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Normale Version: Die Grumbachschen Händel von 1566/67
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Aus Anlass meines Rätsels versuche ich im nachfolgenden Text, die historischen Ereignisse um den Seher Hans Tausendschön, den Ritter Wilhelm von Grumbach und den beiden Linien der Wettiner darzustellen.

Die Grumbachschen Händel von 1566/67

Die Grumbachschen Händel bezeichnet man den Abschluss des Konfliktes der ernestinischen und albertinischen Linie der Wettiner, in deren Folge das albertinische Kursachen sich als regionale Territorialmacht behauptete. Den Grumbachschen Händel folgte eine lange Friedensperiode, die erst 1618 mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges bzw. 1630 mit den Einmarsch schwedischer Truppen in Kursachen endete.

1. Ernst und Albrecht von Sachsen und die Leipziger Teilung von 1485

Im Jahr 1307, nach der gegen ein königliches Heer gewonnenen Schlacht von Lucka, hatten sich die Wettiner als Vormacht in Mitteldeutschland etabliert. Das heißt natürlich nicht, dass sie bereits den Aufbau eines Territorialstaates planten bzw. vollzogen hatten. Genau genommen herrschten sie als Markgrafen von Meißen, Landgrafen von Thüringen, Pfalzgrafen von Sachsen, als Vogte der Bistümer Naumburg und Merseburg, seit 1423 auch im ehemaligen askanischen Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Landständen, die wiederum unterschiedliche, eigene Interessen vertraten. Diese waren häufig nicht miteinander vereinbar und so kam es zu den Landteilungen in Chemnitz 1382, Altenburg 1445 und Leipzig 1485.

Die Leipziger Teilung führte zu der bis heute bestehenden Trennung der Wettiner in zwei Linien – die Ernestiner und die Albertiner. Beide Linien wurden nach ihren Gründern Ernst (1441–1486) und Albrecht von Sachsen (1443–1500) benannt, die nach dem Tod ihres Vaters Friedrich den Streitbaren (1412–1464) ihr Erbe gemeinsam verwalteten, wobei der ältere Bruder Ernst die Kurwürde trug. Nach dem Tod ihres Onkels Wilhelm des Tapferen (1425–1482) erbten beide die Landgrafschaft Thüringen. Die Landgrafschaft Thüringen bekam nach der Chemnitzer Teilung von 1382 und vor allem nach der Altenburger Teilung von 1445 eigene, von Wittenberg bzw. Meißen unabhängige Herrscher. Zwischen 1446 und 1451 kam es zum Sächsischen Bruderkrieg, der maßgeblich zum Niedergang des niederen Adels führte. Ein typischer Vertreter dieser Schicht war der Ritter Kunz von Kaufungen, der seine im Krieg erlittenen Verluste einschließlich der Zerstörung seiner Güter vom Kurfürsten Friedrich den Streitbaren ersetzt haben wollte. Dieser war nach dem Krieg zahlungsunfähig und weigerte sich den Regressforderungen des Ritters nachzukommen. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, raubte Kunz von Kaufungen 1455 die beiden Prinzen aus dem Altenburger Schloss. Zwar scheiterte sein Coup nach ein paar Tagen und er wurde auf dem Marktplatz von Freiberg hingerichtet.

1464 begannen Ernst und Albrecht ihre Länder gemeinsam zu verwalten, wobei ihre Mutter Margaretha von Österreich (1416–1486) ein faktisch selbstständiges Wittum erhielt, das Gebiete zwischen Altenburg und Leipzig, einschließlich der Burgen in Rochlitz und Colditz umfasste. Die gemeinsame Regierung erwies sich zumindest bis 1482 als konfliktfrei. Das lag sicher auch daran, dass Albrecht oft als Kriegsfeldherr im Dienste der Habsburger abwesend war und somit Ernst allein seine Entscheidungen treffen konnte. Eine gemeinsame Herrschaft in der 1482 geerbten Landgrafschaft Thüringen erwies sich aber als schwierig, so dass die Brüder auf Drängen ihrer Söhne und ihrer Mutter, aber auch der verschiedenen Landstände zur Teilung der Herrschaft entschlossen. Die folgenreiche Teilung fand am 26. August 1485 in Leipzig statt. Ernst bekam die Kurwürde mit Sachsen-Wittenberg, die Landgrafschaft Thüringen, das Vogtland, die Pfalzgrafschaft Sachsen, die Burggrafschaft Magdeburg und die fränkischen Gebiete um Coburg. Albrecht bekam die Markgrafschaft Meißen, das Leipziger Land, die Vogteirechte über die Bistümer Naumburg und Merseburg sowie die Lehnshoheit über die in Thüringen gelegenen Grafschaften Reuß und Gleichen. Weiterhin übernahmen beide Wettiner gemeinsam die Schutzherrschaft über die Städte Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen und die Vogteirechte über das Bistum Meißen.

