"im sechsten Jahr der Regierung von Erzbischof Heinrich von Virneburg kam zu Maria Magdalena kam eine Flut,wo im Dom einem Mann das Wasser bis zum Gürtel stand,"
Diese Eintragung in einer Mainzer Chronik liess mich auf die sogenannte Magdalenenflut des Jahres 1342 stoßen,das wohl größte Flutereignis in Mitteleuropa
ImJahr 1342 war der Winter war bereits sehr kalt und schneereich und als Folge davonkam es im Februar bei plötzlichen Tauwetter zu ersten großen Überschwemmungen (In Prag riss die Moldau die Judithbrücke .den Vorläufer der Karlsbrücke weg ) Nach einer erneuten langen Frostperiode und einem kalten , nasser Frühljahr kam es um den 22 Juli (Magdalenentag) zu einer sogenannten VB-Wetterlage mit verheerenden Niederschlägen als deren Folge Main, Rhein, Donau, Weser und Elbe nebst ihrer Nebenflüsse anschwollen weil das Wasser nicht mehr versickern konnte.
In der Folge riss das Wasser riesige Mengen an fruchtbarem Ackerland mit: Ein Drittel der gesamten Bodenerosion der letzten 1500 Jahr, geschätzte 13 Milliarden Tonnen Boden gingen in den wenigen Tagen der Magdalenenflut verloren – mehr als ansonsten über Jahrhunderte. Im Taunus und Hunsrück z.B. rissen die Niederschläge innerhalb von wenigen Stunden tiefe Schluchten in die Hänge, die zum Teil heute noch zu sehen sind Viele Standorte sind besonders in den unteren und mittleren Höhenlagen der Mittelgebirge bis heute nicht mehr ackerbaulich nutzbar.
Die Folgen waren katastrophale Missernten in den Jahren 1343-46
Und bereits vor dem Ereigniss hatte es 1338 und 39 Heuschreckenplagen und 1340 eine erste kleinere Pestwelle dowie Mißernten und Hungersnöte gegeben.
Wenn man das alles zusammennimmt , dann ist wohl auch die große Pestepidemie, die ab 1347 Mitteleuropa verheerte und ein Drittel der damaligen Bevölkerung auslöschte teilweise darauf zurück zu führen, dass
der Erreger auf eine ausgezehrte ,halbverhungerte Bevolkerung traf. die vermutlich auch noch durch witterungsbedingte,durch das nasskalte Klima hervorgerufene Krankheiten geschwächt war
Diesen Ereignissen vorangegangen waren übrigens - wohl als erste Anzeichen der beginnenden kleinen Eiszeit Missernten in Folge von Frost und Dürren in den Jahren 1303, 1305. 1319.1313 -1318 und 1323
Dem Ereignis folgte 1357/58 eine weitere Pestwelle, 1362 die geo0e Mantränkke/Marcellusflut an der Nordsee , ein weiteres Hochwasser 1374 , eine weitere große Sturmflut 1377 aowie mehrere Hungersnöte 1382,1393 und 1401
Was mich interessieren würde wäre die Folgen dieses fatalen 14 Jahrhunderts zu diskutieren
Eine Folge war sicherlich ,dass der Universalanspruch der katholischen Kirche ins Wanken kam
und die Naturwissenschaften einen ersten Aufschwung nahmen.weil man die Phänomene und ihre Häufung durch die herkömmlichen religiösen Dogmen nicht mehr hinreichend erklären konnte
Eine weitere Frage, die wir diskutieren könnten, wäre, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der kleinen Eiszeit und der Krise der Kirche (Avignon) gab. Sicher ist m.E., dass es ohne "das fatale" 14. Jh. auch keine (deutschen) Mystiker gegeben hätte und dass es auch keinen John Wycliff gegeben hätte.
Ich halte den Verlust von Millionen Menschen als die einschneidenste Folge. In einer Gesellschaft, die auf persönliche Beziehungen und Abhängigkeiten basierte und die hierarchisch funktionierte, bedeutete der Verlust von ca. 30 % der Bevölkerung das Ende der bisherigen Vasallitäten. Eine Folge war z.B., dass der niedere Adel an Bedeutung verlor. Das hat nicht nur mit Bedeutungslosigkeit der schweren Kavallerie bzw. der Ritter als militärische Größe, sondern auch mit deren Niedergang als wirtschaftliche Größe, die sich letztlich auf die Arbeit der Bauern zurückführen lässt.
