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Normale Version: Deutsche Kolonien -damals Notwendigkeit oder ein Traum vom Größenwahn ?
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Hallo,Leute
ich möchte mal eine Diskussion über die deutschen Kolonien anstoßen.
Wenn man der Argumentation der Kolonialvereine und des Kaisershauses folgt, scheinen Kolonien ja für das 2.Kaiserreich ökonomisch und politisch absolut unverzichtbar gewesen zu sein .
Leider sprechen die nackten Zahlen da eine andere Sprache.
Danach waren die Kolonien für das Reich insgesamt gesehen mit Ausnahme von Samoa eine hochdefizitäre Angelegenheit.

Weder als Rohstofflieferant oder Im- und Exportmarkt noch als Siedlungsgebiet waren die deutschen Kolonien erfolgreich .
Für insgesamt knapp 20.000 deutsche Kolonisten im gesamten Kolonialgebiet mußten eine gewaltige Infrastruktur aufrecht erhalten und teure Kolonialkriege gefürt werden.
Politisch waren zudem Konflikte mit anderen Mächten,besonders England vorprogrammiert und militärisch waren die Kolonien zu weit vom Mutterland entfernt und zu sehr verstreut um z.bB. als kette von Flottenstützpunkten hätten dienen können.

War die deutsche Kolonialpolitik also letztlich nur ein Traum vom Größenwahn ohne realpolitische Berechtigung ?
Um die sach e auch mit Zahlen zu unterfüttern hab ich hier mal eine Statistik (ich hoffe man kann sie öffnen)
basierend auf dem Stand von 1913 zusammengestellt:
Zusammengefasst ergeben sich folgende Werte:
Kolonisten : 19.996 Personen
Einnahmen aus den Kolonien 63,910 Millonen RM
Ausgaben für die Kolonien 87,050 Millonen RM
Differenz -23,14o Millonen RM
Einfuhr Gesamt 259,563 Millonen RM
Ausfuhr Gesamt 204,892 Millonen RM
Handelsbilanz Gesamt - 54,671 Millonen RM
Handelsbilanz Kolonie/Reich +1,476 Millonen RM
Nö, eine Notwendigkeit war das sicher nie. Aber da damals alle sowas hatten, war das ein Prestige-Muss.
(18.04.2014 18:51)zaphodB. schrieb: [ -> ]Hallo,Leute
ich möchte mal eine Diskussion über die deutschen Kolonien anstoßen.
Wenn man der Argumentation der Kolonialvereine und des Kaisershauses folgt, scheinen Kolonien ja für das 2.Kaiserreich ökonomisch und politisch absolut unverzichtbar gewesen zu sein .
Leider sprechen die nackten Zahlen da eine andere Sprache.
Danach waren die Kolonien für das Reich insgesamt gesehen mit Ausnahme von Samoa eine hochdefizitäre Angelegenheit.

Handelt es sich bei der Statistik um kumulierte Zahlen seit der jeweiligen Gründung bis zum Jahr 1913 oder um Angaben für das Jahr 1913?

Da das Unternehmen "Kolonialreich" nicht bis zu seinem Ende durchgeführt, sondern vorzeitig abgebrochen wurde, ist eine einigermaßen seriöse Aussage über Erfolg oder Misserfolg m. E. nicht möglich.

Bei jedem Unternehmen gibt es eine Gründungsphase in der zunächst Anlaufkosten anfallen, während es mit der Erlösseite eher mau aussieht. Zieht man dann eine Zwischenbilanz sieht die natürlich verheerend aus, das war bei Henry Ford nach dem 500. T-Modell auch nicht anders.

Da seiner Zeit der Erwerb von Kolonialbesitz dazu gehörte, wie heute das Aufstellen von Windrädern oder der Kampf gegen die Erderwärmung, und von vielen größeren Industrienationen betrieben wurde - sogar von einer ehemaligen Kolonie - dürfte es sich wohl kaum um eine Form des Größenwahns handeln - es sei denn man geht davon aus, dass alle Anderen auch größenwahnsinnig waren.

Bleiben also nur die Niederungen der Alltagspolitik und ihre tatsächlichen oder auch nur empfunden Sachzwänge.
Als die 3. Kolonisierungswelle lief, war nichts "gescheites" mehr zu kriegen.
"Den Deutschen" wären ihre Kolonien auch herzlich egal gewesen, erst durch die Kriege zum Beginn des 20. Jahrhunderts wären sie ihnen ans "Herz gewachsen".

