Forum für Geschichte

Normale Version: sumerische Kampfwagen (?)
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(24.04.2013 06:24)Arkona schrieb: [ -> ]Das Pferd kam ja in Mesopotamien nie wild vor. Man sah es, dass die gefährlichen fremden Barbaren aus dem Norden welche hatten, dem man nichts entgegensetzen konnte und musste sich mit den eigenen Eseln oder Onagern behelfen. Das Experiment landete aber offensichtlich auf dem Müllhaufen, ein Blick auf die Anschirrung der Tiere besagt alles. Es muss üble Tierquälerei gewesen sein, um die störrischen Viecher vor das Gefährt zu bekommen. Das Motiv auf der Standarte von Ur ist übrigens kein Streitwagen, sondern eher ein Feldzeichen, ähnlich wie der http://de.wikipedia.org/wiki/Carroccio .
Auf der Standarte von Ur sind solche Wagen mehrfach abgebildet. Sie sehen immer gleich aus, allerdings ragen aus ihrem Vorderteil unterschiedliche Dinge, die ich in mindestens zwei Fällen als Speere oder Lanzen identifizieren würde, in einem Fall eventuell Bögen.
Das alles spricht eher dafür, dass die Wagen als eine Art fahrende Kampfplattform verwendet wurden oder auch als fahrendes Magazin als als Feldzeichen. Warum sollte man für ein Feldzeichen auch einen so großen Wagen bauen anstatt sie - wie in beinahe allen Armeen der Welt üblich - zu Fuß zu tragen? Wenn da zwei oder mehr Onager vorgespannt werden mussten, heißt das, dass die Dinger auch schwer waren.
Auch sind die Wagen erkennbar stabil gebaut, möglicherweise sogar mit Fellen oder Leder "gepanzert".

Ums kurz zu machen: An Feldzeichen denke ich nicht, eher wie gesagt an Kampfplattformen.

VG
Christian
Ich wüsste nicht, wozu die Dinger in der Schlacht wirklich tauglich wären.
Wenn die Krieger in Bedrängnis gerieten, hätten sie sich um die Wagen quasi als letzte Bastion sammeln können.
Wenn ihnen die Speere, Schilde, Pfeile etc. ausgingen, hätten sie sich aus den Wägen Nachschub holen können.
Von den Wägen aus hätten Bogenschützen und Speerwerfer die Schwertkämpfer aus beschützter Position heraus unterstützen können.
Ein Feldherr hätte von dort aus die bessere Übersicht haben können.
Verwundete hätten mit den Wägen aus dem Getümmel abtransportiert werden können.

Gut, vergesst das letzte, da war ich wohl doch zu sehr vom Roten Kreuz inspiriert. Kam ja erst später auf, der Gedanke, die Verwundeten noch während einer Schlacht zu verpflegen.

VG
Christian
Alles nicht den Aufwand wert, so ein Gerät samt störrischer Viecher erstmal auf den Platz zu bekommen.
(28.04.2013 15:01)Arkona schrieb: [ -> ]Alles nicht den Aufwand wert, so ein Gerät samt störrischer Viecher erstmal auf den Platz zu bekommen.

Wenn der Gegner sowas nicht hat, kann es den entscheidenden Vorteil bringen, denke ich schon. Soo langsam können die Streitwagen (und als solche werden sie in der Literatur ausdrücklich bezeichnet, vgl. http://books.google.de/books?id=T5HdXGYp...Ur&f=false ) nicht gewesen sein, denn auf der Standarte von Ur sind einige Wagen so dargestellt, dass die Zugtiere galoppieren!

Und aus irgendeinem Grund wird ja wohl Ur das erste Reich der mesopotamischen Welt zustande gebracht haben? Ich tippe mal auf militärische Überlegenheit, denn die verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um ein "Stadtreich" zu gründen, dürfte nicht nur Ur gehabt haben.

VG
Christian
Als was die Literatur die Vehikel bezeichnet, ist nicht maßgeblich. Ich kann beim besten Willen keinen militärischen Nutzen in der Feldschlacht erkennen.
.
Servus.









[Bild: Streitwagen_01.jpg]
.
Servus.


Vorne im Wagen , die Stangen sind sicher Speere .

[Bild: Streitwagen_01.jpg]

Wenn mehrere Wägen im Einsatz waren , waren sie vielleicht die Ersten
die eine Wagenburg bauten ?

Beispiele :

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...988#pid988

G.v.Luki
(28.04.2013 16:30)913Chris schrieb: [ -> ]Wenn der Gegner sowas nicht hat, kann es den entscheidenden Vorteil bringen, denke ich schon. Soo langsam können die Streitwagen (und als solche werden sie in der Literatur ausdrücklich bezeichnet, vgl. http://books.google.de/books?id=T5HdXGYp...Ur&f=false ) nicht gewesen sein, denn auf der Standarte von Ur sind einige Wagen so dargestellt, dass die Zugtiere galoppieren!

