Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
|
26.07.2012, 09:29
Beitrag: #1
|
|||
|
|||
Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
.
Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2? Der Klerus bestand doch auch aus Adligen. Zum Beispiel Bischöfe und Äbte waren als Fürstbischöfe und Fürstäbte auch politische Führer. . |
|||
26.07.2012, 09:48
Beitrag: #2
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Viele hochgestellte Kleriker stammten zwar aus dem Adel, aber nicht jeder Adlige war gleichzeitig auch Kleriker.
Speziell die Kleriker betrachteten alle Nichtkleriker als Laien, gleichgültig ob adlig oder bürgerlich und strebten ab etwa 1000 n.Chr. die vollständige Entflechtung zwischen weltlicher und geistlicher Machtausübung an. Allerdings nur in eine Richtung. Weltliche Führer sollten kein Mitspracherecht in kirchliche Belange mehr haben. Als Stichwort kann man hier Laieninvestitur und Simonie anführen, also die Amtseinsetzung eines hohen kirchlichen Würdenträgers durch weltliche Führer sowie der Kauf von hohen kirchlichen Ämtern durch Laien. Sich davon zu befreien und dieses Recht allein dem päpstlichen Stuhl einzuräumen, war Ziel des sog. Investiturstreits von 1076 bis 1122. In der Folge hatte der Klerus neben dem Adel eine ganz eigene Machtstellung eingenommen und wurde daher als eigener Stand geführt. nicht ärgern, nur wundern... |
|||
26.07.2012, 10:02
Beitrag: #3
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Ihr Lieben,
ganz einfach neben Bauer und Adel gab es noch die Geistlichkeit. ![]() Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
|||
26.07.2012, 10:05
Beitrag: #4
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Keineswegs nur in eine Richtung, die Kirche strebte auch weltliche Macht an, ich erinnere an die Konflikte zwischen Kaiser und Papst (Stichwort: Gang nach Canossa, Exkommunikation des Staufers Friedrich II.).
„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
|||
26.07.2012, 10:10
Beitrag: #5
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(26.07.2012 10:05)Arkona schrieb: Keineswegs nur in eine Richtung, die Kirche strebte auch weltliche Macht an, ich erinnere an die Konflikte zwischen Kaiser und Papst (Stichwort: Gang nach Canossa, Exkommunikation des Staufers Friedrich II.). Das meinte ich ja. Die Entflechtung sollte nur in eine Richtung stattfinden: Der Adel hatte sich bitte aus kirchlichen Belangen rauszuhalten, während die Kirche ihre Möglichkeiten zur politischen/weltlichen Einflussnahme auszubauen versuchte. Nach meinem Verständnis ist das schon ziemlich einseitig. nicht ärgern, nur wundern... |
|||
26.07.2012, 10:11
Beitrag: #6
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(26.07.2012 10:02)dieter schrieb: Ihr Lieben, Naja, Gotthelf hatte aber nach dem WARUM gefragt. nicht ärgern, nur wundern... |
|||
26.07.2012, 17:06
Beitrag: #7
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(26.07.2012 09:29)Gotthelf schrieb: .Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2? Der Klerus bestand doch auch aus Adligen. Zum Beispiel Bischöfe und Äbte waren als Fürstbischöfe und Fürstäbte auch politische Führer. In der Vorstellungswelt des Mittelalters hatte Christus als Weltenherrscher die Menschen in drei Stände eingeteilt und ihnen entsprechende Aufgaben zugeordnet: 1. Der geistliche Stand: Tu supplex ora (Du sollst demütig beten) 2. der Fürstenstand: Tu protege (Du sollst Schutz gewähren) 3. Die Bauern (Tuque labora (Und du sollst arbeiten) In dieser Ständeeinteilung fehlt noch der Bürger, der erst seit dem 13./14. Jh. eine bedeutendere Rolle spielte. Die