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Normale Version: Mangelprodukte in den Weltkriegen die es "Trotzdem" gab
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(17.06.2017 19:46)Arkona schrieb: [ -> ]
(17.06.2017 15:46)Suebe schrieb: [ -> ]Die "Deutsche Kamerun-Banane" scheint niemanden zu interessieren.
(zumindest hat dies bis heute nicht dem Sprung zur "Sau die durchs Dorf getrieben wird" geschafft)

Bananen gab es während des Krieges nicht im Dritten Reich, aber ich frage mich schon, wie man an Bohnenkaffee und Schokolade kam. Zumindest die Flieger, Panzerbesatzungen und U-Boot-Leute bekamen davon bis ganz zuletzt ihre Front-Zuteilungen. Das kann doch unmöglich über spärliche Schmuggelwege bzw. über die wenigen Neutralen gekommen sein.
Ich weiß auch z.B. dass ein sowjetischer Zoologe, 1941 gefangen und als Hiwi-Dolmetscher eingestellt, seinem alten Mentor und Professor in Berlin jahrelang seine Wehrmachtszuteilung in Form von Zigaretten und anderen Leckerlis zukommen ließ, weil dieser als Zivilist davon normalerweise fast nichts sah. Der sympathische Russe hatte nach dem Krieg das Glück, dass Stalin eben doch nicht allwissend war...

ein mMn ineressantes Thema, das man breit diskutieren kann.
(18.06.2017 12:06)Suebe schrieb: [ -> ]
(17.06.2017 19:46)Arkona schrieb: [ -> ]Bananen gab es während des Krieges nicht im Dritten Reich, aber ich frage mich schon, wie man an Bohnenkaffee und Schokolade kam. Zumindest die Flieger, Panzerbesatzungen und U-Boot-Leute bekamen davon bis ganz zuletzt ihre Front-Zuteilungen. Das kann doch unmöglich über spärliche Schmuggelwege bzw. über die wenigen Neutralen gekommen sein.
Ich weiß auch z.B. dass ein sowjetischer Zoologe, 1941 gefangen und als Hiwi-Dolmetscher eingestellt, seinem alten Mentor und Professor in Berlin jahrelang seine Wehrmachtszuteilung in Form von Zigaretten und anderen Leckerlis zukommen ließ, weil dieser als Zivilist davon normalerweise fast nichts sah. Der sympathische Russe hatte nach dem Krieg das Glück, dass Stalin eben doch nicht allwissend war...

ein mMn ineressantes Thema, das man breit diskutieren kann.

Naja, die Nazis haben aus den Problem mit dem Hunger des 1. WK gelernt, denn der demoralisiert die Gesellschaft dermaßen, daß diese nicht mehr an den Krieg denkt, sondern daran, wie etwas zu essen auf den Tisch kommt und wenn der Krieg das Problem ist, dass es keine Nahrungsmittel gibt, dann ist dies Bevölkerung nicht mehr steuerbar.

Genau aus dem Punkt, haben die Nazis versucht die Nahrungsmittelversorgung auch im Krieg auf einem hohen Niveau zu halten. Allerdings ist das im Laufe des Krieges und des Zusammenbruchs des Okkupations- bzw. Annextionskrieges nicht mehr möglich gewesen.

Ab wann begann die Mangelwirtschaft im Bezug auf Nahrungsmittel? Nach 1943 mit Ausrufen des Totalen Krieges?
(18.06.2017 12:55)Flora_Sommerfeld schrieb: [ -> ]Ab wann begann die Mangelwirtschaft im Bezug auf Nahrungsmittel? Nach 1943 mit Ausrufen des Totalen Krieges?

Gehungert hat man im Dritten Reich nicht und das bis zum Zusammenbruch. Die besetzten Gebiete hatten zu liefern. Erst danach begann der große Mangel mit den bekannten Hamstertouren und Schwarzmärkten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Fri...edigt_1946
Ein beliebtes "Beutegut" bei der Bevölkerung war die Fallschirmseide der Alliierten. Daraus schneiderte man alles Mögliche. Und die Jugend zog los und barg in lebensgefährlichen Aktionen aus Blindgängern die knappen Buntmetalle.
Ein sehr wichtiges Mangelprodukt im WK1 war der Salpeter.
In Antwerpen wurde eine große Menge erbeutet, was über den 1. Mangel hinweghalf.
zum weiteren Verlauf gehts hierhin Shade
http://www.g-geschichte.de/forum/1-weltk...these.html

was zu beachten ist, der Salperter war knapp, in beiden Kriegen, mit dem Ergebnis, dass nicht gedüngt wurde, sondern dass Granaten gefüllt wurden.Idea
Worauf die überaus schlchten Ernten in der 2, Hälfte der 40er Jahre zurückgeführt werden.
Auf Salpeter war man in Deutschland mit dem Haber-Bosch-Verfahren (Ammoniaksynthese aus dem Luftstickstoff) nicht mehr angewiesen. Sonst wäre der 1. Weltkrieg schon 1916 zuende gewesen, weil kein Dünger und keine Munition mehr vorhanden gewesen wären.

