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Normale Version: Kreke - slawische Wörter im Deutschen
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Servus!
Kennt jemand der norddeutschen Forumsmitglieder die Kreke?
Ist wohl eine primitive Pflaumenart, die v.a. in den slawisch besiedelten Regionen Mecklenburgs verbreitet ist - oder war, denn anscheinend ist sie am Aussterben, nur noch alte Bäume sollen in Bauerngärten herumstehen.

Ich hab nun gelesen (im aktuellen Band der Zeitschrift des Vereins ARKUM - Arbeitskreis für historische Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa e.V.), dass die Kreke auch noch im nördlichen Schwarzmeerbereich gefunden wurde und daher davon ausgegangen wird, dass diese Pflaumenart durch slawische Siedler in den Norden des heutigen Deutschland gelangt ist. Offenbar ist das eine Sorte, die wissenschaftlich noch gar nicht richtig erfasst ist!
Was mich nun - abgesehen von der Frage, was ihr von der Theorie haltet, wie die Kreke nach Mecklenburg gekommen sit - interessiert: In dem Artikel ist davon die Rede, dass der Name "Kreke" vom niederdeutschen Wort für "klein" abgeleitet sei.
Ist es ausgeschlossen, dass der Name so etwas wie "Griechen(pflaume)" bedeutet? Das Wort "Grieche" wurde im Mittelalter oft auch als "Krieche" geschrieben. Von "Krieche" zu "Kreke" ist es m.E. kein weiter Weg....und am Nordrand des Schwarzen Meeres lebten lange Zeit viele Griechen, als im frühen Mittelalter auch die Slawen in diese Gegend kamen, sind sie auf Byzantiner bzw. Griechen gestoßen. Wenn diese Slawen die damals dort wachsenden Pflaumen mitgenommen hätten und sie bis Norddeutschland gebracht hätten (bzw. die Kerne, die Früchte dürften kaum so lange gehalten haben), wäre es doch denkbar, dass die mecklenburger Slawen diese Früchte als "griechische Pflaumen" bezeichneten, im Unterschied zu den "klassischen" Pflaumen, die die ostfränkisch/deutschen Siedler hatten und die schon weiter gezüchtet waren.

VG
Christian
Die Kriechenpflaume ist eine Unterart der Pflaume, Kreke ist nur die niederdeutsche Bezeichnung dafür. Alle Pflaumenarten waren ursprünglich nicht in Europa beheimat, aber bereits in der Antike waren Zwetschgen und Hauspflaumen im hellenistischen Kulturkreis, später im Römischen Reich verbreitet. Möglicherweise waren Zwetschgen- und Hauspflaumenkerne Mitbringsel der Feldzüge Alexanders des Großen.

Karl der Große förderte den Anbau von Obstkulturen, so auch den von Pflaumen und Zwetschgen. Die Slawen werden die Kriechenpflaumen auf alle Fälle durch Fernhändler kennen gelernt haben, die wahrscheinlich Kerne aus Südosteuropa mitbrachten. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass die Slawen nicht die fränkischen sondern die griechischen Pflaumen bewusst bevorzugten und anbauten. Man kann nun darüber spekulieren, ob dass nun aus geschmacklichen Gründen, aus Gründen des Anbaus, der Haltbarkeit, Schädlingsresistenz, Weiterverarbeitung usw. geschehen ist. Oder sie lehnten die fränkische Kultur bzw. die Politik der Franken so ab, dass ein Austausch von Waren in der slawischen Oberschicht nicht erwünscht war.
(09.02.2014 00:49)Sansavoir schrieb: [ -> ]Die Kriechenpflaume

Als stammt der Begriff "Kreke" tatsächlich von "Krieche" ab?

VG
Christian
(09.02.2014 09:54)913Chris schrieb: [ -> ]
(09.02.2014 00:49)Sansavoir schrieb: [ -> ]Die Kriechenpflaume

Als stammt der Begriff "Kreke" tatsächlich von "Krieche" ab?

VG
Christian

Ich denke: ja.
Kreke ist ziemlich sicher nur die niederdeutsche Wortvariante zu "Krieche", den gelben Pflaumen.
Die Krieche wird auch als Kirschpflaume bezeichnet. Früher gab es hier in Mitteleuropa nur die Schlehe.
Aus Schlehe und Kirschpflaume entstand aus einer "Additionsmutation" die Kulturpflaume.
@Paul, was verstehst du unter "Additions-Mutation"? Ich vermute mal die gewöhnliche Pfropfung, die aber primär nix mit einer Veränderung der genetischen Ausstattung zu tun hat. Oder meinst du echte Hybridisierung, die bei nahe verwandten Nutzpflanzen aber nicht desto Trotz einfacher funktioniert als beim Neandertaler?
Kuktursorten bei Pflanzen entstehen oft durch Verdopplung des Chromosomensatzes. Hier soll der Chromosomensatz der Schlehe mit der Kirschpflaume kombiniert worden sein, also ohne Reifeteilung.
Leider finde ich spontan keinen Artikel darüber. Wiki geht nicht auf diese Theorie ein.
Solche Verdopplungen des Chromosomensatzes funktioniert nur bei Pflanzen. Es hatte gerade nichts mit einer normalen einfachen Mutation zu tun.
(11.02.2014 01:24)Paul schrieb: [ -> ]Kuktursorten bei Pflanzen entstehen oft durch Verdopplung des Chromosomensatzes. Hier soll der Chromosomensatz der Schlehe mit der Kirschpflaume kombiniert worden sein, also ohne Reifeteilung.
Leider finde ich spontan keinen Artikel darüber. Wiki geht nicht auf diese Theorie ein.
Solche Verdopplungen des Chromosomensatzes funktioniert nur bei Pflanzen. Es hatte gerade nichts mit einer normalen einfachen Mutation zu tun.

