Hallo an alle Historiker!
Ich mache derzeit mein Abitur und halte demnächst eine Präsentation über Daniel Goldhagens These.
Dabei brauche ich noch eine Leitfrage.
Ich würde gerne Eure Meinung zu meiner Lietfrage haben, ob die gut ist?
=> Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust- ein eliminatorischer Antisemitismus?
LG
Regenbogen

(05.06.2014 18:34)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Hallo an alle Historiker!
Ich mache derzeit mein Abitur und halte demnächst eine Präsentation über Daniel Goldhagens These.
Dabei brauche ich noch eine Leitfrage.
Ich würde gerne Eure Meinung zu meiner Lietfrage haben, ob die gut ist?
=> Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust- ein eliminatorischer Antisemitismus?

LG
Regenbogen
Nicht schlecht.
Was ich weglassen würde ist das Wort "ein", das unterstellt ja eine Mehrzahl an "eliminatorischen Antisemitismen", während Goldhagen ja gerade die Einzigartigkeit hervorhebt, die letztlich dann zum Holocaust geführt hätte.
Ach stimmt!
Danke für die Antwort

!
Dann änder ich es schnell mal
LG
Regenbogen
Goldhagen ist ja sehr umstritten, er unterstellt ja speziell den Deutschen einen antisemitischen Volkscharakter. Dabei hätten auch andere Nationen den Holocaust vollzogen, so sie die Mittel dazu gehabt hätten. Es ist schwer erschreckend, was man heutzutage von vielen vermeintlich gebildeten Polen und Russen dazu hört.
(05.06.2014 18:34)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Hallo an alle Historiker!
Ich mache derzeit mein Abitur und halte demnächst eine Präsentation über Daniel Goldhagens These.
Dabei brauche ich noch eine Leitfrage.
Ich würde gerne Eure Meinung zu meiner Lietfrage haben, ob die gut ist?
=> Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust- ein eliminatorischer Antisemitismus?

LG
Regenbogen
Ich denke, der Antisemitismus war häufig "Geschwätz", wie es ein SS Mann im Film "Schindlers Liste" sagt. Auch Karl Lueger, einer der geisteigen Väter von Adolf Hitler, soll sich mal geäussert haben
„Ja, wissen S', der Antisemitismus is' a sehr gutes Agitationsmittel, um in der Politik hinaufzukommen; wenn man aber amal oben is', kann man ihn nimmer brauchen, denn des is' a Pöbelsport!“
In der Tat, kommt man nämlich "oben" an, merkt man, dass die Juden sehr nützlich sind.
Allein, Adolf Hitler war einer der wenigen, wenn nicht der einzige, der dieses "Geschwätz" ganz konsequent in die Tat umsetzte.
Der Antisemitismus war an vielen Orten, aber eigentlich in den dreissiger Jahren am zurückgehen.
Aber der wild gewordene Kleinbürger aus Braunau nahm eben den 'Pöbelsport' ein wenig zu wörtlich.
Hier hast Du in diesem Forum noch ein anderen Strang zum Thema Antisemitismus:
http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=6080
Um also Deine Frage zu beantworten: eliminatorisch war der Antisemitismus nur im Kopf von Adolf Hitler (der wild gewordene Kleinbürger aus Braunau), die meisten anderen, auch ausserhalb Deutschlands, dachten wohl daran, die Juden zu verunglimpfen und dann und wann eine Pogrom zu veranstalten - aber nicht an die systematische Elimination.
(06.06.2014 01:12)Marek1964 schrieb: [ -> ]Allein, Adolf Hitler war einer der wenigen, wenn nicht der einzige, der dieses "Geschwätz" ganz konsequent in die Tat umsetzte.
(...)
Aber der wild gewordene Kleinbürger aus Braunau nahm eben den 'Pöbelsport' ein wenig zu wörtlich.
(...)
die meisten anderen, auch ausserhalb Deutschlands, dachten wohl daran, die Juden zu verunglimpfen und dann und wann eine Pogrom zu veranstalten - aber nicht an die systematische Elimination.
Der brutale Antisemitismus Hitlers war nicht nur Sache des Kleinbürgers Hitler. Die Bildungsbürger Himmler (Vater Direktor eines Gymnasiums = "Gymnasialprofessor"), Göring (Vater Diplomat), Heydrich (Enkel des Leiters des Königlichen Konservatoriums = Musikhochschule in Dresden, Vater Komponist), Rosenberg (Vater deutsch-baltischer Kaufmann), Heß (Vater Unternehmer, Mutter Diplomatentochter) oder Kaltenbrunner (Vater Rechtsanwalt) sowie Goebbels, dessen Eltern aus kleinen Verhältnissen ebenfalls ins Bildungsbürgertum aufgestiegen waren, trieben den Holocaust auch kräftig voran, nur teilweise "angefeuert" durch Hitler. Eichmann (Arbeiter) und Streicher (Volksschullehrer und Volksschullehrerssohn) mögen ins kleinbürgerliche Schema passen, die Mehrheit der "Großnazis" nicht.
Die pseudowissenschaftliche "Aufbereitung" des Hitler´schen Antisemitismus nach dem Vorbild von Thule-Gesellschaft, Gobineau und Chamberlain mag das Bildungsbürgertum besonders angesprochen haben (es hat sich dabei aber als "Halbbildungsbürgertum selber entlarvt, die "Wissenschaft" vom Arier enthält nicht erst aus heutiger Sicht haarsträubende Widersprüche und Unsinnigkeiten...), aber hier war der Antisemitismus auch schon seit der Emanzipation der Juden im 19.Jh. weit verbreitet. Es war ein anderer Antisemitismus wie der dumpfe Antisemitismus in den unteren Schichten, der tatsächlich v.a. auf Vorurteilen und Gerüchten aufbaute, im Endeffekt ergänzten sich beide Strömungen innerhalb des Antimsemitismus im Hitler´schen Judenhass - kein Wunder, Hitler hatte den Antisemitismus auf den Straßen Wiens "gelernt" und sich vieles angelesen, und aus beiden Quellen speiste sich dann sein ganz persönlicher Antisemitismus, der via Führerstaat zum allgemeinen deutschen Antisemitismus wurde.
VG
Christian
VG
Christian
(05.06.2014 22:57)Arkona schrieb: [ -> ]Goldhagen ist ja sehr umstritten, er unterstellt ja speziell den Deutschen einen antisemitischen Volkscharakter. Dabei hätten auch andere Nationen den Holocaust vollzogen, so sie die Mittel dazu gehabt hätten. Es ist schwer erschreckend, was man heutzutage von vielen vermeintlich gebildeten Polen und Russen dazu hört.
Hallo!
Ja genau, Goldhagen behauptet ja, dass sozusagen jeder Deutsche mehr oder weniger einen eliminatorischen Antisemitismus hätte, welches schon seit Jahrhunderten konstant bleibe und es nur manchmal mehr zu sehen ist als andere Male.... Es gehöre zur deutsch-christlichen Kultur. Da nach ihm, das Judentum immer parallel lief und (=> Nationalismus - Antisemitismus) es gebe bestimmte "Dimensionen des Antisemitismus"...
Ich hatte irgendwo dazu gelesen, dass er meinte, es sei irrelevant.. den Holocaust zu vergleichen und die Frage zu stellen, ob der Holocaust auch in einem anderen Land möglich wäre. Nach ihm seien eben einfach nie beides gegeben bezüglich eines anderen Landes. Also ein totalitärer Staat zusammenhängend mit dem sehr starken Antisemitismus. Und das habe die FOlge dass es nicht vergleichbar sei und eben so einzigartig.
Mich würde interessieren, wie Ihr es sieht und findet ihr, dass man Deutschland in der Zeit des NS nicht mit anderen vergleichen kann... es gibt ja auch die Diskussion Stalinismus und Nationalsozialismus- Totalitarismus..?!
Darüber hinaus hat ja Goldhagen seine These unter anderem mit dem Betaillon- Beispiel belegt. Dass da ganz gewöhnliche Deutsche Erschießungen durchführen sollten, wobei sie aber selbst entscheiden durften, ob sie dies machen...
Und eininge insbesondere in den KZ's haben ja motiviert mitgemacht und dies zeigt ja, dass sozusagen nicht nur die NS-Funktionäre, sondern auch andere Deutsche mitgemacht haben. Zum Beispiel wenn sie versteckte Juden in Ghettos o.ä. suchen mussten, konnten sie einfach so tun und nicht genau jede Ecke durchstöbern, trotzdem aber gab es viele die mit Eifer mit gemacht haben und von der Ideologie begeistert waren. Insgesamt konnten ja die Taten, die per BEfehl angefordert sind, nur durchgeführt werden oder mit "Exzesse" zb Foilterungen.........
Ohne die "willigen Helfer" wäre es nicht möglich, ca. 6 Millionen Juden grausam und systematisch zu ermorden.
Würde mich auf Eure Meinungen sehr freuen, was Ihr dazu hält!
LG
Regenbogen