Mal ein hinweis:
Die Älteren hier werden sich noch erinnern können. Es gab eigentlich überall "Kolonialwaren-Läden",
damals ein Relikt, in den schlechten Zeiten von 1915 bis 1955 gab es keine Zeit oder Gelegenheit diese Läden umzutaufen,
aber es war ein Zeichen der großen Globalisierung der Welt bis 1914 man kaufte und genoß "Kolonialwaren" zB exotische Früchte aus den Kolonien, keineswegs aus "eigenen" halt überhaupt aus Kolonien.
Hi,Stephan,schön Dich hier zu sehen.
Die Zahlen beziehen sich auf die bis 1913 aufgelaufenen Kosten und Einnahmen, wobei die Kosten des Transport-Sicherungs-und Logistiknetzes außerhalb der Kolonien nicht dabei sind.
Da die meisten Kolonien 1884/85 erworben wurden waren bis 1913 schon fast 30 Jahre vergangen, Von einer Anlaufphase kann man da wohl nicht mehr sprechen. Im übrigen hat ausgerechnet eine der jüngsten Kolonien,nämlich Deutsch-Samoa als einzige eine rundherum positive Bilanz,während die größeren Kolonien -DeutschSüdwest und Deutschostafrika z.B. eine ökonomisch katastrophale Bilanz aufweisen.
Interessant find ich die Zahlen von Kiautschau. Offenbar herrscht dort ein sehr reger Handel,aber nur ein ganz kleiner Bruchteil davon wurde mit dem Reich abgewickelt.

Wenn ich mir so die Exportgüter der Kolonien angucke, dann mag das wirtschaftliche Dilemma wirklich daran liegen, daß das Reich die Kolonien genommen hat,die auf dem Grabbeltisch übrig gelassen worden waren. Die lukrativeren Kolonien wie Indien ,Indochina ,etc hatten bereits andere.
Wenn man andererseits die aufgewendeten Kosten auf die Anzahl der Kolonisten umrechnet,dann waren das wohl bei weitem Wilhelms teuerste Untertanen .

Umso verwunderlicher ist die Kolonialeuphorie auch führender Kreise des wilhelminischen Kaiserreichs.
(18.04.2014 21:43)Suebe schrieb: [ -> ]Die Älteren hier werden sich noch erinnern können. Es gab eigentlich überall "Kolonialwaren-Läden",
damals ein Relikt, in den schlechten Zeiten von 1915 bis 1955 gab es keine Zeit oder Gelegenheit diese Läden umzutaufen,
aber es war ein Zeichen der großen Globalisierung der Welt bis 1914 man kaufte und genoß "Kolonialwaren" zB exotische Früchte aus den Kolonien, keineswegs aus "eigenen" halt überhaupt aus Kolonien.

Ein Relikt aus dieser Zeit zwischen 1900 und 1914 ist auch EDEKA. 1907 als "Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler am Hallischen Tor in Berlin" gegründet, setzte sich das Kürzel E.d.K. bzw. dessen phonetische Form EDEKA seit Anfang der 1920er Jahre als Name des Unternehmens durch.

Das Deutsche Reich ist ja mehr oder weniger durch gescheiterte Privatkaufleute oder -gesellschaften zu seinen afrikanischen Kolonien gekommen. Insgesamt brachte die deutsche Kolonialpolitik mehr Verluste, man darf nicht vergessen, dass Tausende Afrikaner ihr Leben verloren. Dies lag vor allem an die unmenschliche Politik, für die stellvertretend der Name Carl Peters steht. Erst ab ca. 1906/07 fand ein Umdenken bei den Verantwortlichen im Außenministerium statt, die fähigere Verwalter wie z.B. Albrecht von Rechenberg in die Kolonien schickte.

Da das deutsche Kolonialreich bereits 1914/16 verloren ging, ist es spekulativ, ob die Kolonien sich wirtschaftlich gerechnet hätten. Für die Afrikaner ist es sicher egal gewesen, ob der Kolonialherr aus Deutschland oder Großbritannien kam.

