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Women’s History Month - Suebe - 04.03.2021 19:20

Der Frauen "Geschichte Monat"

ja, ich habe zum erstenmal davon gehört Blush
dabei gibt es den schon 1985, erfunden (natürlich) in den USA.

Spiegel Geschichte hat ein Sonderheft dazu herausgegeben
»Große Frauen. Ihr Leben, ihr Einfluss, ihre Kämpfe«

Das müsste doch auch ein Thema für uns hier sein.
Fällt mir gleich Thusnelda ein, die Frau des Arminius.
In der "Loggia dei Lanzi" in Florenz steht die Skulptur "trauernde Germanin" und dies soll der Überlieferung nach Thusnelda sein.
Und meist ist an solchen Überlieferungen ja etwas dran.

[Bild: 170px-Thusnelda_Loggia_dei_Lanzi_2005_09_13.jpg]


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 16.03.2021 20:54

Der Artikel im "Spiegel" lässt sich allerdings auch hinterfragen.
War Kleopatra wirklich eine Pionierin?
War Hildegard von Bingen tatsächliche eine Ausnahmefrau?
Im Hundertjährigen Krieg findet sich nicht nur eine Jeanne d'Arc, sondern auch eine Jeanne de Belleville, eine Johanna von Flandern (Herzogin von der Bretagne) oder eine Johanna von Dreux.
Was Elisabeth I. von England betrifft, so konnte sie offensichtlich problemlos ihrer Halbschwester Mary I. nachfolgen, war also nicht die erste Königin von England "aus eigenem Recht". Zudem finden sich in den beiden Generationen vor Elisabeth I. mit Isabella der Katholischen eine weitere Königin "aus eigenem Recht", aber auch mehrere fähige Regentinnen (Anne de Beaujeu, Margarete von Österreich, Maria von Ungarn, Margarete von Parma), aber auch weitere Frauen in Herrschaftsbereichen wie zum Beispiel Maria von Jever.


RE: Women’s History Month - Sansavoir - 17.03.2021 22:20

@Teresa, Du hast es schon oben angedeutet. Die Habsburger haben ihre weiblichen Angehörigen mit politischen Aufgaben betraut. Ich möchte ergänzend noch die Ehefrau Karls V - Isabella von Portugal - nennen. Das 15. und 16. Jahrhundert brachte recht viele bedeutende Frauen hervor. Zumindest Frauen der Oberschicht hatten so einige Möglichkeiten.


RE: Women’s History Month - Flora_Sommerfeld - 17.03.2021 23:31

(17.03.2021 22:20)Sansavoir schrieb:  Ich möchte ergänzend noch die Ehefrau Karls V - Isabella von Portugal - nennen. Das 15. und 16. Jahrhundert brachte recht viele bedeutende Frauen hervor. Zumindest Frauen der Oberschicht hatten so einige Möglichkeiten.

Aber diese Frauen haben nur im geringen Maß auch die Frau innerhalb der damaligen Gesellschaft als Gleichberechtigt gegen die Männerwelt vorangebracht.
Die Oberschicht war die Oberschicht!

Ihr solltet dabei schon die Gesellschaftlichen Verhältnisse im historischen Kontext insgesamt betrachten.

Die Entwicklung innerhalb der Epochen und der gesellschaftlichen Veränderungen hat sehr lang gebraucht, das Patriarchat "aufzuweichen".
Um alle Schichten einer Gesellschaftsepoche zu überwerfen, finde ich die Bewegung der Suffragetten als neue Emanzipation richtungsweisend und längst noch nicht abgeschlossen.


RE: Women’s History Month - Bunbury - 18.03.2021 17:40

(16.03.2021 20:54)Teresa C. schrieb:  Was Elisabeth I. von England betrifft, so konnte sie offensichtlich problemlos ihrer Halbschwester Mary I. nachfolgen, war also nicht die erste Königin von England "aus eigenem Recht".

Du kannst Elisabeth I nicht mit Mary I. vergleichen. Mary hat gehorsam geheiratet (Philipp von Spanien) und auch, wenn sie durchaus selbstständig regierte, achtete ihr Gemahl schon darauf, dass sie auf keinen Fall den Interessen seines Heimatlandes schadete.
Dass Mary überhaupt selbst regieren "durfte", lag eher daran, dass Philipp viel zeit in seinem viel wichtigeren Königreich Spanien verbrachte...
Selbst wenn Frauen Throne erbten, hieß es noch lange nicht, dass man von ihnen nicht in erster Linie erwartete zu heiraten und einen möglichst männlichen Thronfolger zu gebären...

Elisabeth dagegen heiratete nie, damit sie ihre Macht nicht teilen musste. Es bedurfte schon einer enormen Willensstärke,dem Druck eine Ehe einzugehen, zu widerstehen.
Nein, die beiden sind ganz und gar nicht vergleichbar.

Und außerdem- die Engländer hatten keine Wahl. Alle erbberechtigten jener Zeit waren Frauen.... (Maria Stuart, Margaret Douglas, Jane Grey)....


