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Normale Version: Untergang Westroms
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Der Untergang Westroms interessiert die Menschen seit mehr als 1500 Jahren.
Daher einige Fragen an euch:

Welches war eurer Meinung nach der letzte einigermaßen fähige Herrscher über Westrom?
Welches war der letzte Herrscher, der den Untergang Westroms erheblich hätte verzögern können?
Welches war der letzte Herrscher, der den Untergang Westroms hätte verhindern können.
Anders gefragt: Ab wann war der Untergang Westroms "vorprogrammiert"?

Gleichzeitig können hier auch Texte zu den letzten Jahrzehnten Westroms und Analysen gepostet werden.

Viele Grüße,
der Maxdorfer
Ein soeben von mir verfasster Text über das Schicksal des letzten römischen Kaisers aus dem Wikipedia-Thread:

Wie der letzte antike Kaiser von Rom abgesetzt wurde, was davor und was danach geschah.

Er hatte langfristige Nachwirkungen und jede Menge Vorwehen: Der Untergang Westroms. Kein Geschichtsbuch kommt ohne dieses epochale Ereignis aus. Doch was geschah eigenlich genau?

Damals herrschte in Italien Orestes, ein Feldherr, der überzeugt war, es gäbe noch eine Rettung für Westrom. Und für diese Rettung wollte er sorgen. Da er aber einige Jahre zuvor bei den Hunnen - also bei Barbaren - als Sekretär gedient hatte, dachte er, die Senatoren würden seine Herrschaft nicht anerkennen. Deshalb setzte er seinen jungen Sohn Romulus Augustulus auf den Thron. Der Name war sicher Propagandasache, denn Romulus war der Legende nach der Gründer Roms gewesen. Augustulus war ein Spottname "kleiner Augustus".

Doch das römische Reich war durch die ausländischen Söldnerheere in einen Teufelskreis gelangt: Die angeheuerten Söldner wurden nach dem Dienst in der Armee mit steuerfreiem Land belohnt, dadurch verringerten sich die Steuereinnahmen des Staates, sodass mehr Land her musste. Um dieses zu erobern, brauchte man ausländische Söldner, und die mussten wieder mit Land belohnt werden. So ging es immer weiter abwärts, bis man schließlich nur noch extrem illoyale Soldaten hatte. Und Orestes konnte die Männer, die ihm die Herrschaft verschafft hatte, nicht einmal mehr mit Land bezahlen.

Da meuterten die Soldaten und starteten eine Rebellion. Deren Spitze übernahm Odoaker, ein germanischer Heerführer, den das römische Reich rein gar nicht interessierte und dem es nur um persönliche Macht ging. Er marschierte mit den barbarischen Legionären auf Rom zu und stürmte die Stadt. Orestes wurde getötet, doch Romulus Augustulus wollte man nichts antun, um den Anschein zu erwecken, man habe wenigstens einigermaßen legal gehandelt.
Er wurde einfach nur abgesetzt und in den Ruhestand geschickt - mit nicht einmal 16 Jahren. Er bekam ein Landgut bei Neapel, in der er das Leben eines reichen Römers aus der Oberschicht führte. Auch eine jährliche Rente bekam er zugesichert, eine Rente, die so groß war, dass er sich für den Rest seines Lebens keine Sorgen mehr machen musste.

Man weiß nicht genau, wann Romulus ums Leben kam, da genaue Aufzeichnungen nicht existieren. Einen Hinweis gibt der Chronist Cassiodor in seinen "Variae", einer Dokumentensammlung über die Verwaltung Italiens. Er berichtet, dass der Ostgotenkönig Theoderrich der Große, der nach Odoaker Italien regierte, zwischen 507 und 510 n. Chr. noch eine Schenkung an einen Romulus getätigt habe. Ich persönlich halte es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um den letzten Kaiser in Italien (*) handelt, denn selbst wenn es weitere Menschen namens Romulus damals in Italien gab, bekamen diese nicht unbedingt Schenkungen oder waren nicht so bekannt, dass ihr Name in Büchern ohne weitere Erklärungen genannt werden konnte.

Es kann durchaus sein, denn Romulus wäre 510 erst 50 Jahre alt gewesen, was nicht sooo alt war, selbst in der Antike. Genaue Hinweise gibt es aber nicht. Wann also Romulus starb, ob 480, 500 oder 530, das weiß man nicht 100-prozentig. Aber ziemlich sicher nicht 476. Denn das wäre für die damalige politische Lage von Bedeutung gewesen, da es sofort einen Mordverdacht für Odoaker bedeutet hätte. Es wäre sicherlich von der Geschichtsschreibung erwähnt worden, wenn ein junger Mann, der eben erst zurücktreten musste, plötzlich und unerwartet stirbt.

