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Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Druckversion

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RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 10.05.2014 08:05

(09.05.2014 21:10)Bunbury schrieb:  Mit der Steuer gibt es so, wie die Dinger gestrickt sind von vorneherein keinen Ärger- Keiner erzielt einen Gewinn, niemand wird geldwert entlohnt. Bisher verstößt es noch nicht gegen das Steuerrecht, einem Nachbarn bei irgendetwas zu helfen, und darauf bauen die Ideen auf.
Diese Nachbarschaftshilfsgruppen sind gesetzlich zugelassen, weil sie eben keine Dienstleistungen umfassen dürfen, die durch einen Meisterbrief abgedeckt sind. Also von wegen Badezimmerinstallation. Um so etwas geht es dabei nicht. Sondern ums Fensterputzen und Rasenmähen, das Flicken von Fahrradschläuchen, die Innenreinigung von Autos oder eine Runde Babysitten.
Mag sein, daß der Staat da irgendwann auch noch die Finger darauf hält, derzeit aber tut er es nicht.
Was jetzt die Repait Cafes angeht, so werden da keine Fernseher oder Waschmaschinen repariert, sondern Kleingeräte. Und jeder repariert sein Gerät selbst, also von daher...
Wem das zu heikel ist, der muss ja nicht.

Auch daran kann ich mich erinnern:
Ein "Stift" hat ein Bügeleisen repariert, der Meister vergessen es nachzuprüfen, war + auf dem Gehäuse und die Auftraggeberin tot.

OK, seis drum.
Wie du das schilderst, sind das Spielwiesen für aktive Rentner. Wenn da einer meint es wird nichts, schneidet er das Netzkabel ab, und drückt dir das Gerät so in die Hand.
Nichts dagegen einzuwenden.

ABER
wie soll daraus eine Strategie gegen die Jugendarbeitslosigkeit werden?
Das Problem ist doch, dass einerseits viele Arbeitslos sind, andererseits die Betriebe händeringend ausbildungsfähigen Nachwuchs suchen.

Die

http://de.wikipedia.org/wiki/Groz-Beckert

haben seit etlichen Jahren aus purer Verzweiflung Schulabgänger in einjährigen Kursen ausbildungsfähig gemacht.
Um inzwischen das Übel an der Wurzel zu packen

http://groz-beckert.com/cms/de/groz_beckert/responsibility/gb_foundation/

und eine eigene Schule aufzumachen. Inzwischen ist man bei der 3. Grundschulklasse angekommen.

Man hat vor lauter Warmduscherei und Verteufelung des ach so schlimmen Leistungsdrucks geschafft, dass sich alles nur noch an den Backpflaumen ausrichtet.
Vor lauter Chancengleichheit hat inzwischen keiner, der von der Hauptschule kommt, mehr eine Chance.

Da liegt der Hund begraben, der Fisch stinkt wie immer vom Kopf.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 10.05.2014 10:26

(10.05.2014 08:05)Suebe schrieb:  Man hat vor lauter Warmduscherei und Verteufelung des ach so schlimmen Leistungsdrucks geschafft, dass sich alles nur noch an den Backpflaumen ausrichtet.
Vor lauter Chancengleichheit hat inzwischen keiner, der von der Hauptschule kommt, mehr eine Chance.
Es sei denn, er findet Förderer wie die von dir genannte Privatstiftung? Stimmt, aber kann es doch nicht sein, das ist auch nicht die ganze Wahrheit.
Andersrum wird nämlich ein Schuh draus. Es sind nicht die "Kuschelpädagogen", die das Schulsystem und insbesondere die Hauptschüler bzw. die Hauptschule "verdorben" haben.

Denn nach deiner Argumentation hat man an der Hauptschule die Anforderungen so weit heruntergeschraubt, bis auch die letzte "Backpflaume" noch den Quali schaffte, und zwar - jetzt kommt´s - weil man nicht dem Leistungsdruck fröhnen wollte, sondern der Chancengleicheit.
Was heißt das?
Diejenigen, die von (zu) Hause aus weniger Chancen auf Bildung hatten, sollten mitgezogen werden und ihnen dadurch ebenfalls Bildung ermöglicht werden. Nach deiner Argumentation hat das dazu geführt, dass ALLE Hauptschüler WENIGER Bildung bekamen.
Der Hund liegt aber woanders begraben, und keineswegs durchweg "im Kopf des Fisches".

Einerseits wurden die Schulen vor allem finanziell sträflich vernachlässigt, von den (Lokal- und Regional-) Politikern, insofern "stinkt der Fisch tatsächlich vom Kopf her". Wenn ich keine Lehrer einstelle und stattdessen Klassen mit 32 Schülern zulasse, ja sogar für normal halte, wenn ich den Schulen keine Erweiterungen und Modernisierungsmaßnahmen bezahle, brauche ich mich nicht wundern, wenn Schüler und Lehrer überfordert sind mit Megaklassen in winzigen Klassenzimmern mit Kreide und Tafel als einzigem Unterrichtsmaterial (wobei ich nichts gegen die gute alte Kreidetafel habe, aber nur, wenn sie EIN Unterrichtsmittel unter mehreren ist).

Andererseits ist die Hauptschule aber zur "Resterampe" verkommen - und das ist das eigentliche Problem, die Pädagogik hat hier nur reagiert, nicht agiert -, weil spätestens seit den 80ern der Hauptschulabschluss nicht mehr als "zukunftsträchtiger" Abschluss akzeptiert worden ist. Ums überspitzt zu sagen: Wer in der 4.Klasse den Zahlenraum bis 20 beherrschte und Buchstaben malen konnte, wurde von den Eltern (!) als würdig erachtet, mindestens aufs Gymnasium zu gehen. Die Vorarbeit haben wiederum die Politker geleistet: In den 70ern wurden überall neue Gymnasien (und Unis) hochgezogen, so dass der Besuch eines Gymnasiums nicht mehr den Wegzug in die nächste Großstadt bedeutete und auch eine nahe gelegene Studiermöglichkeit fast überall gegeben war. Die begeisterten Eltern haben dann aber auch wieder übertrieben. Am Schluss der Entwicklung stand die Tatsache, dass nur noch die Kinder auf der Hauptschule blieben, die es absolut nicht schafften, auf die Realschule oder gar aufs Gymnasium zu gehen. Eine "Bildungshierarchie", die vom System her aber auch schon angelegt war, war die Folge: Als "gescheit" galt nur noch das Kind, das es auf eine weiterführende Schule schaffte, das Gymnasium war mehr wert als die Realschule und die Kinder, die auf die Hauptschule gingen, waren nicht gescheit, sondern gescheitert. Mit 10 Jahren gescheitert? Wie wird jemand, der einen solchen Stempel aufgedrückt bekommen hat, wohl sein Leben planen und führen?
Vergessen wurde dabei, dass das dreiteilige Schulsystem schon mal Sinn machte, weil die verschiedenen Schularten für jeweils andersgeartete Zwecek ausgelegt waren: Die Hauptschule sollte Handwerker und Arbeiter produzieren, die Realschule Büromenschen und das Gymnasium Studenten und Gelehrte. Natürlich war auch damals - vor den 70ern - der Gymnasiast viel mehr angesehen als der Volksschüler. Gab ja auch viel weniger Gymnasiasten, und das Gymnasium sagte nicht nur etwas über die Lateinlernfähigkeit der Schüler, sondern auch etwas über den Finanzrahmen der Eltern aus.
Aber in den 80ern wurde aus dem Wechsel vom Gymnasium "zurück" an die Realschule, weil vielleicht der Schüler mit dem Lerntempo und dem Lernstoff des Gymnasiums nicht klar kam und an der Realschule mit ihren anderen Lerninihalten und Lernmethoden besser aufgehoben war, ein "Abstieg". Hier schließt sich der Kreis: Die Eltern wollten ihren Kindern ein bestmögliche Zukunft garantieren (was sowieso nur in begrenztem Umfang möglich ist) und sie vor dem Abstieg bewahren, den Kindern sollte es ja besser gehen als den (oft "nur" auf der Volksschule gewesenen) Eltern.

Nun sind wir wieder am Anfang angekommen: Bei dem Stand der Schulentwicklung, bei dem sich in der Hauptschule diejenigen sammeln, die ohnehin wenig Chancen haben. Die Hauptschule als Resterampe also.
Einerseits wurde es jetzt für die Politiker unattraktiv, Hauptschulen zu fördern. Diejenigen, auf deren Meinung die Politiker Wert legten, hatten ihre Kinder auf Gymnasium oder Realschule, also wurde hier - wenn überhaupt - investiert.
Andererseits wurden die Hauptschulen oft zu spzialen Brennpunkten, also musste hier was getan werden. Aber was? Mehr Lehrer? Mehr Sozialpädagogen (Entwicklung der 90er Jahre und des PISA-Schocks)? Kostet Geld. Geld hatten die Kommunen und Länder nicht, zumindest nicht für Bildung. Folge: Die Hauptschulen verkamen immer mehr. Und verloren immer mehr an Ansehen, nur zum Teil zu Recht. Denn die klassischen Arbeitgeber für Hauptschüler - Handwerker z.B. - merkten immer mehr, dass die Hauptschüler, die zu ihnen kamen, oft nicht einmal die niedrigsten Anforderungen bezüglich Bildung und Sozialverhalten erfüllten. Also orientierten sie sich um: Schreiner, Metzger, Metallhandwerker suchten ihre Lehrlinge erst gar nicht mehr bei den Hauptschülern, sondern forderten Mittlere Reife oder gar Abitur. Die Hauptschüler hatten noch weniger Chancen, die Hauptschulen verkamen noch mehr.

"Der Fisch stinkt vom Kopf her" ist also eine nur teilweise richtige Analyse der Bildungsmisere und der Gründe für die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Das Ganze ist ein gesellschaftliches Phänomen mit mehreren Querbezügen, das sich nicht monokausal begründen und auch nicht monokausal beheben lässt.

Eine Lösung? Nicht in Sicht. Zu kompliziert, zu teuer. Denn - meine Meinung - letzten Endes würde Geld helfen. Mittlerweile, nachdem die Angelegenheit jahrzehntelang liegen gelassen wurde, richtig viel Geld, aber immerhin.
Das Ignorieren des "Hauptschulproblems" mit vernachlässigten Schülern, die dadurch nur noch mehr vernachlässigt werden, und die Umetikettierung der Hauptschulen in "Mittelschulen" oder Ähnliches bringt gar nichts, wenn dadurch nur die Schulen größer werden, aber des Lehrer-Schüler-Verhaltnis sich sowohl qualitativ als auch quantitativ nicht ändert. Es werden gebraucht: Mehr Lehrer, die auf die Probleme der Schüler genauer eingehen können. Kann der Schüler in der 4. Klasse immer noch nicht flüssig lesen, weil bei ihm zu Hause kein Deutsch gesprochen wird? Oder liegt´s daran, dass zu Hause nicht gelesen wird, nicht einmal Zeitung? Oder liegt´s daran, dass der Schüler zu Hause allein gelassen wird mit Hausaufgaben, Lernen, etc.? Oder liegt´s daran, dass der Schüler anders lernt als der Lehrplan von ihm erwartet? Langsamer? Schneller? Dass ein Entwicklungsschub noch aussteht, der aber gebraucht wird, damit die schulischen Anforderungen erfüllt werden können? (sowieso ein unsäglicher Begriff: Der Schüler nicht als jemand, der "Kunde" des Schulsystems ist, sonderns als jemand, an den man Forderungen stellt...)
'Das häufige Auftauchen des Begriffs "zu Hause" ist hier kein Zufall. In jedem Erziehungsgesetz steht, dass Schule UND Eltern ZUSAMMENARBEITEN sollen bei der Erziehung des Schülers. Wenn aber die beiden pädagogischen Mitwirkenden NICHT zusammenarbeiten, wird das nix. Ist so eine Zusammenarbeit also nicht vorhanden, muss auch jeamnd da sein, der mit den Eltern arbeitet, damit die dann wiederum einsehen oder fähig werden, mit den Kindern zu "arbeiten". Viele Hauptschulen haben so ein "Elterncoaching" aus eigener Kraft auf die Beine gestellt, mit guten Erfolgen. Aber eben allein, ohne Hilfe des eigentlich verantwortlichen "Finanzaufwandträgers", der Kommune oder des Landes also. Wir sind schon wieder biem Thema Geld angekommen.

Angefangen hat das ganze Problem dabei, dass man die Basis der (Bildungs-)Gesellschaft vernachlässigt hat, denn nichts anderes ist die Grund-/Hauptschule ursprünglich gewesen. Diesen Fehler wieder gut zu machen, dürfte auch mit noch so viel Geld nicht mehr möglich sein, aber man kann´s doch wenigstens mal versuchen...

