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Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - Druckversion

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Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - Suebe - 04.04.2014 20:19

In den 80ern fand man bei Mainz die Reste von mehreren römischen Rhein-Patroullienschiffen.
Jetzt versucht man mit Modellen aus dem 3D Drucker zu ergründen was diese Schiffe für Leistungsdaten hatten.

Spiegel Online
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/3d-drucker-rekonstruktion-eines-roemerschiffs-a-962386.html


Ausriss:
Zitat:Das Modell mit dem Baujahr 2011 soll dabei helfen, die Leistungsfähigkeit eines Römerschiffs zu bestimmen. "Es ist die Rekonstruktion einer Navis lusoria, eines römischen Patrouillenschiffs der Spätantike", erläutert Althistoriker Christoph Schäfer. Wie so ein Schiff aussah, wissen die Altertumswissenschaftler ziemlich genau. Denn 1981/82 fand man bei Bauarbeiten am Mainzer Rheinufer gleich vier dieser schnellen, schmalen Ruderfahrzeuge, die bei Bedarf auch gesegelt werden konnten. "Auf den Resten dieser vier Schiffe basiert unsere Rekonstruktion."



RE: Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - Paul - 05.04.2014 02:13

Mich würde interessieren, wie ubische und keltische Handelsschiffe wohl ausgesehen haben könnten, welche auf dem Rhein und seinen größeren Nebenflüssen oder auch für die Küstenschiffahrt z.B. nach Skandinavien und ins Baltikum verwendet wurden.
Vielleicht werden manche Boote als römisch eingestuft, die es ursprünglich nicht waren. Man kann sicherlich von einer gegenseitigen Beeinflussung des Bootsbaus ausgehen.


RE: Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - 913Chris - 05.04.2014 10:31

Dazu noch einige Links:
http://f3.webmart.de/f.cfm?id=1902785&r=threadview&t=3343958 (ein Experiment aus Hamburg)
http://www.t-online.de/regionales/id_46257414/roemisches-patrouillenboot-auf-dem-rhein-unterwegs.html (hier waren die Mainzer Schiffe die Basis für die Rekonstruktion)
http://de.wikipedia.org/wiki/Classis_Pannonica (die Donauflotte(n))
http://de.wikipedia.org/wiki/Classis_Germanica (die Rheinflotte(n))
http://de.wikipedia.org/wiki/Liburne (zur Liburne, dem Grundtyp des römischen Flusskriegsschiffes)
http://de.wikipedia.org/wiki/Navis_lusoria (der v.a. in der Spätantike wohl häufigste Schiffstyp, der von den Römern auf Flüssen eingesetzt wurde; eine Weiterentwicklung der Liburne; von diesem Typ sind auch die Mainzer und Oberstimmer Römerschiffe)

VG
Christian


RE: Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - 913Chris - 05.04.2014 10:50

(05.04.2014 02:13)Paul schrieb:  Mich würde interessieren, wie ubische und keltische Handelsschiffe wohl ausgesehen haben könnten, welche auf dem Rhein und seinen größeren Nebenflüssen oder auch für die Küstenschiffahrt z.B. nach Skandinavien und ins Baltikum verwendet wurden.

Was die Flussschiffahrt angeht, dürften die Kelten wohl im Nahverkehr auf die bewährten Einbäume vertraut haben, für den Fernverkehr auf Flösse und Lastkähne, wie sie Martin Kuckenburg in "Das Zeitalter der Keltenfürsten: eine europäische Hochkultur" erwähnt. Diese Kähne waren von zwei bis sechs Mann beherrschbar, hatten keine Segel und konnten einige Tonnen Ladung tragen. Denkbar, dass sich die Römer hier quasi "bedienten". Flösse konnten um einiges mehr tragen, waren aber auch nicht so wendig.
Dass die Flusschiffahrt bei den Kalten eine Bedeutung hatte, zeigt wohl auch die Lage der Heuneburg, die von der oberen Donau aus eine Handelsweg beherrschen konnte, der von der Rhone bis nach Osteuropa führte. Nachdem viele Hallstatt-Fürstensitze an schiffbaren Flüssen lagen, war die Bedeutung der Flussschiffahrt wohl nicht zu unterschätzen, und damit auch die Leistungsfähigkeit keltischer Flussschiffahrtsfahrzeuge.

Fazit: Reine Transportschiffe der Römer können wohl schon keltische Vorbilder haben (wobei die Römer davon schreiben, dass die germanischen Friesen und Chauken nur Einbäume hatten), Kriegsschiffe wie Liburnen und Lusoriae hatten die Römer selber. Deren Bau dürfte wohl auch die Fähigkeiten bzw. Kapazitäten der keltischen und germanischen Stämme überstiegen haben. Vorbilder waren illyrische Kriegsschiffe, die auf der Adria operierten und wohl von den Römern noch auf die Flussschiffahrt angepasst wurden (z.B. indem der Rammsporn mitunter weggelassen wurde).

Was die Seeschiffahrt der Kelten und Germanen betrifft, verweise ich auf die Belege von "Rund"-Booten aus Tierhäuten, die bei den Iren belegt sind ("Currachs") und die auch seetüchtig waren (vgl. St.Brendans Fahrt) und auf die Nachweise für Vorläufer von Langbooten in Skandinavien, die auf Reliefs abgebildet wurden bzw. sogar erhalten blieben (Hjortspringbott, Nydamschiffe) und die eine nordeuropäische Schiffbautradition darstellen, die wohl bis in die Bronzezeit zurückgeht.

VG
Christian


RE: Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - Suebe - 05.04.2014 11:54

OT oder auch nicht:

Es soll im Zuge der Alpenfeldzüge der Römer auf dem Bodensee eine "Seeschlacht" gegeben haben, zwischen Vintelikern und Römern.
Näheres ist leider nicht bekannt.

Das "verbindende" von Gewässern und Flüssen ist in der Geschichte immer viel viel höher anzusetzen als das "trennende".


RE: Was konnten römische Patroullienschiffe - Presseschau - 913Chris - 05.04.2014 12:11

Naja, Strabon erwähnt sie am Rande, während er die Bodenseegegend beschreibt (VII, 5, 1), wohingegen Cassius Dio lediglich erwähnt, dass Tiberius den See überquert hätte, allerdings im Zuge eines Feldzuges gegen die dort ansässigen Vindeliker (54,22). Die Überquerung dürfte also nicht so ganz ohne Gegenwehr abgelaufen sein; dies ist vielleicht der Hintergrund für die "Seeschlacht".

So die ganz große Kriegsschifftradition dürften die Bodenseeleute nicht gehabt haben, während die Römer - wie sonst auch - vor Ort Schiffe gebaut haben dürften, mit denen sie den See dann überquerten. Nachdem diese Schiffe gleichzeitig Transport- und Kriegsschiffe waren (Liburnen), dürfte Tiberius keine Probleme gehabt haben, den wahrscheinlich per Kähnen oder sogar nur Einbäumen anmarschierenden Vindelikern Herr zu werden...

VG
Christian