2. Die Söhne – Reformation und Säkularisierung des kirchlichen Besitzes

Nach der Leipziger Teilung bestanden zwei nicht komplett zusammenhängende, aber miteinander verwobene Herrschaftskomplexe – das ernestinische Kurfürstentum Sachsen und das albertinische Herzogtum Sachsen. Als Hauptorte des ernestinischen Sachsens gelten Wittenberg, Torgau und seit 1521 auch Weimar, die Albertiner begannen Dresden anstelle von Meißen als Residenz zu bevorzugen.

Anfang 1486 starb Margaretha von Österreich und bereits am 26. August 1486 – genau ein Jahr nach der Leipziger Teilung – starb Kurfürst Ernst an den Folgen eines Sturzes vom Pferd. Ihm folgte sein ältester Sohn Friedrich (1463–1525), den man später den Beinamen „den Weisen“ nannte. Friedrich entwickelte sich als gläubiger Katholik - er besaß eine umfangreiche, wertvolle Reliquiensammlung – zum Gegner des Papsttums, aber auch zum Verfechter starker Territorialstaaten unter der nominellen Herrschaft des Kaisers. 1502 gründete er die Universität in Wittenberg, nach 1517 erwies er sich als Schutzherr Luthers. Friedrich hatte drei Brüder - Ernst, Albrecht und Johann. Ernst (1464–1513) wurde 1479 Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt. Seit 1503 residierte er in Halle/Saale und leitete damit die Renaissance-Blütezeit der Stadt ein, die bereits 1540 mit der Vertreibung seines Nachfolgers Albrecht von Brandenburg (1490–1545) endete. Albrecht (1467–1484) wurde 1484 Administrator des Erzbistums Mainz, starb aber bereits im gleichen Jahr. Johann (1468–1532), den man später „den Beständigen“ nannte, regierte gemeinsam mit seinem älteren Bruder das ernestinische Sachsen, wobei er meist in Weimar residierte, während Friedrich von Wittenberg aus herrschte. Johann folgte 1525 seinem Bruder als Kurfürst und setzte während seiner siebenjährigen Herrschaft die Reformation und Säkularisierung des katholischen Besitzes durch. 1527 kam es zur Gründung der Evangelischen Landeskirche Sachsens.

Albrecht von Sachsen herrschte in seinen Landesteil bis 1500. Da er weiterhin als „Bannerträger des Reiches“ die Habsburger, zuerst gegen den ungarischen König Matthias Corvinus, dann gegen das aufständische Flandern und zuletzt als Gouverneur von Friesland unterstützte, wurden die Regierungsgeschäfte bereits seit 1486 von seinen ältesten Sohn Georg „den Bärtigen“ übernommen. Offensichtlich vertrat Georg (1468–1539) seinen Vater in der Verwaltung von (West-)Friesland, wenn dieser in Sachsen weilte. 1500 übernahm Georg die Herrschaft im albertinischen Sachsen. Georg der Bärtige erwies sich als strikter Gegner der Reformation. Das hinderte ihn zwar nicht daran, gemeinsam mit protestantischen Fürsten wie Philipp den Großmütigen von Hessen oder seinem Cousin Johann den Beständigen, die aufständischen Bauern bei Frankenhausen nieder zu schlagen, aber er versuchte mit dem Dessauer Bund einen katholisches Gegengewicht zum protestantischen Schmalkaldischen Bund zu schaffen. Trotzdem konnte er das Eindringen des Protestantismus in seine Ländereien und den Übertritt von Familienangehörigen nicht verhindern.