Und aus irgendeinem Grund wird ja wohl Ur das erste Reich der mesopotamischen Welt zustande gebracht haben? Ich tippe mal auf militärische Überlegenheit, denn die verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um ein "Stadtreich" zu gründen, dürfte nicht nur Ur gehabt haben.
Hannibal hat seine Elefanten auch nur gebraucht, um damit ein paar verängstigte Gallier zu zerstreuen. Mit diesen sumerischen "Kampfwagen" konnte man vielleicht Aufständische und Barbaren beeindrucken, aber keinen gleichwertigen Gegner. Galoppieren damit? Neh, wirklich nicht.
Allenfalls konnte man damit Eindruck schinden, aber wenn der "Panzerschreck" erstmal überwunden war, sind die Dinger m.E. ziemlich nutzlos gewesen. Es waren ja keine flinken leichten Vehikel wie spätere Streitwagen und das Konzept hat man anscheinend nicht lange verfolgt.
(30.04.2013 17:32)Arkona schrieb: [ -> ]Allenfalls konnte man damit Eindruck schinden, aber wenn der "Panzerschreck" erstmal überwunden war, sind die Dinger m.E. ziemlich nutzlos gewesen. Es waren ja keine flinken leichten Vehikel wie spätere Streitwagen und das Konzept hat man anscheinend nicht lange verfolgt.

Erst gegen die beweglichen Akkader versagten die Kampfwagen. Sie waren auch nur bei den südlichen Sumerern (Ur, Uruk, Lagasch) verbreitet, zumindest kenn ich keine nördlichere Darstellung.
Wenn diese Wagen so eine Art fahrbare Burg waren, dann konnten sie gegen Bogenschützen etc. sehr wohl von Wert sein.
Die Sumerer kämpften wohl einerseits in einer Art Phalanx mit Schild, und Speer, dazu aber auch, indem eine Reihe von Speerkämpfern hinter einem Wagen hermarschierte, in dem der Anführer stand. (vgl. die Geierstele http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co...ail_01.jpg ).

Nach was zu den Waffen:
Nachdem die Ägypter noch bis zur Begegnung mit den Hyksos auf die Keule als Hauptwaffe vertrauten, dürften wohl auch die mesopotamischen Heere mit ähnlichen Waffen ausgerüstet gewesen sein. Schleuderer und Bogenschützen als Fernwaffe, Speere, Keulen, Äxte, Schwerter als Nahwaffe, alle zu Fuß. Da machte es nicht so viel aus, wenn der Kampfwagen einigermaßen langsam war, er durfte nur nicht im Schlachtgetümmel von seinem Fußvolk abgeschnitten werden, dann war´s vorbei.

VG
Christian
(30.04.2013 18:02)913Chris schrieb: [ -> ]Da machte es nicht so viel aus, wenn der Kampfwagen einigermaßen langsam war, er durfte nur nicht im Schlachtgetümmel von seinem Fußvolk abgeschnitten werden, dann war´s vorbei.
Dann war es aber kein Streitwagen, sondern doch eher ein Feldzeichen und Befehlsstand. Womit wir wieder beim Vergleich mit dem Mailänder Carocchio wären.
(30.04.2013 18:28)Arkona schrieb: [ -> ]Dann war es aber kein Streitwagen

Ich sagte doch: Kampfwagen. Nicht: Streitwagen. Den Begriff habe ich bewusst vermieden.
Der Caroccio diente lediglich dazu, die Mailänder Fahnen aufs Schlachtfeld zu transportieren, oder irre ich mich? Die sumerischen Kampfwagen (ich bleib mal bei dem Begriff) sehen aber so aus, als hätten sie in der Schlacht eine größere Rolle gespielt. Da sind Speere zu sehen, Mitfahrer in Befehlspose (s. Geierstele)...

VG
Christian
(30.04.2013 19:07)913Chris schrieb: [ -> ]Der Caroccio diente lediglich dazu, die Mailänder Fahnen aufs Schlachtfeld zu transportieren, oder irre ich mich?
Er war schon ein bisschen mehr, neben den Feldzeichen hatte er wohl einen ganzen Altar samt Reliquien und der dazugehörigen Geistlichkeit geladen. Dazu waren wohl noch die besten Kämpfer als Eskorte abgestellt und das ganze Gefährt musste von dösigen Ochsengespannen gezogen werden, weil viel zu schwer und sperrig für Pferde.

Bei Legnano gelang es Barbarossa jedenfalls nicht, das um den Wagen versammelte Fussvolk zu zerschlagen und den Wagen zu erobern.
http://www.dctp.tv/filme/die-fahnenwagen...ailaender/
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