Da kann dir geholfen werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Polyploidie
Wenn ich diesen 3nd, nachdem die Ausgangsfrage wohl beantwortet wurde,
etwas erweitern dürfte.

Das Eingangs-Gschichtle:
Ich hatte mal einen Deutsch-Lehrer, der sprach von der "Zwetsche" nachdem die wohlschmeckende Frucht bei uns "Zwetschge" heißt, haben wir uns über die "komische" Aussprache amüsiert. Insbesonders die Mädchen haben sich fast überschlagen vor Gelächter.
Der Lehrer, war glaube ich sogar promoviert, hat sich das natürlich nicht gefallen lassen, und anderntags einen Duden mitgebracht "Zwetsche".
Als Schüler höherer Lehranstalten ist man ja auch nicht auf den Kopf gefallen, haben wir einen Duden aus der Lehrer-Bib geholt: "Zwetschge"
Langer Rede kurzer Sinn, beides ist richtig.

Nun war das noch in einer Zeit, in der man in der Dämmerung gerne "Raubzüge" durch Nutzgärten veranstaltet hat, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Gelbe Rüben und Brestlinge waren die Beute.

Und jetzt komme ich zu meiner Frage:
Woher kommt eigentlich das Wort "Zwetschge"?
(Die Pflaume kennen wir übrigens als Pflomma auch.)
Nächste Frage: Der Brestling? so bezeichnet der Schwabe große Garten-Erdbeeren, aber woher dieser Name?

Die Gelbe Rübe ist selbsterklärend, anderswo als Möhre bezeichnet. Dies nochmals mehr anekdotisch, und weiter, wie bringe ich der Pommerschen mit der ich verehelicht bin, endlich bei, dass "Rotkraut" Blödsinn ist, das Gemüse richtig "Blaukraut" heißt?
Überhaupt fasziniert die Sprachbreite bei den Gemüsen sehr, anderswo kennt man den "blumenkohl" der Schwabe isst den "Karfiol"
Zumindest beim Blumenkohl kann dir geholfen werden. "Karfiol" ist von ital. calvalfiore. Im Engl. wurde dies zu cauliflower verballhornt. Ursprünglich stammt diese Züchtung ja auch aus Italien.
Das Wort "Zwetschge" ist ziemlich sicher slawischer Herkunft. Da man es hier im Norden nicht kennt, muss es über die Mainslawen, Slowenen oder Böhmen in den alemannischen Sprachraum gelangt sein.
Siehe auch hier:
http://cs.wikipedia.org/wiki/Slivo%C5%88_%C5%A1vestka
(13.02.2014 13:23)Arkona schrieb: [ -> ]Das Wort "Zwetschge" ist ziemlich sicher slawischer Herkunft. Da man es hier im Norden nicht kennt, muss es über die Mainslawen, Slowenen oder Böhmen in den alemannischen Sprachraum gelangt sein.
Siehe auch hier:
http://cs.wikipedia.org/wiki/Slivo%C5%88_%C5%A1vestka

Danke dir, Arkona.

Mit der "slawischen Zwetschge" habe ich Vorbehalte, ist einfach recht weit weg.
Und jetzt habe ich in Wiki diese Vermutung gelesen:

Zitat:Die Pflaumen wurden vermutlich durch Alexander den Großen nach seinen Kriegszügen mit in die Heimat gebracht. Als Zentrum des Pflaumenhandels etablierte sich Damaskus, und beim Begriff „Zwetschge“ könnte es sich um die Entlehnung und nachfolgende Angleichung von „Damaszener“ handeln, wie Sprachforscher vermuten. Dass Pflaumen und Zwetschgen systematisch in Mitteleuropa angebaut wurden, soll der Verdienst Karls des Großen gewesen sein.

so ganz überzeugt dies auch nicht.
Aber OK, man weiß es nicht sicher.

Was noch offen bleibt ist der
Brestling (große Gartenerdbeere)
gibt es hierzu irgendwelche Erkenntnisse?
Ich hab den tschechischen Wiki-Artikel verlinkt, Svestka wird ja wie wie Zwetschge ausgesprochen. Eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass das Wort aus dem Slawischen kommt. Es gibt mehr slawische Wörter im Deutschen, besonders den Mundarten, als man gemeinhin denkt.