Georg hatte zwei jüngere Brüder – Heinrich (1473–1541) und Friedrich (1474–1510).
Während Friedrich 1498 zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt wurde, übernahm Heinrich die Statthalterschaft über Friesland, aus der er 1505 vertrieben wurde. Daraufhin entschädigte ihn Georg der Bärtige mit der Herrschaft über Freiberg, Wolkenstein und einigen Gebieten im Erzgebirge. Heinrich betätigte sich während der Herrschaft seines Bruders nicht mehr politisch, stattdessen beschäftigte er sich mit wirtschaftlichen Fragen, vor allem den Bergbau. Die Stadt Marienberg ist seine Gründung. Im Gegensatz zu seinem Bruder Georg begeisterte sich Heinrich „der Fromme“ für Luther und die Reformation und er führte diese auch in seinem Herrschaftsbereich ein. 1537 führte Georgs verwitwete Schwiegertochter Elisabeth von Hessen (1502–1557), eine Schwester Philipps des Großmütigen – die mit Georgs ältesten Sohn Johann (1498–1537) verheiratet war, auf ihren Wittum in Rochlitz die protestantische Religion ein. 1539 starb Georgs jüngerer, regierungsunfähiger Sohn Friedrich und wenig später auch Georg, so dass Heinrich der Fromme die Herrschaft über das albertinische Herzogtum Sachsen übernahm. Er setzte die Reformation während seiner zweijährigen Regentschaft um.

3. Vom Schmalkaldischen Krieg 1546/47 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

Seit 1525 verschlechterte sich das Verhältnis der Ernestiner zu den Albertinern. Das lag einerseits daran, dass sich Johann der Beständige und Georg der Bärtige entschiedene Verfechter ihres religiösen Bekenntnisses erwiesen. Dieser Konflikt entzündete sich vor allem bei der gemeinsamen Verwaltung von Gebieten. In dieser Hinsicht kann die Wurzener Fehde von 1542 als erstes Vorzeichen des militärischen Konflikts von 1547 gelten.

Als „politische Enkelgeneration“ galten die ihre Väter überlebenden Ernestiner – Johann Friedrich der Großmütige (1503–1554), bis 1547 Kurfürst von Sachsen und Johann Ernst von Sachsen-Coburg (1521–1553). Der Jüngere blieb bedeutungslos. Er hielt sich aus den politischen Konflikten seiner Zeit fern und starb kinderlos, so dass seine Gebiete formal an seinen Bruder zurückfielen. Der Ältere setzte das von seinem Onkel und Vater begonne Werk, den Ausbau eines ernestinischen Territorialstaates fort. Des Weiteren etablierte sich Johann Friedrich als einer der Führer des protestantischen Schmalkaldener Bund.

Johann Friedrichs albertinische Rivalen waren Moritz (1521–1553), seit 1547 Kurfürst von Sachsen und August (1526–1586), seit 1553 Kurfürst von Sachsen. Die beiden Albertiner gelten als Gründer des sächsischen Territorialstaates. Während Moritz die politischen Voraussetzungen schuf, festigte August durch seine Innen-, Rechts-, Kirchen- und Wirtschaftspolitik das albertinische Kurfürstentum Sachsen. Die sächsische Geschichtschreibung glorifiziert August und seine Ehefrau Anna von Dänemark-Norwegen oft unter den Namen „Vater August“ und „Mutter Anna“ als gütige Herrscher. Dass „Vater August“ nicht (immer) der gütige Landesvater war, zeigen auch die Grumbachschen Händel oder der Umgang mit so genannten Krypto-Calvinisten und das Verhalten gegenüber seiner Nichte Anna von Sachsen.