Meine Eingangsfrage ist immer noch unbeantwortet: Wie kam man an Kaffee und Schokolade?
Tabak baute man übrigens im Schrebergarten und in Balkonkästen an. Wobei der hausgemachte Knaster, oft mit irgendwelchem Grünzeug gestreckt, dann auch eine entsprechend miese Qualität aufwies.
(19.06.2017 19:56)Arkona schrieb: [ -> ]Tabak baute man übrigens im Schrebergarten und in Balkonkästen an. Wobei der hausgemachte Knaster, oft mit irgendwelchem Grünzeug gestreckt, dann auch eine entsprechend miese Qualität aufwies.

An den Rathäusern hingen in den Mangelzeiten nach dem 2. WK Anschlagtafeln aus, auf denen irgendwelche Mangelprodukte "aufgerufen" wurden.
Der Bezugsschein oder die Lebensmittelkarte hat ja nichts weiter genutzt, wenn es nichts gab, erst wenn der "Aufruf" an der Anschlagtafel hing, onnte man die entsprechenden Dinge, gegen Karten oder Bezugsschein erwerben.

In Onstmettingen soll ein älterer Mitbürger eines Tages schimpfend von der Anschlagtafel weggegangen sein.
Auf die Frage was "aufgerufen" wäre, soll er geantwotet haben
"Awa (damit drückt der Schwabe die tiefste Missbilligung aus) Butter und Zucker, lauter Lumpenkruscht, aber nix zum Rauchen"
Ich weiß es nicht, arkona, aber vielleicht kriegen wir es hier noch heraus.

Was ich weiß, "Coca Cola":
der im Reich vorhandene Extrakt hat noch eine ganze Weile gereicht. Das Ende war aber natürlich absehbar, um weiterproduzieren zu können, hat die deutsche "Coca Cola" die Orangenlimonade "Fanta" entwickelt. Kann man bis heute kaufen.

Baumwolle:
Im ersten Jahr des 1. WK konnte die Textilindustrie fast ungebremst weiterproduzieren. Die Baumwolle kam aus Ägypten, über das noch neutrale Italien.
Beck´s Bier in Bremen.
da wars umgekehrt
Die berühmten grünen Flaschen wurden bis 1914 nur für den Export produziert, resp. der Inhalt gebraut.
in Deutschland bekam man die erst ab 1915.
dito 1939
(19.06.2017 20:21)Suebe schrieb: [ -> ]Ich weiß es nicht, arkona, aber vielleicht kriegen wir es hier noch heraus.

Was ich weiß, "Coca Cola": ...hat die deutsche "Coca Cola" die Orangenlimonade "Fanta" entwickelt. Kann man bis heute kaufen.

Nur dass man die "Ur-Fanta" ebenfalls kriegsbedingt nicht aus Orangen, sondern irgendwelchen Obstabfällen zusammenbraute. Manche behaupten, das hat man bis heute beibehalten... Big Grin
(19.06.2017 20:56)Arkona schrieb: [ -> ]
(19.06.2017 20:21)Suebe schrieb: [ -> ]Ich weiß es nicht, arkona, aber vielleicht kriegen wir es hier noch heraus.

Was ich weiß, "Coca Cola": ...hat die deutsche "Coca Cola" die Orangenlimonade "Fanta" entwickelt. Kann man bis heute kaufen.