Während es im 12. Jahrhundert (und wohl auch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert) genügend Menschen die Ländereien des Adels bearbeiten und somit für Einnahmen sorgte, änderte sich das im 14. Jahrhundert (etwa seit den 1320er Jahren, also noch vor der Pestepidemie). Es gab immer weniger Bauern, die zwar stärker ausgebeutet wurden, aber denen sich Alternativen anboten. Entweder in einer Stadt zu leben (wie Hans Fugger seit 1367) oder sich dem Schutz eines anderen, mächtigeren Adligen unterstellen. Es ist sicher kein Zufall, dass gerade im 14. Jahrhundert Verwandte der herrschenden Dynastien quasi eine königsgleiche Machtposition erreichten (Lancaster / Burgund, Orleans, Anjou u.a.) oder das Dynastien ihre Länder auch unter den jüngeren Söhnen aufteilten (Wittelsbacher, Habsburger, Wettiner), mit der Folge, dass im 14. und 15. Jahrhundert wohl mehr Bruderkriege stattfanden, als zu anderen Zeiten. Dass dies möglich wurde, hängt mit der Bildung neuer Gefolgschaften zusammen und jüngere, aber auch uneheliche Herrschersöhne (Johann von Avis, Heinrich von Trastamara) waren reich genug, dass sie sich Gefolgschaften leisten konnten, im Gegensatz zu den vielen "kleinen" Ritter und Grafen, deren Besitz zum Teil verödete.
Gesellschaftlichen Bewegungen, wie die deutsche Ostexpansion oder die Kreuzzüge kamen zum Erliegen, da es an Menschen fehlte. Versuche, wie der 1369 initiierte Kreuzzug Königs Peter von Zypern wären auf alle Fälle nicht nur militärisch, sondern vor allem am Mangel potentieller Siedler gescheitert. Das Versickern des Zustroms von deutschen Siedlern in den Osten ermöglichte vielleicht den Aufstieg des polnisch-litauischen Staates. Es ist sicher kein Zufall, dass erst um 1500, also zum Zeitpunkt als der Bevölkerungsverlust aus dem 14. Jahhundert weitgehend ausgeglichen war, eine neue Auswanderungswelle begann. Hätte es nicht den Bevölkerungsrückgang im 14. Jahrhundert gegeben, müssten in den europäischen Ballungszentren weiterhin viele Menschen auswandern. Die Frage ist natürlich, Wohin?
Eine weitere Folge der kleinen Eiszeit ist, dass in der 1. Hälfte des 14. Jh. die Wikingerpopulation auf Grönland ausstarb.
(19.07.2015 23:21)Sansavoir schrieb: [ -> ]Eine weitere Folge der kleinen Eiszeit ist, dass in der 1. Hälfte des 14. Jh. die Wikingerpopulation auf Grönland ausstarb.
Das ist eine alte Mär, widerlegt durch Funde. Die letzten Siedler auf Grönland waren reiche Bauern mit wohlgenährten Schafen oder Robbenjäger. Sigrid Björnsdottir und ihr Mann Throstein Olafsson (+ 1431) waren ein sehr mächtiges Paar: Sie eine reiche Erbin aus Grönland, er Mitglied einer der mächtigsten Sippen Islands. Sein Einfluss und ihr Reichtum führten dazu, dass die Nachkommen Sigrids und Thorsteins in den nächsten 100 Jahren in Island den Ton angaben. Dazu musste Sigrids Sippe allerdings Grönland verlassen. Nach Skelettuntersuchungen waren die Abwanderer bis zuletzt gut genährt (dem zunehmenden Konsum von Robbenfleisch gedankt) und die Frauen kleideten sich nach der letzten Mode Europas (evtl. dank der Kontakte über englische Kaufleute). Ein Indiz, das diese Funde unterstützt, ist die Nachricht, dass die Hochzeit von Sigrid und Thorstein (1408) ein rauschendes Fest gewesen sei. Klingt nicht nach verhungernden Bauern...