Augusts älterer Bruder Moritz bekam dagegen den wenig schmeichelnden Beinamen „Judas von Meißen“ verpasst. Das lag vor allem daran, dass Moritz ein Realpolitiker war, der keine Skrupel kannte, seine und die seines entstehenden Territorialstaates durchzusetzen. So stellte er sich während des Schmalkaldischen Krieg von 1546/47 als Protestant gegen den protestantischen Schmalkaldischer Bund an die Seite des katholischen Kaisers Karl V., den er entscheidend bei der Niederwerfung des protestantischen Fürstenbundes unterstützte. Für seine Verdienste während der Schlacht bei Mühlberg an der Elbe (24. April 1547) wurde Moritz mit der Übertragung der Kurwürde und Gebietszuwachs (Sachsen-Wittenberg) auf Kosten des Ernestiners Johann Friedrich belohnt. Dieser blieb bis zum Abschluss des Passauer Vertrages im Jahr 1552 in kaiserlicher Gefangenschaft, die wohl nicht besonders streng war, da der ehemalige Kurfürst den Aufbau der Hohen Schule Jena (Vorläuferin der Universität) und den Bau seines Schlosses „Zur Fröhlichen Wiederkehr“ bei Stadtroda organisieren konnte.

1548 stellte sich nach dem „geharnischten Reichstag“ von Augsburg Moritz als Kurfürst von Sachsen gegen den Kaiser, den er als wortbrüchig ansah. Karl V. hatte Moritz versprochen, alle sich unterwerfende protestantischen Fürsten nicht zu inhaftieren. Daran hielt er sich nicht, Karl V. ließ den sich unterwerfenden Philipp von Hessen verhaften und außer Land bringen.

Moritz erwies sich in den folgenden Jahren als ein hartnäckiger Gegner des Kaisers. 1552 schloss er mit dem französischen König Heinrich II. den Vertrag von Chambord, den er die vier Bischofsstädte Cambrai, Metz, Toul und Verdun überließ, obwohl er dazu kein Recht hatte. Mit Hilfe des französischen Königs und einiger protestantischer Fürsten eroberte er eine Anzahl kaisertreue Städte im Süden des Reichs, so dass Karl V. nach Italien flüchtete und seinen Bruder Ferdinand das politische Handeln im Reich überließ. Die Bereitschaft Ferdinands zu verhandeln, führte zur Aufkündigung des Bündnisses mit Frankreich und zum Abschluss des Passauer Vertrages, den Moritz von Sachsen und Ferdinand von Österreich unterzeichneten. Der Passauer Vertrag von 1552 gilt als Vorvertrag des Augsburger Religionsfriedens von 1555, der das Verhältnis zwischen Protestanten und Katholiken im Reich regelte. Er bestätigte bereits die Säkularisierung des Kirchenbesitzes in den protestantischen Ländern und regelte die Freilassung protestantischer Fürsten wie Philipp von Hessen und des Ernestiners Johann Friedrich, den man den Großmütigen nannte.

Einer der wichtigsten Verbündeten von Moritz war seit dem Schmalkaldischen Krieg 1546/47 der Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach, der ihm sowohl in der Schlacht bei Mühlberg an der Elbe als auch beim Vertrag von Chambord wertvolle Hilfe leistete, Für diese Verdienste wurde er nicht genügend belohnt, so dass es nach dem Passauer Vertrag zum Zerwürfnis zwischen Albrecht Alcibiades und Moritz kam. Der Kulmbacher zettelte den zweiten Markgrafenkrieg an, der einerseits als Fortsetzung des Aufstands protestantischer Fürsten vor dem Passauer Vertrag anzusehen ist, andererseits aber auch Albrechts politischem Ziel entsprang, ein Herzogtum Franken zu Lasten des Bischofs von Würzburg und anderer kirchliche Territorien zu schaffen. Dieser Bruch des Ewigen Landfrieden wurde geächtet und Moritz übernahm als Führer eines Fürstenheeres die Exekution gegen den Markgrafen. Hierzu kam es am 9. Juli 1553 zur Schlacht bei Sievershausen, die das Fürstenheer gewann. Moritz erlitt jedoch eine Verletzung, an deren Folgen er zwei Tage später verstarb. Die Schlacht bei Sievershausen war die blutigste während der Reformationszeit. Ihre historische Bedeutung liegt in der Absicherung des Passauer Vertrages, so dass 1555 der Augsburger Religionsfrieden unterzeichnet wurde. Moritz von Sachsen war der letzte deutsche Regent, der im Felde starb.

Albrecht Alcibiades musste danach erleben, wie sein Fürstentum verwüstet wurde. Er blieb wegen des Bruchs des Ewigen Landfriedens bis zu seinem Tod 1557 geächtet. In seinem Gefolge befand sich der fränkische Ritter Wilhelm von Grumbach mit dessen Geschichte sich im nächsten Kapitel beschäftigt wird.