VG
Der Maxdorfer

(*) Romulus war der letzte Kaiser, der in den italienischen Kaiserresidenzen Rom und Ravenna residierte. Rein theoretisch gab es noch Julius Nepos, der im Auftrag von Ostrom die westlichen Provinzen als Kaiser regieren sollte. Aber der war schon 475 von Orestes nach Dalmatien vertrieben wurde und hatte außer seinem Titel nichts mehr, was ihn von einem einfachen Bauern unterschied. Rein rechtlich war er aber noch bis zu seiner Ermordung 480 n. Chr. Kaiser Westroms.

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Übernommen aus: http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...99#pid6499
Über die Gründe, die zum Untergang Westroms führten, könnt ihr hier diskutieren:

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...hp?tid=106
Ist es nicht so, dass Orestes seine Leute im Jahr 475 bezahlen konnte? Er besaß jedoch als Angehöriger der römischen Oberschicht noch genügend Skrupel, an nichtrömische Soldaten römisches Land zu verteilen. Odoaker hatte diese Skrupel nicht und so folgten ihm die Soldaten.
(07.08.2012 22:46)Sansavoir schrieb: [ -> ]Ist es nicht so, dass Orestes seine Leute im Jahr 475 bezahlen konnte? Er besaß jedoch als Angehöriger der römischen Oberschicht noch genügend Skrupel, an nichtrömische Soldaten römisches Land zu verteilen. Odoaker hatte diese Skrupel nicht und so folgten ihm die Soldaten.

Mit Geld bezahlen ging sowieso nicht, das ist der von mir oben erwähnte Teufelskreis. Zu der versprochenen Bezahlung mit Land in Italien: In Wirklichkeit waren schon große Teile Italiens an die neuen Siedler aus dem Norden vergeben worden, es gab also nicht mehr allzu viel Platz. Dieses hätte Orestes vielleicht rein theoretisch vergeben können, aber erstens war das das Land, das für die letzten Bastionen römischer Herrschaft - Rom und Ravenna - besonders wichtige Land. Land also, das für deren Versorgung vonnöten war, Land, auf dem reichere Römer siedelten, deren Wohlwollen Orestes sich versichern musste. Er wird es nicht ansehen wollen haben, wie auch noch die letzten Besitztümer des einst so mächtigen römischen Imperiums an Barbaren verschenkt wurde, an Leute also, die sich früher hätten anpassen müssen oder vernichtet worden wären. Dass dieses Land notwendig war für Rom und Orestes' Unterstützern gehörte, wird noch erschwerend hinzugekommen sein.

Dass Odoaker das egal war, stimmt auch. Ihn kümmerte es nicht, das für Rom notwendige Land zu vergeben, denn es waren ja seine Volksgenossen, es waren ja Germanen wie er selber auch. Die reichen Römer interessierten ihn ebenso wenig, er wusste, dass es für das römische Reich keine Rettung gab, und ein nichtrömisches Reich auf italienischem Territorium brauchte die alten Eliten nicht mehr. Die beiden Gründe, die Orestes also davor hüteten, sein Versprechen einzuhalten, kümmerten Odoaker als Ausländer herzlich wenig.

VG
Der Maxdorfer

WDPG

(07.08.2012 17:38)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Deshalb setzte er seinen jungen Sohn Romulus Augustulus auf den Thron.

Man muss übrigens bedenken, das er auch vom Osten nicht anerkannt wurde, alo nicht nur Orestes nicht, sondern auch sein Sohn.

Ohne Hilfe des Ostens war es schwer möglich das Reich noch zu Retten. Die letzten Kaiser die ernsthaft versuchten das Weströmische Reich zu retten, setzten auf eine Rückeroberung Nordafrikas (die schließlich scheiterte). Aber für ein solches Unternehmen brauchte es Geld, Schiffe und ein großes Heer. Das konnte man alleine ohne Osten wohl nur noch schwer aufbieten.