RE: Women’s History Month - Bunbury - 19.03.2021 13:34

Als Ergänzung jetzt noch zum vorherigen Post noch ein paar Anmerkungen:

1. Das Haus Tudor wurde von Heinrich VII begründet. Seine Regentschaft beendete die Rosenkriege, die England lange zerrissen hatte, zumal er als Vertreter der roten Rose von Lancaster Elizabeth von York als Vertreterin der weißen Rose ehelichte. Der Ehe entsprangen sieben Kinder, von denen 3 bereits im frühen Kindesalter starben, das vierte, der eigentliche Thronfolger Arthur, als Teenager.
Die älteste Tochter Margaret heiratete in erster Ehe den schottischen König Jakob IV. Aus dieser Ehe gingen zwar drei Söhne hervor, aber die beiden erst geborenen starben im Kindesalter. Übrig blieb der spätere Jakob V,, der allerdings noch vor Heinrich VIII starb. Somit blieb als mögliche Erbin in dieser Linie nur Jakobs sechs Tage alte Tochter Maria Stuart als Thronfolgerin übrig.
In zweiter Ehe heiratete Margaret Archibald Douglas, auch dieser Ehe entsprang eine Tochter- Margaret Douglas. (Ihr Sohn Henry heiratete später seine Cousine Maria Stuart), aber wie Maria war er ein Kleinkind, als Heinrich VIII starb und dazu Schotte...
Mary, die jüngere Schwester, heiratete zunächst den König von Frankreich. Die Ehe blieb kinderlos, und in zweiter Ehe heiratete Mary Charles brandon, den Duke of Sussex. Sie hatte drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn, der wiederum als Kind starb. Auch ihre Töchter gebaren nur Töchter- die ältere Frances Mary,Catherine und Jane Grey, die jüngere Eleanor Margaret Clifford.

Wenn die Engländer am Haus Tudor festhalten wollten- und das war Priorität nach den langen Jahren des Rosenkrieges- war es tatsächlich so, dass mit Ausnahme des schottischen Lord Darnleys ausschließlich Frauen für die Thronfolge in Frage kamen. Also hatte Maria als Heinrichs VIII älteste Tochter tatsächlich die besten Karten. Man darf sich gerne fragen, ob sie auch Königin geworden wäre, wenn ihre Tante Mary einen Sohn gehabt hätte...Immerhin wurde ihr ja zumindest für ein paar Tage Marys Enkelin Jane Grey vorgezogen...

2. Die zweite Anmerkung, die ich mir hier jetzt nicht verkneifen kann, ist, dass natürlich ein männlicher Nachkomme des Hauses Tudor nach Elizabeth I den Thron bestieg- Jakob VI von Schottland und I. von Schottland. Aber da er nur weiblicherseits ein Tudor war, marktierte seine Thronbesteigung die Herrschaft des Hauses Stuart.

3. Und hier kommt jetzt wieder der psychologische Aspekt hinzu- Mary mit Elizabeth zu vergleichen, ist ein Kleinreden der Leistung Elizabeths (auch wenn diese durchaus auch von Mary proftierte.) Einer unverheirateten Frau steht die Männerwelt ganz anders gegenüber als einer verheirateten. Selbst wer Maria nicht als Königin von England respektierte, zollte ihr zumindest Respekt als Gemahlin von Philipp von Spanien. Gegenüber einer unverheirateten Frau spielen Männer ihre Macht sehr deutlich aus, während sie bei einer verheirateten Respekt vor dem Gemahl zeigen- mit ein Grund, warum Frauen in Hohen Positionen zu Ehen gedrängt wurden.Ist vielleicht nicht schön, aber leider Realität...

Elizabeth I setzte sich also ganz deutlich von ihren verheirateten "Kolleginnen" ab, auch wenn ihre Nichtverheiratung als Tochter Anne Boleyns natürlich auch psychologische Gründe hatte Wink


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 20.03.2021 23:06

(18.03.2021 17:40)Bunbury schrieb:  Du kannst Elisabeth I nicht mit Mary I. vergleichen. Mary hat gehorsam geheiratet (Philipp von Spanien) und auch, wenn sie durchaus selbstständig regierte, achtete ihr Gemahl schon darauf, dass sie auf keinen Fall den Interessen seines Heimatlandes schadete.
Dass Mary überhaupt selbst regieren "durfte", lag eher daran, dass Philipp viel zeit in seinem viel wichtigeren Königreich Spanien verbrachte...

Dass Mary überhaupt selbst regieren "durfte", lag eher daran, dass Philipp viel zeit in seinem viel wichtigeren Königreich Spanien verbrachte - das ist völlig unrichtig. Mary war doch bereits Königin und regierte somit, als sie sich (mit oder ohne Zustimmung ihrer Ratgeber) für die Ehe mit Philipp entschied. Bis zur Heirat mit ihr hatte Philipp überhaupt keine rechtlichen und praktischen Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen, dass Mary regieren oder nicht regieren durfte. Das englische Königreich war kein kein Lehen eines der von ihm beherrschten Länder.

Nach dem Ehevertrag war Philipp nur der Gemahl der Königin, der Vertrag räumte ihm nicht einmal ansatzweise Rechte als Marys Mitregent ein. Philipps Einflussmöglichkeiten auf die Herrschaft über das englische Königsreich waren beschränkt, wenn er etwas erreichen wollte, so war er auf Mary angewiesen.

Marys Dilemma, in das sie durch ihre Ehe geraten war, dürfte eher gewesen sein, dass sie als Ehefrau eigentlich ihrem Mann untertan zu sein hatte, was mit ihrer Position als Herrscherin nicht wirklich zu vereinen war.

Ich halte es, psychologisch betrachtet, durchaus für vorstellbar, dass es nicht nur das Schicksal ihrer Mutter, die Ehe ihrer Eltern oder die weiteren Ehen ihres Vaters waren, weswegen sich Elisabeth letztlich gegen eine Ehe entschied. Gerade die Ehe ihrer Schwester dürfte ihr sehr deutlich vor Augen geführt haben, welche Probleme und Gefahren eine Ehe für eine Königin "aus eigenem" Recht bedeuten konnte.