4. Wilhelm von Grumbach

Wilhelm von Grumbach entstammte dem fränkischen Uradel und wurde am 1. Juni 1503 in Rimpar bei Würzburg geboren. Er erhielt seine Erziehung am Hofe des Fürstbischofs von Würzburg Lorenz von Bibra († 1519), dessen Grabmal als eines der Meisterwerke des Holzbildhauers Tilman Riemenschneider gilt. Danach diente er unterschiedlichen Heeren, so dem Markgrafen Kasimir von Brandenburg-Kulmbach, für den er 1524/25 gegen die aufständischen Bauern zog. Am 10. Juni 1525 ließ er seinen Schwager Florian Geyer, der als einer der wenigen Ritter bis zum bitteren Ende auf Seite der Bauern kämpfte, durch zwei Gefolgsleute ermorden. 1540/44 diente von Grumbach dem Würzburger Bischof Konrad von Bibra, von dem er 10.000 Gulden erbte, die er allerdings den nachfolgenden Fürstbischof Melchior Zobel von Giebelstadt zurückzahlen musste. Dies führte zum endgültigen Zerwürfnis. Bereits seit 1540 war Grumbach mit dem jungen Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach (1522–1557) befreundet, in dessen Dienste er spätestens 1546 eintrat und an dessen Seite er bis zu Albrechts Tod blieb. Für seine Verdienste im Schmalkaldischen Krieg und den Verlust der geerbten 10.000 Gulden sollte Grumbach mit 80.000 Gulden belohnt bzw. entschädigt werden. Da der Passauer Vertrag die Interessen des Markgrafen nicht berücksichtigte, ihm faktisch ausschloss, zettelte dieser den Zweiten Markgrafenkrieg an. Für den ihn treu dienenden Grumbach hatte das zur Folge, dass auch über ihn die Reichsacht ausgesprochen wurde, die vom Kaiser genehmigte Transaktion von 80.000 Gulden annulliert wurde und dass seine Besitzungen vom Würzburger Fürstbischof konfisziert wurden.

Grumbach bemühte sich daraufhin erfolglos um die Rückerstattung seiner Güter beim Reichskammergericht. Er entschloss sich 1558 gegen den Würzburger Fürstbischof vorzugehen und beauftragte seinen Vertrauten Kretzer mit der Gefangennahme des Kirchenmannes. Melchior Zobel von Giebelstadt und zwei seiner Begleiter wurden jedoch am 15. April 1558 von Kretzer erschossen. Ob dies tatsächlich ein Auftragsmord war, wie nun vom neuen Bischof von Würzburg behauptet wurde, ist fragwürdig. Für die Behauptung spricht, dass Grumbach bereits 1525 den Mord an Florian Geyer in Auftrag gab. 1558 hätte aber ein Mord für Grumbach keinen Nutzen gebracht. Er befand sich nach dem Tod seines Dienstherrn Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach in einer prekären finanziellen Situation. Dieses Problem beabsichtigte er durch Lösegeldforderungen an das Würzburger Domkapitel und an die Familie des Bischofs zu beheben. Ein toter Mann hätte da nichts mehr eingebracht. Mit dieser Argumentation versuchte sich Grumbach 1559 vor dem Reichstag in Augsburg vergebens zu rechtfertigen. Das Reichskammergericht entschied weder für noch gegen Grumbach, so dass Kaiser Ferdinand I. im November 1563 die Reichsacht über Grumbach aussprach. Doch zu dieser Zeit stand Wilhelm von Grumbach bereits unter dem Schutz des ernestinischen Herzogs Johann Friedrich II. von Sachsen(-Gotha), der ihn auch bei der handstreichartigen Eroberung Würzburgs im Oktober 1563 und der Erbeutung von 400.000 Gulden unterstützt hatte. Dieser erneute Bruch des ewigen Landfrieden bewog wohl den lange zögernden Kaiser schließlich doch, die Reichsacht über Wilhelm von Grumbach zu verhängen.

