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Urheimat der Indoeuropäer - Druckversion

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Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 07.04.2013 22:37

Was meint ihr, wo lag die "Urheimat" der indogermanischen Sprachfamilie - wo wurde Urindogermanisch gesprochen? Wann wird diese "Urform" gesprochen worden sein?
- In Mitteleuropa
- In der Kurgan Region
- In Anatolien
- Im heutigen Westrussland
- Nördlich des Schwarzen Meeres

Ich selbst kann mich nicht ganz entscheiden, zwischen Mitteleuropa u. Westrussland. Ausschließen würde ich folgende Regionen.:

-Skandinavien - Im Gebiet der Erteböllekultur muß eine andere Sprache gesprochen worden sein, die sich erst später durch Verschmelzung mit dem Indogermanischen zum Germanischen entwickelt hat.
http://www.stefanjacob.de/Geschichte...geschichte.doc
Nördlich davon wurden Finno-ugrische Sprachen gesprochen z.B. Ursamisch.
- Nord u. Nordostrussland entfällt, weil dort wahrscheinlich schon Finno-ugrische Sprachen gesprochen wurden.
- Nördlich des Kaukasus am Schwarzen Meer wurden vermutlich zu dieser Zeit Kaukasische Sprachen gesprochen. Diese wurden später durch die Ausbreitung von Indogermanen in Richtung Süden verdrängt. Es gibt sogar Wissenschaftler, welche annehmen, das auch das Ursemitische u. das urdrawidische sehr weit im Norden entstanden sind.

Die Verwandschaft mit der Uralischen Sprachfamilie spricht für ein hohes Alter der Indogermanischen Sprachfamilie und einen Entstehungsort im europäischen Russland.
Die Balten sollen am wenigsten gewandert sein, bewohnten aber ursprünglich ein riesiges Gebiet in Weisrussland und dem Nordwestlichen Russland. Sie hatten eine urtümliche indogermanische Sprache und wenig Kultureinfluß aus dem Süden aufgenommen, wie die sekundären Ausbreitungszentren in der Kurganregion und die in der Region nördlich des Schwarzen Meeres.
Die Protogermanischen Indogermanen in Mitteleuropa standen diesen ProtoBaltoslawen noch sehr nahe. Dies spricht auch für Mitteleuropa als frühe Wohnregion. Es könnte sein, das relativ einheutliche Indogermanen eine sehr große Region bewohnten, bevor eine Differenzierung der Sprachen auftrat. Diese Differenzierung entstand durch Auswanderung in weitere Gebiete, in denen dann Vermischungen auftraten und durch Einwanderung anderer Völker z.B. schon veränderter Indoeuropäer.
Ich kann mich nicht entscheiden ob die indogermanischen Protogermanen o. die ProtoBaltoslawen weggewandert sind, wenn dies überhaupt stattgefunden hat.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 01.05.2014 11:25

Komisch, bei der zweitstrittigsten aller frühgeschichtlichen Fragen gibt es außer dem Eröffnungsbeitrag keine Reaktion.
Haben alle keine Lust mehr auf dieses Thema?


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Bunbury - 01.05.2014 11:36

Lust schon, aber zu wenig Ahnung, um auf Grundlage des ersten beitrags diskutieren zu können, und zu wenig zeit, um mir diese Ahnung zu verschaffen...Wink


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 01.05.2014 11:55

Den ersten Beitrag können wir ja außen vor lassen, da fehlen ohnehin einige hitverdächtige Weltgegenden.

Unter anderem das nördliche Europa, ist zwar nicht unbedingt mein Favourit aber der von Kenneth Hsü, dessen "Klima ist schuld an fast allem"-Buch ich gerade gelesen habe.

Außerdem fehlen alternative Theorien zur Sprachausbreitung bzw. Gründe für Übernahmen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Bunbury - 01.05.2014 21:12

Dann stell doch entweder das gesamte Buch in einem eigenen Thread oder seine Thesen bezüglich der Urheimat der Indoeuropäer einfach mal vor, ich verspreche dir auch, daß ich irgendeinen Kommentar dazu abgeben werde...Smile


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 01.05.2014 22:04

(01.05.2014 11:55)Renegat schrieb:  Den ersten Beitrag können wir ja außen vor lassen, da fehlen ohnehin einige hitverdächtige Weltgegenden.

Unter anderem das nördliche Europa, ist zwar nicht unbedingt mein Favourit aber der von Kenneth Hsü, dessen "Klima ist schuld an fast allem"-Buch ich gerade gelesen habe.

Außerdem fehlen alternative Theorien zur Sprachausbreitung bzw. Gründe für Übernahmen.

Gegen das nördliche Europa spechen viele Argumente. Bis heute sind dort uralische Sprachen verbreitet. In bestimmten Regionen sind erst spät Indogermanen eingewandert. In das ehemalige Gebiet der Ertebölle-Kultur/nördliche Megalithiker wanderten die Indogermanen erst in der Zeit der Trichterbecherkultur ein. Die Region kann nicht die Urheimat der Indogermanen sein.
In die Region um Moskau sind Russen(Indogermanen) erst in der Mongolenzeit eingewandert.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 01.05.2014 23:34

(01.05.2014 22:04)Paul schrieb:  
(01.05.2014 11:55)Renegat schrieb:  Den ersten Beitrag können wir ja außen vor lassen, da fehlen ohnehin einige hitverdächtige Weltgegenden.

Unter anderem das nördliche Europa, ist zwar nicht unbedingt mein Favourit aber der von Kenneth Hsü, dessen "Klima ist schuld an fast allem"-Buch ich gerade gelesen habe.

Außerdem fehlen alternative Theorien zur Sprachausbreitung bzw. Gründe für Übernahmen.

Gegen das nördliche Europa spechen viele Argumente. Bis heute sind dort uralische Sprachen verbreitet. In bestimmten Regionen sind erst spät Indogermanen eingewandert. In das ehemalige Gebiet der Ertebölle-Kultur/nördliche Megalithiker wanderten die Indogermanen erst in der Zeit der Trichterbecherkultur ein. Die Region kann nicht die Urheimat der Indogermanen sein.
In die Region um Moskau sind Russen(Indogermanen) erst in der Mongolenzeit eingewandert.

Woher weißt du, welche Sprache die Menschen der Erteböllekultur sprachen, Paul?
Sie lebten nördlich der Bandkeramiker, die wiederum nachweislich aus Südosten einwanderten. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:European_Middle_Neolithic.gif

Hsü begründet seine diversen Theorien mit kleinen Eiszeiten und Wärmeoptima und postuliert einerseits lemminghafte Flucht aus Hungerregionen. Das könnten theoretisch die nördlichen, europäischen Länder sein, bei denen nasse Kälte die ohnehin magere Ernte verdarb.
Andererseits breiten sich während der Wärmeoptimaphasen sprunghaft angestiegene Bevölkerungen heuschreckenartig aus.
http://www.amazon.de/Klima-Geschichte-Menschheitsgeschichte-Abbild-Klimaentwicklung/dp/3280024064
Damit erklärt er auch gleich das Ende der Bronzezeit, den Seevölkersturm und viele andere Veränderungen weltweit, bes. in Asien und Europa.
Auf jeden Fall mal ein diskussionswürdiger anderer Ansatz, denn diese dollen Reiter aus den kurganischen Steppen haben mich noch nie überzeugt.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 02.05.2014 00:17

Eigentlich gehen einige Sprachwiisenschaftler davon aus, das nördlich der sprachlichen Bandkeramiker Indogermanen lebten und nördlich davon dann die nördlichen Megalithiker. Die Gewässernamen in Norddeutschland haben indogermanische Wurzeln. Die Indogermanen sollen sich aus dem heutigen Norddeutschland in der Phase der Trichterbecherkultur nach Norden ausgebreitet haben. Ein Teil unseres Wortschatzes ist nicht Indogermanisch, muß also aus der Sprache der Menschen der ehemaligen Erteböllekultur stammen.
Diese Auswanderung aus dem Norden hat es ja tatsächlich immer wieder gegeben, nachdem auch in Südskandinavien ein frühes Prä-Germanisch gesprochen wurde, aber auch aus den südlich der Ostsee liegenden Gebieten hat es immer wieder indogermanische Auswanderungen gegeben, welche sich bis Südeuropa auswirkten(Illyrer, Veneter u.a. Italiker).


