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Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Druckversion

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Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - WDPG - 30.08.2012 19:47

Handelsrouten sind nicht nur etwas historisches, natürlich findet auch heute noch Handel statt und dazu gibt es entsprechende Routen. Eine davon ist der Handel über Flüsse, über diesen und seine Bedeutung heute kann in diesem Tread diskutiert werden. Auch konkrete Beispiele für bedeutende Häfen und alles was zum Handeslverkehr über den Fluss gehört sind natürlich erwünscht.

Ich freue mich schon auf eure Beiträge.


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - WDPG - 30.08.2012 19:48

Eine Frage um den Einstieg zu erleichtern:

Was denkt ihr wird die Bedeutung des Flusses als Handelsroute in der Zukunft zu oder abnehmen und aus welchem Grund?


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Viriathus - 02.09.2012 00:16

(30.08.2012 19:48)WDPG schrieb:  Eine Frage um den Einstieg zu erleichtern:

Was denkt ihr wird die Bedeutung des Flusses als Handelsroute in der Zukunft zu oder abnehmen und aus welchem Grund?

Der Fluss als solcher ist ausgereizt denke. Dort wo sich Schifffahrt auf Flüssen lohnt wird sie betrieben, dort wo das nicht geschieht eben nicht.

Aktuell soll die Elbe ja weiter ausgebaggert werden. Sie ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung von Flüssen auch heute noch.
hamburg wird in Deutschland gern als überregional bedeutender Hafen beschrieben. Am Meer liegt Hamburg aber nicht, "nur" an der Elbe.


Übrigens wird die Saale und auch die Elbe bis Magdeburg nicht beschifft, weiß ein Lokalhistoriker warum nicht. Mindestens die Elbe wäre breit genug! Und aus z. B. Dresden müsste sich doch auch Transportgut finden lassen?!


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Arkona - 02.09.2012 00:41

Seitdem es die Eisenbahn sowie ein gut ausgebautes Strassennetz gibt, hat die Bedeutung der Binnenschiffahrt permanent abgenommen. Zu langsam, zu unsicher (Wasserstände). Der Ausbau der Flüsse (Begradigung) und das Kanalnetz sind zudem eine ökologische Katastrophe. Fische aus der Donau gelangten in den Rhein und umgekehrt, dabei sind das eigentlich völlig getrennte Flusssysteme. Die erhöhte Fließgeschwindigkeit infolge Buhnenbau und Begradigung sorgte dafür, dass sich die Flüsse immer tiefer eingruben - Folge ist ein Absinken des Grundwasserspiegels.
Ein weiterer Ausbau ist übrigens ein Milliardengrab, an der Saale wurden die EU-Mittel verpulvert und kaum jemand nutzt den Hafen. Es muss wohl wieder ein dickes Hochwasser kommen, damit ein Politiker wie seinerzeit Helmut Kohl (sic!) fordert: Gebt den Flüssen mehr Raum!
Passiert ist fast nix, außer die Deiche höher zu bauen, was der völlig verkehrte Ansatz ist. Nicht ein weiterer Ausbau, sondern die Renaturierung sollte Vorrang haben!


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Renegat - 02.09.2012 00:58

(02.09.2012 00:16)Viriathus schrieb:  
(30.08.2012 19:48)WDPG schrieb:  Eine Frage um den Einstieg zu erleichtern:

Was denkt ihr wird die Bedeutung des Flusses als Handelsroute in der Zukunft zu oder abnehmen und aus welchem Grund?

Der Fluss als solcher ist ausgereizt denke. Dort wo sich Schifffahrt auf Flüssen lohnt wird sie betrieben, dort wo das nicht geschieht eben nicht.

Aktuell soll die Elbe ja weiter ausgebaggert werden. Sie ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung von Flüssen auch heute noch.
hamburg wird in Deutschland gern als überregional bedeutender Hafen beschrieben. Am Meer liegt Hamburg aber nicht, "nur" an der Elbe.

In Deutschland scheint der Güterverkehr über die Flüsse im Moment nicht gerade zuzunehmen, warum eigentlich? Auf die Flusslaster passen doch auch Container. Wahrscheinlich sind sie zu langsam und können deshalb mit den Just-in-Time-LKWs nicht mithalten.
In anderen Ländern, die nicht über ein gut ausgebautes Strassen- und Schienennetz verfügen, sind Flüsse nach wie vor sehr wichtige Verkehrsadern, der Niger zum Beispiel.