Goldhagen ist nicht nur umstritten, er ist weitgehend widerlegt.
Auch in der Forschungsdiskussion spielt jene These soweit ich das sehe keine Rolle mehr.
Wobei er Ende der 90er alles sehr aufgemischt hat. (waren meine ersten Forenzeiten

)
Für ein Abiturthema mMn sehr interessant.
Totalitäre Staaten und Antisemitismus waren z.B. in der Zwischenkriegszeit in Polen und - mit Einschränkungen - auch in der Sowjetunion vorhanden. Nur fehlte eben die spezielle Hitler´sche Antisemitismus-Ideologie. In Polen, der Sowjetunion und eventuell auch anderswo handelte es sich um den "klassischen" Antisemitismus, bei dem die Regierenden quasi auf den "volkstümlichen" Antisemitismus-Zug mitgefahren sind. Weswegen es dort auch "nur" "normale" Pogrome gegeben hat, aber nicht die mit deutscher Gründlichkeit industriell aufgezogene "Endlösung" (die sich allerdings auch erst zwischen 1933 und 1942 entwickeln musste).
Hitler hingegen hatte einen ganz persönlichen, pseudowissenschaftlichen Antisemitismus entwickelt und diesen ab 1933, aber auch schon vorher, als Staatsideologie verkündet (vor 1933 natürlich nur als Parteiideologie...). Daraufhin "addierte" sich quasi der "gewöhnliche" Antisemitismus mit dem NS-/Hitler-Antisemitismus, was zu der außergewöhnlichen Entwicklung in Deutschland führte.
Wer damals "mitmachte" und z.B. mit Feuereifer nach Juden suchte, um sie ins KZ abzuliefern, der konnte sich quasi als "staatstragend" fühlen, der konnte glauben, etwas Gutes im Sinne des Staates zu tun, des Staates, den man vor 1933 mehrheitlich eigentlich verachtete und von dem man seit 1933 vorgesagt bekommen hat, man könne wieder stolz auf ihn sein.
Es gibt genügend Beispiele von Leuten, die NICHT mitmachten, aber das waren dann für gewöhnlich auch solche, die gar nicht scharf drauf waren, "staatstragend" aktiv zu werden...
VG
Christian
(06.06.2014 12:24)Regenbogensonne schrieb: [ -> ] (05.06.2014 22:57)Arkona schrieb: [ -> ]Goldhagen ist ja sehr umstritten, er unterstellt ja speziell den Deutschen einen antisemitischen Volkscharakter. Dabei hätten auch andere Nationen den Holocaust vollzogen, so sie die Mittel dazu gehabt hätten. Es ist schwer erschreckend, was man heutzutage von vielen vermeintlich gebildeten Polen und Russen dazu hört.
Hallo!
Ja genau, Goldhagen behauptet ja, dass sozusagen jeder Deutsche mehr oder weniger einen eliminatorischen Antisemitismus hätte, welches schon seit Jahrhunderten konstant bleibe und es nur manchmal mehr zu sehen ist als andere Male.... Es gehöre zur deutsch-christlichen Kultur. Da nach ihm, das Judentum immer parallel lief und (=> Nationalismus - Antisemitismus) es gebe bestimmte "Dimensionen des Antisemitismus"...
Ich hatte irgendwo dazu gelesen, dass er meinte, es sei irrelevant.. den Holocaust zu vergleichen und die Frage zu stellen, ob der Holocaust auch in einem anderen Land möglich wäre. Nach ihm seien eben einfach nie beides gegeben bezüglich eines anderen Landes. Also ein totalitärer Staat zusammenhängend mit dem sehr starken Antisemitismus. Und das habe die FOlge dass es nicht vergleichbar sei und eben so einzigartig.
Mich würde interessieren, wie Ihr es sieht und findet ihr, dass man Deutschland in der Zeit des NS nicht mit anderen vergleichen kann... es gibt ja auch die Diskussion Stalinismus und Nationalsozialismus- Totalitarismus..?!
Darüber hinaus hat ja Goldhagen seine These unter anderem mit dem Betaillon- Beispiel belegt. Dass da ganz gewöhnliche Deutsche Erschießungen durchführen sollten, wobei sie aber selbst entscheiden durften, ob sie dies machen...
Und eininge insbesondere in den KZ's haben ja motiviert mitgemacht und dies zeigt ja, dass sozusagen nicht nur die NS-Funktionäre, sondern auch andere Deutsche mitgemacht haben. Zum Beispiel wenn sie versteckte Juden in Ghettos o.ä. suchen mussten, konnten sie einfach so tun und nicht genau jede Ecke durchstöbern, trotzdem aber gab es viele die mit Eifer mit gemacht haben und von der Ideologie begeistert waren. Insgesamt konnten ja die Taten, die per BEfehl angefordert sind, nur durchgeführt werden oder mit "Exzesse" zb Foilterungen.........
Ohne die "willigen Helfer" wäre es nicht möglich, ca. 6 Millionen Juden grausam und systematisch zu ermorden.
Würde mich auf Eure Meinungen sehr freuen, was Ihr dazu hält!
LG
Regenbogen
Das ist richtig, Goldhagen fusst zT auf Browning. Wobei man diese "Henkertypen" siehe Polizeibataillon allüberall findet. Das waren übrigends kaum Polizisten sondern vielfach "Gezogene" die statt zur Wehrmacht zur Polizei kamen. (ich kannte einen, der war im Zivilberuf Maler vulgo Anstreicher) Da ein besonderes Rechts- oder Unrechtsbewusstsein zu unterstellen, was bei einem Polizisten zweifellos zu erwarten wäre, ist da nicht zielführend.
Ich würde Goldhagen dem Götz Aly "Warum die Deutschen, warum die Juden" gegenüberstellen. Sollte die Zeit noch reichen.
Danke für die interessanten Antworten!
Ja klar... naürlich gab es ziemlich viele, die sozusagen die NSzeit für seine eigenen persönlichen Ziele um zb. Karrierre zu machen, verwendet haben...
Für eigene Vorteile. Dies wird ja auch deutlich in der plötzlichen Zunahme in der Partei NSDAP...
Aber es gab dennoch welche, die es einfach aus Motivation gemacht haben, weil sie von der Ideologie überzeugt waren, dass sie das richtige machen und die langjährigen Vorurteile gegenüber den Juden deren Meinung verstärkte.... wie Christan@ schon meinte... dann erst ein solches Antisemitismus zustande kam... würdet Ihr es aber als einen eliminatorischen Antisemitismus bezeichnen?
Und klar gab es auch Leute, die nicht mitgemacht haben, zb. Widerstandskämpfer oder viele Helfer. Oder einfach einige, die die Ideologie nicht vertraten...
Aber wie ist dieses systematische Völkermord zustande gekommen....
Wie können viele Deutsche nach dem Krieg behaupten, dass sie nichts von dem Holocaust wussten?
Kurz vor dem Ende des Zweiten WK. =>
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-19864693.html
Darin sagen viele Deutsche aus Weminar, sie hätten von allem nichts gewusst...
Es gab doch so viele Anzeichen...
Und habt Ihr vielleicht gute Seiten oder Literatur, die Goldhagens Thesen widerlegen

