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Normale Version: Bündnis zwischen russland, deutschland und frankreich vor encorde cordial
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Hey,

wieso hat Deutschland damals so sehr gezögert den Briten eins auszuwischen mit einem Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland!

Jeder hätte davon Vorteile gehabt (ich spreche hier von Krieg gegen die Briten und damit auch eine Eroberung bzw. ein Versuch ihnen die Kolonien und die Unabhängigkeit wegzunehmen!)

Russland:

- Probleme mit den Briten in persischen gebieten - wären weg
- Probleme in China mit den Briten - wären gelöst
- Schwächung Japans (einer der größten feinde Russland in Asien)
- Gebietserweiterung
- Eroberung Bulgariens bzw. Einsetzung eines Marionettenherrschers würde nun von keiner Seite mehr blockiert werden

Frankreich:

- ALLE Kolonialprobleme wären endgültig gelöst, da die Engländer diejenigen waren, die die meisten Probleme gemacht haben
- generell ganz Afrika wäre nun offener und damit wäre ein riesiges freistehendes Gebiet, welches zu erobern wäre

Deutschland:

- der Traum Willhelms II. eine riesige Flotte zu haben wäre nun möglich, da ihn keiner mehr hindern würde
- die Kolonien die das Volk unbedingt haben wollte wären nun zu holen (man teilt die Gebiete in Afrika mit Frankreich auf)
- industrielle und wirtschaftliche Konkurrenz zu den Briten wäre weg: Aufschwung in der Wirtschaft, da nun andere Staaten nicht mehr bei den Briten einkaufen würden


möglich wäre es ja gewesen:
- Russlands Feindschaft zu England war größer als die zu Österreich-Ungarn
- Frankreichs Hass auf England war trotz des Erwerbs Elsaß-Lothringens von Deutschland größer als die zu Deutschland

Wilhelm II. war zwar ein Holzkopf, aber irgendeinen Grund muss es ja gegeben haben, dass er sich nicht gegen die Engländer gestellt hat oder? ich mein der hat ja sehr gerne mal andere Staatoberhäupter geärgert (krüger-depesche bspw.)

LgSmile
(05.04.2014 17:03)pickanickname schrieb: [ -> ]möglich wäre es ja gewesen:
- Russlands Feindschaft zu England war größer als die zu Österreich-Ungarn
- Frankreichs Hass auf England war trotz des Erwerbs Elsaß-Lothringens von Deutschland größer als die zu Deutschland

Hey.

Nein, wäre nicht möglich gewesen.

Frankreichs Haß auf England war im Vergleich zu Frankreichs Haß auf Deutschland nicht vorhanden. England - also Großbritannien - war der natürlich Verbündete Frankreichs gegen Deutschland.

Mit Österreich-Ungarn kämpfte Russland um Einfluss auf dem Balkan, mit England...? Jedenfalls nichts vergleichbares.

Deutschland und Russland hätte nur geklappt, wenn Deutschland seinen einzigen Verbündeten Österreich fallen gelassen hätte (und damit Russland ausgeliefert hätte), Deutschland und Frankreich war undenkbar.

Gegen wen auch immer.

VG
Christian
@pickanickname, wieso gehst Du davon aus, dass Großbritannien ohne Bündnispartner einem Bündnis von Deutschland, Frankreich und Russland gegenüberstehen würde? Ansonsten hat 913Chris Deine Frage beantwortet.

WDPG

(05.04.2014 17:03)pickanickname schrieb: [ -> ]Frankreich:

- ALLE Kolonialprobleme wären endgültig gelöst, da die Engländer diejenigen waren, die die meisten Probleme gemacht haben
- generell ganz Afrika wäre nun offener und damit wäre ein riesiges freistehendes Gebiet, welches zu erobern wäre

Deutschland:.....

Das Deutschland und Frankreich damals zusammengearbeitet hätten halte ich für kaum Vorstellbar. Dafür war die Kränkung und die Angst Frankreichs vom Krieg 1870/71 noch zu lebendig und der Elsas-Lothringen Konflikt zu bedeutend.
Hey.

Du darfst vor allem einen wichtigen Faktor britischer Politik während Jahrhunderten nicht ausser Acht lassen: Grossbritannien hat immer diejenige Macht auf dem Kontinent bekämpft, die die Stärkste war und sich mit der nächstschwächeren verbündet, um so ein Gleichgewicht auf dem Kontinent zu erreichen und zu verhindern, dass eine Macht so mächtig wird, dass sie den Kontinent beherrscht und dann sogar Grossbritannien gefährlich werden kann.

Nach dem Krieg von 1870 war es Deutschland, in den Jahrhunderten zuvor waren es Frankreich und Spanien.

Nun war man geschickt genug, sich mit Frankreich zu arrangieren (Bereinigung der Faschoda Krise), das, wie WDPG richtig schreibt, durch die Annexion von Elsass Lothringen in einen scharfen Gegensatz zu Deutschland trat.

Mit dem Bündnis zu Österreich Ungarn begab sich Deutschland in einen Gegensatz zu Russland, da dieses auf dem Balkan Interesse hatte. Hätte Deutschland seinem Verbündeten geraten, sich nach der Bosnienkrise 1909 auf dem Balkan saturiert zu halten, wäre man nicht in einen weiteren Konflikt zu Russland geraten. Man tat aber das Gegenteil.

Bismarck hatte verstanden, was Gleichgewichtspolitik bedeutet. Seine Nachfolger nicht. In Grossbritannien verstand man Gleichgewichtspolitik immer - bis Chamberlains Appeasement.