Ich verstehe übrigens auch nicht, warum es ein Kleinreden von Elisabeths Leistungen sein soll, wenn ich die Möglichkeit zu denken wage, dass Marys Herrschaft kein vollständiges Desaster war oder dass Elisabeth aus Marys Herrschaft einige Lehren für ihr eigenen Herrschaft gezogen haben dürfte. Es spricht doch eigentlich für Elisabeth, wenn sie Fehler anderer, deren Folgen sie selbst miterlebte, später vermieden hat.


RE: Women’s History Month - Bunbury - 21.03.2021 15:27

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Dass Mary überhaupt selbst regieren "durfte", lag eher daran, dass Philipp viel zeit in seinem viel wichtigeren Königreich Spanien verbrachte - das ist völlig unrichtig. Mary war doch bereits Königin und regierte somit, als sie sich (mit oder ohne Zustimmung ihrer Ratgeber) für die Ehe mit Philipp entschied. Bis zur Heirat mit ihr hatte Philipp überhaupt keine rechtlichen und praktischen Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen, dass Mary regieren oder nicht regieren durfte. Das englische Königreich war kein kein Lehen eines der von ihm beherrschten Länder.

Nach dem Ehevertrag war Philipp nur der Gemahl der Königin, der Vertrag räumte ihm nicht einmal ansatzweise Rechte als Marys Mitregent ein. Philipps Einflussmöglichkeiten auf die Herrschaft über das englische Königsreich waren beschränkt, wenn er etwas erreichen wollte, so war er auf Mary angewiesen.

Ja, das ist das trockene, was in den Urkunden und Papieren verzeichnet ist. Oberflächlich alles richtig und alles korrekt.
Aber Menschen sind keine Urkunden und das aufgeschriebene deckt nicht einmal einen Bruchteil der Wirklichkeit ab. Der Ehevertrag deckte die vertragliche Bestimmungen zwischen zwei Königshäusern ab, und sollte Englands Souveränität gegenüber Spanien bewahren, aber nicht die reale Beziehung zwischen Mary und Philipp. Zum Vergleich: Meine Heiratsurkunde bestätigt meine Heirat und regelt einige rechtliche Belange, sagt aber nichts über meine Ehe und die in ihr bestehenden Machtverhältnisse an sich aus.
Die Beziehung zwischen Mary und Philipp war, da sind sich alle Quellen einig - egal was auf dem Papier stand- keine gleichberechtigte Beziehung.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Marys Dilemma, in das sie durch ihre Ehe geraten war, dürfte eher gewesen sein, dass sie als Ehefrau eigentlich ihrem Mann untertan zu sein hatte, was mit ihrer Position als Herrscherin nicht wirklich zu vereinen war.

Stimmt. Und dieses Dilemma hat sich auch auf ihre Entscheidungen ausgewirkt. Da sie noch dazu fromme, überzeugte und am Ende fanatische Katholikin war, war sie als verheiratete Frau allenfalls auf dem Papier, nicht aber in ihrem Umfeld und ihrem persönlichen Wirken eine Souveräne Herrscherin.
So galt sie zu Beginn ihrer Herrschaft religiös als durchaus tolerant und gemäßigt, selbst wenn sie den Katholizismus wieder als Staatsreligion verankern wollte. Ihre zunehmende Radikalisierung, wie man es heute wohl nennen würde, hatte mit der zunehmend ablehnenden Haltung ihes Gemahls zu tun, dessen Zuneigung und Wertschätzung sie zu gewinnen bzw zu erhalten hoffte. Ob dies nur aus romantischen Gefühlen heraus (wie bei einer Frau gerne unterstellt wird) oder der Befürchtung (oder Tatsache) heraus geschah, dass ihr Gemahl sie politisch unter Druck setzte, läßt sich nur schwer beurteilen.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Ich halte es, psychologisch betrachtet, durchaus für vorstellbar, dass es nicht nur das Schicksal ihrer Mutter, die Ehe ihrer Eltern oder die weiteren Ehen ihres Vaters waren, weswegen sich Elisabeth letztlich gegen eine Ehe entschied. Gerade die Ehe ihrer Schwester dürfte ihr sehr deutlich vor Augen geführt haben, welche Probleme und Gefahren eine Ehe für eine Königin "aus eigenem" Recht bedeuten konnte.

Da sind wir auf einer Linie- vorgeblich dürften die Beobachtungen, die sie während Marys Ehe mit Philipp gemacht hat, dafür verantwortlich sein, dass sie selbst beschlossen hat, nicht zu heiraten- und genau das spricht ja auch dafür, dass Mary nur auf dem Papier die souveräne Herrscherin war. Die Ehe ihrer Eltern und das Schicksal ihrer Mutter dürften eher dafür verantwortlich sein, dass sie klug genug war, ihre Gefühle als Frau niemals über die Erfordernisse als Herrscherin zu stellen als dafür, unverheiratet zu bleiben. Diese Ehe hat sie ja nicht bewußt mitbekommen, auch nicht deren Ende.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Ich verstehe übrigens auch nicht, warum es ein Kleinreden von Elisabeths Leistungen sein soll, wenn ich die Möglichkeit zu denken wage, dass Marys Herrschaft kein vollständiges Desaster war oder dass Elisabeth aus Marys Herrschaft einige Lehren für ihr eigenen Herrschaft gezogen haben dürfte. Es spricht doch eigentlich für Elisabeth, wenn sie Fehler anderer, deren Folgen sie selbst miterlebte, später vermieden hat.

Das hast du gar nicht geschrieben, da hättest du von mir auch keinen Wiederspruch bekommen. Vermutlich wäre eine unverheiratete Mary eine sehr viel bessere Königing gewesen, denn sie brachte die dazu nötigen Vorraussetzungen dazu durchaus mit.