Auch in China wäre eine deutsche Kolonie sehr kostspielig geblieben. Nach der brutalen Niederschlagung des Boxeraufstandes im Jahr 1900 waren Europäer in China verhasst. Neben der Konkurrenz anderer Ausländer hätten sich die Deutschen nach dem 1. Weltkrieg gegen chinesische Nationalisten und/oder Kommunisten behaupten müssen. Das wäre auf Dauer nicht haltbar gewesen.

Deutsch-Samoa hatte wohl gegenüber den afrikanischen Kolonien das Glück, dass der langjährige Gouverneur Wilhelm Solf auf „humanitären“ Kolonialismus setzte. Er war kein Rassist und stand fremden Kulturen wohlwollend gegenüber. Dagegen erwiesen sich die Deutschen in der zweiten Südseekolonie Deutsch-Neuguinea als brutale Kolonialherren.

Im Nachhinein muss man sagen, dass die Kolonien und Schutzgebiete nicht notwendig war.
Aber es entsprach wohl dem Zeitgeist.
(18.04.2014 21:43)Suebe schrieb: [ -> ]... Es gab eigentlich überall "Kolonialwaren-Läden",
damals ein Relikt, in den schlechten Zeiten von 1915 bis 1955 gab es keine Zeit oder Gelegenheit diese Läden umzutaufen,
aber es war ein Zeichen der großen Globalisierung der Welt bis 1914 man kaufte und genoß "Kolonialwaren" zB exotische Früchte aus den Kolonien, keineswegs aus "eigenen" halt überhaupt aus Kolonien.

Tja, die gute alte Zeit ...

Um die Waren zu transportieren musste zunächst die Infrastruktur geschaffen werden. In den dt. Schutzgebieten in Afrika sah die Entwicklung des Schienennetzes so aus:

............fertiggestellte.Kilometer
............1894...1900...1905...1910....1912
Ostafrika.....14.....40....129....718...1.199
Kamerun........-......-......-....107.....241
Togo...........-......-.....72....298.....323
Südwest........-....194....631..1.598...2.104

Entsprechend entwickelten sich die Transportleistungen. Bei der Usambarabahn verdoppelten sich die Personenkilometer von 1906 bis 1911 von 6 Mio. auf 12,5 Mio.. Die Frach (Tonnenkilometer) verachtfachte sich im gleichen Zeitraum von 0,5 auf rund 4 Mio..
Die Bahn erwirtschaftete übrigens einen Überschuss, der im genannten Zeitraum von M 113.750 auf M 391.186 stieg.

[Angaben lt. Stat. Jahrbuch für das Deutsche Reich 1913, S. 444;
http://www.digizeitschriften.de/dms/img/...s476#navi]

Bei der wirtschaftlichen Entwicklung von Regionen sind 30 Jahre eher ein kleiner Zeitraum, erst recht, wenn sie in terra incognita stattfinden soll. Heute sind wir froh, wenn in der gleichen Zeit eine Autobahn geplant und gebaut wird - unter mitteleuropäischen Klimabedingungen.

@zaphodB: danke Wink
(19.04.2014 00:11)Sansavoir schrieb: [ -> ]./.
Im Nachhinein muss man sagen, dass die Kolonien und Schutzgebiete nicht notwendig war.
Aber es entsprach wohl dem Zeitgeist.

Vielen Dank für die Statistiken, auch die Herkunft des Namens "EDEKA" war mir nicht bekannt.

Zum Zeitgeist: Meine Eltern sind beide vor dem 1.WK aufgewachsen. Ihre Jugendbücher tragen Titel wie "Deutsche Herzen, deutsche Helden", "Über den Nordpol hinaus" Henrik Witboi war allenthalben wohlbekannt, auch die Karl May Romane gehören da hinein, es war zweifellos Zeitgeist.

In Zentral-Arika gehörte die Unterbindung des arabischen Sklavenhandels zur Erklärung der Kolonialisierung.
Und dann natürlich die Mission, zumindest in Namibia gehört die zur Vorgeschichte der Inbesitznahme wie Adolf Lüderitz. Auch Livingstone war Missionar!
(OT: einer meiner Onkel ist noch in den 30ern als Missionar nach Afrika, (Basler Mission) auch Hermann Hesse hat Beziehungen in diesen Dunstkreis.)