Nur dass man die "Ur-Fanta" ebenfalls kriegsbedingt nicht aus Orangen, sondern irgendwelchen Obstabfällen zusammenbraute. Manche behaupten, das hat man bis heute beibehalten... Big Grin

Alle die, die an den Klapperstorch glauben, glauben auch daran, dass Orangenlimonade aus gepressten Orangen der Handelsklasse A hergestellt wird.
Aber das ist halt ein anderes Thema.
Stand der Dinge betreffend die Beleuchtung von Häusern und Wohnungen war am Beginn des 1, WK die Petroleumlampe.
1916 wurden die rumänischen Ölfelder erobert, aber britische Spezialisten hatten die Förderanlagen nachhaltig zerstört.
Um von der Petroleumabhängigkeit wenigstens bei der Beleuchtung wegzukommen, haben die E-Werke und Gas-Werke ddie Kosten für Gas- oder Elektro-Anschlüsse gestundet "bis nach dem Krieg"' (muss ich an Schwejk, Josef denken)
[quote='Arkona' pid='5

Meine Eingangsfrage ist immer noch unbeantwortet: Wie kam man an Kaffee und Schokolade?
[/quote]

Zum Kaffee bin ich inzwischen fündig geworden.
Nix drin. Gab keinen.
Man musste auf Kaffee-"surrogate" ausweichen.
Malzkaffee, Zichorienkaffee und wie das ganze Zeugs genannt wird.
Diese "Ersatz-Produkte" wurden dann zudem auch noch knapp und bewirtschaftet. In der BRD bis 1954. DDR vermutlich noch länger.
Bohnenkaffee war in der BRD auch in den fünfzigern noch durchaus ein Luxusprodukt, in der DDR gab es noch 1976 eine "Kaffeekrise" sprich keine Bohnen zu kaufen.

Mein Vater erzählte, dass es bei ihm zu Hause im 1.WK Bratkartoffeln und Malzkaffee zum Frühstück gab. Großvater war Beamter und hat natürlich weder "Gehamstert" noch "geschoben" halt nach "üb immer Treu und Redlichkeit" gelebt und gehungert.

OT: auf den Pfadfinderlagern meiner Jugend gab es ebenfalls Malzkaffee zum Frühstück, mit viel Milch hat der gar nicht schlecht geschmeckt, zumindest in der Erinnerung.
Ein anderes Mangelprodukt war die Butter.
Eigentlich erstaunlich, denn Rindviecher gibts ja eigentlich immer genug Devil

Aber seis drum, es gab jedenfalls in beiden Weltkriegen zu wenig davon.
Auch da ist man auf Ersatzprodukte ausgewichen, die Margarine.
In den 60ern konnte man öfter lesen, dass man längst eine Margarine herstellen könnte, die wie Butter schmecken würde, dies aber zur Unterstützung der Landwirtschaft nicht gemacht werden würde.... obs stimmt? Ich weiß es nicht.

In der Nähe meines Elternhauses gab es ein "Neubauviertel" lauter Wohnblocks aus den 50ern, das fast ausschließlich von "Flüchtlingen und Vertriebenen" bewohnt wurde, dort unterschied man damals zwischen "Butter"=Margarine und "Guter Butter"=Butter.
Nun zum Kaffee kann ich was beitragen
In der "deutschen Warenkunde für den Einzelhandelskaufmann" von 1940 unterschied man zwischen echtem Bohnenkaffee und Kaffee-Ersatz. Kaffee-Surrogate waren
Malzkaffee aus gemälzter Gerste,
Getreidekaffee aus ungekeimter Gerste und Roggen,
Zichorienkaffee aus den Wurzeln der Gemeinen Wegwarte oder dem Löwenzahn
Fruchtkaffee aus Eicheln, Bucheckern Kastanien und Kerne oder Steine von Obst

Eines der Produkte dieser Sorte ,das die Kriegszeiten überdauerte war übrigens der "Caro-Kaffee" der Unifranck Lebensmittelwerke GmbH aus Vaihingen und Ludwigsburg, den es heute noch gibt und der ab 1954 als erstes Instantgetränk dieser Art auf dem Markt reüssierte
(23.06.2017 22:17)zaphodB. schrieb: [ -> ]Nun zum Kaffee kann ich was beitragen
In der "deutschen Warenkunde für den Einzelhandelskaufmann" von 1940 unterschied man zwischen echtem Bohnenkaffee und Kaffee-Ersatz. Kaffee-Surrogate waren
Malzkaffee aus gemälzter Gerste,
Getreidekaffee aus ungekeimter Gerste und Roggen,
Zichorienkaffee aus den Wurzeln der Gemeinen Wegwarte oder dem Löwenzahn
Fruchtkaffee aus Eicheln, Bucheckern Kastanien und Kerne oder Steine von Obst

Eines der Produkte dieser Sorte ,das die Kriegszeiten überdauerte war übrigens der "Caro-Kaffee" der Unifranck Lebensmittelwerke GmbH aus Vaihingen und Ludwigsburg, den es heute noch gibt und der ab 1954 als erstes Instantgetränk dieser Art auf dem Markt reüssierte


OT: die Oma eines Jugendfreundes hat uns 10-12 jährigen Nachmittags oft Caro eingeschenkt (natürlich mit viel Milch) "der tut euch nichts". Viel Milch und Zucker, und ich behaupte mal gesünder als Kaba war es schon.