drei Stände waren ein Abbild der gesellschaftlichen Ordnung, wie sie vom Früh- bis zum Hochmittelalter bestand. Dieser Ordo-Gedanke wurde im Mittelalter nie preisgegeben und galt als gottgewollt. Eine weitere Differenzierung der Dreiständeordnung erschien den Menschen überflüssig, denn in dieses Schema passten alle hinein. Fürstbischöfe oder Fürstäbte wurden vor allem als Geistliche wahrgenommen, denn sie waren zuerst geistliche Herren, auch wenn sie ein Fürstbistum regierten und zählten somit zum geistlichen Stand. Im übrigen bestand der Klerus nicht nur aus Adligen, wie du das oben sagst. Die ganz große Mehrzahl der Priester und Mönche war nicht adlig; zum Adel zählte unter den Geistlichen in erster Linie die kleine Schicht des oberen Klerus wie z.B. die Bischöfe, Fürstäbte oder Angehörige der Ritterorden. Schon unter den einfachen Äbten gab es auch im Mittelalter zahlreiche Nichtadlige. |
|||
27.07.2012, 11:55
Beitrag: #8
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(26.07.2012 10:11)Uta schrieb:Liebe Uta,(26.07.2012 10:02)dieter schrieb: Ihr Lieben, ganz einfach. Den Bauern brauchte man zur Ernährung, den Adel zum Schutz und die Geistlichkeit für das religiöse Bedürfnis. ![]() Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
|||
27.07.2012, 14:00
Beitrag: #9
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Dietrich hat alles geschrieben, die Frage dürfte erledigt sein.
Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
28.07.2012, 09:20
Beitrag: #10
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(27.07.2012 14:00)Maxdorfer schrieb: Dietrich hat alles geschrieben, die Frage dürfte erledigt sein.Lieber Maxdorfer, toll was Du so alles feststellst. ![]() ![]() ![]() Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
|||
28.07.2012, 09:37
Beitrag: #11
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(28.07.2012 09:20)dieter schrieb:(27.07.2012 14:00)Maxdorfer schrieb: Dietrich hat alles geschrieben, die Frage dürfte erledigt sein.Lieber Maxdorfer, Natürlich darfst du antworten, ich wollte nur feststellen, dass Gotthelfs Frage beantwortet ist. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
29.07.2012, 09:18
Beitrag: #12
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(28.07.2012 09:37)Maxdorfer schrieb:Lieber Maxdorfer,(28.07.2012 09:20)dieter schrieb: Lieber Maxdorfer, da bin ich aber beruhigt. ![]() Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu |
|||
02.08.2012, 19:37
Beitrag: #13
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(27.07.2012 14:00)Maxdorfer schrieb: Dietrich hat alles geschrieben, die Frage dürfte erledigt sein. Wenn mir noch eine Anmerkung erlaubt ist: Diese drei Stände stehen für eine soziale Wirklichkeit, die sich nach und nach entwickelt haben - nämlich aus dem mittelplatonischen Stufendenken. Wenn man abstuft, muss es eine Pyramide geben. Die Bauern bzw. die Landbevölkerung sind die meisten, somit bilden sie die untere Ebene. Allerdings will ich nicht verschweigen, dass bei denen auch die niedrigen Seelsorger standen, also Presbyter, Priester und Diakone. Der Adel dann, bildete die nächst größere Stufe, somit werden sie zum zweiten Stand, zugleich auch zum wichtigen im Frühmittelalter und zu Beginn des Hochmittelalters. Hier dürfte das Wormser Konkordat dann eingültig einen Cut machen. Der hohe Klerus waren die wenigsten davon, auch eine soziale Gruppe ins sich, die sich auch durch die Bildung und allen voran Wohlstand abhoben, weniger vlt. durch die Seelsorgerische Leistung, also "Bischof sein ist gut, aber jeden Tag Messe halten..." wie das ein Straßburger Bischof