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Ältester schriftlich bezeugter Name eines Germanen - Druckversion

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Ältester schriftlich bezeugter Name eines Germanen - Paul - 26.12.2013 04:15

Der älteste in einer Inschrift in Runenschrift bezeugte Name eines Germanen ist wohl Harigasti. Es war vermutlich ein germanischer Söldner der sich etwa 300 vor Chr. als Söldner in Norditalien aufhielt. Er ließ seinen Namen in Runenschrift auf seinem Helm anbringen.

http://skandinavistik.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_skandinavistik/Mitarbeiter/Nedoma/negau-zf.pdf

Über seine Stammeszugehörigkeit kann man natürlich nur spekulieren.
Sehr wahrscheinlich wäre die Zugehörigkeit zu einem bevölkerungsreichen Stamm im Süden des damaligen Germaniens, also z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer.
Vielleicht war Harigasti auch einfach nur ein Mann, der sich durch Reisen bilden wollte.


RE: Ältester schriftlich bezeugter Name eines Germanen - 913Chris - 26.12.2013 11:24

(26.12.2013 04:15)Paul schrieb:  Über seine Stammeszugehörigkeit kann man natürlich nur spekulieren.
Sehr wahrscheinlich wäre die Zugehörigkeit zu einem bevölkerungsreichen Stamm im Süden des damaligen Germaniens, also z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer.
Vielleicht war Harigasti auch einfach nur ein Mann, der sich durch Reisen bilden wollte.

Natürlich war Harigasti ein Hesse, was denn sonst? Big Grin

Im Ernst: Laut dem von dir zitierten Text war Harigast bzw. Teiwe (der Mann hatte offenbar zwei Namen, was laut dem Text in urgermanischer Zeit nicht unüblich war) Räter oder Veneter, zumindest nutzte er deren Schrift.
"Im Anschluß an eine These von Rix erscheint es aber immerhin denkbar, daß jener Harigast in die Kämpfe zwischen räuberischen Alpenstämmen und den Städte n Oberitaliens, die im 3. oder 2. Jahrhundert v. Chr. stattfanden, involviert gewesen sein könnte: entweder auf Seiten der Angreifer aus dem Gebirge oder auch als Söldner im Dienste einer venetischen civitas."

Woher Harigast-Teiwe nun stammte, lässt sich schlicht nicht sagen. Alles andere ist Vermutung und nicht zu beweisen. Wie ein dem Namen nach germanischer Söldner zu den Rätern oder Venetern kam, erschließt sich mir nicht, er müsste tatsächlich Söldner gewesen sein, wobei ich um diese Zeit im Alpenraum eher mit laTene-keltischen Söldnern als mit Germanen gerechnet hätte.

Um 300 v.Chr. schon Stammesnamen zu nennen, die 300 Jahre später üblich sind, halte ich ebenfalls für pure Spekulation, ohne jede Wahrscheinlichkeit. Die Stämme der cäsarianischen und augusteischen Zeit haben sich erst im 1.Jh.v.Chr. so gebildet oder sind gar reine römische Konstrukte. Die (Vorfahren der) elbgermanischen Langobarden z.B. bei denen man von den bekannten Stämmen der historischen Zeit noch am weitesten in die Vergangenheit zurückschließen kann, saßen um 300 v.Chr. wahrscheinlich noch an der Elbmündung. Sueben und Goten findet man laut zeitgenössischen römischen Angaben (und nach allerdings umstrittenen archäologischen Erkenntnissen) noch im 1.Jh.v.Chr. an Ostsee und Weichsel.
Wer um 300 v.Chr. in den späteren Siedlungsgebieten der Tenkterer, Usipeter, Ubier lebte, ist unklar. Wie du, Paul, und Bunbury in langen Mailwechseln herausgefieselt haben, war das wahrscheinlich eine germanisch-keltische Mischbevölkerung, allerdings mit Betonung auf "keltisch". Auf dem Dünsberg lebten Menschen keltischer Kultur, auch wenn wie gesagt nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Menschen sich (später) mit Germanen vermischt haben und daraus die Ubier entstanden sind, die dann auch gleich die einschlägig bekannten Kelten-Oppida übernahmen. Jemand mit einem so eindeutigen germanischen Namen wie Harigast-Teiwe kann eigentlich nicht aus diesem um 300 v.Chr. noch keltischen Raum gekommen sein.

Bildungsreisen um 300 v.Chr.? Ah, geh...

VG
Christian


RE: Ältester schriftlich bezeugter Name eines Germanen - Arkona - 26.12.2013 11:58

Jeder Linguist wird bestätigen, dass der Name Harigast germanischen Ursprungs ist und damals war es unüblich, seine Sprösslinge mit exotischen Namen zu segnen. Ob die Datierung so stimmt, ist eine andere Geschichte - so ein Helm wurde sicher generationenlang verwendet.
Von der norddeutschen Tiefebene bis in den Alpenraum zu wandern, ist ja nun keine Weltreise. Warum sollen einzelne abenteuerlustige oder ausgestoßene Germanen also nicht bis dahin gelangt sein?


RE: Ältester schriftlich bezeugter Name eines Germanen - 913Chris - 26.12.2013 12:34

(26.12.2013 11:58)Arkona schrieb:  Warum sollen einzelne abenteuerlustige oder ausgestoßene Germanen also nicht bis dahin gelangt sein?

Bestreite ich ja nicht, scheint ja auch bewiesen zu sein. Kimbern und Teutonen und Ambronen haben es 200 Jahre später ja quasi nachgemacht.
Überrascht bin ich trotzdem.

Was mich aber am Eingangsmail vor allem gestört hat, war die Zuweisung durch Paul zu bestimmten germanischen Stämmen, die es erst Jahrhunderte später nachweislich gab...

VG
Christian