Weiter oben las ich von der Usambarabahn, gehören eigentlich die wunderschönen Usambara-Veilchen auch zu den Kolonialwaren?
(19.04.2014 00:40)Stephan2 schrieb: [ -> ]Um die Waren zu transportieren musste zunächst die Infrastruktur geschaffen werden. In den dt. Schutzgebieten in Afrika sah die Entwicklung des Schienennetzes so aus:

............fertiggestellte.Kilometer
............1894...1900...1905...1910....1912
Ostafrika.....14.....40....129....718...1.199
Kamerun........-......-......-....107.....241
Togo...........-......-.....72....298.....323
Südwest........-....194....631..1.598...2.104

So sehr viel ist seitdem offenbar nicht mehr passiert. Die heutigen Schienennetze:
Tansania 3690 km
Kamerun 1120 km
Togo 517 km
Namibia 2382 km
(Quelle Wikipedia)
(18.04.2014 20:42)Stephan2 schrieb: [ -> ]Handelt es sich bei der Statistik um kumulierte Zahlen seit der jeweiligen Gründung bis zum Jahr 1913 oder um Angaben für das Jahr 1913?

Da das Unternehmen "Kolonialreich" nicht bis zu seinem Ende durchgeführt, sondern vorzeitig abgebrochen wurde, ist eine einigermaßen seriöse Aussage über Erfolg oder Misserfolg m. E. nicht möglich.

Bei jedem Unternehmen gibt es eine Gründungsphase in der zunächst Anlaufkosten anfallen, während es mit der Erlösseite eher mau aussieht. Zieht man dann eine Zwischenbilanz sieht die natürlich verheerend aus, das war bei Henry Ford nach dem 500. T-Modell auch nicht anders.

Da seiner Zeit der Erwerb von Kolonialbesitz dazu gehörte, wie heute das Aufstellen von Windrädern oder der Kampf gegen die Erderwärmung, und von vielen größeren Industrienationen betrieben wurde - sogar von einer ehemaligen Kolonie - dürfte es sich wohl kaum um eine Form des Größenwahns handeln - es sei denn man geht davon aus, dass alle Anderen auch größenwahnsinnig waren.

Bleiben also nur die Niederungen der Alltagspolitik und ihre tatsächlichen oder auch nur empfunden Sachzwänge.

Sehr interessanter Aspekt und Gedanke. In diesem Theam bin ich jetzt allerdings bei weitem nicht so "drin". Deshalb möchte ich auch nur den Gedanken weiterführen: Ein Historiker sagte mir einmal, dass der Deutsche Wirtschaftsaufschwung 1870-1914 gerade Dank der Anwesenheit der Ausgaben für Kolonien zustandekam, den die anderen Mächte hatten.
Kürzlich sah ich hier irgendwo eine Postkarte mit dem Titel "Hurra, Samoa ist deutsch!" mit einem strahlenden Mann in Kolonialuniform, der ein lachendes braunes Mädchen im Bastrock hochhebt. Vielleicht der einzige vernünftige Grund für den deutschen Kolonialismus.
Bismarck, der klügste aller deutschen Politiker, war ein Gegner des Kolonialismus, aber er konnte sich gegen die Befürworter und den Zeitgeist nicht duchsetzen.
Das Usambara-Veilchen ist tatsächlich "Kolonial-Ware"

aus Wiki:
Zitat:Das Echte Usambaraveilchen ist eine Pflanzenart aus der Familie der Gesneriengewächse (Gesneriaceae). Die reine botanische Art Saintpaulia ionantha wächst auch heute noch vereinzelt wild in den Usambara-Bergen in Tansania. Das Kultur-Usambaraveilchen (Saintpaulia ionantha-Hybride) stammt von ursprünglich in Tansania beheimateten Arten und Unterarten ab. Ihren deutschen Trivialnamen erhielt das Usambaraveilchen, weil die Art Saintpaulia ionantha in den Usambara-Bergen gefunden wurde. Der Namensteil „Veilchen“ bezieht sich darauf, dass es zuerst violette, also veilchenfarbene, Saintpaulia gab; mit der Gattung Veilchen (Viola) ist das Usambaraveilchen dagegen nicht näher verwandt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Usambaraveilchen