Auf dem Niederrhein oder der Unterelbe fahren Lastkähne in hoher Taktzahl und trotzdem hat der Verkehr dort etwas gelassenes. Eine Radreise entlang der grossen Flüsse ist auch deshalb entschleunigend und sehr entspannend. Ich stelle mir dabei immer vor, dass der Radweg auf einem alten Treidelpfad verläuft. Die Weser oder die Donau kann man an manchen Stellen mit Gierfähren überqueren, da bekommt man ein Gefühl dafür, was für eine verbindende Bedeutung Flüsse früher hatten. Solche leisen Fähren gibt es bestimmt auch über andere Flüsse.


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - 913Chris - 02.09.2012 13:40

(02.09.2012 00:58)Renegat schrieb:  In Deutschland scheint der Güterverkehr über die Flüsse im Moment nicht gerade zuzunehmen, warum eigentlich? Auf die Flusslaster passen doch auch Container. Wahrscheinlich sind sie zu langsam und können deshalb mit den Just-in-Time-LKWs nicht mithalten.

Für die Container fehlt oft der Unterbau. Die meisten Flussschiffe sind Schüttgutfrachter oder Autofrachter (Ford lässt m.W. alles, was möglich ist, per Fluss transportieren.)
Außerdem sind, wie du sagtest, die Schiffe viel langsamer als der LKW, die Wasserstände verhindern oft jeglichen Transport (für eine just-in-time-Produktion eine Katastrophe) und die Brücken dürften auch nicht hoch genug sein, um endlos Container übereinander gestapelt transportieren zu können.

VG
Christian


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - krasnaja - 02.09.2012 15:35

Just in time ist genau das Stichwort, keine teurere Einlagerung und spätere Umlagerung für die Fertigung, sondern direkte Belieferung an die Fertigung.
Und DAS ist nur mit LKW möglich.
Just in Time gilt ja auch für Handwerksbetriebe, Wenn ich ein Ersatzteil heute bis 12.00 bei meinen Lieferanten bestelle, habe ich es spätesten um 12.00 in der Werkstatt, mit Sonderpreis schon um 8.00.
Ich gebe zu, dass ich meine Lieferanten auch nach diesen Kriterien bevorzuge.

Der Transport billiger Massengüter (Getreide, Erz, Kohle, Kies) ist mit den Transportkosten/Tonne/Kilometer mittels Schiffen (See oder Fluss) ungleich billiger als auf Schiene oder Straße.


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Suebe - 14.09.2012 14:26

Die bpb hatte ein ähnliche Idee:

[/quote]Geschichte im Fluss. Flüsse als europäische Erinnerungsorte
Zitat:[quote]Europas Grenzen sind bis heute die Grenzen seiner Nationalstaaten. Nicht selten verlaufen diese Grenzen wie an Rhein, Oder, Donau und Memel entlang der großen europäischen Flüsse. Die Elbe bildete einst sogar die innerdeutsche Grenze. Bis heute hält sich deshalb das Bild von Flüssen als "natürlichen" Grenzen. Diese nationale Zuschreibung ist eine Hinterlassenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts. Das Onlinedossier Geschichte im Fluss der Bundeszentrale für politische Bildung wirft einen anderen Blick auf die europäischen Ströme. Immer haben Rhein, Oder, Memel, Elbe, Donau und Weichsel in ihrer Geschichte auch gemeinsame Räume hervorgebracht, haben Kulturlandschaften zu beiden Seiten ihrer Ufer zusammengehalten. Flüsse bilden nicht nur Grenzen, sie überwinden sie auch. Das aber erfordert einen mehr als nur nationalen Blick auf ihre Geschichte und Gegenwart. Gerade die großen Ströme Europas brauchen verschiedene Perspektiven. Als grenzüberschreitende Erinnerungsorte können sie die besten Botschafter Europas sein und ein Gegengift zur Renationalisierung der Erinnerung in Europa.

Zitat:Flüsse in der Geschichte

Wenn in Europa von Flüssen die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit Umweltthemen oder Hochwasserkatastrophen. Mit der zunehmenden touristischen Nutzung und der Wiederentdeckung der Flussufer in den Städten wächst aber auch das Interesse an ihrer Geschichte. Schon in der Antike waren Flüsse ein Symbol für das Werden und Vergehen und damit des menschlichen Lebens. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs stehen sie auch für das Zusammenwachsen Europas.

http://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/geschichte-im-fluss/


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Suebe - 15.09.2012 18:27

Die Bedeutung der Wasserstraßen, ich denke man darf das nicht auf Flüsse beschränken, man muss auch die Kanäle im Blick haben, insbesondere für Massengüter wie Kohle, kann ich an 2 Ereignissen des 20. Jahrhunderts festmachen.