Wörtlich hieß es bei dir "Was Elisabeth I. von England betrifft, so konnte sie offensichtlich problemlos ihrer Halbschwester Mary I. nachfolgen, war also nicht die erste Königin von England "aus eigenem Recht".
Das liest sich nicht wie eine Beurteilung der Leistung als Königin, sondern eher als ein Hinweis darauf, dass Elizabeth nicht die erste Frau war, die den englischen Thron bestiegen hat. (Mary übrigens auch nicht, es gab schon vorher die Kaiserin Maud, die allerdings recht schnell von König Stephan abgesetzt wurde). Und mit "Elziabeth war halt Königin, weil sie ihrer Schwester Mary nachfolgte" wird Elizabeths Verdienst nun mal kleingeredet, wenn man nur diesen einen Punkt in die Waagschale wirft.
Elizabeth war mehr als eine Königin aus eigenem Recht.


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 21.03.2021 21:35

(21.03.2021 15:27)Bunbury schrieb:  
(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Dass Mary überhaupt selbst regieren "durfte", lag eher daran, dass Philipp viel zeit in seinem viel wichtigeren Königreich Spanien verbrachte - das ist völlig unrichtig. Mary war doch bereits Königin und regierte somit, als sie sich (mit oder ohne Zustimmung ihrer Ratgeber) für die Ehe mit Philipp entschied. Bis zur Heirat mit ihr hatte Philipp überhaupt keine rechtlichen und praktischen Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen, dass Mary regieren oder nicht regieren durfte. Das englische Königreich war kein kein Lehen eines der von ihm beherrschten Länder.

Nach dem Ehevertrag war Philipp nur der Gemahl der Königin, der Vertrag räumte ihm nicht einmal ansatzweise Rechte als Marys Mitregent ein. Philipps Einflussmöglichkeiten auf die Herrschaft über das englische Königsreich waren beschränkt, wenn er etwas erreichen wollte, so war er auf Mary angewiesen.

Ja, das ist das trockene, was in den Urkunden und Papieren verzeichnet ist. Oberflächlich alles richtig und alles korrekt.
Aber Menschen sind keine Urkunden und das aufgeschriebene deckt nicht einmal einen Bruchteil der Wirklichkeit ab. Der Ehevertrag deckte die vertragliche Bestimmungen zwischen zwei Königshäusern ab, und sollte Englands Souveränität gegenüber Spanien bewahren, aber nicht die reale Beziehung zwischen Mary und Philipp. Zum Vergleich: Meine Heiratsurkunde bestätigt meine Heirat und regelt einige rechtliche Belange, sagt aber nichts über meine Ehe und die in ihr bestehenden Machtverhältnisse an sich aus.
Die Beziehung zwischen Mary und Philipp war, da sind sich alle Quellen einig - egal was auf dem Papier stand- keine gleichberechtigte Beziehung.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Marys Dilemma, in das sie durch ihre Ehe geraten war, dürfte eher gewesen sein, dass sie als Ehefrau eigentlich ihrem Mann untertan zu sein hatte, was mit ihrer Position als Herrscherin nicht wirklich zu vereinen war.

Stimmt. Und dieses Dilemma hat sich auch auf ihre Entscheidungen ausgewirkt. Da sie noch dazu fromme, überzeugte und am Ende fanatische Katholikin war, war sie als verheiratete Frau allenfalls auf dem Papier, nicht aber in ihrem Umfeld und ihrem persönlichen Wirken eine Souveräne Herrscherin.
So galt sie zu Beginn ihrer Herrschaft religiös als durchaus tolerant und gemäßigt, selbst wenn sie den Katholizismus wieder als Staatsreligion verankern wollte. Ihre zunehmende Radikalisierung, wie man es heute wohl nennen würde, hatte mit der zunehmend ablehnenden Haltung ihes Gemahls zu tun, dessen Zuneigung und Wertschätzung sie zu gewinnen bzw zu erhalten hoffte. Ob dies nur aus romantischen Gefühlen heraus (wie bei einer Frau gerne unterstellt wird) oder der Befürchtung (oder Tatsache) heraus geschah, dass ihr Gemahl sie politisch unter Druck setzte, läßt sich nur schwer beurteilen.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Ich halte es, psychologisch betrachtet, durchaus für vorstellbar, dass es nicht nur das Schicksal ihrer Mutter, die Ehe ihrer Eltern oder die weiteren Ehen ihres Vaters waren, weswegen sich Elisabeth letztlich gegen eine Ehe entschied. Gerade die Ehe ihrer Schwester dürfte ihr sehr deutlich vor Augen geführt haben, welche Probleme und Gefahren eine Ehe für eine Königin "aus eigenem" Recht bedeuten konnte.

Da sind wir auf einer Linie- vorgeblich dürften die Beobachtungen, die sie während Marys Ehe mit Philipp gemacht hat, dafür verantwortlich sein, dass sie selbst beschlossen hat, nicht zu heiraten- und genau das spricht ja auch dafür, dass Mary nur auf dem Papier die souveräne Herrscherin war. Die Ehe ihrer Eltern und das Schicksal ihrer Mutter dürften eher dafür verantwortlich sein, dass sie klug genug war, ihre Gefühle als Frau niemals über die Erfordernisse als Herrscherin zu stellen als dafür, unverheiratet zu bleiben. Diese Ehe hat sie ja nicht bewußt mitbekommen, auch nicht deren Ende.

(20.03.2021 23:06)Teresa C. schrieb:  Ich verstehe übrigens auch nicht, warum es ein Kleinreden von Elisabeths Leistungen sein soll, wenn ich die Möglichkeit zu denken wage, dass Marys Herrschaft kein vollständiges Desaster war oder dass Elisabeth aus Marys Herrschaft einige Lehren für ihr eigenen Herrschaft gezogen haben dürfte. Es spricht doch eigentlich für Elisabeth, wenn sie Fehler anderer, deren Folgen sie selbst miterlebte, später vermieden hat.