Einzelne Höfe der südlicher gelegenen "Ostsiedlung" (aus der Sigrid stammte) sind nach Pollenuntersuchungen britischer Paläoökologen noch um 1500 bewirtschaftet gewesen. Allerdings erhöhten die Engländer den Druck auf Island und Grönland im 15.Jh. immer mehr; sie wollten die norwegisch-dänischen Händler aus dem Geschäft werfen - darunter dürften auch die Grönländer zu leiden gehabt haben, denn die Engländer waren wenig zimperlich beim Umgang mit Grönländern wie auch Isländern (teilweise tauchten isländische Kinder auf englischen Sklavenmärkten wieder auf). Grönland noch mehr wie Island entglitt der norwegisch-dänsichen Kontrolle immer mehr. Das wird auch der Grund gewesen sein, dass der norwegische Erzbischof immer wieder versuchte, die angeblich heidnisch gewordenen Grönländer zu rechristianisieren - bis ins 17.Jh. hinein. Ihm war offenbar trotz regelmäßig in Bergen eintreffender isländischer Händler nichts zu Ohren gekommen, dass die Grönländer irgendwie ausgestorben wären... (Quelle: Kirsten Seaver: Mit Kurs auf Thule, S.171ff.)
Dass kein erneuter Besiedlungsversuch auf Grönland gemacht wurde, das hängt dann allerdings vielleicht doch wieder mit der Kleinen Eiszeit zusammen - oder damit, dass die Norweger sich nicht gegen die Engländer durchsetzen konnten, die daraufhin den Seeweg nach Grönland (und Nordamerika) für die Norweger blockierten und keinerlei Interesse daran hatten, Nachrichten von norwegisch-isländischen Siedlern auf Grönland nach Europa dringen zu lassen (das hätte ja ihren Machtanspruch auf Nordamerika geschwächt...)
VG
Christian
Es ist ziemlich sicher, dass die Grönlandsiedlungen spätestens 1530 nicht mehr bestanden. Vielleicht liegen im Vatikan noch alte Dokumente, immerhin trieb man den Peterspfennig auch von Grönland ein. Der "Eskimo-Apostel" Hans Egede suchte noch 200 Jahre später nach den Wikingern.
Die Dokumente im Vatikan sind äußerst zweifelhaft. Zweimal gab es einen vom Vatikan ausgehenden Versuch, die Grönländer wieder zu finden - beide male versuchte nur ein Betrüger, dem Papst Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Infos, die der Vatikan über Grönland hatte, waren mehr als lückenhaft...
Der Peterspfennig wurde via Norwegen eingezogen, dessen Erzbischof auch für Grönland (und Island) zuständig war. In Bergen machte man sich mehr Sorgen, ob die Grönländer überhaupt noch Christen waren...
Fakt ist, dass Grönland im 14.Jh. eben NICHT von der allgemeinen Welle von Naturkatastrophen, Seuchen und Kriegen betroffen war, die Europa (und auch Island) im 14.Jh. heimsuchten. Es war wohl doch zu abgelegen...
Eine Folge der Naturkatastrophen ist wohl auch, dass in der Landwirtschaft weniger Ackerbau, sondern mehr zur Viehzucht übergegangen wurde. Der Grund dafür war sicher der Bevölkerungsverlust. In England z.B. wurde mehr auf die Schafzucht gesetzt, da Wolle profitabel war. Der Anstieg der Weidetiere führte sicher auch zum Anstieg der Anzahl größerer Raubtiere wie Bär oder Wolf. Es ist möglich, dass diese Raubtiere erst in dieser Zeit ihren schlechten Ruf wegbekamen. (?)
Das ist es eher nicht. Bären gab es im Hochmittelalter kaum noch in Westeuropa, schon gar nicht mehr in England. Und die Wolfsbestände waren damals niedrig, das war nur dann anders, wenn allgemeines Chaos + Krieg herrschte und eine Bejagung + Herdenschutz, zu der man die Bevölkerung normalerweise dienstverpflichtete, nicht mehr gewährleistet war. So war es im Dreißigjährigen Krieg und zuletzt im Gefolge von Napoleons geschlagener Grande Armee 1813.
Eine Frage an Arkona: Sind die Pestwellen dafür verantwortlich, dass sich statt der ursprünglich ansässigen Haus-und Dachratten sich die robustere Wanderratte überall verbreitet haben?
(23.07.2015 20:38)Sansavoir schrieb: [ -> ]Eine Frage an Arkona: Sind die Pestwellen dafür verantwortlich, dass sich statt der ursprünglich ansässigen Haus-und Dachratten sich die robustere Wanderratte überall verbreitet haben?