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 08:22

(01.05.2014 23:34)Renegat schrieb:  Woher weißt du, welche Sprache die Menschen der Erteböllekultur sprachen, Paul?

Das würde ich auch gern mal wissen, zumal uns @Paul nicht zum ersten Mal damit kommt.

Ich denke schon, dass die Ausbreitung der indogermanischen Sprachen mit der Domestikation des Pferdes zusammenhängt, das sicherte ihre Überlegenheit. Da gibt es übrigens geschichtliche Parallelen, die amerikanischen Hochkulturen konnten einer Handvoll berittener Spanier auch nichts entgegensetzen und die Hyksos mit ihrer neuen Wunderwaffe Streitwagen kassierten Altägypten fast im Vorbeifahren.

Jedenfalls unterstützt die Mehrzahl der seriösen Fachleute die Kurgan-Hypothese in einer mehr oder weniger abgewandelten Form, Renfrews Anatolien-Hypothese ist eigentlich vom Tisch und andere Weltgegenden fristen als mögliche Urheimat eher ein Exotendasein.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 02.05.2014 10:15

(02.05.2014 08:22)Arkona schrieb:  Ich denke schon, dass die Ausbreitung der indogermanischen Sprachen mit der Domestikation des Pferdes zusammenhängt, das sicherte ihre Überlegenheit. Da gibt es übrigens geschichtliche Parallelen, die amerikanischen Hochkulturen konnten einer Handvoll berittener Spanier auch nichts entgegensetzen und die Hyksos mit ihrer neuen Wunderwaffe Streitwagen kassierten Altägypten fast im Vorbeifahren.
Pferde verstehen aber nicht nur indoeuropäische Sprachen.Huh Was sprachen denn die Hyksos? Und wechselten deshalb die Ägypter die Sprache? Außerdem waren Streitwagen in der Bronzezeit in ganz Nahost modern und wurden von allen verwendet, unabhängig von der Sprache.
In China wechselte man nicht die Sprache als die Mandschu die Herrschaft übernahmen, im Gegenteil, die Mandschu assimilierten sich an Sprache und Kultur der Mehrheit.

Dass die Eroberung Amerikas und Australiens bis heute dazu führte, dass dort heute überwiegend indoeuropäische Sprachen gesprochen werden, hat was mit Dezimierung und anschließendem unterschiedlichem Bevölkerungswachstum und kontinuierlicher Einwanderung zu tun und nicht so sehr mit erfolgreichem Sieg zu Pferde und überlegener Bewaffnung.
In bevölkerungsreichen Kolonien wie Indien wechselte man nicht die Sprache.


(02.05.2014 08:22)Arkona schrieb:  Jedenfalls unterstützt die Mehrzahl der seriösen Fachleute die Kurgan-Hypothese in einer mehr oder weniger abgewandelten Form, Renfrews Anatolien-Hypothese ist eigentlich vom Tisch und andere Weltgegenden fristen als mögliche Urheimat eher ein Exotendasein.
Dann erzähl doch mal die dich überzeugende, seriöseste Fachmeinung.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 10:50

(02.05.2014 10:15)Renegat schrieb:  Pferde verstehen aber nicht nur indoeuropäische Sprachen.Huh Was sprachen denn die Hyksos? Und wechselten deshalb die Ägypter die Sprache? Außerdem waren Streitwagen in der Bronzezeit in ganz Nahost modern und wurden von allen verwendet, unabhängig von der Sprache.
In China wechselte man nicht die Sprache als die Mandschu die Herrschaft übernahmen, im Gegenteil, die Mandschu assimilierten sich an Sprache und Kultur der Mehrheit.
Dass die Eroberung Amerikas und Australiens bis heute dazu führte, dass dort heute überwiegend indoeuropäische Sprachen gesprochen werden, hat was mit Dezimierung und anschließendem unterschiedlichem Bevölkerungswachstum und kontinuierlicher Einwanderung zu tun und nicht so sehr mit erfolgreichem Sieg zu Pferde und überlegener Bewaffnung.
In bevölkerungsreichen Kolonien wie Indien wechselte man nicht die Sprache.

Dass eine neue Technologie übernommen und kopiert wird, ist ja wohl klar - das taten die Prärieindianer ja auch mit dem Pferd und die Japaner bauten im frühen 17. Jahrhundert bessere Musketen als ihre portugiesischen und holländischen Vorbilder.
Nicht desto Trotz führt die gesellschaftliche und militärische Dominanz einer Bevölkerungsgruppe oft auch zu sprachlicher Überschichtung der Alteingesessenen. Es gibt auch genau umgekehrte Beispiele, die sind aber nicht die Regel. (Mandschu vs. Mandarin, Germanen auf ehemals weströmischen Gebiet). Dann muss das Kulturgefälle und der Unterschied in der Menschenzahl aber erheblich sein und die Eroberer versickern förmlich...

Und wie wir an anderer Stelle festgestellt haben, eine Masseneinwanderung bzw. starke Dezimierung der Urbevölkerung ist dazu gar nicht nötig. In Lateinamerika dominieren vielfach Indios und Mestizen und trotzdem hat sich das Spanische dort etabliert.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 10:53

(02.05.2014 10:15)Renegat schrieb:  Dann erzähl doch mal die dich überzeugende, seriöseste Fachmeinung.

Gut zusammengefasst, relativ aktuell und preiswert:
H. Haarmann: Die Indoeuropäer - Herkunft, Sprachen, Kulturen
C.H. Beck Verlag 2010


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 11:00

Ich möchte noch ergänzend erwähnen, dass der Gebrauch einer fremden Sprache auch von der gesellschaftlichen Akzeptanz abhängt. Der europäische Adel und zum Teil auch die gebildeten Bürger sprachen im 18. Jahrhundert französisch, auch untereinander im Alltag. Damals fanden sehr viele frz. Wörter ihren Eingang in die anderen Sprachen und man kann darüber spekulieren, wohin das einige Generationen später geführt hätte.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 02.05.2014 11:43

(02.05.2014 10:53)Arkona schrieb:  
(02.05.2014 10:15)Renegat schrieb:  Dann erzähl doch mal die dich überzeugende, seriöseste Fachmeinung.

Gut zusammengefasst, relativ aktuell und preiswert:
H. Haarmann: Die Indoeuropäer - Herkunft, Sprachen, Kulturen
C.H. Beck Verlag 2010

Mmh, von Haarmann habe ich anderes gelesen, das ist doch der mit der Donauzivilisation? Das ist ein Postulierer und für mich kein Argumentierer. Was hat dich denn überzeugt?