, hab dazu leider nicht viel gefunden. Sehr berühmt ist aufjedenfall die Goldhagen-Debatte.
LG
Regenbogen
(06.06.2014 15:27)Suebe schrieb: [ -> ] (06.06.2014 12:24)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Hallo!
Ja genau, Goldhagen behauptet ja, dass sozusagen jeder Deutsche mehr oder weniger einen eliminatorischen Antisemitismus hätte, welches schon seit Jahrhunderten konstant bleibe und es nur manchmal mehr zu sehen ist als andere Male.... Es gehöre zur deutsch-christlichen Kultur. Da nach ihm, das Judentum immer parallel lief und (=> Nationalismus - Antisemitismus) es gebe bestimmte "Dimensionen des Antisemitismus"...
Ich hatte irgendwo dazu gelesen, dass er meinte, es sei irrelevant.. den Holocaust zu vergleichen und die Frage zu stellen, ob der Holocaust auch in einem anderen Land möglich wäre. Nach ihm seien eben einfach nie beides gegeben bezüglich eines anderen Landes. Also ein totalitärer Staat zusammenhängend mit dem sehr starken Antisemitismus. Und das habe die FOlge dass es nicht vergleichbar sei und eben so einzigartig.
Mich würde interessieren, wie Ihr es sieht und findet ihr, dass man Deutschland in der Zeit des NS nicht mit anderen vergleichen kann... es gibt ja auch die Diskussion Stalinismus und Nationalsozialismus- Totalitarismus..?!
Darüber hinaus hat ja Goldhagen seine These unter anderem mit dem Betaillon- Beispiel belegt. Dass da ganz gewöhnliche Deutsche Erschießungen durchführen sollten, wobei sie aber selbst entscheiden durften, ob sie dies machen...
Und eininge insbesondere in den KZ's haben ja motiviert mitgemacht und dies zeigt ja, dass sozusagen nicht nur die NS-Funktionäre, sondern auch andere Deutsche mitgemacht haben. Zum Beispiel wenn sie versteckte Juden in Ghettos o.ä. suchen mussten, konnten sie einfach so tun und nicht genau jede Ecke durchstöbern, trotzdem aber gab es viele die mit Eifer mit gemacht haben und von der Ideologie begeistert waren. Insgesamt konnten ja die Taten, die per BEfehl angefordert sind, nur durchgeführt werden oder mit "Exzesse" zb Foilterungen.........
Ohne die "willigen Helfer" wäre es nicht möglich, ca. 6 Millionen Juden grausam und systematisch zu ermorden.
Würde mich auf Eure Meinungen sehr freuen, was Ihr dazu hält!
LG
Regenbogen
Das ist richtig, Goldhagen fusst zT auf Browning. Wobei man diese "Henkertypen" siehe Polizeibataillon allüberall findet. Das waren übrigends kaum Polizisten sondern vielfach "Gezogene" die statt zur Wehrmacht zur Polizei kamen. (ich kannte einen, der war im Zivilberuf Maler vulgo Anstreicher) Da ein besonderes Rechts- oder Unrechtsbewusstsein zu unterstellen, was bei einem Polizisten zweifellos zu erwarten wäre, ist da nicht zielführend.
Ich würde Goldhagen dem Götz Aly "Warum die Deutschen, warum die Juden" gegenüberstellen. Sollte die Zeit noch reichen.
Danke für die Empfehlung!
Ja werd es mir mal angucken
LG
Regenbogen
(06.06.2014 15:32)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Danke für die interessanten Antworten!
Ja klar... naürlich gab es ziemlich viele, die sozusagen die NSzeit für seine eigenen persönlichen Ziele um zb. Karrierre zu machen, verwendet haben...
Für eigene Vorteile. Dies wird ja auch deutlich in der plötzlichen Zunahme in der Partei NSDAP...
Aber es gab dennoch welche, die es einfach aus Motivation gemacht haben, weil sie von der Ideologie überzeugt waren, dass sie das richtige machen und die langjährigen Vorurteile gegenüber den Juden deren Meinung verstärkte.... wie Christan@ schon meinte... dann erst ein solches Antisemitismus zustande kam... würdet Ihr es aber als einen eliminatorischen Antisemitismus bezeichnen?
Und klar gab es auch Leute, die nicht mitgemacht haben, zb. Widerstandskämpfer oder viele Helfer. Oder einfach einige, die die Ideologie nicht vertraten...
Aber wie ist dieses systematische Völkermord zustande gekommen....
Wie können viele Deutsche nach dem Krieg behaupten, dass sie nichts von dem Holocaust wussten?
Kurz vor dem Ende des Zweiten WK. => http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-19864693.html
Darin sagen viele Deutsche aus Weminar, sie hätten von allem nichts gewusst...
Es gab doch so viele Anzeichen...
Und habt Ihr vielleicht gute Seiten oder Literatur, die Goldhagens Thesen widerlegen
, hab dazu leider nicht viel gefunden. Sehr berühmt ist aufjedenfall die Goldhagen-Debatte.
LG
Regenbogen
Dann wäre da noch Ralph Giordano
Die zweite Schuld oder Von der Last Deutscher zu sein. Rasch und Röhring, Hamburg 1987, ISBN 3-89136-145-9.
Zitat:1987 erschien Giordanos Buch Die zweite Schuld oder Von der Last, Deutscher zu sein, in dem Giordano sich mit dem Fortleben des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzt. Als zweite Schuld bezeichnet er den Unwillen breiter Teile der deutschen Öffentlichkeit zu einer Aufarbeitung der Verbrechen und Entschädigung der Opfer sowie die politischen Entscheidungen, die es Mittätern ermöglichten, auch in der Demokratie wieder in Amt und Würden zu gelangen. Mit dieser Schrift zog er in besonderem Maße den Hass von Neonazis auf sich. Über die zunehmende Bedrohung schrieb er Bücher wie Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte (1989) und eine Übersicht über Leserbriefe zur „zweiten Schuld“ (Wie kann diese Generation eigentlich noch atmen?, 1990)
aus wiki
Und genau das ist die "Wichtigkeit" Goldhagens. Keineswegs die These des "eliminatorischen A..." das ist, Verzeihung, Pillepalle.
Klingt sehr interessant! Danke!
LG
Regenbogen
Was mich auch interessieren würde, ist wie Ihr Saul Friedländer im Vergleich zu Goldhagen sieht?!
Einige, wie z.B. Finkelstein behaupten, dass Goldhagens Buch- Hilters willige Vollstrecker- gar keine wissenschaftliche Studie ist?
LG
Regenbogen

(06.06.2014 15:46)Suebe schrieb: [ -> ] (06.06.2014 15:32)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Danke für die interessanten Antworten!
Ja klar... naürlich gab es ziemlich viele, die sozusagen die NSzeit für seine eigenen persönlichen Ziele um zb. Karrierre zu machen, verwendet haben...
Für eigene Vorteile. Dies wird ja auch deutlich in der plötzlichen Zunahme in der Partei NSDAP...
Aber es gab dennoch welche, die es einfach aus Motivation gemacht haben, weil sie von der Ideologie überzeugt waren, dass sie das richtige machen und die langjährigen Vorurteile gegenüber den Juden deren Meinung verstärkte.... wie Christan@ schon meinte... dann erst ein solches Antisemitismus zustande kam... würdet Ihr es aber als einen eliminatorischen Antisemitismus bezeichnen?
Und klar gab es auch Leute, die nicht mitgemacht haben, zb. Widerstandskämpfer oder viele Helfer. Oder einfach einige, die die Ideologie nicht vertraten...
Aber wie ist dieses systematische Völkermord zustande gekommen....
Wie können viele Deutsche nach dem Krieg behaupten, dass sie nichts von dem Holocaust wussten?
Kurz vor dem Ende des Zweiten WK. => http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-19864693.html
Darin sagen viele Deutsche aus Weminar, sie hätten von allem nichts gewusst...
Es gab doch so viele Anzeichen...
Und habt Ihr vielleicht gute Seiten oder Literatur, die Goldhagens Thesen widerlegen
, hab dazu leider nicht viel gefunden. Sehr berühmt ist aufjedenfall die Goldhagen-Debatte.
LG
Regenbogen
Dann wäre da noch Ralph Giordano
Die zweite Schuld oder Von der Last Deutscher zu sein. Rasch und Röhring, Hamburg 1987, ISBN 3-89136-145-9.
Zitat:1987 erschien Giordanos Buch Die zweite Schuld oder Von der Last, Deutscher zu sein, in dem Giordano sich mit dem Fortleben des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzt. Als zweite Schuld bezeichnet er den Unwillen breiter Teile der deutschen Öffentlichkeit zu einer Aufarbeitung der Verbrechen und Entschädigung der Opfer sowie die politischen Entscheidungen, die es Mittätern ermöglichten, auch in der Demokratie wieder in Amt und Würden zu gelangen. Mit dieser Schrift zog er in besonderem Maße den Hass von Neonazis auf sich. Über die zunehmende Bedrohung schrieb er Bücher wie Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte (1989) und eine Übersicht über Leserbriefe zur „zweiten Schuld“ (Wie kann diese Generation eigentlich noch atmen?, 1990)
aus wiki
Und genau das ist die "Wichtigkeit" Goldhagens. Keineswegs die These des "eliminatorischen A..." das ist, Verzeihung, Pillepalle.
Aha, tut mir leid, aber den letzten Satz habe ich erst jetzt gesehen!

Also ich bin jetzt ein bisschen durcheinander


So wie ich es verstanden habe, ist Goldhagens Hauptthese, dass jeder Deutsche, jeder gewöhnlicher Deutscher, einen sogenannten eliminatorischen Antisemitismus hat, der eben zeigt, dass erst dadurch mit dem Regime der Holocaust zustande kam und ohne die Hilfe der Deutschen es nicht möglich sei. Somit hätten alle Deutschen Schuld an dem Holocaust. Beweise liegt er wie schon weiter oben genannt mit dem polizeibetaillon, Todesmärsche etc. Er behauptet, dass wenn ein ganz normaler Deutscher die Chance zu einem hohen SS-Posten hätte, er es direkt annehmen würde, auch wenn er unschuldige Juden dafür töten müsste. Der Antisemitismus sei schon vom Mittelalter da gewesen und hilt sich konstant.