Im Winter 1918/19 sperrten die Alliierten die Wasserstraße Rhein, es wird den Mitgliedern nicht unbekannt sein, dass sich die Deutschen laut Waffenstillstand vom 11. November östlich des Rheins zurückziehen mussten, und diverse Brückenköpfe östlich des Rheins von den Alliierten besetzt wurden.

Infolge dieser Rheinsperre und der gleichzeitig verlangten Kohlelieferungen an Belgien und Frankreich, brach die Kohlenversorgung in Deutschland zusammen, insbesondere nach Süddeutschland kam fast nichts mehr.
Im Winter 1918/19 schlossen die Schulen. Kohleferien!


Im Winter 1944-45 zerstörten die Alliierten einen erheblichen Teil des deutschen Kanalssystems, und es kam keine Kohle mehr an die Küste!
So dass sich im Frühjahr 1945 im "Kohleland" Deutschland die paradoxe Situation ergab, dass für die zivilen Frachtschiffe keine Kohle vorhanden war, Bunkeröl für die Kriegsschiffe aber durchaus noch.
Aus diesem Grund wurde ein ziemlicher Teil der Flüchtlingstransporte mit Kriegsschiffen durchgeführt.
Jüngst wurde Dönitz auch vorgeworfen, dass er zuwenig Bunkeröl für diese Transporte freigegeben hätte.


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - 913Chris - 07.10.2012 10:38

Eines der ältesten, wenn nicht DAS älteste Wassertransportfahrzeug dürfte das Floß sein.
Die Flößerei hatte einen entscheidenden Vorteil: Neben dem Holz selbst konnte auf einem Floß eine riesige Warenmenge transportiert werden.
Im Vordergrund stand bei der Flößerei aber immer der Holztransport.
Viele Flüsse wurden in Mitteleuropa schon im Mittelalter begradigt und aufgestaut, um die Flößerei zu ermöglichen.
In der frühen Neuzeit entwickelte sich durch den enormen Holzbedarf der Niederlande auf dem Rhein die Flößerei zu einem der wichtigsten Handelszweige.
Vor allem aus dem Schwarzwald - der durch die Abholzung der hier eigentlich wachsenden Buchen und Eichen und die Wiederaufforstung mit Fichten und Tannen erst zum "schwarzen Wald" wurde - wurden riesige Flöße rheinabwärts gebracht. Davon profitierten nicht zuletzt die Städte am Rhein, denn die ganzen Flößerknechte mussten sich ja bei den Raststationen irgendwie versorgen. Niederländische Unternehmer steuerten und finanzierten die ganzen Unternehmungen, die nicht wenigen Schwarzwäldern ein gutes Auskommen bescherten.

VG
Christian


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Maxdorfer - 13.10.2012 18:10

Neben dem "Floß an sich" gab es ja noch die Flößer, die zu transportierende (lose) Baumstämme auf den Fluss legten, sich auf einige draufstellten und so mit geringsten Kosten und Aufwand eine Menge Holz transportieren.

(Und nebenbei konnte es geschehen, wenn die Flößerei in größerem Ausmaß betrieben wurde, dass kleine Flößerstationen entstehen, aus denen sich dann Orte entwickeln, aus denen Jugendliche stammen, die in gewissen Internetforen für Geschichte Beiträge schreiben...)


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Wallenstein - 13.10.2012 18:40

(13.10.2012 18:10)Maxdorfer schrieb:  (Und nebenbei konnte es geschehen, wenn die Flößerei in größerem Ausmaß betrieben wurde, dass kleine Flößerstationen entstehen, aus denen sich dann Orte entwickeln, aus denen Jugendliche stammen, die in gewissen Internetforen für Geschichte Beiträge schreiben...)
Natürlich - und einer jener Orte liegt am Floßbach.

Hat dir denn die kleine Auszeit gutgetan?


RE: Die Bedeutung der "Handelsroute Fluss" heute: - Maxdorfer - 14.10.2012 10:33

(13.10.2012 18:40)Wallenstein schrieb:  
(13.10.2012 18:10)Maxdorfer schrieb:  (Und nebenbei konnte es geschehen, wenn die Flößerei in größerem Ausmaß betrieben wurde, dass kleine Flößerstationen entstehen, aus denen sich dann Orte entwickeln, aus denen Jugendliche stammen, die in gewissen Internetforen für Geschichte Beiträge schreiben...)
Natürlich - und einer jener Orte liegt am Floßbach.

Hat dir denn die kleine Auszeit gutgetan?

Ja, war eine sehr angenehme Zeit.