Zu Südamerika und Spanisch, wo haben wir festgestellt, dass die Einwanderung nicht groß war? Wenn du die Erstspanier und Portugiesen meinst, kann man feststellen, dass sie mit Chuzpe die Macht übernahmen, auch mithilfe unzufriedener indigener Gruppen.
Dadurch erreichten sie aber noch keinen Sprachwechsel, der kam erst im Laufe der Zeit, als weitere Einwanderer nachkamen bzw. als Sklaven verschleppt wurden. Da diese alle verschiedene Sprachen mitbrachten, wurde die Sprache der Herrscherschicht lingua franca und irgendwann für die meisten Muttersprache.
Das ist aber eine ziemlich einmalige Situation, mir fällt für die Frühzeit kein vergleichbares Szenario ein. Auch weil die Dezimierung der autochtonen Bevölkerung durch Krankheiten und Seuchen auf den alten Kontinenten so nicht stattgefunden hat.
Oder hast du frühzeitliche Beispiele? Oder Haarmann?


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 02.05.2014 12:19

(02.05.2014 08:22)Arkona schrieb:  
(01.05.2014 23:34)Renegat schrieb:  Woher weißt du, welche Sprache die Menschen der Erteböllekultur sprachen, Paul?

Das würde ich auch gern mal wissen, zumal uns @Paul nicht zum ersten Mal damit kommt.

Und ebenso habe ich dies schon mehrfach begründet und belegt.
Es ist der Inhalt der Germanischen Substrattheorie, die ich überzeugend finde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Germanische_Substrathypothese

In Germanischen Sprachen finden sich heute etwas überwiegend Worte mit indogermanischem Ursprung. Daneben gibt es sehr viele Worte, die nicht indogermanischen Ursprungs sind. Sie lassen sich sehr leicht im Vergleich mit einer westslawischen Sprache identifizieren. Die Worte im Deutschen ähneln entweder dem entsprechendem Wort in der slawischen Sprache sehr o. zeigen überhaupt keine Ähnlichkeit. Wenn man aber die Entlehnungen der letzten 2000 Jahre aus indogermanischen Sprachen wie das Latein wegläßt, war das Germanische etwa zur Hälfte nicht indogermanischen Ursprungs. Als Spender ist die Spache der nördlichen Megalithiker der logischste Ursprung, da es eine intensive Vermischung zwischen ihnen und den Indogermanen aus dem heutigen Norddeutschland gab.

Man könnte die Sprache der nördlichen Megalithiker/Ertebölleleute/Arktische Ureinwohner wahrscheinlich sogar aus dem Deutschen rekonstruieren.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Suebe - 02.05.2014 12:38

(02.05.2014 10:15)Renegat schrieb:  [quote='Arkona' pid='35226' dateline='1399011720']

Dass die Eroberung Amerikas und Australiens bis heute dazu führte, dass dort heute überwiegend indoeuropäische Sprachen gesprochen werden, hat was mit Dezimierung und anschließendem unterschiedlichem Bevölkerungswachstum und kontinuierlicher Einwanderung zu tun und nicht so sehr mit erfolgreichem Sieg zu Pferde und überlegener Bewaffnung.
In bevölkerungsreichen Kolonien wie Indien wechselte man nicht die Sprache.

aber Indien ist in dem Zusammenhang nicht unbedingt das Beispiel.
Wink


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 19:12

(02.05.2014 11:43)Renegat schrieb:  Das ist aber eine ziemlich einmalige Situation, mir fällt für die Frühzeit kein vergleichbares Szenario ein.
Mir schon einige. Dass sich Latein und Griechisch im Altertum rund ums Mittelmeer durchsetzten, beruht auch nicht unbedingt darauf, dass Leute aus Athen oder Rom alles überschwemmten. Es reichte nur die Eliten zu korrumpieren oder zu eliminieren und das Ganze war dann nachhaltig nach wenigen Generationen vollzogen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 02.05.2014 21:28

Naja Arkona, das römische Imperium war schon ein spezieller Fall, nicht nur aufgrund seiner langen Dauer. Dazu kam Schrifttum, straffe staatliche Strukturen, die für das Gesamtgebiet galten. Da waren die Vorteile einer lingua franca bei der Vielzahl der lateinisch organisierten Ethnien und Städte überzeugend. Zumal die römisch verwalteteten Bürger und Föderaten sich teilweise ziemlich frei bewegten im römischen Imperium. Das geht nur mit einer vielen verständlichen (Zweit)Sprache, die dann irgendwann zur Erstsprache wird.
Gar nicht so anders als in Amerika.

Kannst du dir vorstellen, dass solche Bedingungen vor 4 - 6000 Jahren irgendwo vorlagen? Ach nein, wir sprechen ja nicht von irgendwo, das Imperiumsgebiet kennen wir ja, es muß demnach von Westeuropa bis Indien gereicht haben und einige Jahrhunderte aufrechterhalten worden sein. Komisch, dass nicht mal eine mythologische Erinnerung an ein solches Imperium auf uns gekommen ist, von archäologischen Resten ganz zu schweigen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 02.05.2014 21:49

(02.05.2014 21:28)Renegat schrieb:  Kannst du dir vorstellen, dass solche Bedingungen vor 4 - 6000 Jahren irgendwo vorlagen? Ach nein, wir sprechen ja nicht von irgendwo, das Imperiumsgebiet kennen wir ja, es muß demnach von Westeuropa bis Indien gereicht haben und einige Jahrhunderte aufrechterhalten worden sein. Komisch, dass nicht mal eine mythologische Erinnerung an ein solches Imperium auf uns gekommen ist, von archäologischen Resten ganz zu schweigen.

Wieso denn ein durchgehendes staatliches Imperium vom Indus bis zum Atlantik? Einfach nur tribale Gesellschaften mit ähnlicher Wirtschaft und Kultur, die in lockerer Verbindung zum jeweiligen Nachbarn stehen. Archäologische Reste gibt es genug, so man sie zur Kenntnis nimmt. Vielleicht mal bei Parzinger über die Ausgrabungen in Sibirien nachlesen.
Und weil du auf Beispiele erpicht bist: Die Bantu bildeten auch nie eine politische Einheit und haben trotzdem vor 2000-3000 Jahren fast ganz Schwarzafrika "überrannt".


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Renegat - 02.05.2014 22:22

(02.05.2014 21:49)Arkona schrieb:  Und weil du auf Beispiele erpicht bist: Die Bantu bildeten auch nie eine politische Einheit und haben trotzdem vor 2000-3000 Jahren fast ganz Schwarzafrika "überrannt".
Oder "beackert" ? Damit sind wir aber bei der Anatolien-Hypothese von Renfrew http://de.wikipedia.org/wiki/Anatolien-Hypothese

Die nun wieder den Charme hat, mit unterschiedlichen Bevölkerungszuwächsen zu operieren. Über diesen Weg können wir wieder zu Hsü gelangen, der auch damit argumentiert.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - 913Chris - 03.05.2014 09:54

So klar und deutlich sind die Nachweise doch gar nicht. Von Imperien zu sprechen verbietet sich allein schon deshalb, weil wir in der betreffenden Ära außer im Vorderen Orient noch gar keine staatlichen Strukturen haben.