Ein Komplettbündnis des Kontinents gegen Grossbritannien war nie ein Thema - schon bei Napoleon nicht. Weil die Gegensätze auf dem Kontinen immer grösser waren.
Es gab in den 1880er Jahren durchaus Bemühungen mit Frankreich zu einem gewissen Ausgleich zu gelangen.

Frankreich hatte politische Verhältnisse wie Deutschland zu Zeiten der Weimarer Republik, oder wie wir sie heute in Italien erleben. Permanenter Regierungswechsel.
Das einzige Kontinuum der franz. Politik war der Wunsch nach Revanche.
Bismarck lag vermutlich richtig mit seiner Politik der Isolierung Frankreichs.

Wobei, in Bezug auf Russland hat vermutlich Bismarck den entscheidenden Fehler mit der Schutzzoll-Politik begangen. Allerdings wurde damit die Verlängerung des Rückversicherungsvertrages natürlich noch wichtiger.

WDPG

(06.04.2014 01:32)Marek1964 schrieb: [ -> ]Mit dem Bündnis zu Österreich Ungarn begab sich Deutschland in einen Gegensatz zu Russland, da dieses auf dem Balkan Interesse hatte. Hätte Deutschland seinem Verbündeten geraten, sich nach der Bosnienkrise 1909 auf dem Balkan saturiert zu halten, wäre man nicht in einen weiteren Konflikt zu Russland geraten. Man tat aber das Gegenteil.

Ich denke einen Konflikt mit Russland hätte man eventuell verhindern können. Aber wirklich ein Bündnis mit Russland aufrecht zu erhalten wäre für Deutschland wohl nicht besonders einfach gewesen. Es gab ja auch noch andere Punkte wo man im Gegensatz zueinander stand. So spielte sich Deutschland etwa als Verbündeter der Osmanen auf (um sich wohl als beherrschende Macht dort einzuschleichen), Russland war der Traditionelle Gegner.

Und Österreich-Ungarns einzige Expansionschance war der Balkan, den hätte man der Donaumonarchie in einer Zeit in der alle Expandierten wohl kaum ausreden können.
(06.04.2014 15:55)WDPG schrieb: [ -> ]Ich denke einen Konflikt mit Russland hätte man eventuell verhindern können. Aber wirklich ein Bündnis mit Russland aufrecht zu erhalten wäre für Deutschland wohl nicht besonders einfach gewesen. Es gab ja auch noch andere Punkte wo man im Gegensatz zueinander stand. So spielte sich Deutschland etwa als Verbündeter der Osmanen auf (um sich wohl als beherrschende Macht dort einzuschleichen), Russland war der Traditionelle Gegner.

Und Österreich-Ungarns einzige Expansionschance war der Balkan, den hätte man der Donaumonarchie in einer Zeit in der alle Expandierten wohl kaum ausreden können.

Alle Bündnisse hatten alle ihre Engpässe zwischen allen Grossmächten.

Aber Du sprichst eines richtig an: Das ganze Expansionsdenken war, insbesondere was Österreich-Ungarn anbelangt, völlig Fehl am Platz. Das Denken hätte in Richtung interne Konsolidierung gehen sollen, denn da gab es genug zu tun. Auf den Balkan zu expandieren war der Wahnsinn, denn, wie man richtig sagte, eine Eroberung Serbiens brächte allenfalls ein paar Maulbeerbäume und einen Haufen unzufriedene Untertanen.

Bismarck hatte das Deutsche Reich für saturiert erklärt und eigentlich auch keine grossen Kolonien ins Auge gefasst. Auch soll er gesagt haben, dass der Balkan keine Deutschen Knochen wert sei.

Mit dieser Politik wäre man besser gefahren, sie war bestimmt realer als ein gesamtkontinentales Bündnis gegen England.
Genau genommen war man ja auch mit England verbandelt.
Die Mittelmeerentente (England, Italien, ÖU und Spanien) ist durch
Vermittlung Bismarcks entstanden

Das Deutsche Reich hat außer mit Frankreich soweit keine Konfliktpunkte gehabt.
Einem Bismarck wäre es ziemlich sicher gelungen, Frankreich weiterhin isoliert zu halten.
Seinen Nachfolgern war das Spiel mit den 5 Kugeln zu "kompliziert" laut eigener Aussage.

Aber ein Kontinentalblock gegen die Briten war immer außerhalb jeder Reichweite.
OT: DeGaulle hat in den 60ern unter ganz anderen Voraussetzungen ähnliches versucht, da ist auch kein anderer Europäer mitgegangen. So wichtig der BRD die deutsch-französische Aussöhnung auch war, das wollte man nun doch nicht.

WDPG

Ein Gedanke der mir beim Punkt 1. Weltkrieg immer wieder kommt. Das Britisch-Empire muss eigentlich die Macht gewesen sein, die am wenigsten an einem Krieg interessiert war (also am ehesten auf Vermittlung hätte setzen müssen). Denn man war Fix (also auch im Falle eines kurzen Krieges) ein Verlierer.

Hätten die Mittelmächte gewonnen sowieso und hätte die Entente gewonnen auch, denn hätte Russland erst seine Ziele auf Balkan und Schwarzmeergegend erfüllt bekommen hätte es sich in anderen Regionen der Welt stärker beschäftigt und hier wäre man Großteils eine Gefahr für die Briten geworden (Afghanistan-Indien, China, Osmanenreich oder auch Persien). Man war also so oder so der Verlierer, da brachte auch die Aussicht auf das eine oder andere Territorium nicht viel.
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