?
Und was aber an Goldhagen so besonders ist in der Nachkriegszeit ist einerseits seine damals andere These und eben dass er das Gespräch sucht und das "Tabu-Thema" öffentlich anspricht und Reaktionen weckt. Es weckt das Interesse der nächsten Generation und die Schuldfrage. Aber habe ich seine These jetzt falsch verstanden :O ?
Zitat:Also ich bin jetzt ein bisschen durcheinander
das ist unübersehbar
Zitat:Und was aber an Goldhagen so besonders ist in der Nachkriegszeit ist einerseits seine damals andere These und eben dass er das Gespräch sucht und das "Tabu-Thema" öffentlich anspricht und Reaktionen weckt. Es weckt das Interesse der nächsten Generation und die Schuldfrage. Aber habe ich seine These jetzt falsch verstanden :O ?
Goldhagen ist nicht Nachkriegszeit, Goldhagen ist späte 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Goldhagen hat nochmals eine Täter-Diskussion angestossen. Hier liegt seine Bedeutung. Seine These dagegen ist Quark.
Goldhagens These ist insoweit nur richtig, dass der Holocaust nur mit den am radikalsten Antisemiten, den Nationalsozialisten, möglich war. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten den Staat bzw. schufen neue staatliche (polizeiliche) Strukturen zur Vernichtung der Juden.
Das hat aber nichts mit mittelalterlichen Judenverfolgungen zu tun. Diese wurden nicht von staatlichen Institutionen angeordnet, sondern erfolgten infolge von Aufhetzungen des Mobs (vgl. 1096, 1349). Sehr oft wurden diese Pogrome von den örtlichen weltlichen und/oder kirchlichen Machthabern unterbunden. Der König bzw. der Landesherr war der Schutzherr der Juden und er bemühte sich oft, sie auch zu schützen. Bekannt geworden sind eben die Fälle des Versagens des Königtums, 1096 war Heinrich IV. aufgrund seiner Kämpfe gegen die Kirche, gegen seine Söhne oder gegen andere politische Rivalen so geschwächt, dass er diese Schutzfunktion nicht ausüben konnte. 1349 standen die weltlichen und kirchlichen Machthaber den Auswirkungen der Pest hilflos gegenüber, diese Hilflosigkeit den Ereignissen gegenüber führte zu Pogromen gegen die Juden, die von der Obrigkeit geduldet wurden.
All dies sind keine deutschen Besonderheiten, es hat in England, Frankreich u.a. Ländern ebenfalls Judenverfolgungen gegeben. Oft mussten sie das Land innerhalb kürzester Zeit verlassen, so um 1190 aus England. 1494 initiierten die katholischen Könige Ferdinand und Isabella mit Hilfe des Großinquisators Torquamada die Vertreibung der Juden aus Spanien, 1495/96 folgte die Vertreibung der Juden aus Portugal. Der Chmelnizki-Aufstand von 1649/54, der zur Loslösung der Ukraine von Polen führte, war begleitet von Massakern gegenüber der jüdischen Bevölkerung.
In den 1890er Jahren wurde Frankreich von der Dreyfus-Affäre erschüttert, die ihre Grundlage im Antisemitismus großer Teile des Militärs hatte. In Russland fanden 1905 mehrere Pogrome statt. In Wien sorgten Karl Lueger und Georg von Schönerer für eine antisemitische Stimmung. In Großbritannien konnte zwar ein Mann jüdischer Herkunft wie Disraeli Premier werden, d.h. aber nicht das Großbritannien frei von antisemtischen Vorurteilen war. Als nach den Morden des Serientäters "Jack the Ripper" ein psychisch kranker polnischer Jude verdächtigt wurde, wurde dies der Öffentlichkeit verschwiegen, da man antisemitische Ausschreitungen befürchtete. Im Deutschen Reich gab es in den 1880er Jahren antisemitisch geprägte Karikaturen und Schriften gegen den Bankier Gerson von Bleichröder, wobei diese Angriffe nicht nur Bleichröder galten, sondern auch Bismarck, den man aber nicht zu beschimpfen wagte.
Man kann zur Goldhagens Behauptung sagen, dass seine Fokussierung auf die deutsche Geschichte nicht wissenschaftlich ist. Der Antisemitismus ist ein Teil der Geschichte vieler europäischer Staaten. Ein weiterer Makel Goldhagens ist, dass er nicht den Einfluss von Hitlers ideologischen Vorläufern wie Stewart Houston Chamberlain oder Gobineau hervorhebt.
Ebenfalls ist es nicht richtig, die Staatsform der Diktatur als Voraussetzung für den Holocaust zu sehen. Der dominikanische Diktator Trujillo gewährte Juden Asyl. Juden, die es nach Portugal und Spanien geschafft hatten, brauchten keine Ausweisung nach Deutschland zu befürchten, im faschistischen Italien konnten Juden bis 1939 noch Mitglied des großfaschistischen Rates sein. Der Holocaust war nur möglich, weil es radikalen Antisemiten gelang, eine Diktatur zu schaffen und diese dann für wenige Jahre auf große Teile Europas zu erstrecken. Als entscheidend für die Umsetzung des Holocaust muss man die so genannte Wannensee-Konferenz vom 8. Dezember 1941 bis zum 20. Januar 1942 sehen.
Voraussetzung war aber auch, dass die einheimische Bevölkerung aufgrund ihres Antisemitismus bereit war, mit den nationalsozialistischen Machthabern zusammenarbeiten. Hierzu sei z.B. Frankreich, Polen, die Niederlande oder Ungarn zu nennen. In Ungarn wurde deshalb von deutscher Seite im Oktober 1944 der Wechsel von Horthy auf Szalasi unterstützt, da dessen Pfeilkreuzler ihre deutschen Vorbilder zu übertreffen bemühten. Nicht vergessen sollte man auch, dass bereits am 4. Juli 1946 vom polnischen Mob in Kielce das erste antisemitische Pogrom nach dem Holocaust ausgeführt wurde.
Okay