Wir haben aber auch u.a. genetische Nachweise, dass sich die Ausbreitung der Indoeuropäer nicht direkt mit der Ausbreitung von Ackerbau und Vieh-/Pferdezucht korrelieren lässt. Gerade in Mitteleuropa haben sich zwar die Kenntnisse von Landwirtschaft ausgebreitet, aber nicht unbedingt auch die Indoeuropäer. Die mittelsteinzeitliche Bevölkerung Europas hat sich zwar technologisch-kulturell von den Indoeuropäern inspirieren lassen, hat sich aber nicht mit den Indoeuropäern vermischt oder sich gar von ihnen "überrennen" lassen - anders als die afrikanischen Vor-Bantu-Bevölkerungen, die sehr wohl zum Großteil quasi "überrannt" wurden. Anders lässt sich die rasche Ausbreitung der Bantu won West- nach Südafrika wohl kaum beschreiben.

In Mitteleuropa dauerte es teilweise einige hundert Jahre, bis man in Gegenden, die die Landwirtschaft schon lange kannten, auch andere kulturelle Merkmale, z.B. Keramik, findet, die auf eine Verbindung zu indoeuropäischen Kulturen hindeuten (z.B. Übergang Trichterbecher-Schnurkeramiker-/Streitaxt-Kultur, wobei auch hier diskutiert wird, ob es sich bei den Schnurkeramikern wirklich schon um Indoeuropäer gehandelt hat).

Das zeigt, dass es sich bei der Einwanderung der Indoeuropäer nach Mitteleuropa um einen langfristigen Prozess gehandelt hat und nicht um eine einmaliges Ereignis. Um eine Extremposition zu formulieren: Es könnte sein, dass erst die Kelten und Germanen die ersten Indoeuropäer waren, die Mitteleuropa erreichten und dass noch die Streitaxtleute keine (reinen) Indoeuropäer waren, sondern dass die Streitaxtleute die von Paul so oft postulierte Mischbevölkerung aus "autochthonen" Mitteleuropäerm und Indoeuropäern waren, die zur Einmischung nichtindoeuropäischer Sprachbestandteile in den Sprachschatz der späteren Sprecher von indogermanischen Sprachen führte bzw. zur teilweisen Überlagerung vorindogermanischer Sprachen mit einem indogermanischen Stratum...

VG
Christian


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 03.05.2014 10:31

Ein reiner Kultur- und Sprachtransfer war das aber nun auch nicht. Das belegt die einstige Existenz der Tocharer in Zentralasien und das heutige Indien mit seiner immer noch existenten Kastenstruktur. Die "oberen" Kasten (Brahmanen) unterscheiden sich auch heute noch deutlich von den Parias. Man schaue die Figuren in einem Bollywood-Film, die schon rein phänotypisch wenig mit der indischen Durchschnittsbevölkerung zu tun haben.

Natürlich ist die Landwirtschaft älter als die Anwesenweit der Indoeuropäer in Europa. Das gilt allerdings nicht für die Pferdezucht, die m.E. von ihnen mitgebracht wurde und entscheidend für ihre Dominanz war. Noch den Kelten und Germanen waren Pferde ganz besonders heilig. So ein Kult kann nicht aus dem europäischen Waldland oder aus Gebirgsgegenden stammen, genausowenig die Technologie des Rades.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 05.11.2014 16:53

(03.05.2014 09:54)913Chris schrieb:  Das zeigt, dass es sich bei der Einwanderung der Indoeuropäer nach Mitteleuropa um einen langfristigen Prozess gehandelt hat und nicht um eine einmaliges Ereignis.

Davon ist auszugehen. Es hat vermutlich mehrere Wellen gegeben, die sich von den umstrittenen "Ursitzen" nach Ost und West ausbreiteten. Denkbar ist auch in einigen Regionen ein allmähliches Einsickern indoeuropäischer Migranten. - Endgültig ins Reich der Fabel zu verweisen ist eine frühere Vorstellung, nach der ganze Horden aggressiver Indoeuropäer gleich den Hunnen nach Europa und Indien einfielen.

Dass die einwandernden indoeuropäischen Gruppen entweder eine Vorherrschaft oder zumindest eine Dominanz gegenüber der altansässigen Bevölkerung ausübten, davon ist auszugehen. Immerhin setzten sie ihre Sprache durch und auch ihren patriarchalischen Götterhimmel - auch wenn in vielen Regionen wie z.B. Griechenland vorindoeuropäische Gottheiten ihren Platz behielten. So u.a. Artemis, Demeter oder Aphrodite, die altmediterraner oder kleinasiatisch-vorderasiatischer Herkunft sind.

(03.05.2014 09:54)913Chris schrieb:  Um eine Extremposition zu formulieren: Es könnte sein, dass erst die Kelten und Germanen die ersten Indoeuropäer waren, die Mitteleuropa erreichten ...

Die indoeuropäischen Bevölkerungsgruppen erreichten Europa nicht als die fertigen Völker, die wir aus historischer Zeit kennen. Diese Völker wie Kelten oder Germanen entwickelten sich erst lange nach ihrer Ankunft aus einem indoeuropäischen Kontinuum unbestimmter ethnischer Herkunft. Die Germanen gingen um 500 v. Chr. aus der norddeutschen Jastorf-Kultur hervor, die Kelten werden frühestens um 800 v. Chr. im Raum Ostfrankreich/Süddeutschland fassbar, wo sie aus der Hallstattkultur hervorgehen.

Wo sich prägermanische oder präkeltische Gruppen während der Bronzezeit befanden, können wir nicht sagen. Auch wäre es historisch unzutreffend, bereits im 2. Jahrtausend von Kelten oder Germanen zu sprechen. Man kann höchstens sagen, dass indoeuropäische Sprachträger vermutlich im 3./2. Jahrtausend v. Chr. nach Zentraleuropa einwanderten und sich nach Verschmelzung mit der altansässigen Bevölkerung allmählich die Völker herausbildeten, die wir aus historischer Zeit kennen.

(03.05.2014 09:54)913Chris schrieb:  ... die zur Einmischung nichtindoeuropäischer Sprachbestandteile in den Sprachschatz der späteren Sprecher von indogermanischen Sprachen führte bzw. zur teilweisen Überlagerung vorindogermanischer Sprachen mit einem indogermanischen Stratum...

Ob es wirklich ein vorindoeuropäisches Substrat im Germanischen gibt, ist in der Forschung umstritten. Der Sprachwissenschaftler Theo Vennemann vertritt u.a. eine solche Hypothese, die allerdings inzwischen als überholt gilt. Ein Argument ist, dass man für die meisten angeblich vorindoeuropäischen Wörter inzwischen indoeuropäische Vergleiche gefunden hat. Es gibt auch noch andere Argumente, was sich hier nachlesen lässt: http://de.wikipedia.org/wiki/Germanische_Substrathypothese


RE: Urheimat der Indoeuropäer - 913Chris - 05.11.2014 20:10

Ich geh mit dir vollkommen d´accord, Dietrich.
Ich hatte ja auch nur eine (zugegebenermaßen provokante) Extremposition formuliert.

Meines Wissens beschränken sich bei den geläufigsten indogermanischen Sprachen Europas die vorindogermanischen einsprengsel mow auf Orts- und Gewässernamen?