Die Gartenerdbeere gibt es ja noch nicht solange. Kann es sein, dass man damit bei euch allgemein etwas "Großes,Gewaltiges" bezeichnet.

Vielleicht könnte sich unser geschätztes Neumitglied "Heinrich der Löwe" mal dazu äußern.
(14.02.2014 14:33)Arkona schrieb: [ -> ]Ich hab den tschechischen Wiki-Artikel verlinkt, Svestka wird ja wie wie Zwetschge ausgesprochen. Eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass das Wort aus dem Slawischen kommt. Es gibt mehr slawische Wörter im Deutschen, besonders den Mundarten, als man gemeinhin denkt.

Was ich mir gerade überlegt habe,
vielleicht stimmt ja beides, "Wurzel Damaskus=über eine slawische Sprache eingedeutscht?"

Zitat:Die Gartenerdbeere gibt es ja noch nicht solange. Kann es sein, dass man damit bei euch allgemein etwas "Großes,Gewaltiges" bezeichnet.

das ist richtig.
Es haben sich scheints schon andere auch gedanken über den Brestling gemacht.
http://content.stuttgarter-nachrichten.d...tling.html

Die Herkunft von "fraise" scheint nicht so sehr weit hergeholt.
Aber:
"Etwas nicht mehr verbresten können"
bezeichnet zB die Stimmunglage von Kindergartenkindern am 24. Dezember Nachmittags, "warten auf das Christkind"

Zitat:Vielleicht könnte sich unser geschätztes Neumitglied "Heinrich der Löwe" mal dazu äußern.

darauf hoffe ich ehrlich gesagt auch
Manche Wörter sind aus verschiedenen slawischen Sprachen in die deutschen Mundarten gelangt.
Schönes Beispiel:
Zappe - (altpolabisch capla, russ. caplja) - ins Niederdeutsche
Lietze - (niedersorbisch lyska) - in verschiedene mitteldeutsche Mundarten

Tja, und was ist damit nun gemeint?
Auch sehr viele einheimische Süsswasserfische - aufgepasst, liebe Angler - tragen deutsche Namen slawischer Herkunft.

Im Hermann befasst sich ein ganzer Anhang mit solchen Beispielen.
http://redel.eu/schneelaeufer/wiki/image...chland.pdf
Für den Ursprung von Zwetschge würden mir spontan 2 Möglichkeiten einfallen.
- deutsch von Quetschen(zerdrücken - Kern rausholen)
- slawisch - die Süße /Swetka
(14.02.2014 17:20)Arkona schrieb: [ -> ]Manche Wörter sind aus verschiedenen slawischen Sprachen in die deutschen Mundarten gelangt.
Schönes Beispiel:
Zappe - (altpolabisch capla, russ. caplja) - ins Niederdeutsche
Lietze - (niedersorbisch lyska) - in verschiedene mitteldeutsche Mundarten

Tja, und was ist damit nun gemeint?
Auch sehr viele einheimische Süsswasserfische - aufgepasst, liebe Angler - tragen deutsche Namen slawischer Herkunft.

Im Hermann befasst sich ein ganzer Anhang mit solchen Beispielen.
http://redel.eu/schneelaeufer/wiki/image...chland.pdf

Das ist ein bischen schwierig. Die Fischnamen können genausogut von den Germanen übernommen worden sein, wie die Kleinstammesnamen und Flußnamen und damit wäre die Aussage auch wieder richtig.
Hier müßte man die indogermanischen Fischnamen kennen. Das slawische würde diesem indogermanischem relativ nahe stehen.

Lietze wäre eine indogermanisch, germanisch, deutsche Form, neben dem Wort Bläshuhn; Lyska die indogermanisch, germanisch, slawisch, deutsche Form.

http://de.wikipedia.org/wiki/Lietzensee
Bleßhuhn ist schon mal richtig.

Die Übernahme der Begriffe ist von eher direkt aus dem Slawischen und nicht aus dem alten Indogermanischen erfolgt, da sie im Grunde in der Form sonst nur noch im Deutschen zu finden sind.

Plötze, Ukelei, Zander, Schmerle, Karausche, Barsch...

Hängt wohl damit zusammen, dass die Binnenfischerei bei den Slawen immer ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war. Es gab noch im Mittelalter östlich der Elbe regelrechte Fischersiedlungen (Kiez), in denen sich die slawische Sprache länger hielt als anderswo.
(14.02.2014 23:26)Arkona schrieb: [ -> ]Plötze, Ukelei, Zander, Schmerle, Karausche, Barsch...

Hängt wohl damit zusammen, dass die Binnenfischerei bei den Slawen immer ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war.

Waren das dann alles Fische, die nur östliche der Elbe vorkamen?
Kann ich fast nicht glauben...

Schon klar, Fischnamen wie Karpfen, Hecht, Huchen - das hört sich alles "germanischer" an, aber auch diese Fischarten kamen doch nicht nur westlich der Elbe vor...

VG
Christian
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