, hab es jetzt richtig verstanden. Vielen Dank!
Ja, mit der Nachkriegszeit hab ich mich falsch formuliert- meine auch natürlich 90-er, da ja auch sein Buch 1996 veröffenlticht wurde.
Aber wenn ich als Aufgabe habe, muss ich natütlich schon seine These nennen und gehe ja danach ein, was für Auswirkungen es hatte..
LG
Regenbogen
(07.06.2014 14:10)Sansavoir schrieb: [ -> ]Goldhagens These ist insoweit nur richtig, dass der Holocaust nur mit den am radikalsten Antisemiten, den Nationalsozialisten, möglich war. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten den Staat bzw. schufen neue staatliche (polizeiliche) Strukturen zur Vernichtung der Juden.
Das hat aber nichts mit mittelalterlichen Judenverfolgungen zu tun. Diese wurden nicht von staatlichen Institutionen angeordnet, sondern erfolgten infolge von Aufhetzungen des Mobs (vgl. 1096, 1349). Sehr oft wurden diese Pogrome von den örtlichen weltlichen und/oder kirchlichen Machthabern unterbunden. Der König bzw. der Landesherr war der Schutzherr der Juden und er bemühte sich oft, sie auch zu schützen. Bekannt geworden sind eben die Fälle des Versagens des Königtums, 1096 war Heinrich IV. aufgrund seiner Kämpfe gegen die Kirche, gegen seine Söhne oder gegen andere politische Rivalen so geschwächt, dass er diese Schutzfunktion nicht ausüben konnte. 1349 standen die weltlichen und kirchlichen Machthaber den Auswirkungen der Pest hilflos gegenüber, diese Hilflosigkeit den Ereignissen gegenüber führte zu Pogromen gegen die Juden, die von der Obrigkeit geduldet wurden.
All dies sind keine deutschen Besonderheiten, es hat in England, Frankreich u.a. Ländern ebenfalls Judenverfolgungen gegeben. Oft mussten sie das Land innerhalb kürzester Zeit verlassen, so um 1190 aus England. 1494 initiierten die katholischen Könige Ferdinand und Isabella mit Hilfe des Großinquisators Torquamada die Vertreibung der Juden aus Spanien, 1495/96 folgte die Vertreibung der Juden aus Portugal. Der Chmelnizki-Aufstand von 1649/54, der zur Loslösung der Ukraine von Polen führte, war begleitet von Massakern gegenüber der jüdischen Bevölkerung.
In den 1890er Jahren wurde Frankreich von der Dreyfus-Affäre erschüttert, die ihre Grundlage im Antisemitismus großer Teile des Militärs hatte. In Russland fanden 1905 mehrere Pogrome statt. In Wien sorgten Karl Lueger und Georg von Schönerer für eine antisemitische Stimmung. In Großbritannien konnte zwar ein Mann jüdischer Herkunft wie Disraeli Premier werden, d.h. aber nicht das Großbritannien frei von antisemtischen Vorurteilen war. Als nach den Morden des Serientäters "Jack the Ripper" ein psychisch kranker polnischer Jude verdächtigt wurde, wurde dies der Öffentlichkeit verschwiegen, da man antisemitische Ausschreitungen befürchtete. Im Deutschen Reich gab es in den 1880er Jahren antisemitisch geprägte Karikaturen und Schriften gegen den Bankier Gerson von Bleichröder, wobei diese Angriffe nicht nur Bleichröder galten, sondern auch Bismarck, den man aber nicht zu beschimpfen wagte.
Man kann zur Goldhagens Behauptung sagen, dass seine Fokussierung auf die deutsche Geschichte nicht wissenschaftlich ist. Der Antisemitismus ist ein Teil der Geschichte vieler europäischer Staaten. Ein weiterer Makel Goldhagens ist, dass er nicht den Einfluss von Hitlers ideologischen Vorläufern wie Stewart Houston Chamberlain oder Gobineau hervorhebt.
Ebenfalls ist es nicht richtig, die Staatsform der Diktatur als Voraussetzung für den Holocaust zu sehen. Der dominikanische Diktator Trujillo gewährte Juden Asyl. Juden, die es nach Portugal und Spanien geschafft hatten, brauchten keine Ausweisung nach Deutschland zu befürchten, im faschistischen Italien konnten Juden bis 1939 noch Mitglied des großfaschistischen Rates sein. Der Holocaust war nur möglich, weil es radikalen Antisemiten gelang, eine Diktatur zu schaffen und diese dann für wenige Jahre auf große Teile Europas zu erstrecken. Als entscheidend für die Umsetzung des Holocaust muss man die so genannte Wannensee-Konferenz vom 8. Dezember 1941 bis zum 20. Januar 1942 sehen.
Voraussetzung war aber auch, dass die einheimische Bevölkerung aufgrund ihres Antisemitismus bereit war, mit den nationalsozialistischen Machthabern zusammenarbeiten. Hierzu sei z.B. Frankreich, Polen, die Niederlande oder Ungarn zu nennen. In Ungarn wurde deshalb von deutscher Seite im Oktober 1944 der Wechsel von Horthy auf Szalasi unterstützt, da dessen Pfeilkreuzler ihre deutschen Vorbilder zu übertreffen bemühten. Nicht vergessen sollte man auch, dass bereits am 4. Juli 1946 vom polnischen Mob in Kielce das erste antisemitische Pogrom nach dem Holocaust ausgeführt wurde.
Ich bin wirklich sehr erstaunt

