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Normale Version: Römisches Fort in London
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Offensichtlich als Folge des Aufstandes der Icener- Königin Boudicca wurde ein römisches Fort errichtet, das bei Mola in London ausgegraben wurde
Das Fort hatte nur 10 Jahre Bestand, und sollte vermutlich die Handelswege nach London schützen. Die Soldaten waren in Zelten untergbracht.

Römisches Fort
Interessante Sache!

Leider: Dein Link funzt nur nach mehrmaligem Überlisten meiens Browsers und führt dann auch nur indirekt zu deinem London-Link. Ich hoffe, der Link hier: http://www.heritagedaily.com/2016/05/rom...don/111222 funktioniert auf Anhieb...Wink
Ja tut er. Vielen Dank. Ich hatte zunächst keine Schwierigkeiten mit meinem, aber inzwischen schon....
Gern geschehen....aber nun zum eigentlichen Inhalt: Es gab ungefähr an der Stelle, an der später Londinium als "Stadt" (eigentlich erst mal "nur" als Vicus) entstand, ein temporäres (Zelt-)Lager Smile der Römer. Dann lange Zeit nix mehr, dann eben ein massiveres Holzlager.
Erst seitdem kann man von einer "Gründung" sprechen (leider liegt wohl nicht wie im Fall von Augsburg eine Inschrift mit Jahreszahl vor? Denn eigentlich ist ja Augsburg auch älter als 15 n.Chr., auch wenn sich´s "nur" um etwa 20 Jahre dreht, in denen schon Römerlager am Platz des späteren Augusta Vindelicourm archäologisch belegt sind...Wink
Die Frage ist für mich eher, warum die lange zeitliche Lücke zwischen dem ersten provisorischen Lager und dem späteren massiveren und dauerhafteren Lager? War´s damals in Britannien so ruhig, dass man den günstigen Flussübergang wieder den Briten überließ? Denn m.W. gab´s ja eine keltische Vorgängersiedlung, von der das römische Londinium seinen Namen übernahm...?
Ich lasse einfach mal meine Gedanken spielen..

Als sich die Römer auf einen blühenden Handel mit den Brittanier erhofften, welches aber nicht nach ihren Vorstellungen erfüllte, verließen sie ihr temporäres Zeltlager. Vielleicht auch wurden sie von den Brittanier verdrängt?? Oder die Römer nahmen an, dass hier in diesen Teil nix wertvolles zu holen gäbe und sie das Lager für Jahre aufgaben? Aber später zurückkehrten, um die Briten zu unterwerfen?
Nur bedauerlich ist, das die Zeit zwischen dem Zeltlager und massivem Holzlager uns nicht belegbar ist (was mich jetzt auch mal sehr interessieren würde es zu wissen).
Ich denke aber nicht, dass es dort eine ruhige Zeit gegeben haben könnte, denn die Römer wurden von außen her ziemlich bedrängt. Und was den Flussübergang betrifft: Vielleicht hatte sich zwischen den Römern und Briten ein Handel entwickelt? Ich stelle mir aber vor, das die Römer es nicht so einfach zuließen, die Flussüberquerung so einfach den Briten zu überlassen?

Was denkt ihr??
Nach dem Boudicca Aufstand muss es ziemlich ruhig gewesen sein. Immerhin kam der siegreiche römische Feldherr Gaius Suetonius Paulinus gerade von einer sehr viel wesentlicheren Schlacht zurück- er hatte die Druideninsel Mona niedergebrannt und alle Druiden niedregemetzelt.
Seit der römischen Besetzung Britanniens war der Widerstand gegen die Römer immer wieder von Mona aus unterstützt worden- zunächst Caradog, dann Venutius.
Den Britanniern fehlte also die geistige Führung und im Aufstand der Boudicca waren ja auch etliche tausend britannischer Krieger ums Leben gekommen. Der Widerstand der Britannier war damit wohl endgültig gebrochen.
Von daher denke ich, dass sich die Römer wirklich Zeit lassen konnten....
Vielleicht wird es mal wieder Zeit, eine meiner insgeheim gehegten Thesen vorzubringen, für die es keine zwingenden Beweise gibt....

