle mit Eiern in der Hose, so daß ihr euch richtige Männer zum Schutz aus dem Ausland holen müßt?" Gut, die Ausdrucksweise ist sehr den modernen Verhältnissen angepaßt, aber ...
Vielleicht war Ägypten ja für sie kein Wunderland, sondern eher "Neidfaktor" nach dem Motto "Wie kommen diese verweichlichsten Volldeppen bloß an so viel Gold?"
Nun nehmen wir mal in gegenseitigem Einverständnis an, Schardana und Ekwesch hätten sich aus Opportunismus beschneiden lassen - zwischen dem Angriff zu Zeiten Merneptahs und dem zu Zeiten Ramses III. lagen etwa 30 Jahre.
Wer zu Merneptahs Zeiten schon beschnitten war, war bei Ramses III. aus Altersgründen wohl nicht mehr dabei. Aber dessen Kinder.
Und wenn die Kinder schon beschnitten waren, dann war´s das: Einmal beschnitten, immer beschnitten.
Zwei Dinge kommen hinzu:
Eine Abwendung von den Ägyptern kann nicht das ganze Volk umfasst haben, sonst hätte Ramses III. keine Ekwesch in seiner Garde gehabt.
Und: Wenn sich die Beschneidung bei den Schardana und Ekwesch schon so richtig eingebürgert hatte, bestand nicht zwangsläufig ein zwingender Grund, das Ritual wieder abzulehnen.
Drittens: Die Nachricht von den beschnittenen Ekwesch und Schardana stammt von den Ägyptern. Die waren erstens sehr konservativ, was sie einmal über ein Nachbarvolk "wussten", das "wussten" sie auch dann noch, wenn sich der Aspekt beim Nachbarvolk schon längst geändert hatte. Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?
VG
Christian
(03.05.2013 08:17)WDPG schrieb: [ -> ] (02.05.2013 17:08)Bunbury schrieb: [ -> ]Ich denke schon, daß man ein land unterschiedlich angreift, wenn man es nur plündern oder aber ob man es besetzen will. Wer plündert, will möglichst viel mitnehmen und kümmert sich nicht um das, was er vielleicht zerstört.
Wer dagegen ein Land erobern und längerfristig halten will, der wird sich schon Mühe geben, nicht allzuviel verbrannte Erde zu erzeugen.
Ich denke nicht, daß die Seevölker Ägypten länger halten wollten....
Da wäre ich mir nicht ganz so sicher. Oft wurden erfolgreiche Plünderungszüge zu Eroberungszügen, z.B. der, der Araber in Spanien. Oft waren Eroberungen sehr zerstörerisch, obwohl das Gebiet dann langfristig gehalten wurde, ein Beispiel das mir hier einfällt ist das der Mongolen in China.
Bei den Seevölkern kam noch dazu, dass nur ein Teil der Seevölker tatsächlich ältere Verbindungen zu Ägypten hatten. Diese Völker machten zwar zahlenmäßig die meisten aus (Schardana und Ekwesch), aber es gab zahlreiche Gruppen, die Ägypten wohl in erster Linie (zumindest erst einmal) nur überfallen wollten. Anshcließend konnte man immer noch sehen. Teile der Seevölker kamen vermutlich aus Kreta pder Südanatolien, die hatten´s nicht allzu weit nach Hause. Andere siedelten sich nachweislich auf ägyptischem Gebiet an - siehe Peleset und Tjekker. Die libyschen Stämme würde ich unter anderem Blickwinkel sehen wollen, die hatten eine alte Tradition des Überfalls wie auch der Ansiedlung im Nildelta.
VG
Christian
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Nun nehmen wir mal in gegenseitigem Einverständnis an, Schardana und Ekwesch hätten sich aus Opportunismus beschneiden lassen - zwischen dem Angriff zu Zeiten Merneptahs und dem zu Zeiten Ramses III. lagen etwa 30 Jahre.
Es gibt auch Schätzungen, die von 45 Jahren ausgehen- das macht bei der damaligen Lebenswerwartung schon fast zwei Generationen aus...
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Wer zu Merneptahs Zeiten schon beschnitten war, war bei Ramses III. aus Altersgründen wohl nicht mehr dabei. Aber dessen Kinder.
Und wenn die Kinder schon beschnitten waren, dann war´s das: Einmal beschnitten, immer beschnitten.
Nun, gelegentlich soll es schon mal vorkommen, daß sich Sitten ändern...