Ich habe übrigens bisher vernachlässigt, dass es natürlich noch einen Problemkreis gibt, der die Hauptschule zur "Probelmschule" macht: Wenn ich eine dritte oder gar schon erste Klasse hab, in der "nur" zwei Jungs oder Mädels sitzen, die es gar nicht einsehen, warum sie still sitzen sollten, nur weil der Lehrer es verlangt, die um sich schlagen, sowie sie sich beleidigt vorkommen (!), dann geht das erstens zu Lasten der Konzentrationsfähigkeit der ganzen Klasse und zweitens wird sich so jemand niemals irgendwo einfügen können. Ergo bleibt der-/diejenige auch Arbeitsplatztechnisch auf der Strecke.
Und: Auch dank unseres vielgliederigen Schulsystems ist es möglich, mit Hauptschulabschluss es bis auf die Uni zu schaffen. Das geht nämlich auch über die beruflichen Schulen, also Wirtschaftsschulen oder Berufsoberschulen oder wie sie alle heißen. So mancher Schüler hat es so schon zum Ingenieur geschafft. Voraussetzung ist aber immer ein erlernter Beruf. Wer diesen entscheidenden Sprung nicht schafft, der ist für die Gesellschaft verloren, der wird auch immer auf staatliche Hilfen angewiesen sein, es sei denn, er hat Riesenglück und schafft den "Turnaround" auf unkonventionelle Weise, wie auch immer.

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 10.05.2014 11:48

Vielen Dank für diesen fundierten Beitrag.

Meine Tochter ist Hauptschullehrerin und würde deine Ausführungen mit Sicherheit unterschreiben.

Ich halte die Tendenz in Richtung Privatschule auch für absolut falsch. Aber es ist reine Notwehr.
Für Betriebsfremde steht die Schule übrigens auch offen, 250 Euronen im Monat!
Da fällt einem nichts mehr dazu ein.

Bei uns BW gibt es nun den Wegfall der Grundschulempfehlung. Auf die Art und Weise wird doch das selbe Strickmuster "nach oben exportiert"

Ihr werdet sehen in 10 Jahren nix wie Privatschulen


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Marek1964 - 10.05.2014 13:09

In einem anderen Forum zum Theam "Lehrer als Wissensvermittler oder als Psychologe?" diskutierten wir das finnische Bildungsmodell. Hier ein Auszug:

Lia* hat geschrieben: Wer Finnland will, solte erstmal genau eruieren, wie es dort geht und muss tief in die Tasche greifen, und im hoch gelobten Skandinavien vermehren sich kritische Stimmen zum Bildungswesen.


Meine Antwort:

Dazu könnte man sachlich-nüchtern folgende Quelle anführen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_Finnland

und folgendes Zitat daraus:

"Laut einer OECD-Studie aus dem Jahr 2001 gibt Finnland 5,8 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Bildung aus. Bereits 2005 sind es 6,4 %. Pro Jahr und Schüler investieren die Finnen im Primarbereich knapp 5.000 US-Dollar. In Deutschland werden zum Vergleich etwa 4,6 % des BIP[6] für die Bildung investiert. Im Gegensatz zu Deutschland gibt Finnland mehr Geld für den Primarbereich aus. In Finnland hat eine Primarschulklasse eine durchschnittliche Klassenstärke von 19,8 und eine Sekundarschulklasse eine Klassenstärke von 20,1 Schülern. In den ländlichen Gebieten im Norden und Nordosten gibt es häufig Klassen mit weniger als 10 Schülern".

Anders gesagt, die Finnen geben anteilig an ihrem BIP 39% mehr für Bildung aus.

Etwas später schrieb ich noch:

Kehren wir zum finnischen Modell zurück, wo Du und Lia Euch im Grunde einig seid und sich das mit der Quelle bei wiki deckt: Vor allem im Grundschulwesen wird viel mehr gemacht und wesentlich mehr Geld in die Hand genommen.

Wie Du sagst und Lia fordert, gibt es dort eben Lehrer und Psychologen und man legt den Jungen einen Grundstock fürs Leben, geht auf individuelle Stärken und Schwächen ein.

Auf den ersten Blick überzeugt mich dieses Konzept überaus. Wichtig sind die ersten Schuljahre, da formt sich das Lernverhalten und das kommt dann später zu Nutze, ich kann mir auch vorstellen, dass die Schüler dann an Mittel- und Hochschulen selbständiger, zielorientier und verantwortungsbewusster sind.

Und abschliessend beantwortet das ja auch die Ausgangsfrage zu diesem Thread: Wissensvermittler und Psychologe ist offensichtlich sehr schwer zu kombinieren (wurde ja auch von Lia so geschildert) und also, vor allem wohl im Grundschulalter, von Vorteil voneinander personell zu trennen.

_____
* eine Lehrerin


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - WDPG - 10.05.2014 13:49

(06.05.2014 22:20)Bunbury schrieb:  Vielleicht sollten wir uns erst einmal darauf einigen, was Wohlstand eigentlich bedeutet.
Für mich bedeutet "Wohlstand" nämlich nicht alleine materiellen Wohlstand.

Ist für mich auch so. Doch die Politik meint den Wohlstand durch Wirtschaftswachstum, also den materiellen Wohlstand.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - WDPG - 10.05.2014 14:06

(09.05.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  
(09.05.2014 18:54)Suebe schrieb:  aus Eigenem:
Ob man es glauben will oder nicht, ein heutiger Hauptschulabgänger ist nur noch in Ausnahmefällen in der Lage eine Handwerkslehre zu absolvieren.

Interessanter Einschub. Wie äussert sich das? Woran liegt das?

Kann nur von dem Berichten wie es bei uns in Österreich ist und was ich so mitbekomme (da ich keine Kinder habe, hauptsächlich aus Erfahrungsberichten aus dem Umfeld):

Vor einiger Zeit war es so: Die Besseren Volksschüler gingen dann ins Gymnasium, ebenso wie solche die schon wussten später auf ein höhere Schule gehen zu wollen. Das Mittelfeld und die schlechteren gingen in die Hauptschule.
Ich hatte nicht den Eindruck wie wenn man danach keine Chancen hat, ich merkte nur das sich Leute aus dem Gymnasium meist bei weiterführenden Schulen (also keiner Lehre) leichter taten. Das war der Qualitätsunterschied noch in den 90ern.

Heute sieht es so mein Eindruck anders aus: Die Besseren (meine das von den Noten her) und das Mittelfeld gehen ins Gymnasium. Das Mittelfeld hat hier schwer zu kämpfen, was dazu führt das es für diesen Teil viel schwerer geworden ist. Mehr um schulischen Erfolg Kämpfen, mehr Druck, weniger Freizeit sind unter anderem Folgen. Die Hauptschüler haben heute viel weniger Chancen. Doch mir kommt auch vor wie wenn es bei den Hauptschulen auch großer Unterschiede gibt, welche Gegend und Stadt oder Land spielen hier eine sehr große Rolle. Ausgleichen möchte man das ganze wohl durch die Einführung der „Neuen Mittelschulen“, wie dieses Konzept genau aussieht und ob der Versuch gelingt hier etwas zu verändern kann ich nicht sagen.


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Suebe - 10.05.2014 15:28

(10.05.2014 13:49)WDPG schrieb:  
(06.05.2014 22:20)Bunbury schrieb:  Vielleicht sollten wir uns erst einmal darauf einigen, was Wohlstand eigentlich bedeutet.
Für mich bedeutet "Wohlstand" nämlich nicht alleine materiellen Wohlstand.

Ist für mich auch so. Doch die Politik meint den Wohlstand durch Wirtschaftswachstum, also den materiellen Wohlstand.

OK,
aber dieser immatriellen Wohlstand ist nicht Sache der Gemeinschaft, des Staates,
das ist persönlich.
Dafür kann/muss jeder selbst sorgen.

Nur,
damit bekämpft man die Jugendarbeitslosigkeit auch nicht.

Besser
indem man ihnen beibringt, dass es Werte gibt, immatrieller oder matrieller Art für die es lohnt, dass man sich selbst höchstpersönlich immer mal wieder in den Hintern tritt.


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Bunbury - 10.05.2014 19:43

(10.05.2014 15:28)Suebe schrieb:  OK,
aber dieser immatriellen Wohlstand ist nicht Sache der Gemeinschaft, des Staates,
das ist persönlich.
Dafür kann/muss jeder selbst sorgen...

... Besser
indem man ihnen beibringt, dass es Werte gibt, immatrieller oder matrieller Art für die es lohnt, dass man sich selbst höchstpersönlich immer mal wieder in den Hintern tritt.

Es ist aber sehr wohl Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, daß man überhaupt eine Möglichkeit dazu hat.
Wenn man jetzt aber sieht, daß genau dieser Staat seinerseits als Arbeitgeber junge Menschen vollkommen im Regen stehen läßt, ihnen immer nur jährliche Arbeitsverträge bietet, die es ihnen nicht ermöglichen, eine Familie oder nur einen eigenen Hausstand zu gründen, fragt man sich, woher die Motivation kommen soll, sich anzustrengen.
Wenn man weiß, daß man am Ende für seine Mühe belohnt wird, hat man einen Grund, sich anzustrengen.
Viele Jugendliche haben diesen Grund nicht mehr. Sie wissen, sie enden als Dauerpraktikanten, in befristeten Jobs ohne Zukunftsprespektive.
Und hier ist der Staat sehr wohl gefragt.

Denn letztendlich ist es Aufgabe des Staates, die Rahmenbedingugnen zu schaffen, in denen die Bürger leben sollen.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Bunbury - 10.05.2014 19:53

(10.05.2014 14:06)WDPG schrieb:  Heute sieht es so mein Eindruck anders aus: Die Besseren (meine das von den Noten her) und das Mittelfeld gehen ins Gymnasium. Das Mittelfeld hat hier schwer zu kämpfen, was dazu führt das es für diesen Teil viel schwerer geworden ist. Mehr um schulischen Erfolg Kämpfen, mehr Druck, weniger Freizeit sind unter anderem Folgen. Die Hauptschüler haben heute viel weniger Chancen. Doch mir kommt auch vor wie wenn es bei den Hauptschulen auch großer Unterschiede gibt, welche Gegend und Stadt oder Land spielen hier eine sehr große Rolle. Ausgleichen möchte man das ganze wohl durch die Einführung der „Neuen Mittelschulen“, wie dieses Konzept genau aussieht und ob der Versuch gelingt hier etwas zu verändern kann ich nicht sagen.

Es wird sich nichts ändern. Das Gymnasiumsproblem ist ein Mittelschichtproblem. Die Kinder der Oberschicht besuchen nämlich keine öffentlichen Gymnasien mehr, sondern Privatschulen, auf denen sie natürlich schon frühzeitig in die richtigen Kreise hineinkommen.
Die gesellschaftliche Spaltung zeigt sich längst in der Schule. Der Mittelstand in seiner bedrohten Lagen versucht sich fast verzweifelt, nach unten hin abzugrenzen- und deswegen müssen die Kinder, koste es, was es wolle, aufs Gymnasium. Alles andere wird als sozialer Abstieg angesehen.
Allenfalls ein paar alternativ angehauchte Eltern sind bereit, mit ihren Kindern die integrativen Schulen auszuprobieren, vorausgesetzt, dieser Schulweg führt auch irgendwie zum Abitur.

Durchaus auch ein gesellschaftliches Problem. Denn wer vor dem Arzt oder Anwalt katzbuckelt und die Verkäuferin behandelt wie den letzten Dreck, trägt nicht wenig dazu bei, wie die unterschiedlichen Bildungswege in den Augen der gesellschaft gewichtet werden...
Und welches Elternteil, das sein Kind wirklich liebt, stellt sich schon gerne vor, daß andere auf ihm herumtrampeln?


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Annatar - 10.05.2014 20:04

(10.05.2014 15:28)Suebe schrieb:  Besser
indem man ihnen beibringt, dass es Werte gibt, immatrieller oder matrieller Art für die es lohnt, dass man sich selbst höchstpersönlich immer mal wieder in den Hintern tritt.
Ohne jetzt fies sein zu wollen, aber die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist doch keine Folge davon, dass die Jugendlichen alle faul sind.
Das Problem ist doch, dass viele Jugendlichen in ihren Heimatländern keine Arbeit finden, obwohl sie gut ausgebildet und motiviert sind.
Es gibt sicher Jugendliche, die extrem faul sind, nur ist das kein wirklicher Grund für die hohe Jugendarbeitslosigkeit.


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Titus Feuerfuchs - 11.05.2014 05:54

(06.05.2014 19:43)Annatar schrieb:  [...]
Deswegen hat er, meiner Meinung nach, auch recht mit seiner These, dass wir uns zwischen Kapitalismus und Demokratie entscheiden müssen.

Da hat der Gute mit Sicherheit Unrecht.

Demokratie ohne Kapitalismus funktioniert nicht, das ist zig-fach empirisch bewiesen.

Mich wundert ja immer, warum man Künstler und Schöngeister des Öfteren für Experten für Politik- und Wirtschaft hält.

Das sind sie mitnichten. Jemand der diese Materie nicht studiert und/oder aus der Berufspraxis kennt, weiß naturgemäß auch meist wenig bis nichts darüber.


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Renegat - 11.05.2014 09:13

(10.05.2014 20:04)Annatar schrieb:  Ohne jetzt fies sein zu wollen, aber die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist doch keine Folge davon, dass die Jugendlichen alle faul sind.
Das Problem ist doch, dass viele Jugendlichen in ihren Heimatländern keine Arbeit finden, obwohl sie gut ausgebildet und motiviert sind.
Es gibt sicher Jugendliche, die extrem faul sind, nur ist das kein wirklicher Grund für die hohe Jugendarbeitslosigkeit.