VG
Christian


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 05.11.2014 21:07

(05.11.2014 20:10)913Chris schrieb:  Ich geh mit dir vollkommen d´accord, Dietrich.
Ich hatte ja auch nur eine (zugegebenermaßen provokante) Extremposition formuliert.

Meines Wissens beschränken sich bei den geläufigsten indogermanischen Sprachen Europas die vorindogermanischen einsprengsel mow auf Orts- und Gewässernamen

Ein beträchtliches vorindoeuropäisches Substrat findet sich u.a. im Griechischen, wozu Pflanzennamen, Bezeichnungen aus der Landwirtschaft, Ortsnamen und Ausdrücke aus der Seefahrt zählen. Das mag zeigen, was die etwa um 2200 v. Chr. in den Süden des Balkans einströmenden indoeuropäischen Gruppen alles nicht kannten oder wenig beherrschten.

Dass sich im Germanischen kein vorindoeuropäisches Substrat finndet, heißt natürlich nicht, dass es in Mitteleuropa keine alteuropäische Bevölkerungsschicht gab. Aber aus irgendeinem uns unbekannten Grund hat sich dort kein Substrat erhalten. Das könnte darauf hindeuten, dass die Vorbevölkerung - anders als in Griechenland - keinen hohen kulturellen oder zivilisatorischen Stand erreicht hatte. Anders gesagt: Die eindringenden Indoeuropäer konnten von den Autochthonen nichts (oder wenig) lernen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 05.11.2014 23:33

Ich bin überzeugt das das Deutsche/Germanische ein umfangreiches nichtindogermanisches Substrat hat z.B.:
Erde, Mensch, Schwert, Schiff, Boot, Gott sterben, Abend, schlagen, schlafen, Brot, Familie, Ebbe, Fett, Hand, Fuß, Blut, Weg, heiraten, Heim, gehen, Licht, laufen, laut, Fisch, keimen, Hund, Haar.

Man müßte das Deutsche/Germanische mit einer baltischen Sprache vergleichen. Worte die nicht verwandt sind, müßten mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem nichtindogermanischen Vorläuferwortschatz stammen.
Ein slawische Sprache wäre als Vergleich unsicher, da das slawische stark durch das Ostgermanische beeinflußt sein müßte bzw. aus der Vermischung das Baltischen mit dem Ostgermanischen stammen kann.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 06.11.2014 09:23

(05.11.2014 23:33)Paul schrieb:  Man müßte das Deutsche/Germanische mit einer baltischen Sprache vergleichen. Worte die nicht verwandt sind, müßten mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem nichtindogermanischen Vorläuferwortschatz stammen.
Ein slawische Sprache wäre als Vergleich unsicher, da das slawische stark durch das Ostgermanische beeinflußt sein müßte bzw. aus der Vermischung das Baltischen mit dem Ostgermanischen stammen kann.

Du kannst dich darauf verlassen, dass die Linguisten das alles wieder und wieder untersucht haben. Da sind kaum noch neue Erkentnisse zu erwarten.
Gewagt ist deine These, das (Früh)Slawische wäre eine germanisch-baltische Mischsprache, also quasi ein Pidgin-Idiom. Ich weiß nicht wie du darauf kommst, außer einer geographischen Nachbarschaft. Sicher, es gibt Lehnwörter, aber Wortschatz und Grammatik des Slawischen sind eindeutig originär bzw. beruhen auf gemeinsamer Wurzel aus dem UIG (Urindogermanisch).


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Bunbury - 06.11.2014 10:44

(05.11.2014 23:33)Paul schrieb:  Ich bin überzeugt das das Deutsche/Germanische ein umfangreiches nichtindogermanisches Substrat hat z.B.:
Erde, Mensch, Schwert, Schiff, Boot, Gott sterben, Abend, schlagen, schlafen, Brot, Familie, Ebbe, Fett, Hand, Fuß, Blut, Weg, heiraten, Heim, gehen, Licht, laufen, laut, Fisch, keimen, Hund, Haar.

Eines deiner Worte kann ich dir direkt wiederlegen, dazu reicht mein längst vergessenes Latein auch noch aus: Das Wort "Familia" gibt es auch im lateinischen.
Und du willst doch wohl nicht behaupten, die Römer hätten das aus dem nichtindogermanischen Ursubstrat geklaut, lange bevor sie ihren Fuß in die Richtung setzten...


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 06.11.2014 12:14

Wenn Familie aus dem Lateinischen kommen sollte, aber nicht indogermanisch wäre, könnte es also aus einer südlichen alteuropäischen Sprache und nicht aus der ehemaligen Sprache in der Erteböllekultur stammen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Bunbury - 06.11.2014 12:54

Ziemlich konstruiert, findest du nicht?
Es ist sehr viel einfacher anzunehmen, daß "Familia" indogermanische Wurzeln hat. Denn- soweit ich weiß- bezeichnet es ganz gut einen Sippenverband, dem ein männliches Oberhaupt vorsteht. Die patriarchalische Ausrichtung gilt auf jeden Fall als indogermanisches Merkmal, umstritten ist vielmehr, ob wirklich jede vorindoeuropäische Kultur matriarchalisch organisiert war...
Von daher müßtest du einen Zweifel an der indogermanischen Herkunft schon mit etwas mehr begründen, als daß es gut in deine Theorie paßt...Wink


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 06.11.2014 13:28

@Paul, ich weiß nicht, warum du immer wieder mit der mittelsteinzeitlichen Ertebölle-Kultur Dänemarks kommst. Die liegt Jahrtausende früher und von ihrer Sprache ist nicht eine Silbe überliefert. Ihre Kultur ist am ehesten mit den Ureinwohnern der Pazifikküste (British Columbia) vergleichbar. Aber spekulieren kann ich auch, jeder hat 3 Würfe frei. Da ein Großteil Skandinaviens damals noch unter Eis lag, können sie genausogut auch die Vorfahren der heutigen Sami gewesen sein. Hvat nu?


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 06.11.2014 15:04

(05.11.2014 23:33)Paul schrieb:  Ich bin überzeugt das das Deutsche/Germanische ein umfangreiches nichtindogermanisches Substrat hat

Ich sagte bereits, dass die germanische Substrathypothese in der Sprachwissenschaft als überholt gilt.

"Der Hauptgrund dafür, dass die Germanische Substrattheorie heute als widerlegt gilt, ist, dass für sehr viele der vermeintlich nicht-indogermanischen Wörter im rekonstruierten urgermanischen Lexikon inzwischen doch etymologische Vergleichspunkte in anderen indogermanischen Sprachen gefunden worden sind. Einige Beispiele dafür in der oben genannten Wortliste sind: ..."

http://de.wikipedia.org/wiki/Germanische_Substrathypothese

(05.11.2014 23:33)Paul schrieb:  Als Spender ist die Spache der nördlichen Megalithiker der logischste Ursprung, da es eine intensive Vermischung zwischen ihnen und den Indogermanen aus dem heutigen Norddeutschland gab.

Man könnte die Sprache der nördlichen Megalithiker/Ertebölleleute/Arktische Ureinwohner wahrscheinlich sogar aus dem Deutschen rekonstruieren.

Die Ertebölle-Kultur war eine Kultur des 6. und 5. Jahrtausends v. Chr. Sie kann demnach keinen Einfluss auf Indoeuropäer gehabt haben, da diese erst viel später - vermutlich ab etwa 3000 v. Chr. - nach Mitteleuropa einwanderten. Zu dieser Zeit war in Mittel- und Norddeutschland die Trichterbecherkultur verbreitet, der die großen Megalithbauten zuzuschreiben sind. In Süddeutschland finden sich spätneolithische Kulturen, die aus den vorangegangenen bandkeramischen Kulturen hervorgingen.