Das hast du gar nicht geschrieben, da hättest du von mir auch keinen Wiederspruch bekommen. Vermutlich wäre eine unverheiratete Mary eine sehr viel bessere Königing gewesen, denn sie brachte die dazu nötigen Vorraussetzungen dazu durchaus mit.

Wörtlich hieß es bei dir "Was Elisabeth I. von England betrifft, so konnte sie offensichtlich problemlos ihrer Halbschwester Mary I. nachfolgen, war also nicht die erste Königin von England "aus eigenem Recht".
Das liest sich nicht wie eine Beurteilung der Leistung als Königin, sondern eher als ein Hinweis darauf, dass Elizabeth nicht die erste Frau war, die den englischen Thron bestiegen hat. (Mary übrigens auch nicht, es gab schon vorher die Kaiserin Maud, die allerdings recht schnell von König Stephan abgesetzt wurde). Und mit "Elziabeth war halt Königin, weil sie ihrer Schwester Mary nachfolgte" wird Elizabeths Verdienst nun mal kleingeredet, wenn man nur diesen einen Punkt in die Waagschale wirft.
Elizabeth war mehr als eine Königin aus eigenem Recht.

Offensichtlich hast Du diesen Satz missverstanden - hier ging es überhaupt nicht, um die Beurteilung von Elisabeths Leistung als Königin, und übrigens auch nur ansatzweise darum, ob Mary innerhalb dessen, was möglich war, mit Einschränkungen als "gute" Königin gewertet werden kann, sondern um einen Fakt.

Mathilda ist die erste weibliche Herrscherin, die "de facto" einige Monate die Herrschaft über das englische Königreich "aus eigenem Recht" ausübte. Allerdings wurde sie letztlich nicht zur Königin gekrönt und konnte sich, was letztlich entscheidender gewesen sein dürfte, auch nicht als Herrscherin auf Dauer halten. Nebenbei ist sich die Forschung uneinig, ob sie den Kampf in erster Linie als Erbin der Krone führte oder um als Königin "aus eigenem Recht" ihrem ältesten Sohn die Nachfolge zu sichern.

Einen tatsächlichen Präsenzfall einer englischen Königin "aus eigenem Recht" hatte es jedenfalls im englischen Reich vor Jane Grey und vor Mary (I.) nicht gegeben. Elisabeth konnte offensichtlich die Nachfolge ihrer Schwester antreten, ohne dass in diesem Fall eine neuerliche weibliche Nachfolge in irgendeiner Form einer Rechtfertigung bedurft hätte.

Abgesehen vom Testament ihres Vaters, das ihre Nachfolge ohnehin festgelegt hatte, hat Mary das offensichtlich nicht zu verhindern versucht. (Mary hätte auf dem Sterbebett zumindest versuchen können, jemand anderen als Elisabeth als ihren Nachfolger oder ihre Nachfolgerin einzusetzen.) Offensichtlich gab es keine Einwände dagegen, dass auf Königin Mary mit Elizabeth eine weitere Frau folgen würde, und das, obwohl bei Marys Herrschaft und ihren problematischsten Entscheidungen ihre Rolle die Einflussnahme des Prinzgemahls eine Rolle gespielt hatte.

Philipp selbst machte Elizabeth zwar einen Heiratsantrag, hat aber nicht etwa wenigstens versucht, sich als Kandidat für Marys Nachfolge selbst ins Spiel zu bringen, obwohl er ihr Witwer war. Dafür hatte es im damaligen Europa zumindest bereits einige Fälle gegeben, mit denen er (wenigstens versuchsweise) hätte argumentieren klönnen. (Ich vermute, dass hier sicher entscheidend war, dass er "de jure" im englischen Reich nie mehr als der Gemahl der Königin gewesen war, auch wenn er diese veranlasste, politische Entscheidung zu treffen, die seine Interessen zu Gute kamen.
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Warum es Dir so wichtig ist, dass Elizabeth mehr als eine Königin "aus eigenem Recht" war, verstehe ich nicht. Dass sie Königin "aus eigenem Recht" war, betrifft nur die juristische Seite. Dass sie "de facto" ebenfalls diese Position behauptete, kommt noch hinzu, hat aber nichts mit der rechtlichen Grundlage ihrer Herrschaft zu tun.


RE: Women’s History Month - Bunbury - 22.03.2021 18:17

Hier geht es wohl generell um ein Missverständnis.
Suebe hat den Thread eröffnet mit dem Hinweis "Große Frauen, ihr Einfluss, Ihre Kämpfe"- und das heißt für mich, dass es darum geht, was Frauen erreicht haben, also durch das, was sie getan und entschieden haben- und nicht, welche Positionen sie inne hatten. Größe erlangten sie nicht dadurch, dass sie die Thronfolge antraten, sondern dadurch, wie sie sie ausübten.

Dein Beitrag hatte mehr mit der rechtlichen Stellung der Frauen des englischen Königshauses zu tun- im englischen Recht folgt in der Thronfolge die älteste Tochter auf den jüngsten Sohn, das ist aber nichts weiter neues und war zumindest noch bei den Kindern der gegenwärtigen Queen so.

Was diese Regelung jetzt mit "Großen Frauen, ihr Einfluss, ihre Kämpfe" zu tun haben soll, habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden und fand den Hinweis zur Thronfolge in dem Thema eher unpassend.

