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Normale Version: Verfahren zu SS-Massaker in Italien eingestellt Presseschau
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Statue zum Gedenken an das Massaker von Sant' Anna di Stazzema: Rund 560 Tote


Zitat:Mindestens 560 Menschen starben, darunter viele Frauen und mehr als 100 Kinder. Seit zehn Jahren ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des NS-Kriegsverbrechens in dem italienischen Bergdorf Sant' Anna di Stazzema. Jetzt teilte die Behörde mit: Für eine Anklage reichen die Ergebnisse nicht.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wird keine Anklage wegen des Massakers vor 68 Jahren im italienischen Sant' Anna di Stazzema erheben. Die Ermittlungen hätten keinen hinreichenden Tatverdacht für eine Anklage ergeben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Es sei nicht möglich gewesen, den Beschuldigten eine Tat nachzuweisen, die noch nicht verjährt ist.

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Angehörige der 16. SS-Panzergrenadierdivision "Reichsführer SS" hatten am 12. August 1944 in dem Bergdorf Hunderte Menschen getötet. Die Zahl der Opfer lässt sich laut Staatsanwaltschaft heute nicht mehr genau feststellen, da sich damals zahlreiche Flüchtlinge aus angrenzenden Regionen in dem Ort aufhielten. Die italienischen Behörden gehen von 560 Todesopfern aus, darunter mehr als 100 Kinder.

Von 17 Beschuldigten sind noch acht am Leben, darunter auch der 91-jährige Gerhard Sommer. Er war 2005 - gemeinsam mit acht anderen Männern - wegen seiner Mitverantwortung an dem Massaker von einem italienischen Gericht in La Spezia in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sommer wurde nicht ausgeliefert und lebt in einem Hamburger Altenheim.

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Er bedauere sehr, dass es trotz des großen Ermittlungsaufwands nicht gelungen sei, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Baden-Württembergs Justizminister Rainer Stickelberger (SPD). "Ich bin mir bewusst, dass dies besonders für die Angehörigen der Opfer dieses Kriegsverbrechens eine große Belastung ist."

Die Ermittlungsbehörden seien an Recht und Gesetz gebunden, teilte Stickelberger mit. Hierzu gehöre vor allem auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Soldaten im Zusammenhang mit Tötungen während des Krieges wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord verantwortlich gemacht werden könnten.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hatten seit 2002 wegen Mordverdachts gegen Mitglieder der 16. SS-Panzergrenadierdivision ermittelt.

Da wird die Problematik der heutigen Kriegsverbrecher-Prozesse wieder sehr deutlich.

zum weiterlesen
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/ss...58910.html
(02.10.2012 12:24)Steppenwolf schrieb: [ -> ][Bild: image-407799-panoV9free-eqyj.jpg]
Statue zum Gedenken an das Massaker von Sant' Anna di Stazzema: Rund 560 Tote



Da wird die Problematik der heutigen Kriegsverbrecher-Prozesse wieder sehr deutlich.

zum weiterlesen
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/ss...58910.html

Wenn die Taten sehr lange zurück liegen - ja...
(02.10.2012 12:58)hpd1311 schrieb: [ -> ]Wenn die Taten sehr lange zurück liegen - ja...
Naja, das tun sie ja. Und wir leben in einem Rechtsstaat.

Einiges Wichtige wurde dazu sehr sachlich schon im "CDU-Verjährungsthread" geschrieben. http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...3#pid10833
Ein kurzes Zitat von @Marco:
Zitat:Eine Strafmilderung ist nicht möglich. In juristischer Hinsicht spielt es deshalb tatsächlich keine große Rolle, ob es sich um einen "gewöhnlichen" Mord oder um ein Nazi-Verbrechen handelt, die Strafe bleibt immer die gleiche, nämlich lebenslänglich.

In moralischer oder historischer Hinsicht wird man die Nazi-Verbrechen natürlich anders bewerten. Aber in juristischer Hinsicht sind sie mit anderen Verbrechen (Morden) gleich zu setzen.
und noch eines von @zaphodB., in dem gezeigt wird, wo der wahre Knackpunkt lag und liegt:
Zitat:Tatsache ist,wie oben bereits gepostet,daß gem §70 STGB in seiner von 1871 bis 1969 gültigen Fassung die Verjährung von Verbrechen , die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht waren, eine Frist zwanzig Jahre betrug. Und dazu zählte auch Mord in allen Varianten.
Als Beginn der Frist wurde zunächst von der juristischen Dogmatik der 8. Mai 1945 angesehen .
Verjährung wäre demnach 1965 eingetreten.
Gegen eine Änderung dieser Verjährungsvorschriften im Hinblick auf die NS-Verbrechen gab es ernstzunehmende rechtliche Bedenken von Straf- und Verfassungsrechtlern .Die rückwirkende Änderung wurde als Verstoß gegen den in Art. 103 GG festgelegten Grundsatz "Nulla poena sine lege" angesehen, der besagt,daß dass eine Person nur dann bestraft werden könne,wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde und demzu folge auch nur die entsprechenden geltenden Verjährungsvorschriften anwendbar seien.Daher sahen etliche Abgeordnete quer durch alle Fraktionen auch die Grundsätze eines Rechtsstaates unheilbar verletzt, wenn ein erloschener Strafanspruch rückwirkend wieder geltend gemacht würde. Und tatsächlich ist es ein Bruch in der Dogmatik.
Ist ein Bruch in der Dogmatik von Bedeutung?
(02.10.2012 17:43)Wallenstein schrieb: [ -> ]Naja, das tun sie ja. Und wir leben in einem Rechtsstaat.