Wenn wir eindringende indoeuropäische Gruppen postulieren wollen, so überlagerten die in erster Linie die Leute der Trichterbecher-Kultur und falls es ein sprachliches Substrat im Germanischen geben sollte (!?), so stammt es von von dort her.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 13.11.2014 05:16

Während der Trichterbecherkultur fand vermutlich die Indogermanisierung der Regionen statt, in der vorher die Erteböllekultur existierte. Die Menschen verschwanden nicht einfach, sondern vermischten sich mit indogermanischen Einwanderern und brachten auch ihre Sprache ein. Stämme/Bevölkerungen aus diesem Gebiet wanderten auch in den Süden, so das dieses Substrat auch in südgermanische Regionen kam(Präsüdgermanisch).


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 13.11.2014 10:47

@Paul, Bandkeramik und Ertebölle waren zeitlich genausoweit von den Indoeuropäern entfernt wie die pyramidenbauenden Pharaonen von uns. Lassen wir es also besser, da direkte Zusammenhänge zu konstruieren.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 13.11.2014 14:01

Im Raum der Erteböllekultur gab es eine Bevölkerungskontinuität, bis die Indogermanen einwanderten. Es gibt keine Hinweise darauf, das zwischendurch andere Einwanderer die Sprache der Menschen der Erteböllekultur zum Verschwinden gebracht hätten. Die benachbarten Menschen mit Merkmalen der Bandkeramikkultur waren wahrscheinlich Indogermanen, welche die Landwirtschaft von Einwanderern aus dem Süden übernahmen. Bei dieser Hypothese wird immer die Michelsberger Kultur genannt.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 13.11.2014 16:00

Die Bandkeramiker waren ganz bestimmt keine Indoeuropäer, es sei denn man hängt der inzwischen widerlegten Anatolien-Hypothese von Colin Renfrew hartnäckig an. Zu Ertebölle hab ich schon vorher alles gesagt.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 13.11.2014 16:08

(13.11.2014 14:01)Paul schrieb:  Im Raum der Erteböllekultur gab es eine Bevölkerungskontinuität, bis die Indogermanen einwanderten. Es gibt keine Hinweise darauf, das zwischendurch andere Einwanderer die Sprache der Menschen der Erteböllekultur zum Verschwinden gebracht hätten. Die benachbarten Menschen mit Merkmalen der Bandkeramikkultur waren wahrscheinlich Indogermanen, welche die Landwirtschaft von Einwanderern aus dem Süden übernahmen. Bei dieser Hypothese wird immer die Michelsberger Kultur genannt.

In Mitteleuropa entstanden vom Mesolithikum bis zur Bronzezeit nacheinander verschiedene Kulturen, von denen die Ertebölle-Kultur nur eine ist. Vor der Ertebölle-Kultur haben wie die mesolithische Maglemose-Kultur, darauf folgt die Trichterbecherkultur. Es besteht also keine Veranlassung, nun ausgerechnet die Ertebölle-Kultur hervorzuheben, wie du das ständig tust.

Man kann vermuten, dass es während des Mesolithikums eine Bevölkerungskontinuität gab, jedoch ist das nicht sicher. Die Jäger, Sammler und Fischer lebten noch halbnomadisch und waren sehr mobil. Insofern sind Wanderungen und Bevölkerungsverschiebungen gerade in mesolithischer Zeit nicht ausgeschlossen.

Ganz anders sieht das zur Zeit der Trichterbecherkultur aus, die etwa von 4000-2800 v. Chr. existiert. Sie ist die erste vollneolithische Kultur Norddeutschlands und ihre bäuerliche Bevölkerung schuf u.a. die Megalithbauten bzw. Hünengräber. Diese Bevölkerung ist es, die von den einwandernden indoeuropäischen Gruppen überschichtet wurde, bzw. mit ihnen verschmolz.

Falls es überhaupt einwandernde Indoeuropäer gab, was wir nicht wissen, und von einigen Forschern durchaus bestritten wird!! Unter anderem von Alexander Häusler, der eine indoeuropäische Wanderung als Mythos betrachtet. Er vertritt die Hypothese, dass die Indoeuropäer identisch sind mit der alteingesessenen mitteleuropäischen Bevölkerung und sich organisch in diesem Raum entwickelt hätten - ohne Invasionen und Zuwanderungen, für die es keinen archäologischen Beleg gibt.

http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/view/36/23

http://www.nomadsed.de/fileadmin/user_upload/redakteure/Dateien_Publikationen/Mitteilungen_des_SFB/owh3haeusler.pdf


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 13.11.2014 20:22

Noch ein Tipp.
http://press.princeton.edu/titles/8488.html
Ziemlich plausibel und fachlich überzeugend. Sieht man mal davon ab, dass er das Reiten für älter als das Wagenfahren hält - das hat ihm seine pferdeverrückte Frau wohl eingeredet.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Paul - 14.11.2014 12:00

(13.11.2014 16:08)Dietrich schrieb:  In Mitteleuropa entstanden vom Mesolithikum bis zur Bronzezeit nacheinander verschiedene Kulturen, von denen die Ertebölle-Kultur nur eine ist. Vor der Ertebölle-Kultur haben wie die mesolithische Maglemose-Kultur, darauf folgt die Trichterbecherkultur. Es besteht also keine Veranlassung, nun ausgerechnet die Ertebölle-Kultur hervorzuheben, wie du das ständig tust.
Ganz anders sieht das zur Zeit der Trichterbecherkultur aus, die etwa von 4000-2800 v. Chr. existiert. Sie ist die erste vollneolithische Kultur Norddeutschlands und ihre bäuerliche Bevölkerung schuf u.a. die Megalithbauten bzw. Hünengräber. Diese Bevölkerung ist es, die von den einwandernden indoeuropäischen Gruppen überschichtet wurde, bzw. mit ihnen verschmolz.

Falls es überhaupt einwandernde Indoeuropäer gab, was wir nicht wissen, und von einigen Forschern durchaus bestritten wird!! Unter anderem von Alexander Häusler, der eine indoeuropäische Wanderung als Mythos betrachtet. Er vertritt die Hypothese, dass die Indoeuropäer identisch sind mit der alteingesessenen mitteleuropäischen Bevölkerung und sich organisch in diesem Raum entwickelt hätten - ohne Invasionen und Zuwanderungen, für die es keinen archäologischen Beleg gibt.

http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/view/36/23
http://www.nomadsed.de/fileadmin/user_upload/redakteure/Dateien_Publikationen/Mitteilungen_des_SFB/owh3haeusler.pdf

Die Erteböllekultur ist wahrscheinlich die letzte nichtindogermanische Kultur in dem Raum. Danach setzte die Indogermanisierung ein, also in der Zeit der Trichterbecherkultur.
Urheimat ist hier auch ein relativer Begriff, da sich Sprache immer in einem Enwicklungsprozeß befindet. Die uralische Sprachfamilie und die Indogermanische Sprachfamilie hatten eine gemeinsame Wurzel, die wahrscheinlich vor langer Zeit in Sibirien gesprochen wurde. Viele ihrer Nachfahren wanderten nach Westen. Ein Teil vermischte sich wahrscheinlich mit einem anderen Volk welches dort lebte und bildete so die Urindogermanische Sprache. Als sich westlicher Urindogermanen mit den Menschen vermischten, welche in der Erteböllekultur lebten entstand die Prägermanische Sprache. Diese soll sich aber auf einem großen Gebiet entwickelt haben. Italiker trennten sich aus dem Dialektkontinium durch Auswanderung. Die Kelten gliederten sich aus, da sie sich im Süden mit anderen Völkern vermischten.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 14.11.2014 14:39

(14.11.2014 12:00)Paul schrieb:  Die Erteböllekultur ist wahrscheinlich die letzte nichtindogermanische Kultur in dem Raum. Danach setzte die Indogermanisierung ein, also in der Zeit der Trichterbecherkultur.