Darüber wird spekuliert, zeitlich passt es, auch wenn Wikipedia die Ausbreitung der Wanderratte erst ins 18. Jahrhundert legt. Die "Pestratte" war offensichtlich die Hausratte, heute ist diese fast ausgestorben. Es kann sogar sein, dass ihre Verdrängung und Ersetzung durch die Wanderratte zum Erlöschen der großen Pestwellen in Europa beitrug. Genaues weiß man aber bisher dazu nicht, die Altvorderen (selbst "Papa Linne") unterschieden diese Arten noch nicht.
Zitat:Sigrid Björnsdottir und ihr Mann Throstein Olafsson (+ 1431)
langsam mit den jungen Pferden
das Brautpaar kam von einem Schiff,das 1406 von Norwegen auf dem Weg nach Island nach Grönland verdriftet war , wurde 1408 durch den Priester Paal Anderson in Hvalsey getraut und kehrte 1410 nach Island zurück.- mit dem letzten vom Stellvertreter des Bischofs von Gardar ausgestellten Dokument das die Gültigkeit der Eheschließung attestierte- das waren also keine Siedler
sondern isländische Gäste.
Die lange Verweildauer der gesamten Schiffsbesatzung auf Grönland deutet übrigens darauf hin ,dass die klimatischen Verhältniss schon so prekär waren,daß erst nach Jahren eine Rückreise möglich war
Der letzte Kontakt zur Außenwelt muß übrigens nach 1500 stattgefunden haben,denn man fand in einem Grab in Herjolfsnes eine Leiche ,die eine mitteleuropäische Tracht aus dieser Zeit trug.
Und man fand dort auchviele Tote , die erhebliche Zeichen von Mangelernährung aufwiesen-
Und noch was,was wieder den Bogen zum gesellschaftlichen Umbruch bedingt durch die Katastrophen und Klimaveränderungen schlägt- die Toten in den jüngeren grönländischen Gräbern in Herjolfsnes wurden zunehmend ohne Beigabenkreuze begraben und Kirchenglocken wurden offenbar eingeschmolzen und zu profanen Werkzeugen umgearbeitet- auch ein Hinweis,dass sich hier etwas entscheidend in der Einstellung verändert hat.
Die Archäologie hat herausgefunden, dass die überlieferten frühen Daten von verlassenen grönländischen Siedlungen alle nicht stimmen. Die Westsiedlung war nachweislich bis nach 1400 besiedelt (anstatt schon um 1350 verlassen, wie Ivar Bardsson berichtet), die Ostsiedlung bis nach 1500. Dort wurden noch lange nach Sigrids und Thorsteins Hochzeit große Festhallen gebaut, die der Halle Eriks des Roten in Brattahild (dem größten und wichtigsten Hof der Ostsiedlung) wenig nachstanden. die Leute waren also nach wie vor richtig reich.
DAs Verdriften nach Grönland entwickelten die Isländer zur Kunst, seit um 1360 der norwegische König Hakon VI. Magnusson den normalen Handel mit Grönland verbot. Alles was von der Insel ausgeführt wurde, sollte der königlichen Kasse zugute kommen. Björn Einarsson war 1387 ebenfalls abgedriftet worden - mit vier Schiffen, randvoll mit Handelswaren. Er zahlte, in Norwegen angekommen, die fälligen Strafen und kehrte noch reicher nach Island zurück, als er es zuvor eh schon gewesen war...
"Witzig" an der Geschichte ist, dass Björn Einarsson zusammen mit zwei weiteren reichen Isländern, Björn "hinn riki" Brynjolfsson und Thorstein Eyjolfsson, mow die Geschicke Islands leitete. Die drei waren die mächtigsten Männer ihrer Zeit, zudem verschwägert, denn Björn Einarsson hatte Thorsteins Tochter geheiratet. Thorstein Olafsson wiederum war der Enkel von Thorstein Eyjolfsson. Mit Sigrid Björnsdottir (Tochter Björns Brynjolfsson) und Thorstein Olafsson (Enkel Thorstein Eyjolfssons) gingen also die Nachkommen von zwei der um 1380/90 mächtigsten Männer Islands eine eheliche Verbindung ein - in Grönland!
Björn Brynjolfsson hatte nämlich umfangreiche Besitzungen auf Grönland, die er seiner Tochter Sigrid vererbte. 1406 lebte Sigrid auf Hvalsey in Grönland. Thorstein Eyjolfsson und Björn Brynjolfsson starben zwischen 1402 und 1404 an der Pest in Island, Sigrid war auf Grönland und vor der Seuche sicher. Auch Thorstein Olafsson überlebte, ebenso Björn Einarsson, der Onkel von Thorstein Olafsson.