Und ja, es ist mir wichtig, dass man Elizabeths Wirken (die ich als Person wahrscheinlich nicht besonders gemocht hätte) in diesem Zusammenhang auch anerkennt. Es gibt nur wenige Frauen, die in der Vergangenheit die Möglichkeit hatten, souverän und erfolgreich zu handeln. Elizabeth war klug, scharfsinnig, visionär, mutig und hat ihrem Land Wohlstand und (relativen) Frieden gebracht.
Kann man hier zu Lande gar nicht oft genug sagen, solange in unseren Parlamenten immer noch weitaus weniger Frauen sitzen, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht.


RE: Women’s History Month - Bunbury - 22.03.2021 19:13

(21.03.2021 21:35)Teresa C. schrieb:  Elisabeth konnte offensichtlich die Nachfolge ihrer Schwester antreten, ohne dass in diesem Fall eine neuerliche weibliche Nachfolge in irgendeiner Form einer Rechtfertigung bedurft hätte.

Abgesehen vom Testament ihres Vaters, das ihre Nachfolge ohnehin festgelegt hatte, hat Mary das offensichtlich nicht zu verhindern versucht. (Mary hätte auf dem Sterbebett zumindest versuchen können, jemand anderen als Elisabeth als ihren Nachfolger oder ihre Nachfolgerin einzusetzen.) Offensichtlich gab es keine Einwände dagegen, dass auf Königin Mary mit Elizabeth eine weitere Frau folgen würde, und das, obwohl bei Marys Herrschaft und ihren problematischsten Entscheidungen ihre Rolle die Einflussnahme des Prinzgemahls eine Rolle gespielt hatte.

Ich habe ein paar Beiträge weiter vorne ausgeführt, dass es zum Zeitpunkt von Marias Tod nur einen einzigen männlichen Nachfahren irgendeines Tudors gab- Margaret Tudors Enkel Henry Stuart, Lord Darnley, der zum zeitpunkt von Marias Tod gerade mal 13 Jahre alt und Schotte war. kein wirklich gut geeigneter Kandidat, um England Frieden zu bringen
Die 16 jährige Maria Stuart wuchs in Frankreich auf und heiratete kurz nach Maria Tudors Tod den König von Frankreich und war deswegen auch keine geeignete Kandidatin. Sie wurde erst zu Elizabeths Gegenspielerin, als sie nach Großbritannien zurückkehrte. Dazu kommt, dass Heinrich ja selbst die nachkommen seiner Schwester Margaret testamentarisch von der Thronfolge ausgeschlossen und stattdessen die Nachkommen seiner Schwester Mary als Elizabeths Erben bestimmt hatte- aber auch Catherine und Mary Grey waren Frauen...

Dass Elizabeth auf Mary folgte, ersparte England einen erneuten Rosenkrieg- und das sahen auch die englischen Adeligen und wahrscheinlich auch Maria selbst so...
Mich würde interessen, wie loyal Maria ihrem Vater gegenüber war, dessen Hauptinteresse ja der Tudor- Dynastie galt. Es ist immerhin gut möglich, dass Maria dieses Denken so verinnerlicht hatte, dass ihr selbst niemand anders als ihre Halbschwester in den Sinn gekommen wäre, als letzter Nachfahrin Heinrichs VIII.

Was Philipp anbetrifft, denke ich, dass Philipp nie englischer König sein wollte. England galt als barbarisch und hinterwälderlerisch. Er war nie gerne in England, sondern zog Spanien vor. Seine Ehe mit Maria sollte ihm lediglich die englische Unterstützung in seinen Streitigkeiten mit Frankreich sichern- und so hätte er auch seine Ehe mit Elizabeth betrachtet.


RE: Women’s History Month - Sansavoir - 22.03.2021 20:47

Die Ehe zwischen dem späteren Philipp II. und Maria Tudor wurde 1554 geschlossen und wurde noch von Karl V. eingeleitet. Philipp war noch nicht König von Spanien. Richtig ist, dass die Ehe der politischen "Umzingelung" Frankreichs diente. Philipp beugte sich der Familienpolitik. Philipps Rolle wurde im Ehevertrag festgelegt, er musste sich mit der Rolle eines Prinzgemahls begnügen. Der Ehevertrag legte auch genau fest, welche Thronfolgeregelungen für ein Tochter oder einen Sohn inkraft treten. Die Tochter hätte in England und den Niederlanden, der Sohn dagegen hätte neben England und den Niederlanden auch in Österreich folgen dürfen.

Der Ehevertrag legte außerdem fest, dass England nicht in die Auseinandersetzungen der Habsburgen hineingezogen werden darf. Das heißt, dass die Habsburger ihr außenpolitischen Ziel, England in ein Koalition gegen Frankreich einzubinden, nicht erreichten.

Philipp hielt sich zweimal in England auf. Das erste Mal von Juli 1554 bis August 1555. Seine Abreise erfolgte auf Anordnung von Karl V., ich denke, dass dies im Zusammenhang mit Karls Abdankung(en) stand. Es kann vielleicht auch sein, dass Karl und Philipp nach Marias Scheinschwangerschaft befürchteten, dass die Ehe - Maria war immerhin schon 39 Jahre alt - kinderlos bleibt und somit die Ehe nicht ihren dynastischen Zweck erfüllen wird. Zwar hatte Philipp mit Don Carlos einen Erben, aber Philipp zweifelt an dessen Eignung.

Das zweite Mal war Philipp zwischen März und Juli 1557 in England. Während dieser Zeit gelang es ihm, Maria zu überzeugen, dass englische Truppen Spanien gegen Frankreich unterstützen.

Die Ehe zwischen Philipp und Maria dauerte vom Juli 1554 bis zum Tod Marias am 17. November 1558. Das sind rund 4 Jahre und 4 Monate. Philipp verbrachte insgesamt nur etwa eineinhalb Jahre mit Maria. Maria ließ sich zwar von Philipp beeinflussen, aber er dominierte sie nicht. Sein Einfluss auf die englische Politik war nicht groß. Er ist nicht der Verantwortliche für Marias Radikalisierung. Hier haben sicher andere, wie z.B. Reginald Pole, größeren Anteil.