Aber darum ging es mir ja auch gar nicht- mir ging es hier darum, daß die Ekwech vielleicht als sie in ägyptischen Diensten standen, diese Sitte aus opportunismus übernahmen, sie aber später vielleicht aus anderen Gründen, die wir so vielleicht auch gar nicht nachvollziehen können- beibehalten haben.
Du gehst mir einfach viel zu sehr von unserer heutigen Betrachtungsweise auf die ägyptische Kultur aus.
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Zwei Dinge kommen hinzu:
Eine Abwendung von den Ägyptern kann nicht das ganze Volk umfasst haben, sonst hätte Ramses III. keine Ekwesch in seiner Garde gehabt.
Ich rede nicht von einer Abwendung. Ich rede davon, daß die Ekwesch sich zwar vielleicht von Ramses III bezahlen ließen, aber ihn vielleicht insgeheim verachteten. Ein Verhalten, das nun auch nicht wirklich ungewöhnlich ist.
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Und: Wenn sich die Beschneidung bei den Schardana und Ekwesch schon so richtig eingebürgert hatte, bestand nicht zwangsläufig ein zwingender Grund, das Ritual wieder abzulehnen.
Es gibt erst einmal keinen Grund anzunehmen, daß sich das schon richtig eingebürgert hatte. es ist weder überleifert, wann sich der erste Ekwesh beschneiden ließ noch, wann der letzte damit aufhörte. Von daher würde ich dem ganzen ohnehin nicht die Bedeutung verleihen.
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Drittens: Die Nachricht von den beschnittenen Ekwesch und Schardana stammt von den Ägyptern. Die waren erstens sehr konservativ, was sie einmal über ein Nachbarvolk "wussten", das "wussten" sie auch dann noch, wenn sich der Aspekt beim Nachbarvolk schon längst geändert hatte. Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?
na endlich, darauf habe ich gewartet.
Jetzt weiß ich, daß ich mir keine Sorgen mehr machen muss- du verherrlichst die Ägytper dann doch nicht.
ja, warum sollte es nicht so gewesen sein....
(03.05.2013 18:57)913Chris schrieb: [ -> ]Oder die Ägypterm hatten noch gar nicht mitbekommen, dass die Schwardana und Ekwesch die Sitte der Beschneidung abgelegt hatten. Vielleicht sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand eine so kulturell hochstehende Errungenschaft einfach wieder ablehnen könnte?
Das hätten sie sehr wohl mitgekommen, weil es im Alten Orient üblich war, das entsprechende Teil des getöteten Gegners als "bodycounting" zu sammeln. Ohren eignen sich da nicht so gut, weil doppelt und auch bei Frauen vorhanden.
Die Frage ist nur, ob sie es auch vermerkt hätten. Wenn ich mir ansehe, wie bereitwillig Menschen heute noch Tatsachen völlig und 100 % ignorieren können, wenn sie nicht in ihr Weltbild passen, dann habe ich nicht gerade das Gefühl, daß der Homo Sapiens diese Eigenschaft erst in den letzten Jahren erworben hat...
(03.05.2013 21:47)Bunbury schrieb: [ -> ]Die Frage ist nur, ob sie es auch vermerkt hätten. Wenn ich mir ansehe, wie bereitwillig Menschen heute noch Tatsachen völlig und 100 % ignorieren können, wenn sie nicht in ihr Weltbild passen,
und bei sowas waren die Ägypter ganz groß, gerade bei Angeber-Inschriften wie es die von Karnak und Medinet Habu nun mal sind.
Ich halte es für gut möglich, dass Schardana und Ekwesch mittlerweile traditionell als Beschnittene bezeichnet wurden, auch wenn sie es gar nicht waren.
Von der heimlichen Verachtung der Ekwesch/Schardana für die Ägypter halte ich insofern nicht viel, weil sie ja immerhin zur Garde der Pharaonen gehörten - das ist innerhalb des Militärs so eine Art Vetrauensstellung, da passten die Pharaonen wie jeder andere Herrscher bestimmt auf, ob die Leute auch vertrauenswürdig waren.
Wie die Ekwesch/Schardana zum gemeinen Volk der Ägypter standen, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt. Denn wenn schon das ägyptische Militär von den Bauern so gut wie gar nichts hielt (dafür haben wir schriftliche Beweise), warum sollten sich da die Söldner anders verhalten?
