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Normale Version: Das Byzantinische Reich
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In seiner 1000jährigen Geschichte hatte sich dieses Reich niemals als Byzantinisches Reich bezeichnet. Somit ist es kein Nachfolgebereich des Römischen Reiches - es IST das Römische Reich! Die Byzantiner sahen sich eher als römisch an - und nannten sich auch so.

Aber es liegt uns kein genaues Datum vor für den Beginn des sogenannten Byzaninisches Reiches; denn ein Übergang von der Antike bis hin zum Mittelalter ist es flüssig verlaufen.
Diesen Begriff verwenden noch heute gerne unsere Historiker, um eine Verwechslung mit dem Römischen Reich der Antike zu umgehen. Es wird aber davon ausgegangen, das der Beginn im Jahr 395 gewesen war, als Kaiser Theodosius der Große verstarb und seine beiden Söhne Honorius (im Westen) und Arkadius (im Osten) gleichberechtigte Kaiser eingesetzt wurden. Ungewöhnlich war das nicht, denn in beiden Reichen Ost und West waren auch gewöhnlich zwei Kaiser.

Beide Reiche Ost und West wurden ab 395 nie mehr von nur einem Alleinherrscher regiert, dazu hatte sich das Imperium zu sehr ausgebreitet. Selbst im Jahr 476 als der weströmische Kaiser Romulus abgesetzt wurde und die Reichsinsignien dem oströmischen Kaiser Zenon überbracht wurden, wurde auch er kein Alleinherrscher.

Hinzu kam noch, dass zu dieser Zeit germanische Völker ins Reich eindrangen und die westlichen Teile besetzten - und somit verblieb ihnen nur noch der Osten, ohne Rom. Ohnehin genoss Rom nicht mehr diese Bedeutung in den letzten Jahrhunderten. Rom wurde nur noch als eine "Ehrenhauptstadt" betrachtet.

Ich gehe mal davon aus, das Kaiser Konstantin I., der von 306 - 337 regierte, mit der griechischen Stadt Byzantium liebäugelte; denn diese Stadt war günstig an der Meerenge am Bosporus gelegen und hatte somit für den Kaiser eine strategisch günstige Position. Im Jahre 330 wurde Konstantinopolus (griechisch "Stadt des Konstantin", einst Byzantinium, mit neuem Namen eingeweiht. Bakannt war auch die Stadt als Konstantinopel, auch wurde sie noch gern als das zweite Rom betrachtet.

Kaiser Justinian I., der von 527 - 565 regierte, ließ kein Versuch außen, den Westen wieder zu erobern, was ihm tatsächlich gelang. Wieder eroberte er den südlichen Teil der Iberischen Halbinsel, Nordafrika und sogar Italien inclusive Rom zurück! Doch gegen Ende seiner Regierungszeit war das Reich, welches auch schon im Inneren zerfiel, bankrott - und nach Justinians Tod fielen die Langobarden in Italien ein und nahm den Byzantiniern Rom ab.

Eine Tatsache ist aber auch, das Byzantinische- und Römische Reich der Antike verschiedene Hauptstätte hatten. Es kam noch hinzu, das Kaiser Herakleios, der von 610 - 641 regierte, die griechische Sprache als Amtssprache erhob und das Lateinische kurzerhand abschaffte.
Auch der frühere Titel Augustus (lateinisch: Der Erhabene) wurde durch das altgriechische Wort "Basileus" ersetzt, was soviel heißt wie König.

Fortsetzung folgt.
Teil II.

Die folgenden Jahrhunderte hatte das Byzantinische Reich mit innen- und außenpolitische Krisen zu kämpfen. Mich erstaunte, als ich es las, dass sie sich in dieser Krisenzeit darüber Gedanken gemacht haben, ob sie Heiligenbilder verehren sollten, oder nicht? Doch entschieden sie sich, den Ikonoklasmus (griech. „Bilderzerstörung“) abzuschaffen. Schließlich hatten sie auch noch ihre schwerwiegende Sorgen; denn das Imperium hatte sich mit den feindlichen Mächten genug herumzuplagen! Zu Beginn waren es die Perser, die im Jahre 614 Jerusalem eroberten, die aber im siebten Jahrhundert von den Sarazenen besiegt wurden, die sich als noch viel schlimmer benahmen. Doch wurden sie mit der Zeit von den Seldschuken verdrängt, die auch dem islamischen Glauben angehörten. Sie waren allerdings von türkischer - und nicht arabischer Herkunft. Im 11. Jahrhundert aber wurden die Byzantiner von den Seldschuken bei Mantzikert vernichtend geschlagen. Von dieser Niederlage konnte sich das Reich nie mehr erholen.