Der Pfarrer Kneipp war zumindest in die Vermarktung des "Ersatzkaffees" involviert. Es wurde mit seinem Namen und Bildniss dafür geworben.
Irgendwo habe ich mal gelesen, wie er seine jährlichen Tantiemen daraus an die verschiedensten wohltätigen Organisationen gespendet hat.

Aber, wie geschrieben, auch der "Muckefuck" war bewirtschaftet bis in die 50er hinein. Und kaffee war lange noch knapp sprich teuer.
Das war kein sooo großes Problem, denn die Hauptanbaugebiete des damals in Deutschland übrwiegend gerauchten "Orienttabaks" waren bis ins Spätjahr 44 im deutschen Machtbereich.
Der Tabak war natürlich auch bewirtschaftet, und man brauchte zum Bezug eine "Raucherkarte"
die Frauen NICHT bekamen.
Was für starke Raucherinnen durchaus zum Problem wurde. Zetzeugenberichten nach.

Aber auch für zivile Männer, denn die Mengen waren begrenzt, bei der Wehrmacht gab es aber anscheinend genug zum Qualmen.

Der richtige Mangel entstand auch hier erst am Ende des Krieges.
Geraucht, insbesondere in der Pfeife wurde alles mögliche, der bis heute bekannte und nicht unbeliebte"Knaster"
https://de.wikipedia.org/wiki/Knaster
getrocknetes Buchenlaub, selbst Stroh und alle möglichen Kräuter.

Die Waldrebe, Vulgo "Wolfsseile" eine Buchen-Schmarotzerpflanze, von Lausbuben noch in meiner Jugend "gerne" geraucht (etwas fürchterliches, das kann eigentlich nur ein 13jähriger Qualmen dessen Freunde dasselbe tun und behaupten es würde ihnen schmecken...)
aber recht konsumfreundlich, ein Stück abschneiden, anzünden ..raucht...

Die Zigarette, insbesondere aus US-Produktion, war dann bis zur Währungsreform DIE Ersatzwährung in Deutschland
(23.06.2017 19:29)Suebe schrieb: [ -> ]Zum Kaffee bin ich inzwischen fündig geworden.
Nix drin. Gab keinen.

Für Normalsterbliche nicht. Aber es gab immer noch die "besonderen Zuteilungen" für Parteibonzen, Flieger und Seeleute auf Wache etc.. Jedenfalls war in den Kriegsjahren nicht völlig vergessen worden, dass es so ein sagenhaftes Getränk gibt, auch wenn in den Haushalten nur Muckefuck (im Volks- und Soldatenjargon: Negerschweiß) verfügbar war. In der DDR erwies sich die Erinnerung daran als wesentlich langlebiger, weil man hier bis zum Ende mit Zusatz- und Ersatzprodukten streckte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kaffeekrise_in_der_DDR
Zitat:...Der Kaffeemix führte zu Ausfällen an Kaffeemaschinen in der Gastronomie, da der Mixtur u. a. Erbsenmehl beigemischt war. Das darin enthaltene Eiweiß quoll unter Druck und Hitze auf und verstopfte die Filter...

Auch den Begriff: "Gute Butter" kenne ich noch. Die "Rahmbutter" als billigen Ersatz gibt es heute noch, ist wohl auch gesünder.
(23.06.2017 19:39)Suebe schrieb: [ -> ]Ein anderes Mangelprodukt war die Butter.
Eigentlich erstaunlich, denn Rindviecher gibts ja eigentlich immer genug Devil

No ja, wenn man bedenkt, dass man für 1 kg Butter rund 22 Liter fette Milch benötigt, wird es klar.

Milch war einfach zu kostbar, fette Milch sowieso. Lt. meiner Mutter gabs für Otto-Normal-Stadtmensch sowieso nur "Plotzmilch" zu kaufen. Plotzmilch ist der schwäb. Ausdruck für das, was nach dem (nahezu vollständigen) Entrahmen übrig bleibt: ein bläulich schimmerndes Wässerchen mit nix mehr Wertvollem drin.
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