Die letzte vorindoeuropäische Kultur im Raum des heutigen Deutschlands ist die Trichterbecherkultur. Sie entwickelte sich ab etwa 4200 v. Chr. zu einer Zeit, als an Indoeuropäer in Zentraleuropa noch nicht zu denken war - sofern wir überhaupt Einwanderungen indoeuroäischer Gruppen postulieren wollen. Diese Kultur wurde indoeuropäisch überformt und damit ging aus ihr die schnurkeramische oder Streitaxtkultur hervor.

(14.11.2014 12:00)Paul schrieb:  Urheimat ist hier auch ein relativer Begriff, da sich Sprache immer in einem Enwicklungsprozeß befindet. Die uralische Sprachfamilie und die Indogermanische Sprachfamilie hatten eine gemeinsame Wurzel, die wahrscheinlich vor langer Zeit in Sibirien gesprochen wurde. Viele ihrer Nachfahren wanderten nach Westen. Ein Teil vermischte sich wahrscheinlich mit einem anderen Volk welches dort lebte und bildete so die Urindogermanische Sprache.

Das ist eine nicht belegbare Hypothese. Die Sprachwissenschaft lehnt eine solche indo-uralische Sprachfamilie ab:

"Indo-Uralisch ist eine hypothetische Sprachfamilie, die aus den indogermanischen und den uralischen sowie möglicherweise weiteren verwandten Sprachen besteht. Das am häufigsten genannte Argument für eine solche Verwandtschaft gründet auf anscheinend gemeinsamen morphologischen Elementen, wie den pronominalen Wurzeln *m- (1. Person) und *t- (2. Person), oder der Akkusativendung *-m. Daneben werden weitere, weniger offensichtliche Übereinstimmungen vorgeschlagen, wie die indogermanische Pluralendung *-s und ihr uralisches Gegenstück *-t. Die meisten Linguisten erachten die Evidenzen jedoch für nicht ausreichend."

http://de.wikipedia.org/wiki/Indo-uralische_Sprachen

Davon ganz abgesehen könnten Berührungen beider Sprachfamilien durchaus zwischen in Mitteleuropa ansässigen indoeuropäischen Bevölkerungsgruppen und östlich benachbarten uralischen erfolgt sein.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 14.11.2014 15:29

(14.11.2014 14:39)Dietrich schrieb:  Davon ganz abgesehen könnten Berührungen beider Sprachfamilien durchaus zwischen in Mitteleuropa ansässigen indoeuropäischen Bevölkerungsgruppen und östlich benachbarten uralischen erfolgt sein.

Mit Sicherheit. Das europäische Russland war noch im Mittelalter über weite Strecken von Finno-Ugriern besiedelt, Moskau war mal Mordwinenland.
Viele Begriffe sind aus dem frühen Indogermanischen ins Uralische gewandert, umgekehrt aber kaum (Haarmann: Die Indoeuropäer). Man vermutet, dass die Landwirtschaft betreibenden Indogermanen damals ein höhere Sozialprestige hatten als die noch jagenden und sammelnden Uralier.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 14.11.2014 16:40

(14.11.2014 15:29)Arkona schrieb:  Mit Sicherheit. Das europäische Russland war noch im Mittelalter über weite Strecken von Finno-Ugriern besiedelt, Moskau war mal Mordwinenland.
Viele Begriffe sind aus dem frühen Indogermanischen ins Uralische gewandert, umgekehrt aber kaum (Haarmann: Die Indoeuropäer). Man vermutet, dass die Landwirtschaft betreibenden Indogermanen damals ein höhere Sozialprestige hatten als die noch jagenden und sammelnden Uralier.

Ich habe Haarmanns Büchlein "Indoeuropäer" auch bei mir stehen. Er ist ja wirklich ein kompetenter Sprachwissenschaftler, der schon einiges publiziert hat. Was mir weniger gefällt ist seine Tendenz, offene Hypothesen zuweilen als begründete Tatsachen hinzustellen. So muss z.B. die so genannte "Urheimat" der Indoeuropäer offen bleiben, denn sie ist nach wie vor in der Forschung umstritten, und für die von Haarmann postulierte südrussische Ausgangsbasis gibt es nach Meinung vieler Wissenschaftler keine archäologischen Belege. Auch wenn also die postulierte Urheimat in Südrussland eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat, so bleibt das durchaus umstritten.

Ähnliches gilt für die neolithische Donauzivilisation, die Haarmann in einer seiner Publikationen zur "Hochkultur" aufpustet. Die auf Keramiken zu findenden Zeichen der neolithischen Bevölkerung erklärt Haarmann zu einer "Schrift", was überwiegend keine Zustimmung findet. Gegenwärtig können wir lediglich von "Symbolen" sprechen, denn für eine "Schrift" gibt es keine ausreichenden Begründungen. Ganz abgesehen davon, dass natürlich noch niemand auch nur ein Wort dieser "Schrift" hätte entziffern können.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 14.11.2014 17:18

Nachdem Renfrew (Anatolien) als widerlegt gilt, landen wir mit dem wahrscheinlichsten Szenario in der Ostukraine. David Anthony, den ich weiter oben verlinkt habe, verweist auf die frühen Kontakte zum Uralischen (sicher) und Kartwelischen (Kaukasus, nicht gesichert). Wer mit Englisch klarkommt, sollte das mal lesen.
Gimbutas mag im Detail sich geirrt haben, aber grob gesehen scheint "Kurgan" wohl doch zu stimmen.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 14.11.2014 17:57

(14.11.2014 17:18)Arkona schrieb:  Nachdem Renfrew (Anatolien) als widerlegt gilt, landen wir mit dem wahrscheinlichsten Szenario in der Ostukraine. David Anthony, den ich weiter oben verlinkt habe, verweist auf die frühen Kontakte zum Uralischen (sicher) und Kartwelischen (Kaukasus, nicht gesichert). Wer mit Englisch klarkommt, sollte das mal lesen.
Gimbutas mag im Detail sich geirrt haben, aber grob gesehen scheint "Kurgan" wohl doch zu stimmen.

Ein ernst zu nehmender Kritiker ist z.B. Alexander Häusler, der eine indoeuropäische Expansion als "Mythos" bezeichnet. Er vertritt die Hypothese, dass die Indoeuropäer identisch sind mit der alteingesessenen mitteleuropäischen Bevölkerung und sich organisch in diesem Raum entwickelt hätten - ohne Invasionen und Zuwanderungen, für die es keinen archäologischen Beleg gibt.

http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/viewFile/36/23

Es gibt noch andere!