VG
Christian
Weitere Seevölker:
Karkischa
Die Karkischa werden in allen Quellen immer nur quasi „nebenher“ erwähnt, sie scheinen keine große Seevölker-Gruppe gewesen zu sein. Zuerst tauchen sie in ägyptischen Quellen der Zeit Ramses II. auf und in hethitischen Quellen, die unter Muwatalli II. verfasst wurden, also jeweils um 1274 v.Chr., dem Datum der Schlacht von Kadesch zwischen beiden Monarchen.
In beiden Quellen erscheinen die Karkischa als Verbündete der Hethiter. In der Namensliste des Amenope tauchen die Karkischa in geographischer Verbindung mit den Lukka auf, der hethitischen Bevölkerung Lykiens. Eine Verbindung zur Stadt Karkemisch läge zwar nahe, ist aber nirgendwo belegt. Immerhin müssen die Karkischa in Südwestanatolien lokalisiert werden, manche Autoren bringen sie auch in Verbindung mit der Landschaft Karien, die westlich von Lykien an der Ägäisküste liegt.
VG
Christian
Lukka
Die Lukka werden zwar in antiken Listen öfter aufgeführt, aber nähere Informationen erhalten wir auch über dieses Volk nicht, außer, dass es in Verbindung mit einigen anderen Seevölkern gestanden haben muss,
Das „Lukka-Land“, worunter das spätere Lykien verstanden werden muss, befand sich nie unter direkter hethitischer Herrschaft, Lukka waren dennoch auch auf hethitischer Seite an der Schlacht von Kadesch beteiligt, immerhin war das hethitische Klientel-Königreich Arzawa in Westanatolien ein Lukka-Königreich. Wir haben allerdings keinerlei Nachricht von Verträgen zwischen Lukka und Hethitern, sehr wohl aber Nachrichten davon, dass die Lukka von den Hethitern als rebellisch gesehen wurden. Mitte des 15.Jhs.v.Chr. waren die Lukka Teil einer antihethitischen Allianz aus 22 Völkern, die als „Bund von Assuwa“ bekannt war. Das Bündnis wurde von den Hethitern unter Tudhalija I. besiegt. Von Angriffen der Lukka auf das hethitische Kernland in Zentralanatolien inklusive weitreichender Zerstörungen berichtet auch ein hethitisches Gebet, das aber gleichwohl erwähnt, die Lukka hätten die hethitischen Götter verehrt.
Auch bezeichnen die hethitischen Quellen die Lukka als Seefahrer. Jährliche Überfälle auf Alasia gehörten bei den Lukka offenbar zur „Tradition“, weswegen sie allgemein als Piraten angesehen wurden. In einem Brief des Königs von Ugarit an seinen Kollegen von Alasia (Zpern) berichtet ersterer, dass er eine Flotte an die Küste von Lukka schicke, um dort den Kampf des Hethiterkönigs gegen die Seevölker zu unterstützen. Ob die ugaritische Flotte dabei nur die Engstelle zwischen Zypern und dem Festland blockieren sollte oder gegen Lukka kämpfen sollte, bleibt dabei offen.
Einer der Könige von Alasia schrieb an den ägyptischen Pharao, dass sich Alasia auf keinen Fall mit den Lukka gegen ihn verbünden würde, sondern im Gegenteil auf ägyptische Hilfe gegen die Lukka hoffe.
1208 v.Chr. griff eine Koalition aus libyschen und anderen Völkern Ägypten unter Pharao Merneptah an und wurde in der Schlacht von Sais zurückgeschlagen. In der Karnak-Inschrift berichtet Merneptah davon, dass auch Lukka unter den Verbündeten des libyschen Königs Meryre waren. Von den insgesamt etwa 6500 getöteten Libyern waren nur 200 Lukka, diese stellten also nur eine kleine Gruppe innerhalb der Angreifer. Vielleicht deshalb haben wir keine bildlichen Darstellungen von Lukka. Die Karnak-Inschrift berichtet auch, dass die Angreifer ihre Familien bei sich gehabt hätten, sich also wohl in Ägypten hätten ansiedeln wollen (vgl. die Beiträge zu den Luba und Meschwesch). Am zweiten Angriff der Seevölker auf Ägyptenunter Ramses III. waren die Lukka aber offenbar nicht beteiligt, zumindest werden sie in Medinet Habu nicht erwähnt.