Kaiser Alexios I. Komnenos, der von 1081-1118 regierte, bat seine Glaubensbrüder aus dem Westen um Hilfe im Kampf gegen die Seldschuken. Auch fand im Jahr 1054 die große Kirchenspaltung statt. Es wurde das Christentum in eine römisch-katholische und eine griechisch-orthodoxe Kirche geteilt (Byzanz gehörte natürlich der Letzteren an). Aber beide Richtungen glaubten an ein und demselben Gott und an Jesus Christus. So reagierten die Glaubensbrüder aus dem Westen mit Kreuzzügen, die sich aber für Byzanz als viel verheerender auswirken sollten, als gedacht. Während des vierten Kreuzzuges wurde 1204 Konstantinopel von den Kreuzfahrern erobert und somit wurde wieder ein lateinisches Kaiserreich errichtet; denn diesen Bereich sahen sie absolut zugehörig zum römischen Reich. Einige byzantinische Adlige konnten vor den Seldschuken fliehen und errichteten mehrere Exilreiche: es entstanden das Kaiserreich Trapezunt, das Kaiserreich Thessaloniki und das Kaiserreich Nicäa. Wenn man auch das heilige römische Reich dazu zählt, gab es damals fünf Länder, die sich als die wahren Nachfolger des römischen Reiches betrachteten.

Im Jahr 1258 bestieg in Nicäa Michael VIII. Palaiologos den Thron, der drei Jahre später von ihm Konstantinopel zurückerobert wurde und für kurze Zeit sogar die aber nur scheinbare Einheit des Christentums wieder begründete. Mehr war aber nicht drin, denn das Reich schrumpfte immer weiter zusammen, und ab 1371 bestand es nur noch aus der Hauptstadt, die aber im Jahr 1453 von den Osmanen, einem anderen türkischen Volk, erobert wurde. Der letzte Kaiser Konstantin XII. Dragases Palaiologos kam im Kampf ums Leben.

WDPG

(14.05.2016 21:00)Aurora schrieb: [ -> ]Beide Reiche Ost und West wurden ab 395 nie mehr von nur einem Alleinherrscher regiert, dazu hatte sich das Imperium zu sehr ausgebreitet. Selbst im Jahr 476 als der weströmische Kaiser Romulus abgesetzt wurde und die Reichsinsignien dem oströmischen Kaiser Zenon überbracht wurden, wurde auch er kein Alleinherrscher.

Insgesamt gute Zusammenfassung, ein paar Details möchte ich noch ergänzen: Nie wieder stimmt fast ganz, Theodosius II hätte nach dem Ableben von Kaiser Honorius noch einmal den Anspruch stellen können, Kaiser über das Gesamtreich zu werden. Doch schon vor 395 war das nicht mehr so einfach und so war es auch jetzt. Johannes (unterstützt von Aethius und den Hunnen) versuchte im Westen auf den Thron zu kommen. Der Osten konnte das Verhindern und brachte Valentinian III auf den Thron. Theoretisch war man also nochmals vereinigt, praktisch aber nicht.

Als Odowakar Kaiser Romulus Augustulus stürzte und ankündigte nun keinen Kaiser mehr zu brauchen sah sich Zenon wie er selbst angab noch nicht als Alleinherrscher über Rom, denn mit Julius Nepos lebte noch ein vom Osten anerkannter Kaiser des Westens, allerdings befand sich der in Dalmatien im Exil.

WDPG

(15.05.2016 12:51)Aurora schrieb: [ -> ]Teil II.

Die folgenden Jahrhunderte hatte das Byzantinische Reich mit innen- und außenpolitische Krisen zu kämpfen. Mich erstaunte, als ich es las, dass sie sich in dieser Krisenzeit darüber Gedanken gemacht haben, ob sie Heiligenbilder verehren sollten, oder nicht? Doch entschieden sie sich, den Ikonoklasmus (griech. „Bilderzerstörung“) abzuschaffen. .....

Irgendwo habe ich das schon mal versucht zu beschreiben, der Verlust von äußerem Gebiet war auch immer wieder durch innere Streitigkeiten bedingt. Irgendwie sowieso eine interessante Wechselwirkung. Hatte das Byzantinische Reich innere Probleme, war dies sehr begünstigend auf die Lage der Vordringenden Araber, umgekehrt war Byzanz im 10. und 11. Jahrhundert (nicht nur aber auch) deshalb so stark weil die Gefahr von den Arabern durch Aufsplitterung zurückging.