Dazu muss man kurz darauf zurückgehen, was den Aufstand der Königin Boudiccas ausgelöst hat.
Als die Römer nach Britannien kamen, haben sich die Icener unter König Prasutagus den Römern schnell angeschlossen, und freundschaftliche Bande geknüpft.
Als Prasutagus starb, hinterließ er sein Reich zu gleichen Teilen dem römischen Kaiser und seinen Töchtern.
Seinen Töchtern !!! Was letztendlich bedeutet, dass es für einen Britannischen König kein Problem war, die Königswürde an eine Frau weiterzugeben, wenn er keinen Sohn hatte.
Ein weiteres Indiz dafür ist, dass auch die Briganten zur Zeit der römischen Eroberungen von einer Frau regiert wurden- von Königin Cartimandua, die sich den Römern ebenfalls schnell unterwarf und den Rebellenführer Caradog den Römern auslieferte. (Was ihren Gatten Venutius dann zum nächsten Anführer der Rebellen machte....)

Die Römer erkannten das Testament des Prasutagus nicht an. Und sie taten etwas ganz entscheidendes- sie vergewaltigten die Töchter. Eine klare Machtdemonstration, die offensichtlich die Vorherrschaft nicht nur der Römer über die Britannier, sondern auch die der Männer über die Frauen beweisen sollte. Boudicca wurde ausgepeitscht, aber man darf davon ausgehen, dass es die Schändung ihrer Töchter war, die sie in den Aufstand gegen die Römer trieb.

Nach Boudicca gab es keine britannische Königin mehr. Zufall? Oder hatten die Römer den Britanniern in zweifacher Hinsicht die Grundlagen ihrer Kultur zerstört? Die geistige Führung durch die Druiden - und die in der Inselkeltischen Gesellschaft sehr viel stärkere Gleichberechtigung der Geschlechter?
Wäre zu überlegen. Dazu hätten aber die Römer quasi die Oberhoheit haben müssen, sodass ohne ihre Zustimmung niemand mehr Stammesführer werden konnte. Nur dann konnten die Römer wirksam unterbinden, dass Frauen Herrscher wurden. Die Gretchenfrage wäre also: Hatten die Römer schon so früh so viel Macht in Britannien, dass sie in jedem einzelnen Stamm die Nachfolge von Frauen untersagen konten?
Nun, die Römer haben die Macht geschaffen... Ich weiß nicht, ob ihnen einfach noch die Erinnerung an Kleopatra in den Knochen steckte, aber die Vergewaltigung der eigentlich auserwählten Stammesführerinnen ist dann doch ein deutliches Zeichen...
Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Stämme, die zum Zeitpunkt des Boudicca aufstandes schon 15 Jahre mit den Römern zusammengearbeitet haben, im Interesse des Friedens in Britannien darauf hingewirkt haben... Die Kelten haben sich ja schon immer sehr anpassungsfähig gezeigt und der Widerstand war gebrochen durch die Niederlage Boudiccas und der zerstörung von Mona.
Die Kelten waren ja letztendlich auch eine patriarchalische Gesellschaft, in der sich allerdings in Britannien auch starke matriarchalische Zügen erhalten haben (deutet sich z.B. auch in der Artussage mit Königin Gwenwhyfar an)- und sie haben als Besiegte realisiert, was unter der römischen Herrschaft nicht geht- soweit ich weiß, haben die Römer nie wieder in die Erbfolge eingegriffen. Es war nicht nötig- Frauen standen danach nie wieder zur Debatte...
Also eine Art vorauseilender Gehorsam? Würde mich jetzt überraschen, sowas gab´s ja auch bei den gallischen Kelten nur in sehr begrenzter Art und Weise. Der ausschlaggebende Faktor, der die Ereignisse in Britannien von denen in Gallien unterschied und daher wohl auch zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Art der römischen Herrschaft führte, war, dass bei den britischen Kelten die Druiden eine sehr viel wichtigere Rolle spielten als bei den gallischen Kelten. Mit der Vernichtung der Druiden war offensichtlich dem britischen Widerstand auf längere Zeit das Rückgrat gebrochen. In Gallien gab´s ja - entgegen den Aussagen von "Asterix" *grins* - keine zusätzliche Herrschafts- und Kulturbewahrungsinstanz, wie es die britschen Druiden darstellen...Wink Da war es Sache der Häuptlinge (und des Adels), für ihren Stamm zu definieren, wie man mit den Römern umgehen wollte.
Ich würde es nicht "vorauseilenden Gehorsam" nennen, eher Pragmatismus. Die Britannier waren nach der Zerstörung Monas und der Niederschlagung des Boudicca- Aufstandes demoralisiert und in ihren Grundfesten erschüttert. Man könnte sicher von einem traumatisierten Volk sprechen. Diejenigen, die dann das Heft in die Hand nahmen, haben sicherlich, um weiteren Schaden von den ihrigen fernzuhalten, eine gewisse Anpassung vollzogen. Als Volk waren die Britannier gebrochen. Von daher ging es ihnen dann eher ums Überleben.
Das war bei den Galliern defintiv anders.
Du meinst, dass nach der Niederlage Boudiccas und nach dem Massaker von Mona und dadurch nach dem Wegfall der "geistigen Führungsschicht" (= Druiden) die Romfreunde allerorten das Heft in die Hand nahmen? hmmm...wäre vorstellbar...
Ja, so in etwa würde ich es sehen.
Dass die Britannier danach von den Römern vollständig abhängig geworden sind, sieht man nicht zuletzt daran, wie hilflos sie den Angriffen der Pikten und Skoten ausgeliefert waren, nachdem die Römer Britannien verlassen haben.
Nach 61 n Chr. gab es keinen Widerstand mehr. Der britannische Wilde war dressiert.
Deswegen hatten die Britannier dann ein paar hundert Jahre später so große Probleme- sie hatten ihre Eigenständigkeit und ihren Kampfgeist verloren. Kämpferisch waren nur noch die Stämme, die außerhalb des römischen Reiches lebten....
najaaaa.....wales war ja auch teil des römischen reichs...Wink und der widerstand ("Artus"...) war deswegen zumindest teilweise erfolgreich, weil er auf römischer taktik und waffentechnik aufbaute, oder irre ich mich da?
Oh, da sind wir im Thema Artus...
Und da fängt es an, sehr umstritten zu werden.