Auch Homer berichtet von den Lukka, allerdings nennt er sie bereits Lykier. Sie waren Verbündete der Trojaner, und der lykische Held Bellerophon soll zwar aus Korinth gestammt haben, er kam aber nach Lykien, dessen König der Schwiegervater des Königs von Tiryns war und vollbrachte hier Heldentaten. Bellerophon hieß eigentlich Hipponoos („Pferdeversteher“) und war der Enkel des Aiolos, des Stammvaters der Aiolier, die Thessalien, Böotien und die nördliche Ägäis bewohnten und dabei teilweise das Erbe der Mykener antraten. Im Auftrag des lykischen Königs, der ihn aus dem Weg schaffen wollte, besiegte Bellerophon mit Hilfe des Pegasus die Chimäre, die in Karien ihr Unwesen trieb. Die zweimalige Verbindung des Bellerophon mit Pferden (Name, Pegasus) könnte bedeuten, dass der Held eine ursprünglich lykisch-karische Helden- oder sogar Göttergestalt gewesen sein könnte, denn die Landschaft war für ihre Pferdezucht berühmt. Auch Herodot berichtet von Verbindungen zwischen Griechen und Lykiern, allerdings erstellt er eine Herkunft der Lykier aus Kreta. Allerdings konstruiert Herodot auch eine fragwürdige Ethymologie des Namens der Lykier, die er auf den Athener Lykos zurückführt…
Der erste lykische König soll laut Herodot nichtsdestotrotz ein Bruder des Minos gewesen sein. In diesen Sagen haben sich offenbar Erinnerungen von frühen und relativ engen Beziehungen zwischen Minoern und mykenischen Griechen erhalten.
Denkbar ist etwa, dass sich kretische und/oder griechische Einwanderer mit den Lukka vermischten und sich im Lauf der Zeit assimilierten, denn das Lykische ist eindeutig eine mit dem Luwischen verwandte anatolische Sprache gewesen.
Die Lukka waren ein offenbar recht kriegerisches Volk in Westanatolien, denn sie konnten weder von Hethitern noch von Lydiern erobert werden und konnten auch griechische Kolonisationsversuche erfolgreich verhindern. Erst die Perser schafften es, die Lykier wirklich zu besiegen, auch wenn die Lykier weiterhin eine relativ weitreichende Autonomie genossen. In der Folgezeit standen sie teils im Bündnis mit griechischen Staaten, häufiger als mit den Griechen waren sie aber mit den Persern verbündet.
Erst mal wieder vielen Dank für diese Informationen.
Wieder taucht hier eine Verbindung zwischen (einem der/) den Seevölkern und Troja auf, so daß es letztendlich der trojanische Krieg wahrscheinlich wirklich irgendwie in diesen Zusammenhang hineingehört.
Aber ich vermute, ich bin jetzt erst mal Wochen, wenn nicht Monate damit beschäftigt, die ganzen Informationen zusammenzusetzen...
(04.05.2013 08:39)913Chris schrieb: [ -> ]Von der heimlichen Verachtung der Ekwesch/Schardana für die Ägypter halte ich insofern nicht viel, weil sie ja immerhin zur Garde der Pharaonen gehörten - das ist innerhalb des Militärs so eine Art Vetrauensstellung, da passten die Pharaonen wie jeder andere Herrscher bestimmt auf, ob die Leute auch vertrauenswürdig waren.
Stimmt, da gebe ich dir recht. Ich hatte jetzt nur an die Ekwesch- Sichtweise gedacht. Es mag zwar Menschen geben, die sich auch von anderen bewachen lassen, von denen sie wissen, daß sie sie verachten, aber alles, was wir über die ägyptische Kultur wissen, schließt das so ziemlich aus.
Allerdings bezweifle ich sehr stark, daß die Ekwesch, die Ägypten im Rahmen der Seevölkerkriege überfielen, die Ägypter als Leitkultur anerkannten.
Von daher gehe ich eher davon aus, daß die Bezeichnung "Ekwesch" oder "Schardana" etc, die die Ägypter verwendeten, eher als Rückschluss verstanden waren. Die Ägypter kannten die Ekwesch und hielten deswegen die Angreifer für welche.
Ich denke nicht, daß es sich um revoltierende Söldner handelte, oder siehst du das anders?
Um noch mal auf die Beschneidung zurückzukommen- vielleicht hat der erste Pharao, der einen Ekwesh als Söldner anheuerte, die Beschneidung zur Bedingung gemacht, weil er nicht von einem Unbeschnittenen bewacht werden wollte?