Einiges Wichtige wurde dazu sehr sachlich schon im "CDU-Verjährungsthread" geschrieben. http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...3#pid10833
Ein kurzes Zitat von @Marco:
und noch eines von @zaphodB., in dem gezeigt wird, wo der wahre Knackpunkt lag und liegt:

Der Knackpunkt für die Verjährungsdebatte sicherlich.

Den Knackpunkt für die heutigen Verfahren sehe ich jedoch in der überaus langen Zeitspanne seit der Verübung der Verbrechen, die mMn ein Verfahrten nach den Grundsätzen des Rechtsstaates beinahe unmöglich machen
Zeugen und Angeschuldigte/Angeklagte zwischen 90 und 100 Jahre alt.
Die Verbrechen liegen mindestens 67 Jahre zurück.
Es müssen schon überaus glückliche Umstände zusammenfallen, dass da noch ein rechtsstaatliches Verfahren möglich wird.
(02.10.2012 18:57)Suebe schrieb: [ -> ]Der Knackpunkt für die Verjährungsdebatte sicherlich.

Den Knackpunkt für die heutigen Verfahren sehe ich jedoch in der überaus langen Zeitspanne seit der Verübung der Verbrechen, die mMn ein Verfahrten nach den Grundsätzen des Rechtsstaates beinahe unmöglich machen
Zeugen und Angeschuldigte/Angeklagte zwischen 90 und 100 Jahre alt.
Die Verbrechen liegen mindestens 67 Jahre zurück.
Es müssen schon überaus glückliche Umstände zusammenfallen, dass da noch ein rechtsstaatliches Verfahren möglich wird.
Das die Täter schon uralt sind, ist ja logisch. Wenn der eine - der Sommer, in Hamburg in einem Altenheim lebt - was willst du mit dem noch anfangen.
Der ist nicht verhandlungsfähig. Oder sollte man den in ein "Altenheim im italienischen Strafvollzug" abschieben, ausliefern oder was auch immer?

Der Zaphod hat es geschrieben:
[..]den in Art. 103 GG festgelegten Grundsatz "Nulla poena sine lege" angesehen, der besagt,daß dass eine Person nur dann bestraft werden könne,wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde und demzu folge auch nur die entsprechenden geltenden Verjährungsvorschriften anwendbar seien.
[..]

Das, und genau das ist der Punkt.
Zu dem Zeitpunkt der Taten gab es eine gesetzliche Verjährungsfrist von 20 Jahren.
(02.10.2012 20:21)Wallenstein schrieb: [ -> ]Das die Täter schon uralt sind, ist ja logisch. Wenn der eine - der Sommer, in Hamburg in einem Altenheim lebt - was willst du mit dem noch anfangen.
Der ist nicht verhandlungsfähig. Oder sollte man den in ein "Altenheim im italienischen Strafvollzug" abschieben, ausliefern oder was auch immer?

Der Zaphod hat es geschrieben:
[..]den in Art. 103 GG festgelegten Grundsatz "Nulla poena sine lege" angesehen, der besagt,daß dass eine Person nur dann bestraft werden könne,wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde und demzu folge auch nur die entsprechenden geltenden Verjährungsvorschriften anwendbar seien.
[..]

Das, und genau das ist der Punkt.
Zu dem Zeitpunkt der Taten gab es eine gesetzliche Verjährungsfrist von 20 Jahren.


Moment,
das war zweifellos der Punkt in der Verjährungsdebatte.
Aber der Käse ist gegessen.
Ist geregelt, wenn auch mit erheblichen Bauchschmerzen.

Seither sind aber nochmals 33 Jahre vergangen. Können sich die Diskutanten an den Mielke-Prozess erinnern?
Für den Doppel-Mord an den beiden Polizisten?
Die Ausgangslage war da durch die Ermittlungen noch zur Zeit von Weimar gar nicht schlecht. Außerdem gab es 2 handschriftliche Schuldbekenntnisse Mielkes von 1934 und 1951.
Letztlich wurde aber auch dieser Prozess zur Farce.


aus Spiegel Online:
Zitat:Urteil mit bitterem Nachgeschmack

Diesen Wunsch erfüllten ihm die Berliner Richter nicht. Am 26. Oktober 1993 wurde Erich Mielke wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in einem Fall zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ausreichend beweiskräftig erschienen den Richtern vor allem zwei handschriftliche Lebensläufe aus den Jahren 1934 und 1951, in denen sich Mielke der Taten gebrüstet hatte.