Fakt ist, dass die Britannier den eindringenden Pikten und Skoten wenig entgegenzusetzen hatten.
Zunächst "importierten" die Walisier den Votadiner- König Cunedda (die Votadini waren ein Stamm, der um Edinburgh beheimatet war und eine lose Verbindung zu Rom besaß) und seine Familie, um der Bedrohung durch die Skoten Herr zu werden. Das war um ca. 350 n. Chr., noch bevor die Römer Britannien endgültig verließen, aber schon, nachdem sie ihre Truppe reduziert hatten. Mit dem Ergebnis, dass mindestens zwei walisische Könighäuser fest in den Händen der nachkommens Cuneddas waren (Gwynedd und Powys, wenn ich mich nicht täusche) als die Römer die Briten sich selbst überließen.
EDIT: Und wie ich gerade nachgelesen habe, gibt es dauch dazu eine andere Interpetation: Wenn Cunedda zu dem Zeitpunkt nach Wale kam, den ich nannte, war es maximus, der ihn dazu aufforderte.
Ein anderer möglicher Zeitpunkt war 440 - und dann wäre es Vortigern gewesen. Auch seine Herkunft scheint ungklärt- die einen sehen in ihm einen römischen Befehlshaber, der eben aus dem Gebiet der Votadiner nach Wales abkommandiert wurde (was aber nur dann Sinn macht, wenn das Gebiet der Votadiner nicht Edinburgh war, denn das stand weder 350 noch 440 unter römsicher Herrschaft), andere eben einen auswanderndesn votadinischen Adeligen.
Manche Artus- Freunde identifizieren Vortigern mit Cunedda.

Als die Römer dann weg waren, flehten die Briten die Römer um Hilfe an, die aber abgewiesen wurden. Und dann, erst dann, kam ein britannischer König Vortigern auf den Gedanken, sich wieder Unterstützung zu suchen- und er heuerte Angelsächsische Söldner an. Und damit begann das Desaster erst.

Es scheint also, dass die Britannier durchaus das Kämpfen verlernt hatten.
Ein paar römische Adelige oder beamte scheinen im Land geblieben zu sein und mit römischen Mitteln Siege errungen zu haben, Ambrosius scheint römischer Abstammung gewesen sein. (Und ist ein reales Vorbild für den legendären König Artus. Aber nicht das einzige, denn dazu schimmern aus den legenden zuviele Details durch, die belegen, dass Artus kein Römer war. Meine jahrelangen nachforschungen zu König Artus haben ergeben, dass Artus nicht auf einer, sondern auf mindestens drei oder vier realen Vorbildern beruhte, aus denen sich der gute Geoffrey von Monmouth seinen Helden gestrickt hat... Aber das ist wieder ein anderes Thema. Und Ich glaube im übrigen nicht, dass die Schlacht vom berg Badon bei Bath geschlagen wurde. Das ergibt nämlich überhaupt keinen Sinn. Aber wie gesagt, ganz anderes Thema.... Durch die ganze Artussage ziehen sich Widersprüche, was den römischen Charaktre anbetrifft. So wird die Gemahlin von Artus gleichzeitig als vornehme Dame römsicher Abstammung beschrieben, während sie offenbar die Angewohnheit hatte, die abgeschnittenen Köpfe ihrer Feinde zu sammeln, was nun defintiv nicht zusammenpaßt.)