(04.05.2013 21:06)Bunbury schrieb: [ -> ]Allerdings bezweifle ich sehr stark, daß die Ekwesch, die Ägypten im Rahmen der Seevölkerkriege überfielen, die Ägypter als Leitkultur anerkannten. (...)Die Ägypter kannten die Ekwesch und hielten deswegen die Angreifer für welche.
Ich denke nicht, daß es sich um revoltierende Söldner handelte, oder siehst du das anders?
Sie werden ihre Eigenheiten behalten haben, warum sonst unterschieden sich die Ekwesch vom Äußeren her nach wie vor von den Ägyptern? Das war im Übrigen bei allen Söldnern der Ägypter der Fall.
Deine Aussage beinhaltet darüber hinaus, dass es sich bei den angreifenden Ekwesch um andere handelte als um die Ekwesch, die in ägyptischen Diensten standen.
Das kann sein. Waren die Ekwesch wirklich Ahhijawa, dann ist schon denkbar, dass sich einige Ekwesch in ägyptische Dienste begaben, während andere die Ägypter angriffen.
Ich denke da aber eher an ein anderes Szenario:
Die Ägypter hielten Teile der Angreifer nicht nur für Ekwesch oder Schardana, sondern es waren tatsächlich welche dabei. Für eine Verwechslung mit ähnlich ausstaffierten anderen Völkern kannten die Ägypter "ihre" Söldner zu gut.
Wenn die Ekwesch in ägyptische Dienste getreten sind, dann wahrscheinlich für längere Zeit und dann wurden sie auch in irgendeiner Form in Ägypten angesiedelt. Nach ägyptischer Tradition eher am Rand des ägyptischen Gebietes. Die Habiru/Hebräer wurden ja auch am Ostrand des Deltas angesiedelt, quasi zur Bewachung, denn über die "Königsstrasse", die von der Levante her in den Osten des Deltas führte, kamen immer wieder auch Angreifer.
Die Ekwesch könnten im Westen des Deltas angesiedelt worden sein oder auch in der Levante (vgl. die Peleset und Tjekker). Als die Seevölker kamen, schlossen sich die Ekwesch zum Teil diesen an, während andere "ägyptentreu" blieben, schließlich hatte man in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht schlecht davon gelebt, eine Elitetruppe der Ägypter zu sein. Die anderen Ekwesch lockte die zu erwartende reiche Beute eben mehr als das sichere Einkommen durch den Dienst am Pharao...
(04.05.2013 21:06)Bunbury schrieb: [ -> ]Um noch mal auf die Beschneidung zurückzukommen- vielleicht hat der erste Pharao, der einen Ekwesh als Söldner anheuerte, die Beschneidung zur Bedingung gemacht, weil er nicht von einem Unbeschnittenen bewacht werden wollte?
Kann ich mir jetzt nicht vorstellen. Wer Söldner einstellt, stellt sie erst einmal deswegen ein, damit er eine Dienstleistung von ihnen bekommt. Stellt er eine so "einschneidende" Forderung, werden es sich die Söldner erst einmal zweimal überlegen, ob es das wert ist. Söldner werden auch nicht sofort in die Leibgarde des Pharaos übernommen, da steht dann noch so eine Art "Beförderung" mit vorhergehender Bewährung dazwischen. Das setzt aber voraus, dass die Söldner eine Zeitlang in ägyptischen Diensten waren, und während dieser Zeit kann es dann schon zu einer mow weitreichenden Übernahme von Lebensgewohnheiten seitens der Söldner kommen, noch dazu, wenn diese zwischen den Ägyptern leben.
Ich denke also nach wie vor, dass die Ekwesch und Schardana, die in ägyptischen Diensten standen, die Beschneidung mow freiwillig übernommen haben. Dass die Peleset, die ja auch so eine art nahöstliche Söldnertruppe waren (vgl. die Kereset und Peleset/Kreti und Pleti der Bibel, die angeblich Salomo zu Diensten waren und auch hier die Leibgarde des Königs stellten; ich kann mir gut vorstellen, dass kleinere Einheiten auch in ägyptischen Diensten standen, aber halt nicht so große Kontingente wie bei den Ekwesch und Schardana, die ja unter den Seevölkern mit die größten Anteile stellten), die Beschneidung NICHT übernommen hatten, zeigt, dass die Ekwesch und Schardana beileibe nicht gezwungen worden sein können, sich beschneiden zu lassen. Es war in ihren Augen halt vorteilhaft und gehörte dann auch irgendwann zu ihrer Identität.