Zusammen mit weiteren überlebenden Mitgliedern der "Herrschaftsschicht" Islands reisten Björn und Thorstein 1405 noch Norwegen zur Hochzeit von Prinzessin Philippa von England und Erich von Pommern, dem designierten Nachfolger der Königin Margarete. Die Rückreise führte Björn über Rom und Venedig ins Heilige Land (daher sein Beiname "Jerusalemfahrer"), während Thorstein zusammen mit einigen seiner engsten Freunde und einem Verwandten von Sigrid Hvalsey ansteuerte (bzw. "sich dorthin verirrte"). Offensichtlich wollte er Sigrid davon unterrichten, dass sie mittlerweile Alleinerbin von Björn Brynjolfsson geworden war. Thorstein, durch den unerwartet frühen Tod seines Vaters in finanzielle Schwierigkeiten geraten, heiratete die reichste Erbin Islands und Grönlands 1408 auf Hvalsey. Ungefähr zu dieser Zeit wurde die dortige Festhalle erbaut bzw. erweitert...
Jedenfalls sind die Ereignisse Zeugnis dafür, dass Grönland Anfang des 15.Jhs. nach wie vor florierte. "Sigrids reicher Vater hatte seine älteste Tochter nicht in eine sterbende Gemeinde geschickt" (Saever S.163).
1410 reisten Sigrid und Thorstein aus Grönland ab - dies ist die letzte verbürgte Schifffahrt, die von Grönland ausging. Aber: Das Ehepaar reiste nicht etwa nach Island, wie man bei einer Flucht vor dem in Grönland drohenden Hungertod oder so vermuten könnte. Nein, sie packten ihre Schiffe voll mit grönländischen Exportwaren und fuhren stracks nach Bergen, wo sie ihre Waren gewinnbringend verkaufen konnten.
Sigrid und Thorstein ließen sich auf Akrar in Nordisland nieder, das Sigrid von ihrem Vater geerbt hatte. Ihr mütterliches Erbteil namens Thorleiksstead gehörte zukünftig ebenfalls zum Besitz Thorsteins, ihre Nachkommen gehörten weiterhin zur tonangebenden Schicht von reichen Häuptlingen, die Islands Geschicke noch mehrere hundert Jahre lang bestimmten. Ihre Besitztümer in Grönland wurden weniger bedeutsam für Sigrid und Thorstein, denn Fakt ist, dass zu Beginn des 15.Jhs. Norwegen - auch wegen der europäischen Katastrophen - den Kontakt zu Island und erst recht zu Grönland abbrechen ließ und die Isländer aufgrund von Pestwellen (1402-1404, 1494-1496; Grönland war davon nicht betroffen) zu wenig Männer hatten, um a) den Stockfischhandel mit Europa aufrecht zu erhalten und b) die eigenen Fischgründe gegen die Engländer zu verteidigen. Dass das auch zum Niedergang der grönländischen Höfe beitrug, liegt auf der Hand.
Es wwaren also - um das mal zusammen zu fassen - bestimmt nicht Hunger und Klimawandel, die die Menschen von den grönländischen Höfen vertrieb, sondern politische und wirtschaftliche Gründe, beeinflusst von den Seuchen des 14.Jhs, die aber Grönland nicht direkt betrafen.
Vielleicht sollten wir die Island-Grönlandbeiträge in einen eigenen Thread verlagern
dass die Grönländer über einen gewissen Zeitraum recht wohlhabend waren ist unbestritten. die Frage ist aber zum einen ob dieser Reichtum nur einige wenige Großkopferte betraf oder breiter gestreut war.
Wie gesagt,bis 1500 war man sogar nach neuer zentraleuropäischer Mode gekleidet
Zum anderen sprechen die Funde aus der Spätzeit-Mängelernährung,Holzmangel,"verzwergte"Eisengeräte, keine nennenswerte Bautätigkeit,Preisgabe von Gebieten .Vordringen der Eskimos etc gegen eine prosperierende wohlhabende Gemeinschaft und für zunehmende Isolation und die Tatsache,dass teilweise bereits im Vorfeld über Jahre kein Schiffsverkehr stattfand kann eigentlich nur auf klimatische Umbrüche hingedeutet werden.
Jared Diamond hat in "Kollaps" sich ausführlich mit dem Schicksal der Grönland -Wikinger befasst.
OT: Bin auch für einen Extra-Fred...