, vielen Dank für die ausführliche Information!
Hmmm... sehr überracht, dass der Antisemitismus soweit in Europa überall da war....
Werde es aufjedenfall versuchen, einzubringen! Ist sehr interessant!
Und d. h. es wäre auch sehr sinnvoll, in meiner Gliederung unnbedingt Antsemitismus als einizigen Punkt zu nennen? Nachdem ich Goldhagens These erläutert habe..
LG
Regenbogen
(07.06.2014 08:40)Suebe schrieb: [ -> ]Goldhagen hat nochmals eine Täter-Diskussion angestossen. Hier liegt seine Bedeutung. Seine These dagegen ist Quark.
Ich bin mir nicht so sicher, ob Goldhagens These insgesamt "Quark", "Un_sinn" oder ähnliches ist.
Abgesehen von den (einzigartigen) besonderen gesellschaftlichen und politischen Randbedingungen im damaligen Deutschland, wurde schon herausgearbeitet, dass es ohne die passive Mitarbeit und Duldung des Großteils der Durchschnittsdeutschen, den Holocaust in dieser endgültigen Form und in seiner Singularität nicht gegeben hätte.
Wenn man sich allerdings auf das historisch fundierte und kompakte Statement von Sansavoir bezieht, kommt man unweigerlich zu dem Schluß, dass es jedoch einen gesamteuropäischen
"eliminatorischen"Antisemitismus gegeben hat und offen oder verdeckt immer noch gibt (s. z.B. Meinungsäußerungen und Tendenzen in Osteuropa).
Dieser hat sich über Jahrhunderte etabliert und die Gründe dafür wurden schon oft genug diskutiert und analysiert und sind auch in diesem 3D schon angerissen worden.
Was uns bei diesem speziellen Thema etwas irritiert, abstößt und z.T. emotional reagieren und Goldhagens Ansichten meist ablehnend bewerten lässt, ist im besonderen Maß das Wort "eliminatorisch". So zumindest mein erster Eindruck.
Naja, "eliminatorisch" meint ja, dass der Antisemitismus von hause aus drauf aus ist, die Juden zu "eliminieren", d.h. umzubringen. Nun war das bis zur Wannseekonferenz nicht einmal die Absicht der Nazis selber, bis dahin hatte man ja zuerst "nur" die Juden erst aus Deutschland, dann aus Europa vertreiben wollen. Ob die nun nach Amerika, Palästina oder - zwangsweise - auf Madagaskar oder Ostafrika vertrieben werden sollten, war Gegenstand konkreter Planungen in den betreffenden Stäben.
Wenn nun die Nazis selber (Typen wie Himmler oder Heydrich mögen da Ausnahmen gewesen sein, die waren krass genug, um auch schon vorher auf die Idee zu kommen, alle für die Nazis erreichbaren Juden tatsächlich umzubringen) erst 1942 den konkreten Plan fassten, die Juden zu "eliminieren", wie kann es dann vorher schon einen generellen deutschen eliminatorischen Antisemitismus gegeben haben?
Bei Pogrome wurden auch oft sämtliche erreichbaren Juden getötet, aber das war erstens regional oder sogar lokal begrenzt und geschah zweitens eher in Form von Unruhen, Aufständen, wie auch immer man das bezeichnen will, jedenfalls einigermaßen spontan. Ein "eliminatorischer" Antisemitismus bedeutet aber, dass von vorneherein der Plan besteht, "die" Juden zu eliminieren, wie das dann im Holocaust auch umgesetzt wurde.
Da liegt bei Goldhagen der Hund begraben: Er sieht sich den Holocaust an und schlussfolgert, dass die dahinter stehende Einstellung den Juden gegenüber schon immer so gewesen sei, bei allen Deutschen. Er lässt sich von den Ergebnissen seiner Untersuchung zu den Hamburger Polizisten blenden, bzw. blendet die historischen Ereignisse seit 1933 und vorher einfach aus. Dadurch geht ihm der Rahmen verloren, in dem der Holocaust überhaupt erst für Historiker verstehbar wird.
VG
Christian
Du widersprichst hier aber Goldhagens These explizit. Seine These ist der "deutsche eliminatorische Antisemitismus"
Und ersetzt seine These durch eine neue,
den "europäischen eliminatorischen Antisemitismus".
Hierzu habe ich zunächstmal noch keine Meinung. Jedoch ganz erhebliche Zweifel.
OK, nochmals zu Goldhagen.
Der Entscheidungsprozess vom Tag der Machtübernahme bis zur Wannseekonferenz verlief auch keineswegs geradlinig, oder war gar vorbestimmt.
Hitler persönlich hat Tausende! zu "Ehrenariern" gemacht. Was in dem Zusammenhang auch gerne vergessen wird. Also "so peinlich genau" hat auch er die Rassengesetze nicht beachtet.
Weiter möchte ich auf den Fakt hinweisen, dass der "Holocaust" im Reich "streng geheim" war. Von einer Zustimmung oder einem Mittragen durch die dt. Bevölkerung kann keine Rede sein.
Eine Duldung OK, aber mehr nicht.
Und die Duldung muss unter dem Gesichtspunkt der fürchterlichen Folgen für jeden der sich dem NS-Staat in den Weg stellte, gesehen werden. Wie sehr zB hat die "Weiße Rose" den NS-Staat gefährdet? Und was gab es dafür?
Der Umgang mit den Tätern in der BRD der 50er und 60er ist etwas ganz anderes. Da liegt die "zweite Schuld" wie das Ralph Giordano bereits schrieb, lange vor Goldhagen.
Nochmal zu "Weißen Rose", der Pförtner, der die Türen schloß, wodurch die Verhaftung erst möglich wurde.
Hat mehrfach, noch in den 60ern geäußert, dass er wieder so handeln würde. Gesetz wäre eben Gesetz und Ordnung eben Ordnung....
Da liegt der Punkt.
Aber siehe Kurras, (Benno Ohnesorg) auch die Typen gibt es heute noch.
(08.06.2014 11:22)913Chris schrieb: [ -> ]./.
Er lässt sich von den Ergebnissen seiner Untersuchung zu den Hamburger Polizisten blenden, bzw. blendet die historischen Ereignisse seit 1933 und vorher einfach aus. Dadurch geht ihm der Rahmen verloren, in dem der Holocaust überhaupt erst für Historiker verstehbar wird.
Goldhagen stützt sich auf Browning, "Ganz normale Männer".
Wobei regelmäßig übersehen wird, dass es sich hier in der Menge nicht um Polizisten handelt, sondern um "Kriegsdienstverpflichtete"
die statt zur Wehrmacht zur Polizei kamen, keine Polizeiausbildung in dem Sinne genossen hatten.
Die Entscheidung zum Holocaust muss allem nach irgendwann im Oktober-November 1941 gefallen sein, nachdem sich Pläne wie ein "Juden-Reservat" in Zentralpolen oder der Madagaskarplan nicht umsetzen ließen, und vermutlich steht das Auswanderungsverbot für Juden vom Okt. 41 damit bereits im Zusammenhang.
Ca. 800.000 polnische Soldaten kamen in deutsche Kriegsgefangenschaft. Sie wurden im Gegensatz zur polnischen Bevölkerung recht human, sprich entsprechend dem Völkerrecht behandelt. Einschl. der Juden unter ihnen, denen nichts! geschah.
Und ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ein wichtiger Grund für den Holocaust, wenn nicht der wichtigste überhaupt finanzieller Natur war.
Jedenfalls weist der Holocaust viele Rätsel und Ungereihmtheiten auf, und die vermeintlich so griffige Erklärung Goldhagens lässt mehr aus, als die berücksichtigt.
(08.06.2014 14:19)Suebe schrieb: [ -> ]Du widersprichst hier aber Goldhagens These explizit. Seine These ist der "deutsche eliminatorische Antisemitismus"
Und ersetzt seine These durch eine neue,
den "europäischen eliminatorischen Antisemitismus".
Hierzu habe ich zunächstmal noch keine Meinung. Jedoch ganz erhebliche Zweifel.
Hätte ich auch, weswegen ich eigentlich dem eliminatorischen Antisemitismus generell eine Absage erteilen wollte. Wenn das anders rübergekommen ist, geschah das unabsichtlich.
Ich schrieb ja, dass die Nazis den deutschen e.A. (ich kürz jetz mal ab, das ist ein Unding beim schreiben) erst seit der Wannseekonferenz bzw. in deren Vorfeld betrieben haben. Da sie damals fast ganz Europa beherrschten, lässt sich vielleicht von einem europaweiten e.A. sprechen, aber nicht von einem europäischen e.A. Aber eben erst seit der Wannseekonferenz.
Die Pogrome waren zwar europaweit, aber wie gesagt m.E. eben KEIN "e.A.", dafür fehlte die Planung.
Dass der e.A. eine Sache der beinharten Nazis des inneren Zirkels war und nicht eine Sache der Bevölkerung, war für mich eigentlich klar, weswegen ich es nicht eigens erwähnte. Wie gesagt: Man wusste oder ahnte zumindest, was in den KZ´s wirklich ablief, genaues Nachfragen war aber gefährlich und unterblieb daher meistens.
Was aber festzustellen ist - ich beziehe mich dabei auf Mazower ("Hitlers Imperium", worin der Autor explizit auf die enorm bedeutsamen finanziellen Aspekte des Holocaust eingeht) - ist, dass die Bevölkerung es mindestens billigend in Kauf genommen hat, dass die Juden einfach mal so verschwunden sind. Wie gesagt, eine genauere Nachfrage war gefährlich, aber das hinderte die Leute nicht daran, die Möbel, Immobilien, Besitzwerte der Juden für´n Appel und´n Ei einzusacken...
Das ganze Problem ist halt eine Grauzone und beileibe nicht monokausal zu ergründen, so wie das Goldhagen und auch schon Browning versucht haben.
VG
Christian
(09.06.2014 09:38)913Chris schrieb: [ -> ] (08.06.2014 14:19)Suebe schrieb: [ -> ]Du widersprichst hier aber Goldhagens These explizit. Seine These ist der "deutsche eliminatorische Antisemitismus"
Und ersetzt seine These durch eine neue,
den "europäischen eliminatorischen Antisemitismus".
Hierzu habe ich zunächstmal noch keine Meinung. Jedoch ganz erhebliche Zweifel.
Hätte ich auch, weswegen ich eigentlich dem eliminatorischen Antisemitismus generell eine Absage erteilen wollte. Wenn das anders rübergekommen ist, geschah das unabsichtlich.
Ich schrieb ja, dass die Nazis den deutschen e.A. (ich kürz jetz mal ab, das ist ein Unding beim schreiben) erst seit der Wannseekonferenz bzw. in deren Vorfeld betrieben haben. Da sie damals fast ganz Europa beherrschten, lässt sich vielleicht von einem europaweiten e.A. sprechen, aber nicht von einem europäischen e.A. Aber eben erst seit der Wannseekonferenz.
Die Pogrome waren zwar europaweit, aber wie gesagt m.E. eben KEIN "e.A.", dafür fehlte die Planung.
Dass der e.A. eine Sache der beinharten Nazis des inneren Zirkels war und nicht eine Sache der Bevölkerung, war für mich eigentlich klar, weswegen ich es nicht eigens erwähnte. Wie gesagt: Man wusste oder ahnte zumindest, was in den KZ´s wirklich ablief, genaues Nachfragen war aber gefährlich und unterblieb daher meistens.
Was aber festzustellen ist - ich beziehe mich dabei auf Mazower ("Hitlers Imperium", worin der Autor explizit auf die enorm bedeutsamen finanziellen Aspekte des Holocaust eingeht) - ist, dass die Bevölkerung es mindestens billigend in Kauf genommen hat, dass die Juden einfach mal so verschwunden sind. Wie gesagt, eine genauere Nachfrage war gefährlich, aber das hinderte die Leute nicht daran, die Möbel, Immobilien, Besitzwerte der Juden für´n Appel und´n Ei einzusacken...
Das ganze Problem ist halt eine Grauzone und beileibe nicht monokausal zu ergründen, so wie das Goldhagen und auch schon Browning versucht haben.
VG
Christian
Jaa