VG
Christian
(05.05.2013 09:13)913Chris schrieb: [ -> ]Sie werden ihre Eigenheiten behalten haben, warum sonst unterschieden sich die Ekwesch vom Äußeren her nach wie vor von den Ägyptern? Das war im Übrigen bei allen Söldnern der Ägypter der Fall.
Deine Aussage beinhaltet darüber hinaus, dass es sich bei den angreifenden Ekwesch um andere handelte als um die Ekwesch, die in ägyptischen Diensten standen.
Das kann sein. Waren die Ekwesch wirklich Ahhijawa, dann ist schon denkbar, dass sich einige Ekwesch in ägyptische Dienste begaben, während andere die Ägypter angriffen.
Ich denke da aber eher an ein anderes Szenario:
Die Ägypter hielten Teile der Angreifer nicht nur für Ekwesch oder Schardana, sondern es waren tatsächlich welche dabei. Für eine Verwechslung mit ähnlich ausstaffierten anderen Völkern kannten die Ägypter "ihre" Söldner zu gut.
Wenn die Ekwesch in ägyptische Dienste getreten sind, dann wahrscheinlich für längere Zeit und dann wurden sie auch in irgendeiner Form in Ägypten angesiedelt. Nach ägyptischer Tradition eher am Rand des ägyptischen Gebietes. Die Habiru/Hebräer wurden ja auch am Ostrand des Deltas angesiedelt, quasi zur Bewachung, denn über die "Königsstrasse", die von der Levante her in den Osten des Deltas führte, kamen immer wieder auch Angreifer.
Die Ekwesch könnten im Westen des Deltas angesiedelt worden sein oder auch in der Levante (vgl. die Peleset und Tjekker). Als die Seevölker kamen, schlossen sich die Ekwesch zum Teil diesen an, während andere "ägyptentreu" blieben, schließlich hatte man in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht schlecht davon gelebt, eine Elitetruppe der Ägypter zu sein. Die anderen Ekwesch lockte die zu erwartende reiche Beute eben mehr als das sichere Einkommen durch den Dienst am Pharao...
Also siehst du es eher so, daß diejenigen, die unter den "Seevölkern" aufgeführt waren und in Ägypten als Söldner angeheuert waren, sich den aus Norden kommenden Seevölkern angeschlossen haben und nicht Teil des kompletten Seevölkersturmes waren?
Hm. ich weiß nicht. Ich finde das irgendwie nicht stimmig. Du hast ein Volk, das aus Anantolien oder der Ägaäis stammt, wo der Seevölkersturm begann. Und dieses Volk hat sich aber erst in ägypten den Seevölkern angeschlossen, wo es jahrelang in Diensten stand und soweit ägyptisiert war, daß sie sogar das Beschniedungsritual übernahmen?
Irgendwie klingt das nicht sehr überzeugend.
Dann halte ich es doch eher für wahrscheinlich, daß die Ekwesch, die zu den Seevölkern gehörten, eben nicht die aus ägyptischen Diensten waren, sondern eben doch aus der Ägäis kamen, wo der Seevölkersturm seinen Anfang nahmen. Und die wurden von den Ägyptern als "beschnitten" beschrieben, weil die Ägypter wußten, daß die Ekwesch, die in ihren Diensten standen, beschnitten wurden... Ich denke, man sollte da von ägyptischen tempelinschriften nicht allzuviel an Differenzierungsbereitschaft verlangen...
(05.05.2013 15:30)Bunbury schrieb: [ -> ]Dann halte ich es doch eher für wahrscheinlich, daß die Ekwesch, die zu den Seevölkern gehörten, eben nicht die aus ägyptischen Diensten waren, sondern eben doch aus der Ägäis kamen, wo der Seevölkersturm seinen Anfang nahmen. Und die wurden von den Ägyptern als "beschnitten" beschrieben, weil die Ägypter wußten, daß die Ekwesch, die in ihren Diensten standen, beschnitten wurden... Ich denke, man sollte da von ägyptischen tempelinschriften nicht allzuviel an Differenzierungsbereitschaft verlangen...
Gut möglich.
VG
Christian
(07.04.2013 18:29)Bunbury schrieb: [ -> ]Der Reichtum der späten Bronzezeit beruhte auf dem Handel. Nicht auf Produktion doer der reinen Erzförderung oder dem Nahrungsmittelanbau, sondern aus dem Handel.
Wer die Handelwege und Handelsknoten kontrollierte war reich und besaß Macht.