Nicht nur bei den Opfern des DDR-Staatssicherheitsdienstes hinterließ das Urteil einen bitteren Nachgeschmack, denn der zuletzt gar nicht mehr so krank und gebrechlich wirkende alte Mann wurde lediglich für eine Tat bestraft, die er als 23-jähriger arbeitsloser Jugendlicher begangen hatte.

Mielke blieb nach dem Kammerspruch lediglich zwei Jahre in Haft. 1995 wurde er aus gesundheitlichen Gründen entlassen, 1998 wurden alle noch laufenden Verfahren gegen den dann 90-Jährigen aus Gesundheitsgründen endgültig eingestellt.

Schuldfrage: juristisch ungeklärt

Im Dezember 1998 sprach das Berliner Kammergericht Mielke außerdem umgerechnet 1.000 Euro Haftentschädigung zu, weil er 1991 drei Monate lang ergebnislos in Untersuchungshaft gesessen hatte. Damals war gegen Mielke noch wegen Totschlags an DDR-Flüchtlingen ermittelt worden. Aus Gesundheitsgründen kam es aber zu keinem Prozess gegen ihn, und so konnte die Schuldfrage nie juristisch geklärt werden. Auch die auf umgerechnet rund 50.000 Euro geschätzten Verfahrenskosten sollten in diesem Fall zu Lasten der Justizkasse gehen.

http://einestages.spiegel.de/static/topi...ozess.html
(02.10.2012 20:37)Suebe schrieb: [ -> ]Moment,
das war zweifellos der Punkt in der Verjährungsdebatte.
Aber der Käse ist gegessen.
Ist geregelt, wenn auch mit erheblichen Bauchschmerzen.

Seither sind aber nochmals 33 Jahre vergangen. Können sich die Diskutanten an den Mielke-Prozess erinnern?
Für den Doppel-Mord an den beiden Polizisten?
Die Ausgangslage war da durch die Ermittlungen noch zur Zeit von Weimar gar nicht schlecht. Außerdem gab es 2 handschriftliche Schuldbekenntnisse Mielkes von 1934 und 1951.
Letztlich wurde aber auch dieser Prozess zur Farce.


aus Spiegel Online:

http://einestages.spiegel.de/static/topi...ozess.html
Ja, ich weiß.

Außer den handschriftlichen Schuldbekenntnisse Mielkes gab es nichts.
Nur aus diesem Grund ist er verurteilt worden. Ansonsten wäre es unmöglich gewesen.
Warum er wegen der Verbrechen, die er in der DDR begangen hat, nicht hinter Gitter kam, bzw. dass sie möglicherweise keinen hinreichenden Straftatbestand hatten, entzieht sich meiner Kenntnis und verwundert mich bis heute.

Denn genau dieser Mielke war eines der wirklich schuldigen Schweine, die die DDR dahin gebracht haben, wo sie schließlich landete.
Sein Untergebener, Markus Wolf, war, verglichen mit Mielke ein Saubermann, und tat nur das, was man in diesem Job tun muss.
Halt Außendienst.

Aber, ich verweise nocheinmal darauf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mord_(Deuts...C3.A4hrung
(02.10.2012 21:47)Wallenstein schrieb: [ -> ]Ja, ich weiß.

Außer den handschriftlichen Schuldbekenntnisse Mielkes gab es nichts.
Nur aus diesem Grund ist er verurteilt worden. Ansonsten wäre es unmöglich gewesen.
Warum er wegen der Verbrechen, die er in der DDR begangen hat, nicht hinter Gitter kam, bzw. dass sie möglicherweise keinen hinreichenden Straftatbestand hatten, entzieht sich meiner Kenntnis und verwundert mich bis heute.

Denn genau dieser Mielke war eines der wirklich schuldigen Schweine, die die DDR dahin gebracht haben, wo sie schließlich landete.
Sein Untergebener, Markus Wolf, war, verglichen mit Mielke ein Saubermann, und tat nur das, was man in diesem Job tun muss.
Halt Außendienst.

Aber, ich verweise nocheinmal darauf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mord_(Deuts...C3.A4hrung


Die ganz großen Schweine sind immer überaus vorsichtig.

Wer wurde denn in Nürnberg für den "Befehl zum Holocaust" verurteilt?
Obwohl er 100% von Hitler kam. Gibt es dafür einen Beweis?


OT: Der Wolf ist übrigends von Hechingen, und sein zeitweiliger West-Gegenspieler Kinkel auch. Und beides Arztsöhne. Nur halt eine knappe Generation auseinander.
(03.10.2012 14:17)Steppenwolf schrieb: [ -> ]Die ganz großen Schweine sind immer überaus vorsichtig.
Und werden auch selten belangt. Die "Dummen" sind immer die kleinen Fische der Diktaturen.
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