Doch der Osten sah Julius Nepos als legitimen Kaiser an (wie du schon erwähnt hast). Das war wohl auch ein Grund warum man ihn nach dem Sturz von Romulus Augustus weiterhin als solchen ansah.
(08.08.2012 09:04)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Dass Odoaker das egal war, stimmt auch. Ihn kümmerte es nicht, das für Rom notwendige Land zu vergeben, denn es waren ja seine Volksgenossen, es waren ja Germanen wie er selber auch. Die reichen Römer interessierten ihn ebenso wenig, er wusste, dass es für das römische Reich keine Rettung gab, und ein nichtrömisches Reich auf italienischem Territorium brauchte die alten Eliten nicht mehr. Die beiden Gründe, die Orestes also davor hüteten, sein Versprechen einzuhalten, kümmerten Odoaker als Ausländer herzlich wenig.
VG
Der Maxdorfer
Lieber Maxdorfer,
Odoaker hat nur dem morschen weströmischen System den Todesstoß versetzt.Rolleyes

WDPG

(08.08.2012 11:53)dieter schrieb: [ -> ]Lieber Maxdorfer,
Odoaker hat nur dem morschen weströmischen System den Todesstoß versetzt.Rolleyes

Stimmt absolut und das wohl nicht einmal bewusst. Schon vor Odowaker hatten andere eine gar nicht mal so viel andere Stellung. Ricimer z.B. setzte Kaiser ein wenn er wollte, dazwischen regierte er sogar ohne Kaiser und unter Livius Severus, war auch er der bestimmende Mann. Und die Geschichte mit Gundobad (Nachfolger Ricimers) und Glycerius zeigt deutlich das Machtvakuum das germanische Heermeister zumindest kurzzeitig schon vorher nutzen konnten.

Und so erschien vielen das ganze wohl wenig revolutionär, das Kaisertum lag ohnehin am Boden und so kam eben ein neuer starker Machthaber, der auf den Kaiser verzichtete.

Was wiederum beweißt, Rom lag schon längst am Boden.
Zustimmung.

Odoaker war allerdings der erste, der es so deutlich aussprach, als er dem oströmischen Kaiser die Reichsinsignien überbrachte und ausrichten ließ, Rom brauche keinen Kaiser mehr.
(08.08.2012 11:18)WDPG schrieb: [ -> ]
(07.08.2012 17:38)Maxdorfer schrieb: [ -> ]Deshalb setzte er seinen jungen Sohn Romulus Augustulus auf den Thron.

Man muss übrigens bedenken, das er auch vom Osten nicht anerkannt wurde, alo nicht nur Orestes nicht, sondern auch sein Sohn.

Ohne Hilfe des Ostens war es schwer möglich das Reich noch zu Retten. Die letzten Kaiser die ernsthaft versuchten das Weströmische Reich zu retten, setzten auf eine Rückeroberung Nordafrikas (die schließlich scheiterte). Aber für ein solches Unternehmen brauchte es Geld, Schiffe und ein großes Heer. Das konnte man alleine ohne Osten wohl nur noch schwer aufbieten.

Doch der Osten sah Julius Nepos als legitimen Kaiser an (wie du schon erwähnt hast). Das war wohl auch ein Grund warum man ihn nach dem Sturz von Romulus Augustus weiterhin als solchen ansah.

Ich schrieb ja auch "Kaiser von Rom". Also Kaiser, der in Rom regierte. Denn Kaiser des römischen Reiches gab es ja offiziell noch bis 1453 oder 1806.
Ab wann war der Untergang Westroms "vorprogrammiert"
Das Römische Heer war ja so groß weil man Bürger Roms wurde wenn man Militärdienst leistete.
Durch die Einführung das ein jeder Römischer "Gemeiner"(ich weiß ein Gemeiner ist was anderes
aber mir fällt zu Zeit nichts anderes ein) ohne Kriegsdienst ein Bürger ist. Da wurde das Römische Heer
immer kleiner und kleiner. Dann, eines Tages, stürmten die Germanen so richtig auf Rom zu und puff
West Römisches Reich weg.
(14.08.2012 22:40)Josip schrieb: [ -> ]Ab wann war der Untergang Westroms "vorprogrammiert"? Das Römische Heer war ja so groß weil man Bürger Roms wurde wenn man Militärdienst leistete. Durch die Einführung das ein jeder Römischer "Gemeiner"(ich weiß ein Gemeiner ist was anderes aber mir fällt zu Zeit nichts anderes ein) ohne Kriegsdienst ein Bürger ist. Da wurde das Römische Heer immer kleiner und kleiner. Dann, eines Tages, stürmten die Germanen so richtig auf Rom zu und puff - West Römisches Reich weg.