Gibt es irgendeinen Grund anzunehmen, daß die Menschen in der späten Bronzezeit weniger gierig nach dem einen wie dem anderen gewesen wären als heute?
Ich glaube nicht. Die Mittel mögen andere sein, aber die Motivation der Menschen war wohl immer die gleichen.
Die, die reich waren und Macht hatten waren also nicht zufrieden und wollten mehr. Am Ende der Bronzzeit aber war der Kuchen verteilt- das System an sich konnte nicht mehr expandieren, wer expandieren wollte, konnte dies nur auf Kosten der anderen tun.
Und genau das ist meiner Meinung nach geschehen- und hat den kompletten Systemzusammenbruch ausgelöst, der dann dazu geführt hat, daß der ganze Mittelmeerraum in Bewegung geriet. Die Einwanderung über den Balkan war dann die Folge des Zusammenbruchs, nicht die Ursache...
So, das war jetzt die ultrakurzfassung....
Der Thread ist ziemlich unübersichtlich, deshalb zitiere ich deine Ultrakurzfassung, weil sie Teile der Hypothese enthält, die ich kürzlich gelesen habe und die mir so unplausibel nicht zu sein scheint.
Falls so etwas in den vorherigen Seiten schon erwähnt wurde, habe ich es überlesen.
http://www.welt.de/kultur/history/articl...e-gab.html
Das Buch von Sommer habe ich nicht gelesen, nur ähnliches in einem anderen. Kann sein, dass die Hypothese zur Zeit modern ist.
Danach waren die Seevölker weniger fremde Völker, sondern eher die Arbeiter, Bauern und Steuerzahler, denen es zuviel wurde und die sich u.a. in Hattusa gegen die Oberschicht erhoben. In der Folge brach das bronzezeitliche System der Eliten und der Handel im östlichen Mittelmeerraum zusammen.
Was haltet ihr davon?
(30.11.2013 23:50)Renegat schrieb: [ -> ]Danach waren die Seevölker weniger fremde Völker, sondern eher die Arbeiter, Bauern und Steuerzahler, denen es zuviel wurde und die sich u.a. in Hattusa gegen die Oberschicht erhoben. In der Folge brach das bronzezeitliche System der Eliten und der Handel im östlichen Mittelmeerraum zusammen.
Was haltet ihr davon?
Wenig, weil es nicht das Auftreten zum Teil völlig neuer Kulturelemente erklärt.
(30.11.2013 23:50)Renegat schrieb: [ -> ]Der Thread ist ziemlich unübersichtlich, deshalb zitiere ich deine Ultrakurzfassung, weil sie Teile der Hypothese enthält, die ich kürzlich gelesen habe und die mir so unplausibel nicht zu sein scheint.
Falls so etwas in den vorherigen Seiten schon erwähnt wurde, habe ich es überlesen.
http://www.welt.de/kultur/history/articl...e-gab.html
Das Buch von Sommer habe ich nicht gelesen, nur ähnliches in einem anderen. Kann sein, dass die Hypothese zur Zeit modern ist.
Danach waren die Seevölker weniger fremde Völker, sondern eher die Arbeiter, Bauern und Steuerzahler, denen es zuviel wurde und die sich u.a. in Hattusa gegen die Oberschicht erhoben. In der Folge brach das bronzezeitliche System der Eliten und der Handel im östlichen Mittelmeerraum zusammen.
Was haltet ihr davon?
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Bauern, Handwerker und Steuerzahler einen Teil der Seevölker ausmachte. Vielleicht sogar einen größeren teil, denn schließlich sollen die Seevölker ja auch Frauen und Kinder dabei gehabt haben.
Ich glaube aber nicht, daß der Anfnag der Seevölkerinvasion- sprich der Anfang des Zusammenbruchs einer ganzen Kulturzone- daran lag, daß sich ein paar Bauern und Arbeiter gegen die Oberherrschaft aufgelehnt haben.
Dagegen sprechen auch die militärischen Erfolge der Seevölker- es müssen Söldner darunter gewesen sein.
Ansonsten teile ich Sommers Auffassung soweit, daß die Seevölker nicht von außerhalb des Raumes kamen, in dem sie ihr Unwesen trieben. Chris hat in seinen Analysen der einzelnen Seevölker sehr gut dokumentiert, daß fast alle genannten Seevölker aus dem Bereich der Ägäias oder des östlichen Mittelmeeres stammten.