Allem nach haben die Kolonien uns durchaus auch schöne Dinge gebracht. Smile
Tja, was mich allerdings umtreibt ist die Frage ,wem die Kolonien tatsächlich nutzten:
nach allen Statistiken waren sie damals hoch defizitär und wären wohl auch defizitär geblieben,wenn es nach dem Krieg beim Kolonialeich geblieben wäre.Aus Deutsch-Südwest und Deutsch-Ostafrika war wohl nicht viel rauszuholen-
Deutsch-Südwest hat zwar Uran/was damals eher von sekundärer Bedeutung war) Zinn und Kupfer und einige Diamantenfelder,Kamerun Eisenerz und Bauxit,Ostafrika Rohkautschuk, aber das war es dann auch schon -ansonsten gab es mehr oder weniger gefrate landwirtschaftliche Produkte,aber ein echter Renner war da auch nicht drunter und die Farmen und Plantagen waren i Verhältnis zu landwirtschaftlichen Betrieben im Mutterland eher mäßig ertragreich und effizient.
Höchstens Kiautschau hätte bei geschickterer Wirtschaftspolitik eine Drehscheibe im Chinahandel-vergleichbar mit Hongkong werden können.
Ein Überbleibsel des Kolonialreiches haben wir allerdings bis heute.
Helgoland.
Einst getauscht gegen Witu und Sansibar. Wobei die Rechte in Sansibar keineswegs sehr umfassend waren die man da aufgab.
Mit dem Kilimandscharo hatte das Deutsche Reich den höchsten Gipfel aller kontinentaleuropäischen Staaten.
Wie wurde eine Kolonie eigentlich annektiert? Einfach hingehen und die Fahne hochziehen?
(20.04.2014 17:42)Triton schrieb: [ -> ]Mit dem Kilimandscharo hatte das Deutsche Reich den höchsten Gipfel aller kontinentaleuropäischen Staaten.
Wie wurde eine Kolonie eigentlich annektiert? Einfach hingehen und die Fahne hochziehen?

Das war vielleicht noch bei Kolumbus so. Und auch der legte Wert auf einen anwesenden Notar. Später gab es immer "Schutzverträge" mit lokalen Potentaten und Häuplingen, die natürlich oft nicht wussten, wofür sie ihre drei Kreuze eigentlich auf das Schriftstück setzten. Schließlich musste alles seine formaljuristische Ordnung haben, vor allem wenn andere Kolonialmächte nach dem gleichen Stück Kuchen schielten.
(20.04.2014 20:03)Arkona schrieb: [ -> ]
(20.04.2014 17:42)Triton schrieb: [ -> ]Mit dem Kilimandscharo hatte das Deutsche Reich den höchsten Gipfel aller kontinentaleuropäischen Staaten.
Wie wurde eine Kolonie eigentlich annektiert? Einfach hingehen und die Fahne hochziehen?

Das war vielleicht noch bei Kolumbus so. Und auch der legte Wert auf einen anwesenden Notar. Später gab es immer "Schutzverträge" mit lokalen Potentaten und Häuplingen, die natürlich oft nicht wussten, wofür sie ihre drei Kreuze eigentlich auf das Schriftstück setzten. Schließlich musste alles seine formaljuristische Ordnung haben, vor allem wenn andere Kolonialmächte nach dem gleichen Stück Kuchen schielten.

Die Abläufe in der letzten Phase der Kolonialisierung sind an der Kongokonferenz von 1885 schön abzulesen.
Zitat:Zur gleichen Zeit drangen mehrere europäische Staaten nach Afrika vor und es begann der „Wettlauf um Afrika“: Frankreich besetzte 1881 Tunesien und die heutige Republik Kongo sowie 1884 Guinea. Großbritannien besetzte 1882 das nominell auch weiterhin osmanische Ägypten, das wiederum über den Sudan und Teile Somalias herrschte. Italien nahm 1870 und 1882 erste Teile Eritreas in Besitz. Deutschland unterstellte 1884 die Küsten Togos und Kameruns sowie das Lüderitzland, später Deutsch-Südwestafrika genannt, seinem „Schutz“.
von da
http://de.wikipedia.org/wiki/Kongokonferenz

und weiter:
Zitat:Leopold II. von Belgien gelang es, Frankreich und Deutschland davon zu überzeugen, dass ein gemeinsames Handeln in Afrika in ihrem Interesse sei. Otto von Bismarck, der deutsche Reichskanzler, lud die Vertreter der USA, des Osmanischen Reiches und der europäischen Mächte Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen (bis 1905 Personalunion) zu einer Konferenz nach Berlin ein.