5. Johann Friedrich II., Herzog von Sachsen

Johann Friedrich II. „der Mittlere“ wurde am 8. Januar 1529 in Torgau als ältester Sohn von Johann Friedrich I. (1503–1554), des späteren ernestinischen Kurfürsten von Sachsen und dessen Ehefrau Sibiylle von Jülich-Kleve-Berg (1512–1554) geboren. Johann Friedrich II. hatte noch zwei Brüder – Johann Wilhelm (1530–1573) und Johann Friedrich (1538–1565), „den Jüngeren“.

Nachdem sein Vater 1547 die Schlacht bei Mühlberg/Elbe verloren hatte und in Gefangenschaft Karls V. geriet, übernahmen Johann Friedrich II. und Johann Wilhelm die gemeinsame Verwaltung des ernestinischen Herzogtum Sachsen. Die beiden Brüder versuchten zuerst den Kampf gegen den Kaiser fortzusetzen, einigten sich jedoch nach der Pfändung einiger Ämter mit ihm. Nach dem Passauer Vertrag von 1552 kehrte der Vater zurück, der 1553 die Ländereien seines kinderlosen Bruders erbte und in seinem Testament die Unteilbarkeit seiner Länder und die gemeinsame Regierung seiner Söhne festlegte. 1555 folgte die kaiserliche Neubelehnung mit den ernestinischen Ländereien. Im gleichen Jahr heiratete Johann Friedrich II. Agnes von Hessen, Tochter des hessischen Landgrafen Philipp I. und Witwe des sächsischen Kurfürsten Moritz. Sie starb bereits nach einigen Monaten. Ihre aus der Ehe mit Moritz von Sachsen stammende Tochter Anna von Sachsen kehrte nach Dresden zurück. Johann Friedrich stellte sich dann in die Dienste des französischen Königs Heinrich II., ehe er 1558 seine Residenz auf der Burg Grimmenstein in Gotha bezog. Im gleichen Jahr verheiratete er sich mit Elisabeth von Pfalz-Simmern und er nahm Wilhelm von Grumbach in seine Dienste, der sich bereits im Konflikt mit dem Würzburger Bischof befand. In dessen Gefolge befand sich der aus der Nähe von Gotha stammende Engelsseher Hans Tausendschön, der u.a. den Wiederaufstieg der Ernestiner und des Rittertums vorhersagte. Tausendschön behauptete auch, dass die Ernestiner wieder Kurfürsten werden, in Zukunft die Könige von Dänemark stellen und eine bedeutende politische Rolle im Reich übernehmen. Dies trat zwar nicht ein, aber immerhin kamen Sachsen-Coburger im 19. Jahrhundert auf die Throne von Belgien, Großbritannien, Portugal und Bulgarien.

Da Johann Friedrich II. den im November 1563 geächteten Wilhelm von Grumbach nicht auslieferte, sollte er ebenfalls geächtet werden. Der Tod Kaisers Ferdinand († 1564) verzögerte jedoch die Ächtung. 1565 verstarb auch Johann Friedrichs gleichnamiger jüngerer Bruder, der bis dato vermittelnd zwischen seinen älteren Brüdern wirkte und somit die gemeinsame elfjährige Regentschaft erst ermöglichte. Es kam zu einer erneuten Teilung des ernestinischen Herzogtums. Johann Friedrich II. erhielt Sachsen-Coburg, Eisenach und seine Residenz Gotha, während Johann Wilhelm Sachsen-Weimar erhielt. Ein Kuriosum des Vertrages war, dass beide Brüder nach jeweils drei Jahren ihre Herrschaftsgebiete tauschen wollten. Dazu kam es aber nicht mehr.