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 14.11.2014 18:53

Also sind wir wieder bei Kossina und Co. samt ihrem Ariermythos? Das hieße ja, dass Pferdehaltung und Rad mitteleuropäische Erfindungen aus dem Waldland sind. Und wie erklären wir uns die Tocharer?

Sicher wird man in der Branche wie in jeder Wissenschaft nur etwas, wenn man Dogmen umwirft und etwas Neues kreiert. Eine quasi Bestätigung von Kurgan verschafft einem ehrgeizigen Jungwissenschaftler keine Lorbeeren.
Die Links hast du neulich schon gestellt, ich habe sogar schon etwas quer gelesen. Jetzt funzen sie aber nicht.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 14.11.2014 19:04

(14.11.2014 18:53)Arkona schrieb:  Also sind wir wieder bei Kossina und Co. samt ihrem Ariermythos? Das hieße ja, dass Pferdehaltung und Rad mitteleuropäische Erfindungen aus dem Waldland sind. Und wie erklären wir uns die Tocharer?

Etwas differenzierter handelt Häusler das schon ab und bringt vor allem zahlreiche Argumente, warum die indoeuropäische Wanderung nach seiner Meinung ein "Mythos" ist. lies das mal in Ruhe durch.

Wenn man ehrlich ist, lässt sich das Phänomen der Indoeuropäer sowohl von Ursitzen in Mittel- und Osteuropa als auch von Südrussland her beschreiben. Die seriöse Forschung weist stets zu Recht darauf hin, dass es bis heute keine unumstrittenen Beweise oder archäologischen Belege für die eine andere Hypothese gibt.

Was die Tocherer betrifft: Da sie eine Kentum-Sprache sprachen, die zum Westzweig der indoeuropäischen Sprachfamilie zählt, wird ohnehin von vielen eine Wanderung aus osteuropäischen Sitzen angenommen.

Diese Links müssten klappen:

http://www.sarks.fi/fa/PDF/FA21_23.pdf

http://www.nomadsed.de/fileadmin/user_upload/redakteure/Dateien_Publikationen/Mitteilungen_des_SFB/owh3haeusler.pdf


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Suebe - 14.11.2014 21:22

(14.11.2014 18:53)Arkona schrieb:  Also sind wir wieder bei Kossina und Co. samt ihrem Ariermythos? Das hieße ja, dass Pferdehaltung und Rad mitteleuropäische Erfindungen aus dem Waldland sind. Und wie erklären wir uns die Tocharer?

./.

Ich kann bei Euerm Fachgespräch nicht mithalten.

Nur der Hinweis, dass ca. 5.000 Jahre alte Räder, sowohl mit rundem als auch mit eckigem Achsloch im Federseegebiet und auch an ein paar anderen Stellen in Mitteleuropa gefunden wurden.
Mithin so alt wie die bisher ältesten Funde aus Mesopotamien.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 14.11.2014 22:11

Das ist die Badener Kultur, die ihr Kerngebiet eigentlich nördlich des Balkan hatte und damit in räumlicher und zeitlicher Nähe bei den vermuteten frühen Indogermanen lag, falls es nicht sogar ein Ableger dieser war.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Dietrich - 15.11.2014 14:46

(14.11.2014 17:18)Arkona schrieb:  Nachdem Renfrew (Anatolien) als widerlegt gilt, landen wir mit dem wahrscheinlichsten Szenario in der Ostukraine. David Anthony, den ich weiter oben verlinkt habe, verweist auf die frühen Kontakte zum Uralischen (sicher) und Kartwelischen (Kaukasus, nicht gesichert). Wer mit Englisch klarkommt, sollte das mal lesen.
Gimbutas mag im Detail sich geirrt haben, aber grob gesehen scheint "Kurgan" wohl doch zu stimmen.

Ich will darauf noch einmal zurückkommen. Auch mir erscheint die vor allem von Marija Gimbutas und späteren Archäologen und Indogermanisten postulierte südrussische "Urheimat" der Indoeuropäer wahrscheinlich - auch wenn sich das nicht ausreichend belegen lässt. Es ist halt eine Hypothese und dessen sollte man sich bei allen Diskussionen bewusst sein.

Plausibel erscheint sie mir, wenn man einmal das großräumige Aubreitungsgebiet der Indoeuropäer betrachtet. Sieht man auf Europa und Indien so liegt es nahe, eine Ursprungsposition dazwischen anzunehmen, von der aus sich indoeuropäische Gruppen sowohl nach Osten (Indien, Iran) als auch nach Westen (Europa) ausbreiteten. - Ferner gibt es "weiche" Faktoren wie z.B. die patriarchalische Religion und Gesellschaftsstruktur der Indoeuropäer, die zur Verehrung von Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttinnen der neolithischen europäischen Bauern wenig passt.

Was die "Kurgane" betrifft, so ist das als Argument sehr umstritten. Häusler behauptet, dass auch andere Kulturen solche Kurgane hinterlassen hätten und sie kein Beweis für ein Auftreten indoeuropäischer Gruppen seien. Dennoch sind die Kurgane vielfach und nachweisbar mit frühen indoeuropäischen Expansionen verbunden, so in Norddeutschland, Griechenland oder Italien.

Hüten muss man sich vor der Vorstellung, indoeuropäische Kriegerscharen hätten auf breiter Front gleich den Hunnen Europa überrannt. Das ist heute vom Tisch und ins Rich der Fantasy zu verweisen. Vielmehr muss man sich ein allmähliches Einsickern indoeuropäischer Sprachträger in mehreren Wellen vorstellen, die keineswgs flächendeckend waren. Nachdem Indoeuropäer in einigen Gebieten ihre Sprache und Teile ihrer Kultur durchgesetzt hatten, wurden auch andere ethnische Gruppen "indoeuropäisiert". So breitete sich ein indoeuropäischer Formenkreis großräumig aus, ohne dass indessen überall ethnisch originäre Indoeuropäer am Werk waren.

Haarmann meint, es hätte u.a. auch ein Eliteransfer stattgefunden, ähnlich wie bei der Romanisierung Europas: Herrschaftsträger wie Beamte und Offiziere brachten römische Kultur und Sprache, die einheimischen Eliten übernahmen das, weil sie auch künftig an der Macht bleiben wollten - und auch weil die neue "Mode" schick war. Ein ähnliches Szenario ist auch hinsichtlich der Ausbreitung indoeuropäischer Sprachen und Kulturen denkbar.

Dass wir es bei dieser Thematik lediglich mit Hypothesen und Spekulationen zu tun haben, muss klar sein.


RE: Urheimat der Indoeuropäer - Arkona - 15.11.2014 15:10

Es gibt ja eine Parallele, nämlich die ersten Konquistadoren mit Pferden. Da standen die Indios zunächst auch nur scheu mit offenem Mund da.

Wer in den neolithischen Bauerndörfern mit Pferd und (Streit)wagen auftauchte, war doch sofort sowas wie ein Halbgott. Ungefähr der Effekt, den ein Poser im Porsche beim Dorftanz auslöst. Da brauchte man keine kampfkräftige mordbrennende Horde oder das ganze Volk samt Karren und Herden hinter sich, um sich zum Cheffe aufzuschwingen und die lokale Damenwelt zu beeindrucken. Elitetransfer, eigentlich ein treffender Ausdruck, allein das Vorbild wirkt. Schmökel hat das als Auszug von "Jungmannschaften" beschrieben.