Du siehst als einen der ausschlaggebenden Punkte die Constitutio Antoniana des Jahres 212, mit der Kaiser Caracalla allen Bürgern des römischen Reiches das Bürgerrecht verlieh. Das mag sicherlich einer der bedeutensten Punkte dafür gewesen sein, dass die Armee immer weiter schrumpfte. Es gab wohl noch andere (beispielsweise, das Gefühl dafür zu gut zu sein), aber das wird ein zentraler Punkt sein. Das mit den Söldnern war dann eine Folge davon.
Bekanntlich ist der Untergang des römischen Reiches ein multikausaler Prozess, das heißt, es gab auch noch einige, wenn nicht eine Menge andere Punkte, die eine Rolle spielten. Aber ich persönlich halte den Zerfall des Heeres für einen sehr wichtigen.
Bei Gott hier im Forum lerne ich massenweise neue Adjektive: multikausal z.B.
Ich denke noch ein Punkt war dass das Imperium Romanum schon sehr groß war
und es deshalb keinen mehr(besonders nach der Constitution Antonia) mehr interessiert
hat im Militär zu sein. Es waren halt nur zu anfangs die kleinen Barbaren Angriffe die
später halt unterschätzt wurden.
(15.08.2012 18:40)Josip schrieb: [ -> ]Bei Gott hier im Forum lerne ich massenweise neue Adjektive: multikausal z.B.

Ja ja, bis vor wenigen Monaten hatte ich einen sehr eloquenten Deutschlehrer, der anscheinend abgefärbt hat - siehe meine Signatur Cool

Und jetzt auch noch Deutsch-Leistungskurs... Wo soll das nur enden Wink

Deiner Ergänzung stimme ich ebenfalls zu.
Danke deine Signatur ist auch sehr humorvoll finde ich.
Aber kommen wir zum Thema zurück. Der Untergang Westroms.
Einen Punkt kenne ich noch.
Die Strassen zerfielen besonders in den unwichtigen Regionen.
Durch das immer schlechter werden des Strassennetz ging auch die Wirtschaft bergab.
Besonders das Mittelalterige Europa hatte noch lange darunter zu leiden.
(15.08.2012 19:55)Josip schrieb: [ -> ]Danke deine Signatur ist auch sehr humorvoll finde ich.
Aber kommen wir zum Thema zurück. Der Untergang Westroms.
Einen Punkt kenne ich noch. Die Strassen zerfielen besonders in den unwichtigen Regionen. Durch das immer schlechter werden des Strassennetz ging auch die Wirtschaft bergab. Besonders das Mittelalterige Europa hatte noch lange darunter zu leiden.

Da muss ich dich leider korrigieren. Ich beschäftige mich gerade zufällig mit dem Handel im Gallien nach dem Zerfall des Römerreiches, daher weiß ich da etwas genauer Bescheid:

In den meisten Regionen des Reiches wurden die Straßen relativ gut in Schuss gehalten. Was langsam zerfiel, war die Macht des Kaisers in Rom. Dem fehlten die Gelder und die Soldaten, um seine Macht in allen Provinzen durchzusetzen. Was stattdessen kam, waren regionale Machthaber, die sich von Rom unabhängig machten. Und da die nur ein kleineres Gebiet zu verwalten hatten, konnten sie sich gerade BESSER um die Straßen kümmern.

Das Problem trat dann ein, als das Reich untergegangen war. Da verfielen auch langsam diese kleineren Nebenreiche, und germanische Königtümer traten an ihre Stelle. Und unter denen konnten dann die Straßen nicht mehr in Stand gehalten werden. Nur einige wichtige Bischöfe hielten das Straßensystem mehr schlecht als recht aufrecht.

Dass dem Verfall der Straßen ein Niedergang der Wirtschaft folgte, stimmt übrigens. Bloß: Es war die Folge des Untergang Roms, nicht der Grund dafür.

Es grüßt,
der Maxdorfer
Da habe ich die Sachen die zerfallen sind verwechselt.
Was mich aber so wundert dass die Haubtstadt von Westrom nicht Rom sondern Ravenna war.
Rom war mehr das Kulturzentrum von Westrom und Ravenna denke ich war halt das Wirtschaftszentrum.
Oder liege ich da wieder falsch.
(16.08.2012 09:21)Josip schrieb: [ -> ]Was mich aber so wundert dass die Haubtstadt von Westrom nicht Rom sondern Ravenna war.
Rom war mehr das Kulturzentrum von Westrom und Ravenna denke ich war halt das Wirtschaftszentrum.
Oder liege ich da wieder falsch.
Lieber Josip,
Ravenna war besser gegenüber den andrängenden Germanen zu verteidigen. Das war bei Rom schwerer.Wink
Ach so, danke.
Hat mich immer verwundert in dasd Geschichte Buch hineinzusehen und da steht das Ravenna die Hauptstadt war
Danke dieter
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