Möchte hier nochmals eine Spekulation anstellen: Was wäre eigentlich mit einem asiatischen Reitervolk das im heutigen Ungarn eingefallen ist und von dort aus auch den (Nord-) Balkan bedroht hat?
Solche Reitervölker gab es immer wieder etwa die Skythen, Hunnen usw. Sie wären in dem Raum schwer nachzuweisen, weil es sich nicht unbedingt im Beobachtungshorizont der frühen Großmächte befand und könnten die Gegend in Aufruhr und somit den Seevölkersturm in Gang gesetzt haben. Die Ursache für ihr Vorstoßen könnten klimatische Veränderungen (es wurde wärmer und trockener) gewesen sein. Sehr oft verschwinden solche Völker schnell wieder aus der Geschichte.
Was spricht also für oder gegen diese von mir angestellte Überlegung das ein solche Volk, weitere Völker vertrieben haben könnte und damit den Seevölkersturm ausgelöst haben könnte?
Gab es in der späten Bronzezeit überhaupt schon Reiterkrieger? MW waren damals Streitwagen modern, da stand der Kämpfer im Wagen und saß noch nicht auf dem Pferd.
(07.03.2014 13:54)WDPG schrieb: [ -> ]Was spricht also für oder gegen diese von mir angestellte Überlegung das ein solche Volk, weitere Völker vertrieben haben könnte und damit den Seevölkersturm ausgelöst haben könnte?
Ich glaube nicht, daß ein asiatisches Reitervolk, das in Ungarn eingefallen ist, im Stande gewesen wäre, den Seevölkersturm auszulösen. Wanderungsbewegungen haben eigentlich immer nur dann zur Zerstörung eines Reiches beigetragen, wenn das ganze System sowieso schon dabei war, in sich zusammen zu stürzen.
Die Hauptursache des Seevölkersturms dürfte letztendlich darin zu sehen sein, daß sich die Bronzezeit "festgefahren" hatte. Die einzelnen Herrschaftsbereiche waren gewissermaßen festgefahren- auch wenn sie sich mal in diese, mal in jene Richtung ein bißchen dehnten- und waren auch nicht mehr im Stande, auf sich ändernde Bedingungen zu reagieren.
Man konnte nicht mehr wachsen, weil dahin, wo man gerne gewandert wäre, schon jemand saß, die Resourcen wurden knapper, was lange Zeit für viele reichte, reichte nun nicht mehr- ich denke, dem Seevölkersturm ging ein innerer Zusammenbruch eines ganzen Systems voraus.
Reitervölker aus Asien konnten, wenn überhaupt, nur deshalb Erfolg haben, weil innen alles zusammenbrach...
Die südlichen indogermanischen Vorfahren der Traker, Daker und Griechen sind aus dem Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres gekommen. Sie haben also zu dieser Völkerwanderungsbewegung beigetragen.
Ursprüngliche Veneter u.a. Italiker und Illyrer sind aus dem Gebiet westlich des Bugs gekommen. Es waren ursprüngliche westliche Indogermanen, welche die Entwicklung zu den Prägermanen dann nicht mit vollzogen. Sie haben ebenfalls zu den Völkerbewegungen beigetragen.
Es geht hier aber nicht um Völkerwanderungen im Allgemeinen, sondern um den Seevölkersturm, der am Ende der Bronzezeit stattfand. Die spannende Frage bleibt dabei- löste der Seevölkersturm das Ende der ägischen Bronzeit aus- oder war der Seevölkersturm das Ergebnis eines Systemzusammenbruchs?
Daß in die entstehenden Lücken neue Völker schlüpften, ist eigentlich kaum erwähnenswert, so selbstverständlich ist es ...
Die Bronzezeit wurde nicht durch Seevölker beendet, sondern durch die Eisenzeit.
Durch dieses neue Grundmaterial kam es zu verschiebungen in der Wirtschaftskraft u. militärischen Stärke einiger Völker. Die verbesserte Wirtschaftskraft führte zu Bevölkerungsvermehrung und auch kultureller Entwicklung. Hier profitierten z.B. die Kelten und ihre Nachbarn von den neuen Möglichkeiten und ihren Eisenvorkommen. Der Völkerwanderungsdruck hatte seine Auswirkungen bis nach Anatolien und Äqypten und wurde dort als Seevölkeransturm wahrgenommen. Die Italiker, Illyrer, Kurden und Armenier... stießen ja nicht in unbesiedelte Regionen vor.