Bei den letzten Beiträgen ging es um die Schullandschaft in D, bes. die Analysen der Situation von Chris und Bunbury sind hilfreich. Mareks Einschub aus dem anderen Forum war gut gemeint. Aber es ist ein Nebenthema. Die Diskussion über Lehrerfunktionen, Schul- und Bildungslandschaft in D ist im Nachbarforum gerade versandet, was natürlich an den Beteiligten liegen kann. Da die Zusammensetzung der Forianer hier etwas anders ist, könnte man das Thema Bildung und Lehrer hier wieder aufnehmen, bitte aber in einem anderen Thread.

Denn Annatar hat recht, mit mangelnder Bildung hat die Jugendarbeitslosigkeit so gut wie nichts zu tun, eher mit falschen Erwartungen aufgrund von guter Bildung, dem Markt etc.

Kann sogar sein, dass der endkundenorientierte Handwerker heute eine anspruchsvollere Vorbildung benötigt als der Callcenteragent und viele andere Jobs, die aus den ehemaligen Realschul/kaufmännischen Berufen entstanden sind. Angestellte, die größere Zusammenhänge erkennen, braucht man nicht viele, die sind teuer und schwierig zu handhaben.
Ob das aber der Grund ist für die hohe Jugendarbeitslosigkeit gerade in den südeuropäischen Ländern?


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 11.05.2014 09:17

(10.05.2014 14:06)WDPG schrieb:  
(09.05.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  Interessanter Einschub. Wie äussert sich das? Woran liegt das?

Kann nur von dem Berichten wie es bei uns in Österreich ist und was ich so mitbekomme (...):

Vor einiger Zeit war es so: Die Besseren Volksschüler gingen dann ins Gymnasium, ebenso wie solche die schon wussten später auf ein höhere Schule gehen zu wollen. Das Mittelfeld und die schlechteren gingen in die Hauptschule.(...)

Heute sieht es so mein Eindruck anders aus: Die Besseren (meine das von den Noten her) und das Mittelfeld gehen ins Gymnasium. Das Mittelfeld hat hier schwer zu kämpfen, was dazu führt das es für diesen Teil viel schwerer geworden ist. Mehr um schulischen Erfolg Kämpfen, mehr Druck, weniger Freizeit sind unter anderem Folgen. Die Hauptschüler haben heute viel weniger Chancen. Doch mir kommt auch vor wie wenn es bei den Hauptschulen auch großer Unterschiede gibt, welche Gegend und Stadt oder Land spielen hier eine sehr große Rolle. Ausgleichen möchte man das ganze wohl durch die Einführung der „Neuen Mittelschulen“, wie dieses Konzept genau aussieht und ob der Versuch gelingt hier etwas zu verändern kann ich nicht sagen.

Im KfZ-Bereich kommt ein Lehrling heute nicht mehr drum herum, sich intensiv mit Elektronik zu beschäftigen, Stichwort "Mechatroniker". Eine Lehre in diesem Berufsfeld setzt m.E. heute schon mindestens Mittlere Reife voraus...oder einen ebenso begabten wie engagierten Hauptschüler. Meiner Beobachtung nach haperts bei vielen Hauptschülern nicht an der Begabung, sondern am Engagement, sprich Einsatzwillen. "Am Donnerstag gefeiert? Mach ich halt Freitag blau."

Eine persönliche Beobachtung: Als ich gebaut habe, hatte der Schreiner einen Azubi dabei. Der wurde runter zum Wagen geschickt, um einen Bohrhammer zu holen und kam mit einer normalen Bohrmaschine wieder. Der hatte den Auftrag, Mörtel zum Ausfugen eines Türausschnitts anzurühren, hat gerührt und ging dann eine rauchen, weil ja sein Auftrag erfüllt war. Darauf, den Mörtel in den ersten Stock zu bringen, weil er dort gebraucht wurde und der Geselle darauf wartete, kam er nicht. Der tat nur das, was man ihm wirklich aufgetragen hatte, und das auch nicht immer in der nötigen Geschwindigkeit. Den Mörtel musste er übrigens zweimal anrühren. Als es zu Feierabend darum ging, die Baustelle zu säubern, habe ich (!) ihm einen Besen in die Hand gedrückt, weil er sonst nicht auf die Idee gekommen wäre mitzuhelfen.
Ich hab dann mal vorsichtig beim Schreiner (der ein alter Bekannter ist) angefragt, ob der Lehrling immer so schlafmützig ist und bekam dann ein Lamento zu hören, dass er keine besseren Lehrlinge bekäme. Und ganz ohne Lehrling käme er auch nicht klar, allein schon deswegen, weil er verpflichtet sei, ständig einen Lehrling auszubilden.

Dieses Problem, dass die Azubis heutzutage oft nicht mehr ausbildungsfähig sind, beschränkt sich übrigens nicht nur auf Hauptschüler. Auch Praktikanten aus weiterführenden Schulen tauchen beim (für den erfolgreichen Abschluss eines Schuljahres verpflichtenden) Praktikum eher sporadisch auf oder tauchen beim Praktikumsbetreuer auf, um sich zu beschweren, dass sie in einem Bekleidungshaus im Lager Kartons auspacken müssen, wo sie doch erwartet haben, Kundinnen zu beraten (der Auftritt kam nach drei Tagen Praktikum, wobei das Praktikum ein halbes Jahr dauerte, immer zwei Wochen Praktikum und zwei Wochen Schule).

Da liegt nicht nur in der Bildungslandschaft was im Argen, sondern auch bei den persönlichen Einstellungen der Schüler in Sachen Arbeit, Arbeitsethos, Einsatzbereitschaft. Auch daran liegt es, dass die Jugendarbeitslosigkeit so hoch ist, wohingegen meiner Beobachtung nach zumindest hier in der Mitte von Bayern eigentlich jeder Schulabgänger, der eine Lehre machen will, auch zumindest einen Ausbildungsplatz bekommt. Nicht immer im Wunschberuf, aber es kommt jeder, der arbeiten will, auch irgendwo unter, selbst wenn seine schulischen Leistungen eher unterer Durchschnitt sind.
Die Frage ist nur: Woran liegt das, dass eben die Grundeinstellungen zur Arbeit bei manchen schlichtweg fehlen?

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 11.05.2014 14:10

(11.05.2014 09:17)913Chris schrieb:  ./.

Da liegt nicht nur in der Bildungslandschaft was im Argen, sondern auch bei den persönlichen Einstellungen der Schüler in Sachen Arbeit, Arbeitsethos, Einsatzbereitschaft. Auch daran liegt es, dass die Jugendarbeitslosigkeit so hoch ist, wohingegen meiner Beobachtung nach zumindest hier in der Mitte von Bayern eigentlich jeder Schulabgänger, der eine Lehre machen will, auch zumindest einen Ausbildungsplatz bekommt. Nicht immer im Wunschberuf, aber es kommt jeder, der arbeiten will, auch irgendwo unter, selbst wenn seine schulischen Leistungen eher unterer Durchschnitt sind.
Die Frage ist nur: Woran liegt das, dass eben die Grundeinstellungen zur Arbeit bei manchen schlichtweg fehlen?

VG
Christian


Das kann man alles nur bestätigen.
Dass man in Deutschland derzeit Ausbildungsmäßig noch immer im Schlaraffenland lebt, schiebt man hinten an, und erhebt lieber Lamentos über andere Länder.
Der Balken sitzt aber im eigenen Auge. Und der gehört zuerst gezogen.

Zitat:Die Frage ist nur: Woran liegt das, dass eben die Grundeinstellungen zur Arbeit bei manchen schlichtweg fehlen?

Das war und ist schon immer so gewesen.
Der Mensch als solcher ist ein fauler Sack. Sache von Erziehung, Schule und Lehre ist, den jungen Menschen beizubringen, dass es Werte gibt, für die es lohnt sich anzustrengen. "Mein Bruder wäre doch auch schon recht alt, und ja ob der nicht inzwischen überfordert wäre...) Auf die Frage was er eigentlich wolle, "ja, mein Bruder hätte seinen Sohn beleidigt... und das ging ja nun gar nicht"
Geschehen war folgendes, der hoffnungsvolle Filius und Auszubildende hatte über stark 2 Monate kein Berichtsheft mit den Wochenberichten vorgelegt.
Mein Bruder ihn mit den Worten "Du Himmelhund, bring endlich dein Berichtsheft" hierzu aufgefordert.
Eine Beleidigung die den jungen Mann fürchterlich verletzte, ihn zu einer ausführlichen Beschwerde bei den Eltern anregte aber keineswegs dazu veranlasste das Berichtsheft vorzulegen.

Fortsetzung folgt irgendwann


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Bunbury - 11.05.2014 15:50

(11.05.2014 09:17)913Chris schrieb:  Die Frage ist nur: Woran liegt das, dass eben die Grundeinstellungen zur Arbeit bei manchen schlichtweg fehlen?

Ich habe da eine Theorie, die mir aber sicher von dem einen oder andere entrüsteten Forianer um die Ohren gehauen wird.

Wenn der papa abends völlig müde von der Arbeit nach Hause kommt und weder Zeit noch Lust hat, sich mit dem Sprößling auf angenehme Art und Weise zu beschäftigen, lernt der Sprößling, daß Arbeit irgendwie etwas schlechtes sein muss, weil der Papa nämlich schlecht gelaunt nach Hause kommt.
Wenn dazu noch die Mama arbeitet und immer in der Hetze ist und wenig Zeit hat, um sich dem Kind zuzuwenden, dann lernt das Kind, das Arbeit etwas schlechtes sein muss.
Dazu kommt dann noch, daß das Kind überhaupt keine Ahnung hat, was diese "Arbeit" eigentlich ist. Es sieht Mutter und Vater irgendwohin abrauschen und schlecht gelaunt und müde wiederkommen.
Den Zusammenhang mit der Playstation in seinem Zimmer und der Arbeit der Eltern erschließt sich ihm nicht. Das können Kinder nicht erfassen.
Wie sollen Eltern, die in der Arbeitswelt entweder unterfordert (oftmals Frauen in teilzeit) oder überfordert (viele in Vollzeit) sind, ihren Kindern bitte eine positive Einstellung zur Arbeit vermitteln?

Wer motovierte Kinder und Jugendliche haben will, der muss verdammt noch mal dafür sorgen, daß die Eltern dieser Kinder und Jugendliche irgendeinen Sinn oder eine Erfüllung in dem sehen, was sie tun.
Aufstiegschancen locken heute eh keinen mehr, weil es sie eigentlich nicht mehr gibt- mein Vater hat es noch vom Maurer zum Inhaber der größten Baufirma vor Ort gebracht- aber das ist fast 50 Jahre her- und für heutige Jugendliche längst außerhalb der Realität. Und wie oft hören Kinder und Jugendliche von ihren Eltern, daß sie trotz Überstunden nicht befördert wurden... Wen zum teufel soll das denn motivieren?

Edit: Vielleicht sollte man einfach mal darüber nachdenken, was es für die Motivation von Kindern und Jugendlichen bedeutet, wenn genug Geld da ist, um alles zu kaufen. Kein Kind und auch nicht unbedingt ein Jugendlicher begreift wirklich den Zusammenhang zwischen Papas Arbeit und den Dingen, die er im Leben benutzt. Wenn aber Mama mit dem Kind ein Faschingskostüm näht (und nicht eines im Internet bestellt) oder Papa das Fahrrad repariert und es nicht in die Werkstatt bringt, dann lernen Kinder und Jugendliche viel eher den Zusammenhang zwischen "Arbeit" und "Haben".
Wenn aber beide Eltern arbeiten müssen, wie das von Politik und Wirtschaft ständig gefordert wird, fehlt die zeit, mit Kindenr Dinge zu tun und einen Zusammenhang herzustellen. Ist ja auch schädlich fürs Wachstum, oder?

Kennt eigentlich einer die Bedürfnispyramide von Maslow? Wenn die unteren drei Stufen der Pyramide erfüllt sind (und das sind sie in der regel), dann ist es keine Motivation zur Aufnahme einer Arbeit, wenn die beiden oberen dadurch nicht mehr erfüllt werden können...


RE: Analyse Jugendarbeitslosigkeit in Europa - Antworten der Politik: - Annatar - 11.05.2014 16:21

(11.05.2014 05:54)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(06.05.2014 19:43)Annatar schrieb:  [...]
Deswegen hat er, meiner Meinung nach, auch recht mit seiner These, dass wir uns zwischen Kapitalismus und Demokratie entscheiden müssen.

Da hat der Gute mit Sicherheit Unrecht.

Demokratie ohne Kapitalismus funktioniert nicht, das ist zig-fach empirisch bewiesen.

Mich wundert ja immer, warum man Künstler und Schöngeister des Öfteren für Experten für Politik- und Wirtschaft hält.