Die ganze britannische Geschichte nach dem Boudicca Aufstand und der zerstlörung von Mona scheint darauf hinzuweisen, dass die Britannier das Kämpfen tatsächlich verlernt hatten- und später immer auswärtige Söldner brauchten, um sich zu verteidigen. Mag man zu Artus stehen, wie man will....
(25.05.2016 19:44)Bunbury schrieb: [ -> ]Auch (Vortigerns) Herkunft scheint ungklärt- die einen sehen in ihm einen römischen Befehlshaber, der eben aus dem Gebiet der Votadiner nach Wales abkommandiert wurde (was aber nur dann Sinn macht, wenn das Gebiet der Votadiner nicht Edinburgh war, denn das stand weder 350 noch 440 unter römsicher Herrschaft), andere eben einen auswanderndesn votadinischen Adeligen.
Manche Artus- Freunde identifizieren Vortigern mit Cunedda.

Oder Vortigern war keine echte Figur, sondern steht sinnbildlich für den britischen Widerstand bzw. die britische Herrscher-/Adelsschicht: "Nach Ansicht mancher Forscher (siehe Traina 2009) verbirgt sich dahinter der keltische Ausdruck Gwrtheyrn, der in etwa mit „Oberherr“ zu übersetzen wäre" (Quelle: Wiki)
Zu dieser Zeit war aber London schon eine größere (römische) Stadt. der Hiatus zwischen Zeltlager und Holzlager ist damit immer noch nicht aufgeklärt...Wink
Stimmt, wir sind ein wenig vom Thema abgekommen...

Möglicherweise hat die lange Zeitdauer damit zu tun, dass die Römer sich einfach umentschieden habe. Bis zum Aufstand der Boudicca war ja gar nicht London die Hauptstadt des römischen Britanniens, sondern die Hauptstadt der Trinovanten- Colchester, wenn mich nicht alles täuscht. Beide Städte fielen dem Boudicca- Aufstand zum Opfer.
Da der Widerstand der Briten zumindest zu jener Zeit gebrochen war (Über Artus und Vortigern diskutieren wir an anderer Stelle weiter Wink) konnten sich die Römer auch Zeit lassen zu überlegen, was als Zentrum praktischer war- die Entscheidung fiel zugunsten Londons...
Und dann wollte man es wohl richtig machen...

P.S. Im übrigen hast du wahrscheinlich recht und "Vortigern" stand nicht für einen Mann, sondern für mindestens zwei, weil es auch hier wieder sich widerspechende Angaben gibt. Scheint, als hätte der Gute Geoffrey Schweirigkeiten gehabt, Titel und Namen ausienanderzuhalten...
Archäologisch gesehen deutet wenig auf Unentschlossenheit der Römer hin, das hab ich zumindest dem Londinium-Artikel von wiki entnommen. Nach dem Boudicca-Aufstand, bei dem sowohl Colchester als auch London zerstört wurden (wobei zumindest for London für diese Zeit ja das "Zeltlager-Kastell" nachgewiesen ist), wurde die Hauptstadt Britanniens von Colchester eben nach London verlegt.
Nur war offenbar eine ganze Zeitlang keine Fortifikation Londons mehr notwendig, was wiederum für deine These spricht, dass die Briten nach 60 n.Chr. ganz einfach "gebrochen" worden waren. Auch Colchester/Camboludunum erhielt erst etwa 20-40 Jahre später eine Stadtmauer...
Einigen wir uns doch einfach darauf, dass die Römer sich nach Ende des Aufstandes erst mal eine Weile sicher fühlen konnten, weil nicht nur die geistige Elite ausgeschaltet wurde, sondern auch die Wehrkraft der Briten massiv geschwächt worden war. Und deshalb hatten sie Zeit, ihre Zukunft auf der britischen Insel richtig zu planen. Sie mußten nicht mehr mit dem vorlieb nehmen, was sie vorfanden, sondern konnten regelrecht planen, was sich für ihre Zwecke am besten eignete...
(28.05.2016 22:39)Bunbury schrieb: [ -> ]Einigen wir uns doch einfach darauf, dass die Römer sich nach Ende des Aufstandes erst mal eine Weile sicher fühlen konnten,

Ich denke, das haben wir bereits...Wink
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