Die Konferenz trat am 15. November 1884 im Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße zusammen. Stanley nahm als technischer Berater der amerikanischen Delegation teil, hatte aber wenig Einfluss. Die Konferenz endete am 26. Februar 1885 mit der Unterzeichnung der Kongoakte durch die beteiligten Staaten. Leopold II. hatte einen großen Triumph erzielt, da er seinen Privatstaat bekam.

Der Kongo, das rohstoffreichste Gebiet Afrikas, war nicht in den Besitz einer Großmacht übergegangen, sondern faktisch an Belgien, welches für die europäische Kontinentalpolitik kaum von Bedeutung war. Außerdem hatte sich herausgestellt, dass die Interessen Englands und Frankreichs, was die Kolonialpolitik betraf, miteinander unvereinbar waren. Bismarck hatte sich einmal mehr als „ehrlicher Makler“ bewährt, sein Interesse an der Kolonialpolitik blieb dominiert von innenpolitischen und europäischen Überlegungen.

Hierzu noch ein Treppenwitz:
Bei der deutschen Antarktis-Expedition 1938/39 wurden von den beiden Dornier Wal-Flugbooten Pfeile mit daran anmontierten Hakenkreuzen über der Antarktis abgeworfen, um damit später Besitzansprüche zu begründen.
Ein Ausriss aus Wiki:
Zitat:Die Deutsche Antarktische Expedition erreichte am 19. Januar 1939 das Arbeitsgebiet an der Prinzessin-Martha-Küste. In sieben Messbild-Flügen zwischen dem 20. Januar und 5. Februar 1939 konnte mit Reihenbildkameras eine Fläche von ca. 350.000 km² photogrammetrisch aufgenommen werden. Dabei entdeckte man bisher völlig unbekannte, eisfreie Gebirgsregionen im Küstenhinterland. An den Umkehrpunkten der Flugpolygone wurden Metallpfeile mit Hoheitszeichen abgeworfen, um deutsche Besitzansprüche zu begründen (die allerdings niemals erhoben wurden).
(19.04.2014 22:54)zaphodB. schrieb: [ -> ]Höchstens Kiautschau hätte bei geschickterer Wirtschaftspolitik eine Drehscheibe im Chinahandel-vergleichbar mit Hongkong werden können.
Nauru soll höchstprofitabel gewesen sein, wegen der reichen und qualitativ hochwertigen Phospatvorkommen.
Die waren für Europa sogar so wichtig, dass im 2.Weltkrieg extra ein deutscher Hilfskreuzer die Verladestation in Nauru angriff und zusammenschoß.

Ansonsten kann ich mir nicht vorstellen, dass man zu Beginn der Kolonialisierung schon viel über die Bodenschätze wusste. Es wurde wohl einfach gehofft, dass man sich eine Goldgrube angelacht hatte.
Igendwie konnte ich mich doch an Diamanten und Südwestafrika erinnern.
Und siehe da:
https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichk...-1.html.de

Zitat:Von 1908-1913 wurden im Schutzgebiet 4,9 Millionen Karat Diamanten im Wert von ca. 52 Millionen Mark gefördert. Das Diamantengeschäft, an dem der Kolonialstaat durch Ausfuhrzoll und Besteuerung beteiligt war, machte in dieser Zeit zwei Drittel aller Schutzgebietseinnahmen aus.

52 Millionen Goldmark. (Wie ist denn zZ der Umrechnungsfaktor, muss mal in die Feuerversicherungsunterlagen schauen)
hmmm

Ist die Aussage, dass die deutschen Kolonien lediglich Kosten verursacht hätten, "Nach-Versailles"-Propaganda???



Edit: Ich habe nachgeschaut, der "Gleitende Neuwertfaktor" auf der Basis Mark 1914 ist für 2014 16,45, Ergo die 52 Millionen Mark 1914 wären heute 855 Millionen Euro! Eingegangen in 6 Jahren 1908 bis 1913.
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