Das sind sie mitnichten. Jemand der diese Materie nicht studiert und/oder aus der Berufspraxis kennt, weiß naturgemäß auch meist wenig bis nichts darüber.
Woher will man wissen, dass Demokratie ohne Kapitalismus nicht funktioniert, wenn man es nie ausprobiert hat. Wink
Letzten Endes ist die momentane Form des Kapitalismus auch nicht demokratiefördernd.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 11.05.2014 17:51

(11.05.2014 15:50)Bunbury schrieb:  lernt der Sprößling, daß Arbeit irgendwie etwas schlechtes sein muss, weil der Papa nämlich schlecht gelaunt nach Hause kommt.

Das Vorbild der Eltern ist sicher wichtig, aber nicht nur.

Ich zum Beispiel habe einen Vater, der irgendwie immer was zu tun hat. DEr kam heim und hat nach einer Kaffeepause im Garten oder Haus weiter gewerkelt.
Ich kann nun nicht von mir behaupten, besonders arbeitswütig zu sein. Aber ich behaupte von mir doch, ein gesundes Arbeitsethos zu haben. Das habe ich in meinen Ferienjobs bei einer hiesigen großer KfZ-Herstellerfirma gelernt. Es wäre mir von Hause nie in den Sinn gekommen, einen begonnenen Ferienjob abzubrechen. Dazu bin ich zu stur, da hätte ich mich geschämt, vor mir selber.
Mein Vater hat mir überdies den wichtigen und sinnvollen Tipp mitgegeben, nie unbeschäftigt auszusehen, selbst wenn man es ist. Big Grin
In der Kurbelwellenschleiferei kam das öfter vor. Hab ich halt die Halle gefegt, wenn´s sein musste dreimal an einem Tag, oder mir erklären lassen, wie die CNC-Geräte funktionieren (und am nächsten Samstag meinen Meister damit verblüfft, dass ich die Schleifmaschine allein kalibriert hab...der wollte mich glatt vom Studium abwerben...Big Grin).
Den Durchhaltewillen und das Bestreben, auch aus einem Job, der mir zeitweise überhaupt keinen Spaß macht, das habe ich dort gelernt. Und genau das geht vielen Schülern oder Lehrlingen ab. Ich hab mal bei meinen Schülern, soweit sie 18 waren, rumgefragt, wer schon einen Ferienjob habe. Keiner.

Ich habe mit 14, 15 begonnen, mir bei meinem Onkel im Hopfengarten was dazuzuverdienen. Bei Regen einige hundert Mal am Tag sich auf den Boden knien und wieder aufstehen, dazwischen mit einem schlammglitschigem Hopfenmesser hantieren, während einem das Wasser unten rausläuft...toll!!!
Ich habe im Studium hinterm Tresen gestanden. Haben meine Schüler alle noch nie gemacht, mit wenigen Ausnahmen (meist kellnern sie dann).

Die kommen ins Arbeitsleben und haben bis auf Praktika (und auch das nur, wenn sie auf einer FOS waren) noch nie damit zu tun gehabt. Morgens 5 Minuten zu spät in die Schule kommen und der Lehrer reagiert ungehalten? Völliges Unverständnis! Da müssen schon größere Geschütze aufgefahren werden, um manchen Schülern Pünktlichkeit einzubläuen, und selbst dann kapieren manche nicht, warum die Schule da so ein Aufhebens darum macht.

Nun sind das aber fast durch die Bank keine Kinder reicher Eltern. An der Überversorgung liegt´s ganz bestimmt nicht.

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Bunbury - 11.05.2014 20:33

So ganz versteh ich deinen Beitrag nicht, wenn ich ehrlich bin.

Du schreibst, daß dein Vater immer beschäftigt war. Und erzählst von dir, daß du auch immer etwas gemacht hast.
Genau das meine ich aber.

Heute wird "arbeiten" vor allem als Möglichkeit betrachtet, zu Wohlstnd zu kommen. Kann man auch hier im Thread immer und immer wieder lesen. Müttern, die arbeiten wollen, wird dann oft vorgeworfen, daß sie sich nur teure Sachen leisten können wollen. etc. Es ist immer die Rede von besitz und haben wollen.
Und dann sollen Kinder, denen es nicht wirklich an etwas mangelt, arbeiten gehen? Wofür? Damit sie sich eine neue Stereoanlage kaufen können? Wozu? Papa hat doch eine tolle daheim rumstehen. Und weil er eh nie da ist, kann ich die doch benutzen, vor allem, wenn ich eben nicht arbeite.

Es ist aber nie die Rede davon, eine Aufgabe zu finden, die einen ausfüllt. Gut, so wie viele Jobs heute gestrickt sind, ist das auch schwierig. Ich bin ind er bezeihung selbst kein gutes Vorbild. ich drücke lustlos ein paar Knöpfe und vertraue darauf, daß das Buchhaltungs und Personalprogramm funktioniert und wenn es das nicht tut, rufe ich die Hotline an. Das ist so in etwa alles. Richtig denken muss ich dabei nicht. Nur aufpassen, daß ich an der richtigen Stelle das richtige eintrage. Spaß macht es keinen. Wie soll ich also den Kindern Spaß an der Arbeit vermitteln?

Und ein zweiter Aspekt fällt wohl auch keinem auf, oder?
Wenn wir alle von unserer Jugend reden, dann ist immer die Rede davon, daß wir damals lauthals protestiert haben, demonstriert und unsere Ablehnung lautstark kund getan haben. Die heutige Jugend gilt als angepaßt und wenig konfliktfreudig.
Schon mal daran gedacht, daß die Leistungsverweigerung, die von vielen betrieben wird, eine ganz andere Art von Protest gegen die Leistungsgesellschaft ist? Daß es für die Jugendlichen von heute eben keine Perspektive ist, in 20 Jahren so zu enden wie ihre Eltern? Gut, sie gehen nicht mehr mit Plakaten auf die Straße und demonstrieren. Aber sie sagen uns doch ganz deutlich, daß sie mit unserer Welt nichts zu tun haben wollen, wenn sie sich hinter ihren Smartphones verkriechen. Und wir geben ihnen die Möglichkeit, sich abzugrenzen auch nicht mehr. Wir haben inzwischen ja selbst alle Smartphones. Facebook wurde für Jugendliche uninteressant, als wir Erwachsenen es entdeckten. Die Möglichkeit zu protestieren haben sie auch nicht. Auch das haben wir ja schon übernommen.
Strenggenommen bleibt ihnen doch nur die Leistungsverweigerung... Und das machen sie gut...


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 11.05.2014 21:28

filosofien sind das....

Mein Vater kam, wie ich heute, zwischen 20 und 22 Uhr nach Hause.
Von der Maloche Angel
Meine Mutter zwischen 19 und 20 Uhr, wie meine Frau heute
Von der Maloche Devil
Wenn man durch die Stadt ging, wurden die beiden mit Respekt gegrüßt.
Aus meinen Geschwistern, 6 Stück (mit mir also 7), ist was geworden
Aus meinen Kindern, 3 Stück, ist was geworden

Während ich aus 61 Lebensjahren den überaus subjektiven Eindruck gewonnen habe, dass sich das Pack ebenso reproduziert.
Das Beispiel des rumhängens und nichtstun, von Stütze leben
ist meiner unmaßgeblichen und subjektiven Meinung nach überaus ansteckend ist, wenn nicht vererblich.

Sorry, der überschaubare Mikrokosmos Kleinstadt führt zu so überhaupt nicht belegbaren Meinungen.
Wobei ich aus dem Handgelenk mehrere Familien nennen könnte, in denen diese Praxis zumindest in der 3. Generation geübt wird


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Renegat - 11.05.2014 23:49

Schwierige Diskussion - vielleicht auch wegen der Ansammlung von eigenen Einzelerfahrungen.
Ok, es mag pflegmatische oder unschlaue Jugendliche geben, die gingen früher auf den Bau, in die Landwirtschaft oder fanden sonst eine passende Aufgabe. In fast allen Betrieben wurden noch vor 10-20 Jahren ein paar nicht so Leistungsfähige oder -willige mow murrend mit durchgeschleppt. Die wurden zwar nicht unbedingt befördert und auch von Gehaltserhöhungen verschont aber man behielt sie, jedenfalls wenn sie einigermaßen mitspielten, teilweise sind die heute noch immer da, geschützt durch lange Betriebszugehörigkeiten etc.
Theoretisch basiert unsere Wirtschaft und damit die Gesellschaft noch immer auf Arbeitsteilung. Wer handwerklich nicht begabt ist, wird Verkäufer und umgekehrt. Irgendeine Aufgabe sollte sich für jeden finden lassen, theoretisch. Praktisch ist das schon länger nicht mehr so, es gibt die immer besser werdende Konkurrenz von computergesteuerten Maschinen. Wir benötigen für die Güterproduktion längst keinen Vollzeit-8-Stunden Arbeitstag aller Erwachsenen einer Volkswirtschaft mehr. Also können wir es uns leisten, gnadenlos zu sortieren. Und wer wird als erster aussortiert, doch meist der, bei dem es am einfachsten ist? Der Junge, den keine lange Betriebszugehörigkeit schützt, der noch keine Erfahrung, Betriebsbindung usw hat und den kein Vitamin B protegiert.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Sansavoir - 12.05.2014 03:48

Also nach über 30 Jahren Erfahrung in der Arbeitswelt, komme ich zum Resümee, dass sich Leistung nicht wirklich lohnt.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 08:25

(12.05.2014 03:48)Sansavoir schrieb:  Also nach über 30 Jahren Erfahrung in der Arbeitswelt, komme ich zum Resümee, dass sich Leistung nicht wirklich lohnt.

Der Frust kann einen schon mal packen.
"Anderen" eher blöder und fauler, läuft die Kacke buchstäblich bergauf, während man selbst immer mal wieder in die selbe greift....

Geht mir auch öfter mal so.....

Mal wieder zurück zum Thema.
Kennt einer der Mitstreiter/innen die Biografie unseres Ex-Kanzlers Gerhard Schröder?
Vater Schaustellergehilfe, gefallen in Rumänien.
Aufgewachsen in Behelfswohnungen usw. usf.
Seine Mutter nennt er "die Löwin"
Womit alles gesagt ist wie es ging.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Renegat - 12.05.2014 08:50

(12.05.2014 08:25)Suebe schrieb:  Kennt einer der Mitstreiter/innen die Biografie unseres Ex-Kanzlers Gerhard Schröder?
Vater Schaustellergehilfe, gefallen in Rumänien.
Aufgewachsen in Behelfswohnungen usw. usf.
Seine Mutter nennt er "die Löwin"
Womit alles gesagt ist wie es ging.

Du kennst sicher sein Geburtsdatum, hat gerade spektakulär seinen 70. gefeiert. Damals 68 und in den 70ern danach ging es so. Das ist Vergangenheit.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 12.05.2014 10:45

(11.05.2014 20:33)Bunbury schrieb:  So ganz versteh ich deinen Beitrag nicht, wenn ich ehrlich bin.

Du schreibst, daß dein Vater immer beschäftigt war. Und erzählst von dir, daß du auch immer etwas gemacht hast.
Genau das meine ich aber.

Heute wird "arbeiten" vor allem als Möglichkeit betrachtet, zu Wohlstnd zu kommen.,

Was ich meinte, ist, dass ein arbeitsamer Vater nicht unbedingt dazu führen muss, einen arbeitsscheuen Sprößling zu produzieren.
Im Gegenteil, ich habe mir von meinem Vater da was zumindest teilweise übernommen. Ich stand mit meinem Vater nicht immer unbedingt gut, aber in der Hinsicht ist er für mich ein Vorbild. Liegt vielleicht an der Erziehung, die ich insgesamt von meinen Eltern genossen hab. Insofern meine These: Das Problem liegt vielleicht nicht komplett bei den Jugendlichen, sondern mindestens zum Teil bei den Eltern.

Entspricht so dem Tenor der letzten paar Mails in diesem 3d.

Gleichzeitig habe ich aber auch schon festgestellt, dass die Überversorgung der Kids auch nicht das ganze Gründespektrum abdecken kann.

Ich denke, man müsste bei jedem einzelnen jugendlichen Langzeitarbeitslosen speziell nachschauen, weil auch bei jedem einzelnen im Detail andere Gründe ausschlaggebend sein werden.

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Bunbury - 12.05.2014 11:09

(12.05.2014 10:45)913Chris schrieb:  
(11.05.2014 20:33)Bunbury schrieb:  So ganz versteh ich deinen Beitrag nicht, wenn ich ehrlich bin.

Du schreibst, daß dein Vater immer beschäftigt war. Und erzählst von dir, daß du auch immer etwas gemacht hast.
Genau das meine ich aber.

Heute wird "arbeiten" vor allem als Möglichkeit betrachtet, zu Wohlstnd zu kommen.,

Was ich meinte, ist, dass ein arbeitsamer Vater nicht unbedingt dazu führen muss, einen arbeitsscheuen Sprößling zu produzieren.