WDPG

(15.05.2016 12:51)Aurora schrieb: [ -> ]Zu Beginn waren es die Perser, die im Jahre 614 Jerusalem eroberten, die aber im siebten Jahrhundert von den Sarazenen besiegt wurden, die sich als noch viel schlimmer benahmen. Doch wurden sie mit der Zeit von den Seldschuken verdrängt, die auch dem islamischen Glauben angehörten. Sie waren allerdings von türkischer - und nicht arabischer Herkunft. Im 11. Jahrhundert aber wurden die Byzantiner von den Seldschuken bei Mantzikert vernichtend geschlagen. Von dieser Niederlage konnte sich das Reich nie mehr erholen.......


Hier will ich ein paar Sachen Ergänzen. Die Perser (genauer genommen die Sassaniden) wurden zuerst von Byzanz unter Kaiser Heraklaios und dann erst (nach einer Zeit der inneren Wirren) von den Arabern vernichtend geschlagen.

Es folgte: Eine Zeit hoher Bedrängnis für Byzanz doch vor allem in der Zeit der Makedonischen Dynastie erlebte es noch einmal eine Blüte (unter Kaisern wie Basileos II), es war dem Westen hier noch in vielem überlegen. Die Araber erlebten zwar ebenfalls eine kulturelle und handelstechnische Blüte, ihr Reich zerfiel jedoch in kleine Einzelreiche die oft miteinander im Krieg lagen. Die Zeit der Einzelreiche wurde von den Seldschuken beendet, die ursprünglich im Dienste von solchen Einzelreichen in Persien standen. Sie übernahmen deren Gebiet und schlugen schließlich Byzanz bei Manzikert. Dieses war damals geschwächt von Kaiser, die nicht gerade Glanzgestallten waren und vor allem von inneren Streitigkeiten zwischen Militär- und Beamtenadel.

WDPG

(15.05.2016 12:51)Aurora schrieb: [ -> ]....und errichteten mehrere Exilreiche: es entstanden das Kaiserreich Trapezunt, das Kaiserreich Thessaloniki und das Kaiserreich Nicäa. Wenn man auch das heilige römische Reich dazu zählt, gab es damals fünf Länder, die sich als die wahren Nachfolger des römischen Reiches betrachteten......

Vermutlich sogar mehr, denn auch Bulgarien strebte die Nachfolge von Byzanz an. Lange Zeit war es fraglich ob sich Nikea oder Bulgarien durchsetzen würde, doch der Mongolensturm schwächte das Bulgarenreich derartig das nun nur noch das geschwächte Lateinische Kaiserreich und Nikea im Rennen um Konstantinopel blieben.
(20.05.2016 15:29)WDPG schrieb: [ -> ]
(15.05.2016 12:51)Aurora schrieb: [ -> ]....und errichteten mehrere Exilreiche: es entstanden das Kaiserreich Trapezunt, das Kaiserreich Thessaloniki und das Kaiserreich Nicäa. Wenn man auch das heilige römische Reich dazu zählt, gab es damals fünf Länder, die sich als die wahren Nachfolger des römischen Reiches betrachteten......

Vermutlich sogar mehr, denn auch Bulgarien strebte die Nachfolge von Byzanz an. Lange Zeit war es fraglich ob sich Nikea oder Bulgarien durchsetzen würde, doch der Mongolensturm schwächte das Bulgarenreich derartig das nun nur noch das geschwächte Lateinische Kaiserreich und Nikea im Rennen um Konstantinopel blieben.

Eine sehr gute Ergänzung, die ich zum Anlass nehme, ebenfalls zu ergänzen. Es waren im 9. und 10. Jahrhundert nicht nur die Araber, die Byzanz bedrohten sonden tatsächlich mehrfach auch die Bulgaren. Byzanz war Anfang des 10. Jahrhundert Bulgarien sogar tributpflichtig nachdem Simeon Byzanz besiegt und neben Serbien und Durazzo (Teile von Albanien) auch Mazedonien, Epiros und Nordthessalien erobert hatte. Dieser Sieg über Byzanz war im übrigen auch der Grund, weshalb sich die bulgarischen Machthaber - als erste slawische Herrscher überhaupt - "Zar" (also Kaiser) nannten.
Ich danke euch sehr für eure bildungsfördernden und ergänzenden Texte.
So wird mir noch einiges klarer.

lg Aurora
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