im Hochmittelalter beklagte. Und als oberste Kompetente des Stufendenkens ist Jesus Christus. Richtig ist, dass die Städte nicht in diesem System vorkamen - denn sie widerstrebten dem Stufendenken zu einem und hatten deswegen nicht die Reputation in der Zeit aus der das Modell entstand. Zitat: 1. Der geistliche Stand: Tu supplex ora (Du sollst demütig beten) Dieses Quelle hier stammt allerdings aus der frühen Neuzeit und ist keine mittelalterliche, wie man landläufig falsch annimmt. Sie hat aber die Funktion genau das zu beschreiben, was im Hochmittelalter die soziale Wirklichkeit gewesen ist. Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten "Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12 |
|||
05.08.2012, 18:48
Beitrag: #14
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Nun ja,die Dreiteilung: Priester-Krieger-Produzent(also Bauern+Handwerker) war ja keine Erfindung des Mittelalters sondern findet sich m.W. in allen arbeitsteiligen,differenzierten Gesellschaften, egal ob in Asien,Afrika,Amerika oder Europa. Diese Aufteilung haben wir bereits in Ägypten und Mesopotamien,in Altperu,Altindien und China- wobei der Herrscher als Gottkönig zum Teil außerhalb dieser Aufteilung stand bzw. alle drei Stände in sich vereinigte.So waren Inka, Pharao u.a. nicht nur GottKönige und oberste Heerführer sondern leiteten auch als "oberster Bauer" den Beginn der Aussaat ein.
Insoweit ht man also im Mittelalter lediglich die antike Gliederung übernommen. |
|||
07.07.2013, 02:31
Beitrag: #15
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Ich denke, der Freie und der Leibeigene wurden auch als getrennte Stände gezählt. Die Leibeigenen/Hörigen waren Bauern, Landarbeiter und andere Knechte, die Freien konnten Bauern/Fischer, Handwerker und Händler sein. In vielen Berufen gab es Freie und Knechte.
viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
|||
07.07.2013, 04:11
Beitrag: #16
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(07.07.2013 02:31)Paul schrieb: Ich denke, der Freie und der Leibeigene wurden auch als getrennte Stände gezählt. Die Leibeigenen/Hörigen waren Bauern, Landarbeiter und andere Knechte, die Freien konnten Bauern/Fischer, Handwerker und Händler sein. In vielen Berufen gab es Freie und Knechte. Soweit ich informiert bin, wurde z.B. in Schweden auch so unterschieden. So gab es neben Adel, Klerus, Freie und Unfreie. Alle vier Stände entsandten ihre Vertreter in den Reichstag. Dagegen wurden in Siebenbürgen die sozialen Unterschiede nicht beachtet. Dort verhandelten in den Landtagen Vertreter der vier Nationen Ungarn, Siebenbürger Sachsen, Szekler und Rumänen. Im Sprachgebrauch galt Nation als Synonym für Stand. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
07.07.2013, 22:48
Beitrag: #17
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Zitat:Ich denke, der Freie und der Leibeigene wurden auch als getrennte Stände gezähltDie Stände verkörperten vom Mittelalter bis zur französischen Revolution die politische relevanten Teile der Gesellschaft Und Unfreie waren kein Stand sondern zählten in der damaligen Gesellschaft schlicht nicht.Sie waren als Gesinde oder Leibeigene einem Freien ,einem Herrn zugeordnet ,waren also was das politische Leben des Gemeinwesens betrifft, nicht existent. Dass die soziologische Gliederung der Gesellschaft vielschichtiger war als die politische ist eine andere Sache |
|||
08.07.2013, 07:51
Beitrag: #18
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Und schließlich hatten sie auch theologisch und wirtschaftlich den gleichen Rang: Sie sollten schlicht und einfach arbeiten.