Ich sehe, hier haben wir uns gründlich mißverstanden. Mir ging es nicht um den generell durch Arbeit abwesenden Vater. Ein Vater, dem sein Job Spaß macht oder der sich durch seinen Job anerkannt fühlt, wird seinem Kind auch eine positive Grundeinstellung zur Arbeit vermitteln können. Das Kind weiß dann nämlich, daß es absolut okay ist, zur Arbeit zu gehen.
Ein Vater, der sich auf der Arbeit verausgabt und alles positive auf der Arbeitsstelle läßt, und nur schlecht gelaunt nach Hause kommt und für sein kind dann nichts mehr übrig hat, zeigt seinem Kind dagegen, daß Arbeit nichts gutes bedeutet.

(12.05.2014 10:45)913Chris schrieb:  Insofern meine These: Das Problem liegt vielleicht nicht komplett bei den Jugendlichen, sondern mindestens zum Teil bei den Eltern.

Lassen wir mal das von Suebe so gerne zitierte arbeitsscheue Pack beiseite sondern schauen uns einfach mal normale Mittelstandseltern an, die, die ihrerseits einen guten Schulabschluss und eine gute Ausbildung gemacht, vielleicht sogar studiert haben.
Bei denen nimmt der Arbeitsfrust in den letzten Jahren deutlich zu. Betriebe werden ständig umstrukturiert, auch die Arbeitsanforderungen ändern sich ständig. Auch hier ist eine Schere zu sehen, die immer weiter auseinandergeht- einerseits werden durch technische Möglichkeiten viele Jobs immer weiter vereinfacht und man benötigt immer weniger Knowhow und Sachverständnis, um diese (relativ schlecht bezahlten) Jobs auch ausüben zu können. Gleichzeitig werden andere Jobs durch immer neue Verantwortungsbereiche immer schwerwiegender und erfordern immer höhere Kompetenzen. gab es früher durchaus noch "Mitteljobs", also Jobs, die einem durchaus die Möglichkeit gelassen haben zu entscheiden, daß man zwar ganz gerne arbeitet, aber eben nicht einzig in der Arbeit seinen lebenssinn sieht, so fallen diese Jobs oftmals weg- und man muss sich entscheiden zwischen dem fordernden und dem nicht fordernden Job. Gerade im Dienstleistungsbereich ist das enorm.
Bei Familien mit Kindern im Mittelstandsbereich bedeutet das in der Regel- Papa hat einen Job, der ihm alles abverlangt und der wenig zeit für die Familie läßt, während Mama einen Job macht, für den sie überqualifiziert ist und der sie miesepetrig werden läßt... (und es gibt nicht wenige Mütter, die ihren Töchtern gerade vorleben, daß es sich nicht lohnt, sich in der Schule anzustrengen, weil sie am Ende doch nur in schlecht bezahlten und unbefriedigten Jobs da hängen und daß sich seit Großmutters zeiten eigentlich nicht wirklich was geändert hat...)

Gute Vorraussetzungen, den Sprößlingen zu vermitteln, daß Arbeit etwas gutes ist sind das nicht...

Aber das wiederum nur allein den Eltern anzulasten, ist auch nicht fair...


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 13:11

(12.05.2014 10:49)Bunbury schrieb:  Ein Punkt aus Suebes Argumentation möchte ich noch einmal hervorheben, weil er mir indirekt nämlich recht gibt.
Er schreibt:

(11.05.2014 21:28)Suebe schrieb:  Mein Vater kam, wie ich heute, zwischen 20 und 22 Uhr nach Hause.
Von der Maloche Angel
Meine Mutter zwischen 19 und 20 Uhr, wie meine Frau heute
Von der Maloche Devil
Wenn man durch die Stadt ging, wurden die beiden mit Respekt gegrüßt.

Kleine Frage am rande- wer wird bitte denn heute mit Respekt gegrüßt? Ganz sicher nicht der, der schwer arbeitet, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Ich vermute mal, dass man mir schon Respekt entgegenbringt. Zumindest fällt mir nichts anderes auf.

Aber OK, lassen wir das.
Lasst Euch jedenfalls eines ins Stammbuch schreiben:

Der, der sich nicht täglich selbst in den Allerwertesten tritt, bringt es zu nichts auf dieser Welt.

Pyramiden, Erwartungshorizonte, das sind alles Versuche Denkmodelle aufzustellen.
Die Welt ist einfacher und gnadenloser.

Edit: Ich kannte mal einen, schwer reich geworden, ein Furzklemmer in jede Richtung.
An seinem 90. Geburtstag hat ihn die örtliche Zeitung nach seinem Rezept gefragt.
Im Originalton: "Nicht jeder der spart, kommt zu etwas, aber einer der nicht spart kommt ganz sicher zu nichts."

Man muss ja nicht reich werden wollen, man kann andere Ziele haben, aber ohne Mühe und Plage - keine Chance.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Renegat - 12.05.2014 13:46

Sorry, aber mit den paar Einzelerfahrungen kann man nicht zwei ganze Generationen beurteilen. europaweit, in Groß- und Kleinstädten, in industriellen Ballungsräumen und auf dem platten Land. Das geht einfach nicht.
Soweit ich das übersehe, haben sich bisher nur Angehörige der Eltern- bzw Großelterngeneration geäußert. Gerade die ältere Elterngeneration hat damals in den 70-80ern extrem von der Brandtschen Bildungsinitiative profitiert. Die haben idR selbst erfahren, mit ordentlicher Ausbildung, Fleiß und Verantwortungsbewußtsein auch am Arbeitsplatz geht´s aufwärts, mindestens bis in den Mittelstand. Das ist die sog. Babyboomergeneration mit dem Geburtenspitzenjahrgang 1964. Denen wurde das selten in die Wiege gelegt, sondern die haben selbst Chancen gesehen und ergriffen und meist hart für ihren Besitzstand gearbeitet. Natürlich erwarten die, wie fast alle Eltern, dass es ihren Kindern mal besser geht. Nur leider - noch besser scheint nicht zu gehen, jedenfalls nicht für die große Masse der Babyboomerkinder beim derzeitigen Stand unseres Wirtschaftssystems. Das ist bitter, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder. Die natürlich heute längst keine Kinder mehr sind, sondern die jüngeren Erwachsenen zwischen 20 und 40, je nachdem.
Vielleicht sollten wir die mal zu Wort kommen lassen?
Oder die jüngeren Spanier, Griechen etc, gut ausgebildet und teilweise um die 30 noch bei den Eltern wohnend.
Die erfahren leider zu häufig, das alles in den allerwertesten treten nichts nützt, da auf den Arbeitsplätzen, die es ihnen ermöglichen würden, dass es ihnen wenigstens so gut geht, wie den Eltern, entweder noch die Elterngeneration sitzt oder es diese Arbeitsplätze nicht mehr gibt.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 15:20

(12.05.2014 13:46)Renegat schrieb:  Sorry, aber mit den paar Einzelerfahrungen kann man nicht zwei ganze Generationen beurteilen. europaweit, in Groß- und Kleinstädten, in industriellen Ballungsräumen und auf dem platten Land. Das geht einfach nicht.
Soweit ich das übersehe, haben sich bisher nur Angehörige der Eltern- bzw Großelterngeneration geäußert. Gerade die ältere Elterngeneration hat damals in den 70-80ern extrem von der Brandtschen Bildungsinitiative profitiert. Die haben idR selbst erfahren, mit ordentlicher Ausbildung, Fleiß und Verantwortungsbewußtsein auch am Arbeitsplatz geht´s aufwärts, mindestens bis in den Mittelstand. Das ist die sog. Babyboomergeneration mit dem Geburtenspitzenjahrgang 1964. Denen wurde das selten in die Wiege gelegt, sondern die haben selbst Chancen gesehen und ergriffen und meist hart für ihren Besitzstand gearbeitet. Natürlich erwarten die, wie fast alle Eltern, dass es ihren Kindern mal besser geht. Nur leider - noch besser scheint nicht zu gehen, jedenfalls nicht für die große Masse der Babyboomerkinder beim derzeitigen Stand unseres Wirtschaftssystems. Das ist bitter, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder. Die natürlich heute längst keine Kinder mehr sind, sondern die jüngeren Erwachsenen zwischen 20 und 40, je nachdem.
Vielleicht sollten wir die mal zu Wort kommen lassen?
Oder die jüngeren Spanier, Griechen etc, gut ausgebildet und teilweise um die 30 noch bei den Eltern wohnend.
Die erfahren leider zu häufig, das alles in den allerwertesten treten nichts nützt, da auf den Arbeitsplätzen, die es ihnen ermöglichen würden, dass es ihnen wenigstens so gut geht, wie den Eltern, entweder noch die Elterngeneration sitzt oder es diese Arbeitsplätze nicht mehr gibt.


Besser gehen...
was ist das?

Fakt ist jedenfalls, dass wir in Deutschland derzeit ein Drittel der Ausbildungsplätze nicht mit geeigneten Bewerbern besetzen können. Ergo ein Fachkräftemangel quer durch alle Branchen auf uns zukommt. Was heißt Mangel? Steigende Preise, in dem Fall Löhne.
Nochmals Ergo: Der heutigen 15-25jährigen Generation wird es in Zukunft auf keinen Fall schlechter gehen als uns.
Zumindest denen nicht, die sich in den Hintern tretenAngel

Nächster Punkt:
Ich weiß nicht wie das woanders in der Republik ist, aber seit dem einsetzenden Frühjahr ist hier eine Völkereinwanderung an Baufacharbeitern festzustellen die sich von schreibt. Rumänen, Bulgaren. Polen, Tschechen, Italiener usw. usf. viele werden wieder gehen, aber bei weitem nicht alle.
Wir haben heute wieder eine Binnenwanderungswelle wie vor dem 1. Weltkrieg.
Nur, dass heute "Binnen" die EU ist, der Zaun viel weiter gemacht wurde.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Bunbury - 12.05.2014 15:20

Renegat, ich würde mir sehr gerne anhören, was die jüngeren zu sagen haben.
Aber die tun es ja leider nicht.Wink

Was ich hier bedenklich finde, ist ganz ehrlich gesagt, wie die Einzelerfahrungen von Menschen abgewertet und für nichtig erklärt werden.

Da geht es schon los mit dem Respekt. Man selbst will respektiert werden, gesteht den anderen den Respekt aber nicht zu.

An einem solchen Forum werde ich mich nicht mehr beteiligen.

Da heißt es dann so schön, daß man daraus keine Meinung ableiten kann- aber bitte schön- woraus soll man sie denn sonst ableiten, wenn nicht aus dem, was man im Umfeld erlebt? Soll man sich irgendeinen großen Guru suchen, der die große Meinung vertritt, der dann alle folgen können, weil er jahrhundertlang Ausssagen von Leuten ausgewertet hat? Oder der uns in seiner fast göttlichen Weisheit an seinen Erfahrungen teilhaben läßt.

Danke, ich ziehe es immer noch vor, selbst zu denken.

Natürlich erlaube ich mir meine Meinung aufgrund dessen, was ich erlebe, was ich lese, was ich höre. Wenn ich der Meinung bin, daß das wissenschaftliche Relevanz hat, dann veröffentliche ich es als Artikel in einer Fachzeitschrift und nicht in einem Internetforum, in dem man seine Meinung sagt.

Und eigentlich dachte ich, daß Internetforen auch dazu da seien, Aspekte auszutauschen, die man aufgrund seiner eigenen Lebenserfahrung vielleicht nicht so im Blick hat.

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich von Beobachtungen in meinem Umfeld ausgehe. Das im übrigen das Rhein-Main-Gebiet ist und mitnichten irgendeine bedeutungslose Kleinstadt. Mag sein, daß es anders wo anders ist- aber hier ist es so.

Ich habe es ehrlich gesagt nicht nötig, da zu schreiben, wo man mir sagt, daß meine Erfahrungen nicht belegbar sind und gleichzeitig verlangt, daß ich den Erfahrungen eines anderen huldige.
Meinungsfreiheit geht anders.


Und Tschüss


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 15:26

(12.05.2014 15:20)Bunbury schrieb:  ./.
Das im übrigen das Rhein-Main-Gebiet ist und mitnichten irgendeine bedeutungslose Kleinstadt.
./.

Das sind die Argumente die sich so liebe.

"Bei uns an Rhein und Ruhr entscheidet sich Deutschlands Schicksal"
LolInnocent
Leichter kann man den Argumentierer gleich überhaupt nicht mehr in seine Einzelteile zerlegen....

Ich klinke mich mal besser aus.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 16:30

(12.05.2014 08:50)Renegat schrieb:  
(12.05.2014 08:25)Suebe schrieb:  Kennt einer der Mitstreiter/innen die Biografie unseres Ex-Kanzlers Gerhard Schröder?
Vater Schaustellergehilfe, gefallen in Rumänien.
Aufgewachsen in Behelfswohnungen usw. usf.
Seine Mutter nennt er "die Löwin"
Womit alles gesagt ist wie es ging.

Du kennst sicher sein Geburtsdatum, hat gerade spektakulär seinen 70. gefeiert. Damals 68 und in den 70ern danach ging es so. Das ist Vergangenheit.

Hmmm
weniger Spektakulär,
der Selim.