Diese Radikalisierung von Maria und Reginald Pole kann aber nicht nur psychologisch begründet werden, hier sollte man die politischen, religiösen und sozialen Auseinandersetzungen der Zeit genauer untersuchen.


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 24.03.2021 22:15

(22.03.2021 19:13)Bunbury schrieb:  ...
Die 16 jährige Maria Stuart wuchs in Frankreich auf und heiratete kurz nach Maria Tudors Tod den König von Frankreich und war deswegen auch keine geeignete Kandidatin. Sie wurde erst zu Elizabeths Gegenspielerin, als sie nach Großbritannien zurückkehrte. ...

Dagegen spricht allerdings, dass sie nach dem Tod von Königin Mary I. immerhin ebenfalls den Titel einer englischen Königin führte. Ob dies ihre eigene Entscheidung war oder die ihres Schwiegervaters, ist dabei unwesentlich. Zumindest König Henri II. von Frankreich (beziehungsweise seine Ratgeber und die Familie von Maria Stuarts erstem Ehemann) erhoben zumindest Anspruch auf die Nachfolge von Königin Mary I. und auf den englischen Thron, auch wenn sie ansonsten nichts Wesentliches unternahmen, um diesen Anspruch für / mit Maria durchzusetzen.

Elisabeth hat Maria Stuart außerdem solange sie lebte, nicht offiziell als ihre Nachfolgerin anerkannt, sondern dies lediglich als eine Möglichkeit präsentiert. Dass sie schließlich den schottischen König James VI., den späteren englischen König James I., als ihren Nachfolger einsetzte, erfolgte erst zu einem Zeitpunkt, wo mit ihrem Ableben demnächst zu rechnen war, sodass dieser durchaus eine Motivation hatte, ihren Tod abzuwarten.

Interessant ist übrigens, dass Elisabeth nie versucht hat, die Ehe ihrer Eltern nach ihrer Thronbesteigung ausdrücklich für legitim erklären zu lassen. Immerhin hatte ihr Vater die Ehe mit ihrer Mutter nach der Hinrichtung ihrer Mutter für ungültig erklären lassen, obwohl er Elisabeth Nachfolge, falls ihre Halbgeschwister Edward und Mary keine Kinder haben würden, festgelegt hat.


RE: Women’s History Month - Aguyar - 03.04.2021 20:44

(22.03.2021 18:17)Bunbury schrieb:  Und ja, es ist mir wichtig, dass man Elizabeths Wirken (die ich als Person wahrscheinlich nicht besonders gemocht hätte) in diesem Zusammenhang auch anerkennt. Es gibt nur wenige Frauen, die in der Vergangenheit die Möglichkeit hatten, souverän und erfolgreich zu handeln. Elizabeth war klug, scharfsinnig, visionär, mutig und hat ihrem Land Wohlstand und (relativen) Frieden gebracht.
Kann man hier zu Lande gar nicht oft genug sagen, solange in unseren Parlamenten immer noch weitaus weniger Frauen sitzen, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht.

Elisabeth war nicht nur klug, scharfsinnig, visionär und mutig sondern sie verfügte über eine Bildung (sie sprach u.a. griechisch) welche kein Herrscher der Zeit besass. Sie konnte es mit jedem humanistischen Gelehrten ihrer Zeit aufnehmen (auch naturwissenschaftlich) - schon aus diesem Grund kann man sie nicht mit ihrer Halbschwester Maria vergleichen. Manipulieren liess sie sich nicht, sondern sie manipulierte.

Und sie war tatsächlich die erste Herrscherin - und der erste Herrscher - in Europa welche "Mitarbeiter" ausschliesslich und nicht nur ausnahmweise nach ihrem Können und ihrer Kompetenz auswählte und nicht nach ihrem Stand. Dass ihre bürgerlichen Mitarbeiter "geadelt" wurden, war dem Zeitgeist geschuldet. Ihre Liebhaber sucht sie sich allerdings nach anderen Kriteriern aus Wink - die konnten ihr das Wasser nicht annähernd reichen.

Sie dürfte wohl die selbständigste Frau des Mittelalters (wenn man die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts noch zur Epoche zählen darf) gewesen sein, und dass nicht nur aufgrund ihrer politischen Möglichkeiten sondern vor allem aufgrund ihrer Persönlichkeit.

Ich sehe sie eigentlich - im weitesten Sinn - als einen "Freigeist" auf dem Thron, gewissermassen eine Vorläuferin der Aufklärung, auch wenn sie dies "manchmal vergass". Jedenfalls war sie diejenige Herrscherin/er, welche die Renaissance abschloss. Nach ihr war das Mittelalter definitiv zu Ende und die Neuzeit angebrochen. Es ist wieder einmal Ironie der Geschichte, dass ihr Nachfolger der grösste Paranoiker unter den Monarchen seiner Zeit war (Hist. Ironien sind häufig: Mussolinis Vater war Sozialist Anarcho-syndikalistischer Prägung).


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 06.04.2021 21:45

Elisabeth erinnert mich in euren Darstellungen an die Ausnahmefrauen - Frauen, die sozusagen durch ihre Einzigartigkeit etwas Besonderes sein dürfen und damit indirekt die Diskriminierung der Frau als dem Mann unterlegen, unbedeutend etc. bestätigen.