Dies konnte man dann weiter untergliedern in "Freie", "Halbfreie" und "Unfreie", aber genauso unterschied man ja auch zwischen Mönchsklerus, Dorfpriestern und hoher Geistlichkeit. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
09.07.2013, 01:59
Beitrag: #19
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Für mich stellt sich auch die Frage, wann die Sklaverei in den Städten aufhörte, nach der Devise Stadtluft macht frei. Der Sklavenhandel lief ja ursprünglich auch in Städten ab.
Die ursprüngliche Erkennung der Unfreien am Haarschnitt funktionierte in Städten mit römischem Bevölkerungsanteil ja nicht. Die Römer trugen kurzes Haar und auch die Germanen z.B. Ubier übernahmen diese Mode in den linksrheinischen Gebieten. Im Mittelalter war die Unfreiheit wohl am Boden gebunden? Wer sein Einkommen behalten wollte, akzeptierte die damit verbundenen Bedingungen, aber im Prinzip war man frei woanders hin zu ziehen. viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
|||
13.07.2013, 15:08
Beitrag: #20
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Zu den bereits genannten Unterscheidungen kommt besonders im frühen Mittelalter übrigens auch noch die zwischen Unfreiem und Sklave - was keineswegs das gleiche ist. Der Unfreie war theoretisch keine Sache, wie es ein Sklave war, sondern ein Mensch. Dies hing mit einem bedeutsamen Merkmal zusammen: Er war Christ. Er war zwar seinem Herren untertan und von diesem abhängig, aber er war immer noch mehr als ein beliebiges Objekt. Ein Unfreier konnte kirchlich anerkannte Ehen schließen und über seine Familie 'herrschen'. Er konnte seinen Besitz an seine Nachkommen vererben (auch wenn der Grundherr praktisch oft etwas davon einforderte) - eben weil er Besitz hatte. Ein Sklave hingegen war niemand, sondern er war etwas.
Doch wie auch der Unterschied zwischen Unfreien und freien Bauern immer kleiner wurde, differenzierte man später auch nicht mehr so genau zwischen Unfreien und Sklaven. Letztlich gerieten alle unter die Herrschaft der Grundbesitzer, bei denen - und bei deren Kastellanen - ab einer gewissen Zeit die Macht über alle Menschen auf ihrem Stück Land lag. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
15.08.2013, 21:09
Beitrag: #21
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(09.07.2013 01:59)Paul schrieb: Für mich stellt sich auch die Frage, wann die Sklaverei in den Städten aufhörte, nach der Devise Stadtluft macht frei. Der Sklavenhandel lief ja ursprünglich auch in Städten ab. Stimmt, Freilassungen waren im Mittelalter überaus häufig - und im Gegensatz zur Antike gab es auch keine Verordnungen, die sie limitierten. Wann die Sklaverei in den Städten ganz aufhörte, ist schwer zu bestimmen. Jedenfalls ging sie im Spätmittelalter stark zurück, nachdem im 12. Jahrhundert der Sklavenhandel noch in voller Blüte gestanden hatte. Da es keine nichtchristlichen Länder in erreichbarer Nähe gab und es daher sehr schwer war, Nachschub zu bekommen, dürfte die Sklaverei langsam weniger geworden sein. Die hohe Anzahl an Freilassungen tat ihr übriges. Irgendwann war es wohl einfach kostengünstiger, Tagelöhner einzustellen. Doch später (im 13. bis 15. Jahrhundert) waren besonders die italienischen Seemächte im großen Stil im Sklavenhandel tätig. Gerade von der Krim und allgemein aus dem östlichen Mittelmeerraum wurden zehntausende Sklaven und vor allem Sklavinnen "importiert". Es dürfte also noch eine ganze Weile Sklaventum in Europa gegeben haben. Von diesem Thema habe ich zumindest aber seltsamerweise noch nichts gehört. "Sklaverei unter Menschen ist