6. Reichsacht und Reichsexekution

Wilhelm von Grumbach versuchte seit 1564 einen Ritteraufstand zu organisieren. Er griff dabei Gedanken des fränkischen Ritters Franz von Sickingen auf, der die Kaisermacht zu Lasten der Territorialfürsten stärken wollte. Dass es dazu nicht kam, lag nur daran, dass Wilhelm von Grumbach nicht die benötigten finanziellen Mittel auftreiben konnte. Letztlich blieben seine von Vertrauensleuten geführten Verhandlungen mit dem Kaiser erfolglos. Maximilian II. hob weder die Reichsacht auf, noch begeisterte er sich für ein Erstarken des Rittertums. Die evangelischen Territorialfürsten befürchteten um ihre im Augsburger Religionsfrieden von 1555 zugestandenen Rechte und tagten deswegen im März 1566 erneut in Augsburg. Dort konnte Kurfürst August von Sachsen seine Standesgenossen überzeugen, wegen Grumbach nicht den politischen Status Quo zu gefährden. Seine Diplomatie überzeugte sogar den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, den Schwiegervater Johann Friedrichs. Deswegen kam es im Mai 1566 mit Zustimmung der protestantischen Stände zur erneuten, von Maximilian II. ausgesprochener Ächtung des Ritters von Grumbach, obwohl die erste Ächtung nicht zurückgezogen wurde.

Johann Friedrich II. weigerte sich beharrlich, den Ritter auszuliefern. Deswegen wurde im Dezember 1566 die Reichsacht über ihn ausgesprochen. Mit der Reichsexekution wurde der sächsische Kurfürst beauftragt, der noch im Dezember 1566 die Reichstruppen gegen Gotha führte und mit der Belagerung der Burg Grimmenstein begann. Am 13. April 1567 kapitulierten Johann Friedrich II. und Grumbach, der fünf Tage später auf dem Gothaer Marktplatz gevierteilt wurde. Johann Friedrich wurde nach Dresden geschafft und von dort aus nach Wien ausgeliefert. Er blieb lebenslänglich in Gefangenschaft, die er an verschiedenen Orten wie Wien, Wiener Neustadt oder Pressburg verbrachte, ehe er nach Steyr in Oberösterreich geschafft wurde, wo er 1595 an den Folgen eines Treppensturzes verstarb. Von 1572 bis zu ihrem Tod im Jahr 1594 teilte seine Ehefrau Elisabeth von der Pfalz freiwillig die Gefangenschaft mit ihm.

1567 erfolgte noch die Schleifung der Burg Grimmenstein in Gotha. An ihrer Stelle wurde Schloss Friedenstein gebaut, dass erst im 17. Jahrhundert vollendet wurde. Johann Wilhelm, der an der Reichsexekution gegen seinen Bruder teilgenommen hatte, übernahm die Herrschaft über das gesamte ernestinische Herzogtum. Er kämpfte dann als Protestant im Auftrag des französischen Königs Karl IX. (oder besser von dessen Mutter Katharina von Medici) gegen die Hugenotten und die Spanier. Dieses Handeln wurde sowohl von den protestantischen Fürsten als auch vom Kaiser abgelehnt. Aus diesem Grund kam es 1572 zur vom Kaiser Maximilian II. und vom Kurfürsten August politisch gewollten Erfurter Teilung der ernestinischen Herrschaft. Die zwei überlebenden Söhne Johann Friedrichs bekamen Sachsen-Coburg und Sachsen-Eisenach, Johann Wilhelms Herrschaft wurde auf Sachsen-Weimar beschränkt. Diese Erfurter Teilung folgten noch mehrere Teilungen, welche die bis 1918/20 dauernde Aufsplitterung Thüringens festigten.

Nach den Grumbachschen Händel herrschte bis 1618, in den kursächsischen Gebieten sogar bis 1630 Frieden. Dass die lange Friedenszeit nicht im Gedächtnis des Volkes als „gute Zeit“ in Erinnerung blieb, hängt sicher einerseits mit der religiösen Intoleranz – in Sachsen bekämpfte das orthodoxe Luthertum die sogenannten Krypto-Calvinisten und den Hexenverfolgungen zusammen, andererseits standen viele Angehörige des sächsischen und Thüringer Adels, einschließlich ihres Gefolges in französischen oder niederländischen Diensten, so dass die in der Ferne stattfindenden Kriege auch in Sachsen und Thüringen nachhallten.
Ein toller Artikel, keine Frage - allerdings ist mir ein kleiner Fehler (offensichtliche eine Namensverwechslung) aufgefallen: Der Kurfürst, der hier als Friedrich der Streitbare bezeichnet wird, Friedrich II. (1412-1464) erhielt in der Geschichte einen ganz anderen Beinamen: Friedrich "der Sanftmütige".
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