Mitschüler meiner mittleren Tochter in der Grundschule.
Türke, jede Menge Geschwister, mindestens 6, Vater seit 20 Jahren Frührentner.
Ein eigenes Zimmer hatte der Selim nie, eigenes Bett? eher nicht.
Fahrrad, Fussballschuhe? nicht dran zu denken.
Hauptschule, usw. Berufskolleg, den Bachelor hat er letzten Sommer abgelegt.
Inzwischen im 2. Semester im Master

es geht.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.05.2014 16:40

Kann mir mal einer sagen, was ich hier falsch gemacht habe?

Meiner Meinung nach habe ich auf den "Kleinstädter" sehr zurückhaltend reagiert.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 12.05.2014 18:05

Das Thema ist im Grunde recht emotional. Entsprechend sind die Reaktionen.
Ich denke, es gibt schon Gründe, warum ihr hier in diesem Forum beruhigt weiter schreiben könnt...jedenfalls glaube ich nicht, dass es im Verlauf der letzten Mails bewusste Beleidigungen gegeben hat.

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Annatar - 13.05.2014 00:06

(12.05.2014 15:20)Bunbury schrieb:  Renegat, ich würde mir sehr gerne anhören, was die jüngeren zu sagen haben.
Aber die tun es ja leider nicht.Wink
Ich hätte bis jetzt noch die Hoffnung, die Diskussion ganz dezent zu umschiffen. Big Grin
Aber okay, dann steuer ich mal meine Eindrücke wieder.

Deiner These, dass es für die Arbeisthaltung der Jugendlichen wichtig ist, wie die Eltern Arbeit vermitteln, halte ich für vernünftig und auch richtig.

Ich sehe das ein Stück weit an meinen Eltern.
Denen macht ihr Job zwar spaß, aber es gibt Tage oder Wochen, wo die so gestresst und genervt nach Hause kommen, dass du mit denen am besten nicht reden solltest.
Dadurch bin ich jetzt bei weitem nicht arbeitsscheu oder faul geworden, aber ich habe doch gemerckt, dass ich deren Job nicht machen will, auch wenn er ihnen großen Spaß macht.

Zu dem Thema Arbeitserfahrung sammeln, bevor man die Schule verlässt.
Das ist sicherlich wichtig und schadet auch nicht, nur ist das nicht so einfach.
Man kann natürlich einen Ferienjob machen. Der lohnt sich aber meistens nur in den Sommerferien, denn die restlichen Ferien sind in der Regel zu kurz und da muss man, gerade in der Oberstufe, genug für die Schule machen.
Also bleiben nur die Sommerferien, doch da fahren erstens viele in den Urlaub und zweitens ist es in manchen Regionen nicht wirklich einfach einen zu finden.
Abgesehen davon wollen viele nicht nur in den Ferien arbeiten, sondern längerfristig, um eben dauerhaft etwas Geld zu verdienen. So wie ich.
Das war aber in meinem Fall gar nicht so einfach, denn ich gehe bzw. ging in der Nachbarstadt zur Schule, was bedeutet, dass ich jeden Tag ca. 1 Stunde für den Hin- und Rückweg benötige.
Ich wollte allerdings nicht in der Nachbarstadt arbeiten, sondern in der Nähe meines Wohnortes, da ich meinen Arbeitsplatz auch mit dem Fahrrad erreichen muss.
Also hab ich bei mir im Ort gesucht, was ganz schön frustrierend war.
Denn kein Betrieb oder Laden hat auf meine Bewerbungen reagiert. Es gab weder Absagen, noch Zusagen, noch irgendeine Lebenszeichen.
Ich hatte dann allerdings Glück und nach einem viertel Jahr kam endlich eine Reaktion und ich wurde zum Probearbeiten eingeladen.
So hab ich dann, am Anfang der Sommerferien 2013, meinen Aushilfsjob bekommen. So weit so gut, nur kam nach den Ferien dann der große Schock, denn mein Stundenplan erlaubte es mehr nur noch an zwei Tagen in der Woche (Dienstags und Samstags) zu arbeiten. Das hätte eigentlich bedeuten müssen, dass ich den Job wieder aufgeben muss, aber weil ich einen wirklich tollen Chef habe, konnte ich den Job behalten.
Ich hatte Glück, aber wie viele Schüler haben dies nicht und müssen ihren Aushilfsjob aufgeben??
Deswegen finde ich es auch ein bisschen unfair, sich darüber zu wundern oder gar zu ärgern, wie mein Reiligionslehrer in der 11 und 12 Klasse, dass nicht alle Schüler neben der Schule auch noch arbeiten.
Das können viele nämlich gar nicht schaffen!!
Ich erläutert das jetzt einfach mal weiter an meinem Beispiel und meinem Stundenplan aus der 13. Klasse.
Ich hatte in der 13 Montags, Donnerstags und Freitags bis 15:40 uhr Schule, müsste dann bis 16:15 Uhr auf meine Bus warten und war somit erst um 16:45 bis 16:50 Uhr zu Hause.
Arbieten konnte ich dann nicht mir, da die letzte Schicht um 16:00 Uhr anfing und bis 20:00 Uhr geht.
Am Mittwoch war es sogar noch besser, denn da hatte ich bis 17:30 Uhr Schule.
Auch da viel arbeiten aus.
Der eizige wirklich vernünftige Tag war Dienstag, denn dar hatte hatte ich nur bis 13:10 Uhr und konnte somit die Spätschicht von 16:00 bis 20:00 Uhr machen.
Abgesehen davon, muss jeder Schüler natürlich auch Hausaufgaben machen und lernen und hat vielleicht auch ein oder zwei Hobbies.
Das muss man als Schüler erstmal alles unter einen Hut kriegen, wenn nicht eine Sache hinten rüberfallen soll.
Ich hab das, wenn auch teilweise mehr schlecht als recht, geschaft, was mich in machen Wochen aber auch sehr stark an meine Belastungsgrenzen gebracht hat.
Nur wie viele können das eben nicht und werden entweder krank oder müssen eine Sache aufgeben??
Warum steigt denn die Anzahl der Jugendlicher, die an Depreissionen erkranken seit 2004 an??
http://www.hna.de/nachrichten/politik/depressionen-jugendlichen-sagt-eine-fachaerztin-kassel-3494358.html
Liegt das vielleicht an dem immer größer stärker werdenden und immer früher einsetzenden Stress??
Denkt mal darüber nach.

Wenn man den Gedanken jetzt weiter führt, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass es manchen Jugenblichen an Mitivation fehlt.
Denn was erleben sie denn??
Sie sehen den Stress bei den Etlern, sie haben Stress in der Schule und werten auch logischerweise in der Arbeitswelt Stress haben und für was??
Für gar nichts!!
Denn meiner Generation wird es bedeutend schlechter gehen, als euerer Generation.

Also für was soll man sich auch anstrengen??
Für eine gute Zukunft, die man nicht haben wird?? Für 1000 oder mehr Jahrsverträge oder wenn man noch mehr Pech hat nur bezahlte Praktika??
Denn mal ganz ehrlich, die Aussage eurer Generation, dass man was erreicht, wenn man sich nur genug anstrengt ist schon lange nicht mehr wahr.
Meiner Generation wird es bedeutend schlechter gehen als euerer und nur wer Glück, wird es vllt. so gut haben, wie seine Eltern.
Die Gründe dafür sind vielfälltig, jedoch habt ihr es in der Hand dagegen etwas zu tun und damit unsere Zukunftsaussichten zu verbessern.
Denn eure Generation habt momentan das Sagen in diesem Land, also nutzt eure Macht um eine besser Zukunft zu gestallten und uns nicht nur Scherben zu hinterlassen und schimpft nicht immer auf usn Jugendliche, denn ihr und euer System habt uns erschaffen. Wir sind nicht so auf die Welt gekommen.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Renegat - 13.05.2014 11:52

Erstmal vielen Dank, Annatar für den persönlichen Bericht und den Einblick in deinen Alltag.
Besonders wohltuend fand ich die Stellen, an denen du auf die Glücksfälle in deinem Einzelfall aufmerksam gemacht hast und darauf, dass nicht jeder einen verständnisvollen Chef oder glückliche Umstände im Stundenplan hat.


(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Nur wie viele können das eben nicht und werden entweder krank oder müssen eine Sache aufgeben??
Warum steigt denn die Anzahl der Jugendlicher, die an Depreissionen erkranken seit 2004 an??
http://www.hna.de/nachrichten/politik/depressionen-jugendlichen-sagt-eine-fachaerztin-kassel-3494358.html
Liegt das vielleicht an dem immer größer stärker werdenden und immer früher einsetzenden Stress??
Denkt mal darüber nach.
Darüber denke ich schon länger nach. Die festgestellten Depressionen bei Kindern und Jugendlichen setzen sich mE bis weit ins junge Erwachsenenalter fort, wenn auch die Symptome sich verändern und erwachsener werden, wie in dem Artikel beschrieben.

Wollen wir das hier weiterdiskutieren oder ein neues Thema dazu aufmachen?

(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Wenn man den Gedanken jetzt weiter führt, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass es manchen Jugenblichen an Mitivation fehlt.
Denn was erleben sie denn??
Sie sehen den Stress bei den Etlern, sie haben Stress in der Schule und werten auch logischerweise in der Arbeitswelt Stress haben und für was??
Für gar nichts!!
Denn meiner Generation wird es bedeutend schlechter gehen, als euerer Generation.
Das klingt irgendwie hoffnungslos, Annatar. Auch nach meiner persönlichen Erfahrung gibt es diese Grundstimmung, vielleicht nicht überall und nicht gleich stark ausgeprägt und vielfach übertüncht durch die Happy-Erfolgreich-Fassade, aber der Trend ist da und er wird stärker.

(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Also für was soll man sich auch anstrengen??
Für eine gute Zukunft, die man nicht haben wird?? Für 1000 oder mehr Jahrsverträge oder wenn man noch mehr Pech hat nur bezahlte Praktika??
Denn mal ganz ehrlich, die Aussage eurer Generation, dass man was erreicht, wenn man sich nur genug anstrengt ist schon lange nicht mehr wahr.
Meiner Generation wird es bedeutend schlechter gehen als euerer und nur wer Glück, wird es vllt. so gut haben, wie seine Eltern.
Die Gründe dafür sind vielfälltig, jedoch habt ihr es in der Hand dagegen etwas zu tun und damit unsere Zukunftsaussichten zu verbessern.
Nein Annatar und damit sind wir beim Punkt und ganz großen Mißverständnis, an dem die Elterngeneration zumindest eine Mitschuld trifft.
Kämpfen, um was zu ändern, ist das Privileg aber auch die Pflicht der jungen Generation. Die hat nämlich die pubertären Aggressionen, die schon immer dafür sorgten, dass die Menschheit sich weiterentwickelte. Sonst säßen wir noch auf den Bäumen und pflückten Obst. Einige junge, fixe, übermütige ließen sich von den konservativen Warnungen der Alten aber nicht abhalten und kletterten runter, weil es dort zwar riskantes aber besseres Essen gab, oder so ähnlich.


(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Denn eure Generation habt momentan das Sagen in diesem Land, also nutzt eure Macht um eine besser Zukunft zu gestallten und uns nicht nur Scherben zu hinterlassen und schimpft nicht immer auf usn Jugendliche, denn ihr und euer System habt uns erschaffen. Wir sind nicht so auf die Welt gekommen.
Eines gebe ich aber zu, ihr Jungen habt es extrem schwer, denn ihr seid in der Minderheit. Diesen demographischen Faktor gab es mW so noch nie in der Geschichte. Das ist aber auch schon wieder fast ein eigenes Thema.

Was mich bei dieser Diskussion immer mehr beschäftigt, ist die vermutete Diskrepanz zwischen Erziehungs- und Ausbildungszielen und den Aufgaben, die die heutige Wirtschaft für die Masse der Arbeitskräfte anbietet.
Da hat sich was umgekehrt, denke ich. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft ging man vom einzelnen Menschen und seinen Neigungen und Begabungen aus. Selbst in definierten Berufen konnten sich viele im Laufe ihres Arbeitslebens noch schrittweise zu einer gewissen Selbstverwirklichung entwickeln. Warum sollte ein kluger Chef einen introvertierten Buchhalter zu Kundenkontakt zwingen, wenn er damit unglücklich ist und schlechter arbeitet?
Heute haben wir in vielen Betrieben nur noch betriebswirtschaftlich definierte Funktionen und die Menschen werden zugeordnet, meist ohne Rücksicht auf Vorkenntnisse und Neigungen, Kriterium ist eher der Preis.
Dieses "Funktionierenmüssen" kann nicht jeder immer durchhalten. Vor allem dann nicht, wenn er zum Individualisten erzogen wurde.

Ich denke immer noch an Chris´ Beschreibung zur Entstehung unseres dreigliedrigen Schulsystems und die Entwicklung, die es seit den 70ern nahm. Hechelt unser Schulsystem etwa hinterher? Rein logisch, muß es eigentlich für die zukünftigen Bedarfe bilden.
Oder haben wir verschiedene Ziele? Erziehen und bilden wir in unserem Schulsystem den mündigen Bürger, weil wir den für eine funktionierende Demokratie unbedingt brauchen?
Für die Wirtschaft der Zukunft aber nicht, da brauchen wir eher ein Heer von perfekt funktionierenden Arbeitsameisen.
Womit ich dann wieder bei dieser These wäre.
(06.05.2014 19:43)Annatar schrieb:  [...]
Deswegen hat er, meiner Meinung nach, auch recht mit seiner These, dass wir uns zwischen Kapitalismus und Demokratie entscheiden müssen.



RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 13.05.2014 12:59

(13.05.2014 11:52)Renegat schrieb:  ./.
(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Wenn man den Gedanken jetzt weiter führt, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass es manchen Jugenblichen an Mitivation fehlt.
Denn was erleben sie denn??
Sie sehen den Stress bei den Etlern, sie haben Stress in der Schule und werten auch logischerweise in der Arbeitswelt Stress haben und für was??
Für gar nichts!!
Denn meiner Generation wird es bedeutend schlechter gehen, als euerer Generation.
Das klingt irgendwie hoffnungslos, Annatar. Auch nach meiner persönlichen Erfahrung gibt es diese Grundstimmung, vielleicht nicht überall und nicht gleich stark ausgeprägt und vielfach übertüncht durch die Happy-Erfolgreich-Fassade, aber der Trend ist da und er wird stärker.

./.


Ich kam im Jahr 1952 zur Welt. Es tobte der Korea-Krieg.
Ein paar Monate nach meiner Geburt hat man meinen Eltern den Lakra-Kredit zum Hausbau um 10.000 DM gekürzt, Korea. Wurde das Haus ein Jahr später fertig, denn 10.000 DM war sehr viel Geld damals.
1956 war der Ungarn-Aufstand und der Nahostkrieg. 1958 gab es Berlin-Drohungen, 1961 war der Bau der Mauer, 1962 Kuba.
1962 hat mine Mutter letztmals ihr Lebensmittellager für Notfälle kräftig aufgestockt, Konserven, Haferflocken, Salz und Mehl. Im Keller lagerten so um die 10 Zentner Kartoffeln.
In der Schule wurden immer mal wieder Faltblätter verteilt, was bei einem Angriff mit "Kern-Waffen" zu tun wäre, wie man sich verhalten soll.... an 10 jährige verteilt! Die Luftschutz-Atemmasken von 39-45 wurden immer wieder feste mit Talkum bestäubt, man konnte ja nicht wissen....

Vielleicht schreibe ich noch mehr dazu....


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Renegat - 13.05.2014 13:07

Suebe, ganz ehrlich, ich finde deinen Beitrag an dieser Stelle absolut kontraproduktiv. Und ich frage dich ganz offen, willst du in diesem Forum den Dieter geben?

Warum kannst du den jungen Betroffenen denn nicht mal zuhören, verd.... Poste deine Geschichtchen in einem anderen Thread.
Ich verstehe durchaus, was du damit sagen willst, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es Annatar und andere seiner Generation verstehen. Und zwar zu recht, denn du hast dir damals die ollen Kriegskamellen von Vatern auch nicht mehr anhören wollen.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 13.05.2014 13:18

Immer mit der Ruhe, kontraproduktiv is was ganz anderes. Ich habe schon verstanden, was Suebe mitteilen wollte: Dass es Generationen gab, die noch ganz andere Gründe zum Schwarzsehen gehabt hätten als die heutige Jugendgeneration.
Und recht hat er.

Andererseits liegt es im Auge des Betrachters, ob er etwas negativ oder positiv sieht. In der Gemengelage der 50er und 60er war auch die Chance auf einen Neuanfang verborgen, wohingegen die heutigen Jugendlichen, wenn sie ihre Lage mit der ihrer Eltern vergleichen, als die Alten noch jung waren, schon auch Grund haben können, deprimiert zu sein. Geht ja mir schon so: Von der Rente mal leben können? Zweifelhaft, auch wenn ich Beamter bin und da vielleicht noch bessere Aussichten hab als zu der Zeit, als ich Arbeitnehmer oder Selbstständiger war.

Aus Sicht derer, die in dern 50ern/60ern jung waren, mag die Klage der heutigen Jugendlichen jammern auf hohem Niveau sein, aber aus Sicht der heutigen Jugendlichen haben sie schon Grund zum Klagen.

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 13.05.2014 15:47

(13.05.2014 13:07)Renegat schrieb:  Suebe, ganz ehrlich, ich finde deinen Beitrag an dieser Stelle absolut kontraproduktiv. Und ich frage dich ganz offen, willst du in diesem Forum den Dieter geben?

Warum kannst du den jungen Betroffenen denn nicht mal zuhören, verd.... Poste deine Geschichtchen in einem anderen Thread.
Ich verstehe durchaus, was du damit sagen willst, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es Annatar und andere seiner Generation verstehen. Und zwar zu recht, denn du hast dir damals die ollen Kriegskamellen von Vatern auch nicht mehr anhören wollen.

tja,
ich schreibe trotzdem weiter, auch für Dich, denn es war ja sooooo toll in den 70ern.....

Lassen wir die 60er mal weg.

In den 70ern gab es 18 Monate Wehrpflicht 18 Monate die schlicht der Teufel geholt hat. Jaa, die wurden dann auf 15 Monate reduziert, die hat aber halt auch der Teufel geholt.....
Und wie der Wehrdienst durchgesetzt wurde, meinen Kumpel Joe haben sie mit 28 geholt zdZ Amtmann im Staatsdienst, dann Rekrut...

Dann gab es den Radikalen-Erlass, und der war fürchterlich, hat einer bei 2-3 Demos eine große Klappe gehabt, wars vorbei mit dem Staatsdienst. Und wir hatten keine CSU-Regierung, nein Rot-Gelb regierte und die Kanzler hießen Brandt und Schmidt.
Ein Kumpel studierte Jus, gab es die Chance auf eine Stelle in einer Bundesbehörde, hat er den Kontakt zu allen Kumpels vorsichtshalber abgebrochen, einer mit dem er ganz Dicke war, hat er des nachts zu Fuss zwei Bahnstationen weit besucht, (richtig konspirativ) versucht zu erklären. Getroffen haben die beiden sich nie wieder.
Nur,
der Kontaktabbbrecher kam aus einer Arbeiterfamilie, das Studium haben die Eltern sich herb abgespart keine Urlaube und so, ein Auto hatte der Student, die Eltern natürlich nicht....

SS20, Nachrüstung, Mutlangen, AKW allüberall, WAA, ständig die Angst, dass irgendeiner besoffen oder bekifft auf einen Knopf drückt, und das wars dann.

Mann Gottes, hört bloß auf mit der Nostalgie


Sorry, wenn es mir etwas hochkocht, aber aus der Ferne ist halt immer alles besser....


OK.
Mal emotionslos.

Das ganze was annatar schrieb von No future usw. usf.,
wir sind in einem Forum für Geschichte,
hat Ähnlichkeit mit der Stimmung vor dem ersten Weltkrieg.
Lest mal Trakl, Sternheim, den jungen Tucholsky oder auch Kisch.
Nur, welche Antworten auf die drängenden Fragen ihrer Zeit haben die gefunden?
Leute, die Richtigen!
Es ist ihnen nur ein Hitler und ein paar andere Verbrecher dazwischen gekommen

Es ist das Recht, die Pflicht der Jugend sich Gedanken über die Zukunft und die Welt zu machen, zu philosophieren.
Das habe ich/wir einst auch getan.
Haben wir die Welt verbessert?
Ich denke mal per Saldo schon.

Am Sonntag bin ich zwecks Regenschauer in einem Naturfreundehaus eingekehrt, ich versorge mich bei solchen Gelegenheiten gerne mit gedrucktem, Zeugs das man halt nirgens sonst kriegt.
Da stand in einer Broschüre welches Gefühl von Freiheit den Leuten in den 20er Jahren die Möglichkeit gab, an den Wochenenden in der Natur zu wandern, ein Gefühl das in der Intensität für uns Jetztmenschen nicht mehr nachvollziehbar wäre.

Damit möchte ich nun doch mein Engagement in diesem 3nd beenden,
damit und dem Motto der Naturfreunde

Berg frei
Welt frei
Völker frei


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 13.05.2014 17:34

Schon richtig, in den 20ern ist aus den Erfahrungen des Krieges viel Neues entstanden, auch Wirres bzw. Unverstandenes bzw. schwer Verständliches (Stichwort "Dada"), aber eben auch neue Literatur (z.B. "Neue Sachlichkeit", Thomas Mann, Brecht, Zuckmayer, Kisch, Zweig, Remarque), Malerei (Surrealismus, Grosz, Kollwitz), Filmkunst (Fritz Lang), Mode, Gesellschaft (Frauen!), Lebensweise (z.B. eben die Naturfreunde)...ales mow entstanden aus dem Bemühen einer "jungen" Generation, die die "alten Zöpfe" abschneiden wollte und das auch tat.
Viele machten das nicht mit, vor allem innerlich (aber bei den "Goldenen Zwanzigern" wollten die Betuchteren dann doch mitfeiern, die machten "nur" äußerlich mit bei dieser Aufbruchbewegung), was dann letzten Endes dazu führte, dass die Jugend ebenso gleichgeschaltet wurde wie Kunst, Literatur usw.

Mal schauen, vielleicht schafft die heutige Jugend ja auch so einen "Aufbruch" wie die Jugend der 20er und 50er (Rock´n Roll)/60er Jahre ("68er")...und wir, die Älteren, gelten späteren Generationen als die "Bremser", die "Nicht-Versteher"...

VG
Christian


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 16.05.2014 19:29

Hier haben wir übrigens einen 3nd der genau diesen Punkt für die Zeit vor dem 1. WK beschreibt.

http://www.forum-geschichte.at/Forum/showthread.php?tid=5842


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 22.05.2014 09:48

Heute die Schlagzeile in der Südwestpresse

http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Suedwest-Presse-Kommentar-zur-AUSBILDUNG-3587005

Handel, Handwerk und Industrie finden immer weniger Lehrlinge


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - WDPG - 12.06.2014 17:53

(12.05.2014 16:40)Suebe schrieb:  Kann mir mal einer sagen, was ich hier falsch gemacht habe?

Meiner Meinung nach habe ich auf den "Kleinstädter" sehr zurückhaltend reagiert.

Habe den Verlauf dieser ursprünglich mal sehr interessanten Diskussion leider erst jetzt gelesen. Denke da ist ohne das es jemand wirklich beabsichtigt hat was aus dem Ruder gelaufen.

Ich finde jeder soll hier seine Erfahrung und Sicht der Dinge einbringen können, nur so entsteht das interessante Gesamtbild. Ein Gesamtbild das meiner Meinung nach in diesem Thema auch der Politik fehlt. Es ist klar, ich habe eine andere Sicht als jemand der in einer Millionenstadt oder an Land lebt, ein Junger hat da oft eine andere Erfahrung als ein älterer, jemand der vielleicht selbst auf Arbeitssuche ist eine andere als einer der vielleicht gut verdient usw. Denke es ist schon wichtig das man da nicht zu persönlich wird, auch wenn es ein sehr emotionales Thema ist.

Ich glaube gerade in diesem Thema gibt es nicht die Wahrheit. Ist die Jugend arbeitsscheu? Kann sein, die ganze glaube ich nicht, aber vielleicht Teile. Aber selbst wenn muss diese Arbeitsscheu von wo kommen. Gibt es einfach zu wenige Arbeitsplätze? Machen es sich die Arbeitgeber zu leicht? Was kann die Politik tun und wo sind ihr in Wahrheit Grenzen gesetzt, auch wenn manche es dort nicht wahrhaben wollen?

Das alles sind interessante Frage in einer Diskussion die eben sehr schnell auch mal recht emotional werden kann, denke nur wir müssen aufpassen das nicht zu übertreiben. Nicht das du dich jetzt angegriffen fühlst von mir, aber beim drüberlesen hatte ich schon den Eindruck als wäre die Diskussion da irgendwann mal aus dem Ruder gelaufen.


Zu Faul? Einige Argumente und Sichtweisen: - WDPG - 12.06.2014 18:06

(11.05.2014 15:50)Bunbury schrieb:  
(11.05.2014 09:17)913Chris schrieb:  Die Frage ist nur: Woran liegt das, dass eben die Grundeinstellungen zur Arbeit bei manchen schlichtweg fehlen?

Ich habe da eine Theorie, die mir aber sicher von dem einen oder andere entrüsteten Forianer um die Ohren gehauen wird.

Wenn der papa abends völlig müde von der Arbeit nach Hause kommt und weder Zeit noch Lust hat, sich mit dem Sprößling auf angenehme Art und Weise zu beschäftigen, lernt der Sprößling, daß Arbeit irgendwie etwas schlechtes sein muss, weil der Papa nämlich schlecht gelaunt nach Hause kommt.
Wenn dazu noch die Mama arbeitet und immer in der Hetze ist und wenig Zeit hat, um sich dem Kind zuzuwenden, dann lernt das Kind, das Arbeit etwas schlechtes sein muss.
Dazu kommt dann noch, daß das Kind überhaupt keine Ahnung hat, was diese "Arbeit" eigentlich ist. Es sieht Mutter und Vater irgendwohin abrauschen und schlecht gelaunt und müde wiederkommen.
Den Zusammenhang mit der Playstation in seinem Zimmer und der Arbeit der Eltern erschließt sich ihm nicht. Das können Kinder nicht erfassen.
Wie sollen Eltern, die in der Arbeitswelt entweder unterfordert (oftmals Frauen in teilzeit) oder überfordert (viele in Vollzeit) sind, ihren Kindern
bitte eine positive Einstellung zur Arbeit vermitteln?