Es gibt genetische Untersuchungen an Polarfüchsen auf Island. Danach können sie erst im Mittelalter mit zunächst wenigen Tieren die Insel besiedelt haben. Möglich war dies nur über geschlossenes Packeis im Winter, im Gegensatz zu Eisbären schwimmen sie nicht.
Übrigens, es ist seit Jahrhunderten ein Riesenereignis, wenn es einen Eisbären nach Island verschlägt. Früher kam das nachweislich öfter vor, genauso in Nordnorwegen und an der europäischen Festlandsküste Russlands. Es hat sogar in alter Zeit mitunter welche bis Hokkaido (Japan) und Neufundland verdriftet. Wäre heute fast undenkbar, denn soweit können sie nun auch nicht schwimmen.
Man kann darüber spekulieren, wie die Kalifen des frühen Mittelalters an fast unbezahlbare "weiße Bärenfelle" kamen, die bis Kairo und Bagdad gelangten.
Was sagt uns das? Damals war die Packeisgrenze südlicher als heute. Aber früher gab es auch noch Sattelrobben (die weißen Kuscheltiere mit "Knopfaugen" und Brigitte Bardot) in der Ostsee.
Wie -Brigitte Bardot schwamm früher mit weißem Kuschelpelz in der Ostsee ?..wenn ich das nur mal früher gewußt hätte . dann hätt ich mir meinen Flokati umgehängt und hätte mich possierlich guckend bei Euch ins Wasser gelegt
Bei Jared Diamond muß man natürlich inso weit vorsichtig sein, als er sehr ergebnisorientiert argumentiert und die Fakten die nicht dazu passen mal gerne weniger in den Vordergrund rückt -
(26.07.2015 21:25)zaphodB. schrieb: [ -> ]Bei Jared Diamond muß man natürlich inso weit vorsichtig sein, als er sehr ergebnisorientiert argumentiert und die Fakten die nicht dazu passen mal gerne weniger in den Vordergrund rückt -
Welcher Sachbuchautor macht denn sowas nicht? Erich von Däniken vielleicht?
(26.07.2015 21:37)Arkona schrieb: [ -> ] (26.07.2015 21:25)zaphodB. schrieb: [ -> ]Bei Jared Diamond muß man natürlich inso weit vorsichtig sein, als er sehr ergebnisorientiert argumentiert und die Fakten die nicht dazu passen mal gerne weniger in den Vordergrund rückt -
Welcher Sachbuchautor macht denn sowas nicht? Erich von Däniken vielleicht?
die Brischitt in der Ostsee.
Man fasst es nicht.
Mir ist gerade was eingefallen, schaut mal im Smalltalk.
Lungenpestepidemien waren nach dem Artikel vor allem an ein kaltes Klima geknüpft.
Interessant wäre es sicherlich, mal allgemein die Ausbreitung der historischen Pandemiewellen mit den jeweiligen Umwelt- und Klimabedingungen in Korrelation zu setzen, Weiß jemand ob es dazu schon Untersuchungen oder Statistiken gibt?
Und die zweite Frage ist,ob sich nach den schweren Pandemien des Mittelalters und der frühen Neuzeit
in Europa möglicherweise Resistenzen gebildet haben,die den krankheitsverlauf zwar nicht ganz verhindern,aber doch erheblich abmildern.
Wir sehen heute das 14. Jahrhundert als eine "fatale" Zeit.
Aber könnte das vielleicht damit zusammenhängen, dass wir über dieses Jahrhundert bzw. die damaligen Umweltkatastrophen mehr schriftliche Information haben als über jene aus den vorherigen Jahrhunderten?
Könnte sein. Im 13.Jh. setzt eine vermehrte Schriftlichkeit ein, aus dieser Zeit haben wir z.B. die ersten Urbare. Im 14.Jh. erstreckt sich dieser vermehrte Schriftlichkeit dann nicht nur auf den "Amtsbereich", sondern auch mehr und mehr auf den privaten Bereich, so dass wir im 14.Jh. dann auch mehr chronistische und briefliche Nachrichten haben.
Eine Katastrophe wurde hier bisher nicht erwähnt: das "Erdbeben von Villach" (1348). Zumindest für die Zeitgenossen wurde das Erdbeben im Villacher Becken lokalisiert, auch wenn die neuere Forschung davon ausgeht, dass das Zentrum damals im Friaul lag, was sicher auch mit dem verheerenden Erdbeben von Friaul aus dem Jahr 1976 zu tun hat.