, hab mich in letzter Zeit über Götz Aly schlau gemacht und er hat auch die finanziele Seite betont. Dass es eben in der Zeit des Nationalsozialismus es plötzlich besser geht und zb. die Rentenversicherung (Bin mir bei der Versicherung nicht mehr ganz sicher) plötzlich durch Hitler um 15% gestiegen ist ohne dass es auf Kosten der Deutschen ging... und genau solche Dinge haben unter anderem dafür gesorgt, dass man nicht hinterher gefragt hat.. wie ist das möglich... oder wie bekommen wir die ganzen Materialien... sondern waren überhaupt einfach froh, es zu erhalten.
Und er betont zudem sehr den Neid der Deutschen bezüglich der Juden, die damals meist gebildeter, weiter etc. waren und so im Volk ein alter Antisemitismus (ab der Modernisierung/ Industrialisierung) herrschte, der jedoch nicht eliminatorisch war, sondern eher aus Neid...
"Der kommerzielle Antisemitismus" ist, ich folge hier ganz Aly, in den 30er Jahren allmählich entstanden. Reichsfluchtsteuer usw. usf.
Und hat sich sehr beschleunigt, als die "Sühne-Milliarde" im November 1938 das Hitler-Reich vor dem Staatsbankrott bewahrt hat.
Später wurde von den zu deportierenden Juden (vom konkreten Umbringen war man zunächst noch entfernt) alles einkassiert, Rentenversicherungsansprüche, Lebensversicherungen hat man einkassiert, Wertpapiere, Geld und Wertsachen sowieso.
Ähnliches hat wurde in den besetzten Ländern veranstaltet, gewaltige Kontributionen verlangt, und als Finanzierungsinstrument wurden den jeweiligen Regierungen "ihre" Juden genannt. Letztendlich hat man, gegen eine Gebühr von RM 500,-- pro Person, die Beseitigung dieser Juden übernommen.
Das ganze ist fürchterlich, es ist von Menschen die Rede,
Aber jedenfalls liegt die "Goldhagen-These" daneben.
Danke für die Antwort. Dann stimmt Aly Goldhagen natürlich nicht, hat eben eine andere Begründung für den Holocaust bzw Antisemitismus, indem er den Neid sehr hervorhebt.
Also das finanzielle.. "Soziale" seitens der Deutschen. Aber ja... ich kann es auch nicht fassen..wie Menschen mit anderen Menschen so grausam umgehen können...
Mich würde Eure Meinung zu Hannah Arendt mit ihrer These über die "Banalität de Bösen" interessieren?!
Was hält Ihr von Ihrer These und sie im Vergleich zu Goldhagen und Aly.
Bin gespannt!
LG
Regenbogen
(10.06.2014 15:53)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Danke für die Antwort. Dann stimmt Aly Goldhagen natürlich nicht, hat eben eine andere Begründung für den Holocaust bzw Antisemitismus, indem er den Neid sehr hervorhebt.
Also das finanzielle.. "Soziale" seitens der Deutschen. Aber ja... ich kann es auch nicht fassen..wie Menschen mit anderen Menschen so grausam umgehen können... 
Mich würde Eure Meinung zu Hannah Arendt mit ihrer These über die "Banalität de Bösen" interessieren?!
Was hält Ihr von Ihrer These und sie im Vergleich zu Goldhagen und Aly.
Bin gespannt!
LG
Regenbogen
Moment,
der "kommerzielle Antisemitismus" ist eine Sache der Staatsfinanzen, und hier speziell der Kriegsfinanzierung. (Der 1938 ins Haus stehende Staatsbankrott war Aufrüstungsbedingt und von daher auch Kriegsfinanzierung)
Damit hat Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher nichts bis gar nichts zu tun.
Die Vorteile, die der "Volksgenosse" aus der Judenvertreibung (Ermordung hätte es dazu nicht gebraucht) zog. waren zweifellos da, waren und sind eine überaus schofle Geschichte,
aber wie gesagt, der Holocaust war dazu nicht erforderlich.
Achso, danke für die Erklärung. Hab es verstanden :].
Würde mich aber auch sehr auf Eure Meinung bezüglich der These von hannah Arend freuen.
Würdet Ihr sie zustimmen, mit der "Banalität des Bösen"...?
LG
Regenbogen
Und nochmals an alle vielen Dank für die sehr interessanten Antworten!

ein totalitäres System braucht Feinde.
Bei den Faschisten in Italien waren es die Freimaurer, bei den Sowjets etliche so ua die Kulaken, usw. usf.
bei den Nazis waren es die Juden.
Aber der Holocaust war bis 1941 nicht vorgesehen.
mM die Nazis sind mit den hohen Erträgen der "Reichsfluchtsteuer" und der "Sühnemilliarde" (die Fachleute des Fiskus haben fast 1,5 Milliarden eingetrieben) erst auf den Gedanken gekommen.
Ein Krieg dagegen war vorgesehen,
und nachdem schon die Kosten für die Aufrüstung im Spätherbst 1938 beinahe zum Staatsbankrott geführt hatte (trotz der Ö-Beute vom März)
(12.06.2014 16:12)Suebe schrieb: [ -> ]ein totalitäres System braucht Feinde.
Bei den Faschisten in Italien waren es die Freimaurer, bei den Sowjets etliche so ua die Kulaken, usw. usf.
bei den Nazis waren es die Juden.
Aber der Holocaust war bis 1941 nicht vorgesehen.
mM die Nazis sind mit den hohen Erträgen der "Reichsfluchtsteuer" und der "Sühnemilliarde" (die Fachleute des Fiskus haben fast 1,5 Milliarden eingetrieben) erst auf den Gedanken gekommen.
Ein Krieg dagegen war vorgesehen,
und nachdem schon die Kosten für die Aufrüstung im Spätherbst 1938 beinahe zum Staatsbankrott geführt hatte (trotz der Ö-Beute vom März)
maW ohne Krieg kein Holocaust.
Angesichts der Schwierigkeiten den vorgesehenen Krieg zu finanzieren ist die Idee zum Völkermord in der Form erst aufgekommen.
Die endgültige Entscheidung zum Völkermord fiel erst, als im Spätherbst 1941 klar wurde, dass der Ostkrieg sich länger hinziehen würde. Dessen Finanzierung dann wieder schwierig geworden ist.
Die Briten wussten übrigens wo das Großdeutsche Reich 1939 der Schuh drückte.
Man hat im April einen großzügigen Kredit engeboten, und darüber bis in den August hinein verhandelt.
(12.06.2014 16:12)Suebe schrieb: [ -> ]ein totalitäres System braucht Feinde.
Das ist und war meist so, stellt aber sicher keine Notwendigkeit dar.
(12.06.2014 16:12)Suebe schrieb: [ -> ]Aber der Holocaust war bis 1941 nicht vorgesehen.
in seiner Endkonsequenz und praktischen Realisierung nicht, ein radikaler Antisemitismus war jedoch von Beginn an eine Säule der nazionalsozialistischen Ideologie, jedermann bekannt und auch Teil des Schlüssels zum "Erfolg" der Nazis.
Warum bringst du wieder die (Weiter)Finanzierung des Krieges? du hattest doch selbst schon geschrieben, dass es, um an die jüdischen Finanzen und das entsprechende Kapital heranzukommen, es keines millionenfachen Mordes bedurft hätte.
Ich hatte oben kurz eingeworfen, dass es speziell bei diesem Thema notwendig ist die psychologischen Aspekte zu beleuchten, versuchen zu beleuchten. Das ist sicher sehr schwierig und komplex und für Laien schon im Ansatz kaum machbar, wenn es nicht in Stammtischpsychogeschwätz ausarten soll.
Man kann vergleichsweise "einfach" den objektiven Zustand des damaligen Deutschland herausarbeiten und beschreiben, die einzelnen politischen, wirtschaftlichen, militärischen und gesellschaftlichen Bedingungen, Zusammenhänge, Begehrlichkeiten.
Nur, was in den Köpfen der Menschen vorging, was es tatsächlich ermöglichte, dass das NS-Gedankengut so dominierend und prägend werden konnte - das ist eben nicht so einfach.
Wir haben uns hier gefragt - was hat der Durchschnittsdeutsche damals gewusst, was hat er bewusst/unbewusst toleriert, akzeptiert, gutgeheissen, aktiv oder passiv mitgetragen - und warum war das so?
Welche Rolle spielte das moralische Gewissen des Einzelnen, die "humanistische" Bildung, die christliche Erziehung - wann und wie wurde die Fähigkeit zur Empathie modifiziert oder z.T. gar gänzlich "abgeschaltet"?
Da kommst du nur ran, wenn du - naja, dich auf die Psychoschiene begiebst und das mit den objektiven Bedingungen verknüpfst, um vielleicht eine Antwort auf die Frage ...warum ? zu bekommen.
Vielleicht kann man dann auch solch schwebende Fragen beantworten oder zumindest sinnvoll diskutieren, wie z.B.
- kann so etwas wieder geschehen
- konnte es nur in Deutschland geschehen
- wie wäre die heutige (Außen)Sicht auf Deutschland und die Bewertung der Nazizeit, wenn es den Holocaust nicht gegeben hätte.
Im Übrigen sehe ich die "Banalität des Bösen" - diese Formulierung, die auf Hannah Arendt zurückgeht, nicht als These oder Theorie, sondern eher als MomentAussage einer Augen- und Ohrenzeugin, einer fassungslosen Journalistin auf das Widergegebene beim Eichmannprozess.
Nach dem, was ich in der Kürze aus dem Wikiartikel über Hannah Arendt entnehmen konnte, war sie ein brillanter und streitbarer Kopf, dem man mit solch einem, aus dem Kontext gerissenen "Slogan" in keiner Weise gerecht werden kann.
Zitat:Warum bringst du wieder die (Weiter)Finanzierung des Krieges? du hattest doch selbst schon geschrieben, dass es, um an die jüdischen Finanzen und das entsprechende Kapital heranzukommen, es keines millionenfachen Mordes bedurft hätte.
Da hast du mich mißverstanden.
Die Vorteile, die der vielberufene Otto Normalverbraucher aus der Judenverfolgung zog, dafür brauchte es den Holocaust nicht.
Aber die, die der Staat zog, dafür brauchte es den Holocaust.
zB In der Ernährungsschätzung des Generalgovernements für das Jahr 1942, Planung der Ernte und wie sie aufgeteilt werden soll, erscheinen die Juden dort nicht.
Auf Nachfrage der Administration des GG kommt die lapidare Antwort, dass man sich um die Ernährung der Juden nicht mehr zu kümmern brauche.
Und so war es dann auch, die Juden waren Ende des Jahres so gut wie alle ermordet.
Ähnlich mit den sehr hohen Kontributionen in den besetzten Ländern, denen wurden die Juden als "Finanzierungsinstrument" genannt.
Psychologie ist nicht mein Fach.
Und für den Kaufmann war es halt ein Millionenfacher Raubmord.
Bin von der Diskussion beeindruckt!
Also, ich finde man muss das Thema- dem Holocaust immer wieder ansprechen um es sozusagen nicht ins Vergessene geraten zu lassen, indem keiner mehr darüber spricht.
Denn ich glaube schon, dass soetwas wieder geschehen könnte.
Ich meine, es gibt ja immernoch Menschen, die überzeugte Antisemiten sind oder Rassisten, die sogar Gruppen bestimmte Eigenschaften vorschreiben und daran glauben. Obwohl in der Vergangenheit so etwas grauenvolles geschehen ist, haben immernoch nicht alle daraus gelernt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wollten doch auch alle keinen Krieg mehr. Und waren am Anfang so überzeugt, in den Krieg zu ziehen und 1918 nicht mehr. Leider aber wollten es danach viele verdrängen...
Ich kann mir das leider vorstellen, das es unter bestimmten Bedingungen wieder geschehen könnte.
Es ist ja überhaupt erschreckend zu sehen, dass es sogar im Jahre 2014 Massaker stattfinden. Zum Beispiel das Massaker in Burma.
....
Und meiner Meinung nach konnte es nicht nur in Deutschland geschehen. Der Antisemitismus war ja überall präsent. Nur in Deutschland kamen die ausgesprochen überzeugtesten Antisemiten an die Macht, die eine Diktatur errichteten und Schritt für Schritt die Juden ausgrenzten bis hin zur Ermordung.
Und aber bezüglich der Wansee Konferenz- Völkermord...
Aber es gab doch schon vorher die Idee- die Juden "auszurotten", wurde doch in mein Kampf deutlich gesagt?
Nur wie genau war nur unklar, jedoch war doch schon die Idee früh da?
(13.06.2014 15:41)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]Und meiner Meinung nach konnte es nicht nur in Deutschland geschehen. Der Antisemitismus war ja überall präsent. Nur in Deutschland kamen die ausgesprochen überzeugtesten Antisemiten an die Macht, die eine Diktatur errichteten und Schritt für Schritt die Juden ausgrenzten bis hin zur Ermordung.
Und aber bezüglich der Wansee Konferenz- Völkermord...
Aber es gab doch schon vorher die Idee- die Juden "auszurotten", wurde doch in mein Kampf deutlich gesagt?
Nur wie genau war nur unklar, jedoch war doch schon die Idee früh da?
Richtig. Hitler schrieb in "Mein Kampf", dass er die Juden "ausrotten" will. Die Frage ist, wer von den Käufern dieses Buches es tatsächlich gelesen hat. Nach 1933 verdiente Hitler mit dem Druck von "Mein Kampf" einige Millionen Reichsmark und die meisten deutschen Haushalte hatten wohl dann auch "Mein Kampf" im Bücherregal stehen. Das sagt aber nichts aus, ob das Buch tatsächlich von der ersten bis letzten Seite gelesen wurde bzw. alles für "bare Münze" gehalten wurde. Wie gesagt, die Weichen für den Holocaust wurden letztlich auf der Wannsee-Konferenz gestellt. Hier wurden die Verantwortlichen für die Umsetzung bestimmt, hier wurden finanzielle Probleme geregelt, hier wurden logistischen Abläufe erfasst, zu gut deutsch: es wurden Nägel mit Köpfen gemacht.
Dies soll aber nicht heißen, dass nicht schon vor Dezember 1941 / Januar 1942 planmäßig Juden ermordet wurden. Ich denke da besonders an die Juden (aber auch Polen) im so genannten Generalgouvernement, wo m.E. ein Konkurrenzkampf zwischen dem Generalgouverneur Hans Frank und dem SS-Gruppenführer Jürgen Stroop stattfand und der trotz Kompetenzstreitereien der Beiden zum Tod von Millionen Menschen führte. Dabei ist es interessant, dass Hans Frank, der im Generalgouvernement ohne Bedenken Menschen ermorden und Kulturgüter zerstören oder rauben ließ, sich in seiner Funktion als Reichsrechtleiter beklagte, dass im Reich das Recht immer weniger Bedeutung hatte, so dass er 1942 seine Parteiämter verlor. Ich denke, dass während der Wannsee-Konferenz auch eine "Fehlerauswertung" aufgrund der Erfahrungen im Generalgouvernement gemacht wurde.
Hmmm...ja stimmt..wie viele es letztenendes gelesen haben bleibt unklar...aber hier in dieser Rede von Hitler 1939 (
http://www.holocaust-chronologie.de/arti...hung.html) wird doch schon klar- also die Judenvernichtung. Und ja.. ich würde die Wansee- Konferenz zur Umsetzung sehen, inder die Idee des systematischen Tötens kam (die Idee an sich (Judenvernichtung) war schon da, nur die Umsetzung nicht) . Dies zeigt sich ja auch in die Gaskammern- Sie wurden ja auch erst später entwickelt und nicht sofort von Anfang an... Der Giftstoff Zyklon B wurde erst in den 40-iger herausgearbeitet/getestet..
Ich habe eine weiter Frage