Wenn ich ehrlich bin den Gedanken habe ich auch schon mal gehabt und er könnte schon eine gewisse Rolle spielen. Wenn die Eltern eh nur noch genervt von der Arbeit kommen, wie soll dann der Nachwuchs darauf kommen das Arbeit was wirklich erstrebenswertes ist. Und einen gewissen Ehrgeiz braucht man aber beim Erwerben einer Arbeitsstelle heute.

Denke aber das ist nur ein Faktor von mehreren in dieser Hinsicht. Eltern die mehr Zeit für ihr (auch schon älteres Kind haben) haben auch in der schwierigen Zeit der Jobsuche mehr Zeit den Sohn oder die Tochter zu fragen ob da jetzt mal was weitergeht. Etwas was ich als wichtig erachte, war zum Glück in meinem Leben nur selten ohne Arbeit, aber weiß schon das man sehr schnell in ein Loch fällt. Man ist Anfangs voller Ehrgeiz, dann kommen unverschämte Reaktionen, Absagen und insgesamt wenig motivierendes. Irgendwann (und das geht relativ schnell) baut man sich dann einen Alltag auf wo man auch beim Nichtstun vor der Playstation recht zufrieden ist (so ein Phase habe ich damals vor meinem Zivildienst erlebt, deshalb spreche ich aus Erfahrung).

Wichtig ist das Loch auch bei einer anderen Beobachtung (bei der mir eventuell der eine oder andere aus einer anderen Generation jetzt heftig widerspricht). Ich denke das man heute länger braucht um sich beruflich zu finden und zu orientieren. Bei vielen Leuten in meinem Freundeskreis war es so das sie nach der Schulzeit mal eine Zeit da und dort einen Übergangsjob hatten, dazwischen wieder Phasen der Arbeitslosigkeit. Diese Zeit ist oft gar nicht mal so kurz und kann sich auch ein paar Jahre lang ziehen, bis man den Job findet, den man dann über länger machen möchte. Solche Phasen sind schwierig, es ist einfach in das oben genannte Loch zu fallen. Denke diese Phasen gabs früher auch, aber sie waren seltener und kürzer (so zumindest meine Beobachtung aus der Erzählung der Generation meiner Eltern). Und wie gesagt nicht jeder hat den Ehrgeiz da doch wieder mal rauszufinden.

Ein letztes Argument von dem ich selbst nicht 100% überzeugt bin fällt mir noch ein. So vermitteln es zumindest manche Fernsehsender, es gibt eben auch Umfelder, die es irgendwie als Alternative sehen, einfach nicht arbeiten zu gehen und von Harz IV (oder bei uns der Mindestsicherung) zu leben. Vergrößert natürlich die Anzahl derer auch, die nicht arbieten gehen.

Das zumindest sind meine Gedanken zum Thema "Jugendarbeitslosikeit und des zu Faul zum Arbeiten seins".


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - WDPG - 12.06.2014 19:02

(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Zu dem Thema Arbeitserfahrung sammeln, bevor man die Schule verlässt.
Das ist sicherlich wichtig und schadet auch nicht, nur ist das nicht so einfach.
Man kann natürlich einen Ferienjob machen. Der lohnt sich aber meistens nur in den Sommerferien, denn die restlichen Ferien sind in der Regel zu kurz und da muss man, gerade in der Oberstufe, genug für die Schule machen.
Also bleiben nur die Sommerferien, doch da fahren erstens viele in den Urlaub und zweitens ist es in manchen Regionen nicht wirklich einfach einen zu finden.

Bei den Ferialjobs gebe ich dir absolut recht, ist grundsätzlich keine schlechte Sache, aber oft auch nicht so einfach.

Mal eine andere Überlegung: In der Ausbildung zum Altenfachbetreuer (heute heißt es Fachsozialbetreuer für Altenarbeit) hat man sehr viele Praktikum und dazwischen auch Schule. Im Nachhinein gesehen lehrnt man bei diesen genausoviel. Und man hat auch die Möglichkeit sich zu präsentieren (viele Kollegen habe später an der Praktikumsstelle Arbeit gefunden, klar der Arbeitgeber und auch der potentielle Arbeitnehmen sehen schon vorher, passt das oder nicht).

Wäre es nicht sinnvoll die Pflichtpraktikers in Betrieben auch bei anderen Ausbidlungen zu forcieren?


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Annatar - 15.06.2014 19:11

(12.06.2014 19:02)WDPG schrieb:  
(13.05.2014 00:06)Annatar schrieb:  Zu dem Thema Arbeitserfahrung sammeln, bevor man die Schule verlässt.
Das ist sicherlich wichtig und schadet auch nicht, nur ist das nicht so einfach.
Man kann natürlich einen Ferienjob machen. Der lohnt sich aber meistens nur in den Sommerferien, denn die restlichen Ferien sind in der Regel zu kurz und da muss man, gerade in der Oberstufe, genug für die Schule machen.
Also bleiben nur die Sommerferien, doch da fahren erstens viele in den Urlaub und zweitens ist es in manchen Regionen nicht wirklich einfach einen zu finden.

Bei den Ferialjobs gebe ich dir absolut recht, ist grundsätzlich keine schlechte Sache, aber oft auch nicht so einfach.

Mal eine andere Überlegung: In der Ausbildung zum Altenfachbetreuer (heute heißt es Fachsozialbetreuer für Altenarbeit) hat man sehr viele Praktikum und dazwischen auch Schule. Im Nachhinein gesehen lehrnt man bei diesen genausoviel. Und man hat auch die Möglichkeit sich zu präsentieren (viele Kollegen habe später an der Praktikumsstelle Arbeit gefunden, klar der Arbeitgeber und auch der potentielle Arbeitnehmen sehen schon vorher, passt das oder nicht).

Wäre es nicht sinnvoll die Pflichtpraktikers in Betrieben auch bei anderen Ausbidlungen zu forcieren?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das was bringen würde, denn letzten Endes werden viele Ausbildungen ja bei einem Betrieb absolviert, der einen in der Regel auch übernimmt.
Und die schulischen Ausbildungen, beinhalten in der Regel auch genug Praktikas.

(12.06.2014 18:06)WDPG schrieb:  Ein letztes Argument von dem ich selbst nicht 100% überzeugt bin fällt mir noch ein. So vermitteln es zumindest manche Fernsehsender, es gibt eben auch Umfelder, die es irgendwie als Alternative sehen, einfach nicht arbeiten zu gehen und von Harz IV (oder bei uns der Mindestsicherung) zu leben. Vergrößert natürlich die Anzahl derer auch, die nicht arbieten gehen.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass diese Fernsehsendungen einen so Einfluss haben.
Um ein Leben in der Dauerarbeitslosigkeit attraktiv zu finden, muss man entweder shcon ganz unten sein (was ur die wenigsten sind) oder aber so fiel Sche*** im Berufsleben erlebt haben, dass dagegen die Arbeitslosigkeit wie ein Kindergeburtstag vorkommt.
Außerdem sollte einem auch klar sein, dass diese Sendungen schon stark gestellt sind.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - WDPG - 15.06.2014 21:43

(15.06.2014 19:11)Annatar schrieb:  Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass diese Fernsehsendungen einen so Einfluss haben.
Um ein Leben in der Dauerarbeitslosigkeit attraktiv zu finden, muss man entweder shcon ganz unten sein (was ur die wenigsten sind) oder aber so fiel Sche*** im Berufsleben erlebt haben, dass dagegen die Arbeitslosigkeit wie ein Kindergeburtstag vorkommt.
Außerdem sollte einem auch klar sein, dass diese Sendungen schon stark gestellt sind.

Nein, nicht die Sendung hat einen Einfluss, die Sendungen vermitteln bei mir den Eindruck das es diese „Harz IV-Umfelder“ tatsächlich gibt. So unerklärlich ist das für mich auch wieder nicht. Habe oben beschrieben wie schwer es ist seine Richtung da zu finden, manchesmal braucht es einen Tritt in den Hintern um wirklich aktiv weiterzusuchen, dieser bleibt denke ich aber in einem Umfeld aus wo es nicht selbstverständlich ist das man arbeiten geht. Denke nur es könnte ein Faktor sein der einem teilweise runterzieht.

Was das mit dem Gestellt sein betrifft. Ehrlich gesagt gibt es viele Sendungen wo es echt interessant wäre, wie viel gestellt ist und wie viel nicht. Oft denke ich ist gar nicht soo viel gestellt, aber man kann eine Story relativ geschickt manipulieren und in eine Richtung darstellen. Bei manchen ist es natürlich klar, aber warum sollte ein Fernsehsender so manches mit bezahlten Schauspielern abdecken, wenn es so ohne ganz große Summen auch geht. Ist aber ein anderes (interessantes Thema).


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Annatar - 09.07.2014 12:48

(15.06.2014 21:43)WDPG schrieb:  
(15.06.2014 19:11)Annatar schrieb:  Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass diese Fernsehsendungen einen so Einfluss haben.
Um ein Leben in der Dauerarbeitslosigkeit attraktiv zu finden, muss man entweder shcon ganz unten sein (was ur die wenigsten sind) oder aber so fiel Sche*** im Berufsleben erlebt haben, dass dagegen die Arbeitslosigkeit wie ein Kindergeburtstag vorkommt.
Außerdem sollte einem auch klar sein, dass diese Sendungen schon stark gestellt sind.

Nein, nicht die Sendung hat einen Einfluss, die Sendungen vermitteln bei mir den Eindruck das es diese „Harz IV-Umfelder“ tatsächlich gibt. So unerklärlich ist das für mich auch wieder nicht. Habe oben beschrieben wie schwer es ist seine Richtung da zu finden, manchesmal braucht es einen Tritt in den Hintern um wirklich aktiv weiterzusuchen, dieser bleibt denke ich aber in einem Umfeld aus wo es nicht selbstverständlich ist das man arbeiten geht. Denke nur es könnte ein Faktor sein der einem teilweise runterzieht.
Gut, das kan durchaus sein.
(15.06.2014 21:43)WDPG schrieb:  Was das mit dem Gestellt sein betrifft. Ehrlich gesagt gibt es viele Sendungen wo es echt interessant wäre, wie viel gestellt ist und wie viel nicht. Oft denke ich ist gar nicht soo viel gestellt, aber man kann eine Story relativ geschickt manipulieren und in eine Richtung darstellen. Bei manchen ist es natürlich klar, aber warum sollte ein Fernsehsender so manches mit bezahlten Schauspielern abdecken, wenn es so ohne ganz große Summen auch geht. Ist aber ein anderes (interessantes Thema).
Dafür braucht ein Sender nicht mal bezahlte Schauspieler. Bei vielen Scripted Reality Serien sind das ja Laien, die ein paar hundert Euro dafür bekommen.
Und selbst wenn wirklich keine Schauspieler bzw. Laienschauspieler einsetzt, kann man immer noch viel inszenieren.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - Suebe - 12.08.2014 16:13

Heute morgen ist mir ein Statement des BW Landeshandwerkspräsidenten Joachim Möhlre auf den Schreibtisch geflattert. Das er anläßlich der IQB-Studie die im Landtag am 25.6. diskutiert wurde abgab.

Zusammengefasst: Dass BW im bundesweiten Ranking weit vorne wäre, sei höchstens zweitrangig. Schlimm wäre es, dass 25% der 9. klässler in Mathe die Mindeststandarts nicht erfüllen würden. Und noch viel schlimmer wäre es, dass sich dieser Wert seit der Pisa-Studie 2003 nicht im geringsten gebessert hätte.
"Mit Schulabsolventen die auf dem Niveau der 4. Klasse stehen geblieben sind, kann das Handwerk nichts anfangen. Seit Jahren müsse mit Nachhilfe und teuren Maßnahmen der Berufsvorbereitung nachgebessert werden, damit diese Jugendlichen der Wirtschaft als zukünftige Fachkräfte zur Verfügung stünden."

Da, meine sehr verehrten Mitdiskutantinnen und Diskutanten liegt der Hase im Pfeffer.


RE: Warum interessiert niemanden die extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa? - 913Chris - 12.08.2014 18:32

(12.08.2014 16:13)Suebe schrieb:  Da, meine sehr verehrten Mitdiskutantinnen und Diskutanten liegt der Hase im Pfeffer.

Die Frage ist nur: woran liegt´s?
Und: Was kann man dagegen machen?

Es liegt ja nicht nur in Mathe dieser Hase im Pfeffer. In Deutsch sieht´s annähernd genauso schlimm aus.
Abschlussklasse Gym - Rechtschreibfehler? Dürfte ebenfalls ein Viertel der Schüler sein, bei dem man besser nicht nachzählt...

VG
Christian