Nach den belegten Fakten bin ich keineswegs sicher, ob Elisabeth wirklich klug, scharfsinnig, visionär und mutig war. Sie könnte es vielleicht gewesen sein, aber letztlich wissen wir, wie auch in anderen historischen Fällen doch eigentlich zu wenig, um mit letzter Sicherheit entscheiden zu können, ob die Fähigkeiten, die Aguyar hier für Elisabeth auflistet, ihre eigenen Fähigkeiten waren oder sich durch das Umfeld ergaben. Vielleicht war Elizabeths Leistung lediglich, dass sie ihren scharfsinnigen Beratern vertraute und diesen daher freie Hand ließ beziehungsweise Rückendeckung gab. Welche Visionen hatte sie selbst, welche Visionen hatten Männer in ihrem Umfeld und sie tat zumindest nichts, sie an der Verwirklichung zu verhindern.
(Nebenbei bin ich durchaus der Ansicht, dass für eine erfolgreiche Herrschaft nicht nur entscheidend ist, dass der Herrscher oder die Herrscherin die besten Räten hatte, sondern dass beide Seite auch miteinander können und sich in Bezug auf die Ziele einig sind.)

Gut, Elisabeth sprach Griechisch, sie war sehr gebildet und offensichtlich konnte sie über diese Bildung auch aktiv verfügen. Mary ebenfalls gebildet, allerdings offensichtlich keine Intellektuelle. Eine Lady Jane Grey soll ebenfalls Griechisch gekonnt haben -- das zeigt aber wiederum, dass Elisabeths Bildung keineswegs singulär war. Es zeigt, dass Elisabeth als Frau das Glück hatte, in einer Umgebung aufzuwachsen, wo auf eine exzellente Bildung von Frauen Wert gelegt wurde oder zumindest die Möglichkeit dazu gegeben war, wenn eine Frau diese erwerben sollte.

Es wäre übrigens auch zu überlegen, was aus Elisabeth geworden wäre, wenn sie nicht das Glück gehabt hätte, den Thron besteigen zu können und damit die Möglichkeit hatte, ihr Leben einigermaßen selbst bestimmen zu können. ...

War sie tatsächlich die erste Herrscherin und der der erste Herrscher in Europa, welche "Mitarbeiter" ausschließlich und nicht nur ausnahmsweise nach ihrem Können und ihrer Kompetenz auswählte und nicht nach ihrem Stand? Oder folgte sie damit nicht nur einer Entwicklung, die sich seit dem 15. Jahrhundert auch in anderen Ländern beobachten lässt. Schon ihr Vater hatte immerhin Mitarbeiter wie einen Kardinal Wolsey oder einen Thomas Cromwell, die ihren Aufstieg eindeutig nicht ihrer Herkunft verdankten. Bei Wolsey spielte vielleicht noch eine Rolle, dass er Kleriker war und die Kirche im Mittelalter noch die besten Voraussetzungen bot, um als Angehöriger einer unteren Schicht aufzusteigen. (Oder eben erfolgreiche Fähigkeiten als Feldherr.) Thomas Cromwell war eindeutig kein Kleriker.

Allerdings hielt sich Elisabeth nur Ratgeber - dass sie auch Ratgeberinnen hatte, ist nicht überliefert, Indizien dafür findet sich keine. Eine Solidarität mit anderen Frauen lässt sich auch nicht feststellen. Abgesehen davon fällt auf, dass Elisabeth, wie übrigens die meisten Ausnahmefrauen, weibliche Aktivität keineswegs förderte - ganz im Gegenteil wie die meisten Schicksale jener weiblichen Verwandten zeigen, die ihre Untertaninnen waren oder auf die sie Zugriff hatte.

Vergessen wir nicht, die "Erhebung" zur Ausnahmefrau erspart einer Frau, sich in der Konkurrenz mit anderen Frauen behaupten zu müssen und sorgt gleichzeitig dafür, dass andere Frauen gar nicht erst eine Chance haben.


RE: Women’s History Month - Arkona - 14.04.2021 07:44

Elisabeth I. muss schon "etwas" gehabt haben.
Das bewies sie während der Kämpfe gegen die Spanische Armada als sie sich, bestimmt zum Entsetzen ihrer Berater, bei den Truppen an der möglichen "Invasionsfront" zeigte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tilbury-Rede
In irgendeiner Doku wird auch erwähnt, dass auf ihren Befehl hin irgendwelche Truppen von A nach B geschickt wurden, wo sie völlig nutzlos waren. Selbst wenn die Spanier wirklich gelandet wären. Das muss auf ihrem eigenen Mist gewachsen sein, es gab bestimmt genug fähige Militärs, die den Unfug erkannten und sich nicht gegen sie durchsetzen konnten.


RE: Women’s History Month - Teresa C. - 18.04.2021 11:37

Women's History Month - etwas Aktuelles

Ich habe heute in einer Zeitung online gelesen, dass geplant ist, nachdem zweiten Teil dem TV-Mehrteiler "Maria Theresia" mit einem dritten Teil fortzusetzen beziehungsweise zu beenden. Diesmal soll es um Maria Theresias letzte Lebensjahr gehen. Mehr dazu, siehe den folgenden Link: https://www.presse-nachrichten.de/2021/04/15/ursula-strauss-ist-maria-theresia/

Interessant finde ich an dieser Serie, dass Maria Theresia wieder mit einer anderen Schauspielerin besetzt ist, nicht aber Franz Stephan von Lothringen. Warum eigentlich?


RE: Women’s History Month - Sansavoir - 18.04.2021 11:51

Ich vermute, dass die beiden bisherigen Schauspielerinnen in anderen Projekte eingebunden sind. Und der Schauspieler für Franz Stephan wird wohl nur noch ein paar Auftritte haben. Nehme ich jedenfalls an, da es um die ältere Maria Theresia (und demnach auch um Joseph II.) geht.