,
Und zwar werden in vielen Kritiken gegenüber goldhagen geäußert, dass es im 19 Jhd. und Beginn des 20 Jhd. sogar außerhalb DE's stärkeren Antisemitismus gebe.
=>
http://www.chotzen.de/bibliothek/biograf...-goldhagen
was auf der seite z.b. steht:
"Goldhagens These stößt international auf Widerspruch. Die Kritiker betonen, dass es im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert außerhalb Deutschlands zum Teil sogar stärkere antisemitische Strömungen gegeben habe."
Aber ich verstehe nicht recht als Kritik, da Goldhagen nichts dagegen hat. Er selbst hat geschrieben, dass es auch Antisemitismus in anderen Ländern damals gab wie in Deutschland - zb Ukraine, Frankreich.
Er sagt ja, dass er durch drei bestimmte Fakten der Antisemitismus möglich war, zum einen eben der Antisemitismus, 2. Regime, 3 stärke des Militärs.
Zusammen ermöglichte es den Holocaust.
(Vergleich seite 7-10; Hitlers willige Vollstrecker)
Was sagt Ihr dazu?
LG

(14.06.2014 00:48)Regenbogensonne schrieb: [ -> ]ich würde die Wansee- Konferenz zur Umsetzung sehen, inder die Idee des systematischen Tötens kam (die Idee an sich (Judenvernichtung) war schon da, nur die Umsetzung nicht) .
Richtig. Der Unterschied ist der: Vor der Konferenz wurden auch schon Juden planmäßig getötet, sogar massenweise.
Aber der Plan, wirklich ALLE Juden zu töten, der kam erst nach 1939 auf, als die Nazis (v.a. Himmler und Heydrich) erstens erkannten, dass sie quasi Zugriff auf alle europäischen Juden hatten, dass sie zweitens ihre bisherigen Pläne ("nur" Beseitigung aller Juden aus Europa, was größtenteils aber "nur" Vertreibung bedeutete) jetzt auf die Spitze treiben konnten und dass sie drittens dadurch enorme finanzielle Vorteile erringen konnten, die für die Finanzierung des Krieges notwendig waren.
Und da damit neben den Mitteln nun auch der Wille vorhanden war, kam der Holocaust in Gang.
VG
Christian
Achso, okaay

.
Hab den Unterschied jetzt verstanden

. Also schon vorher gab es Tötungne, nur eben keine systematische und nicht erstmal war nur die Idee der Vetreibung, welches sich ja auch mit dem Madagaskat Plan belegen lässt und dass die Juden am Anfang noch die Chance hatten, auszureisen...
Erst in der Wansee- Konferenz kamen die überzeugten Antisemiten mit der Idee des Tötens ALLER europäischer Juden! OK

, dankee.
Und würde mich freuen, was Ihr zu Beitragsnummer #38 sagt. Da hab ich leider auch eine Frage....
Vielen Dank für Euer Interesse und die Antworten!
LG
Regenbogen
Der Madagaskar-Plan ist übrigens ursprünglich nicht in Nazi-Deutschland entstanden.
Soweit ich das in Erinnerung habe, entstand er von Paul de Legarde? Österreich?
Ach! Und also ich hab jetzt so einiges über Goldhagen, NS Vergangenheit etc. gelesen.
Dabei taucht die Frage, ob Goldhagens Thesen heute widerlegt sind oder nicht.
Also soweit ich es jetzt verstanden ja.
Also aber was für Beispiele könnte man denn nennen?