etwas Naturgegebenes, denn manche sind von Natur Knechte." (Thomas von Aquin: Summa theologica) (09.07.2013 01:59)Paul schrieb: Im Mittelalter war die Unfreiheit wohl am Boden gebunden? Wer sein Einkommen behalten wollte, akzeptierte die damit verbundenen Bedingungen, aber im Prinzip war man frei woanders hin zu ziehen. Einmal davon abgesehen, dass die Praxis ganz anders aussah und die Bauern ihrem Herrn ausgeliefert waren, wenn ihnen kein erfolgreicher Fluchtversuch gelang: Der Feudalismus basierte ursprünglich auf einer Art "Vertrag" zwischen Grundbesitzer und Arbeitskraft, der nicht so einfach aufzukündigen war. Daher war es Rechtsbruch, einfach woanders hin zu ziehen. Genauso wie es auf Seiten des Feudalherren Rechtsbruch war, dem halbfreien Schollenbauern das Land wegzunehmen (wogegen dieser freilich nichts tun konnte, falls es doch vorkam). Außerdem entwickelte sich eben wie gesagt in der Praxis ein Anspruch der Untervasallen (Ritter, Klöster etc.) auf ihre Besitzungen und alle Menschen, die darauf lebten. Es gibt viele Beispiele dafür, dass ein Fluchtversuch in die Stadt mit harten Strafen geahndet wurde. Das man nach nachweisbarem 366-tägigem Aufenthalt in einer Stadt von dieser als freier Mensch gesehen wurde und nicht mehr vom Grundherrn zurückgefordert werden konnte, war dem Adel auch nicht recht. Das war einfach eine Maßnahme der Stadt, um die Wirtschaftskraft zu erhalten und zu vergrößern – einfach, um Einwanderer anzulocken. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
16.08.2013, 01:13
Beitrag: #22
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Nach der Pest von 1346 bis 1352 führte der Verlust von Arbeitskräften zum Anstieg von Löhnen, so dass viele Bauern, Handwerker usw. dorthin gingen, wo die höchsten Löhne bezahlt bzw. die geringsten Abgaben gefordert wurden. Dies führte dazu, dass ein Teil des niederen Adels verarmte, weil niemand ihr Land bearbeitete. Aus diesem Grund wurden Gegenmaßnahmen getroffen, so z.B. 1360 von Eduard III., die den Bauern das unerlaubte Weggehen untersagten bzw. erschwerten. Anfänglich wirkten diese Maßnahmen noch nicht, da trotz der angedrohten Strafen, die Verlockungen zu groß waren, in einer Stadt oder unter dem Schutz eines mächtigen Hochadligen ein besseres Leben zu führen. Aber nach ein paar Jahren hatte kein Bauer mehr eine Wahl, sie waren alle wieder fest in der Leibeigenschaft verankert. Und dank der Maßnahmen Eduards III. pegelte sich das Niveau von Löhnen und Abgaben auf das Niveau ein, das vor der Pest bestand.
"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
17.08.2013, 12:32
Beitrag: #23
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Im Bezug auf die Ständeordnung sollte man nicht vergessen, dass die bekannte Einteilung in die 3 Stände schon früh auf Kritik gestoßen ist, so gab es viele Kleriker, die diese Einteilung als ungerecht empfanden, dazu gehörte beispielsweise John Ball ("Als Adam grub, und Eva spann, wer war denn da der Edelmann?").
|
|||
10.04.2016, 00:26
Beitrag: #24
|
|||
|
|||
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
In den linksrheinischen Gebieten dürfte es ursprünglich fast keine Hörigen gegeben haben, sondern nur Sklaven der Römer. Vieles wurde durch Angestellte bzw. selbständige Dienstleister erledigt.
Die ubischen Bauern hatten kaum Leibeigene, da sie ja fast keinen Krieg führten und auch ins linke Rheinland wanderten sie friedlich ein. Vielleicht machte Stadtluft von Anfang an frei? viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
|||
|
Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: