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Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
04.02.2018, 13:54
Beitrag: #1
Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Nachdem der Thread http://www.forum-geschichte.at/Forum/showthread.php?tid=7807&page=3 recht viele Ansätze für Diskussionen bietet, halte ich es für sinnvoller für die folgende Frage einen eigenen Thread zu eröffnen.

Was sich immer wieder bei historischen Geschehnissen beobachten lässt, ist das "Prinzip der Rivalitäten", wobei natürlich nicht außer acht gelassen werden darf, dass in den meisten Konflikten wesentlich mehr historische Akteure verstrickt waren, als zwei rivalisierende Dynastien. Da haben noch das einfache Volk, andere Dynastien, Landstände, Städte, die wenigstens die "freie Stadtluft" tatsächlich atmen wollen etc. (Abgesehen von manchen Fällen, wo später Legende und Sage eine Konstellation weiterentwickelt haben, man denke nur an einen Rudolf von Habsburg als "angeblichen" Erbe der Staufer.)

Was mir aber beim Untergang der Staufer auffällt - wo waren eigentlich die Welfen, die immerhin ursprünglich die Hauptgegner gewesen waren? In den italienischen Städten hat sich diesbezüglich eine Erinnerung an diese Rivalität gehalten. Sie mag auf die Zeit eines Otto von Braunschweig zurückgehen, aber hatte der Mann seine Familie so diskretiert, dass es beim Untergang der Staufer nicht mehr möglich war, als Welfe diverse "Erbschaftsansprüche" anzumelden, um das Ganze einmal scherzhaft zu umschreiben.

Zu Beginn haben wir Konrad von Waiblingen / Hohenstaufen, der zunächst gegen Lothar aus Sachsen unterliegt, dann aber sich gegen dessen Schwiergersohn Heinrich den Stolzen behauptet. (Das es dabei eher fragwürdig zu gegangen sein dürfte und der plötzliche Tod dieses Heinrichs für ihn äußerst vorteilhaft war, ist mit Blick auf meine Fragestellung nicht unbedingt wichtig.)

Wenig später haben wir immerhin Friedrich I. Barbarossa und Heinrich den Löwen. Heinrich der Löwe, dessen tiefer Fall letztlich selbst für einen Reichsfürsten ungewöhnlich tief gewesen ist. Die Familie verliert sogar ihren hochadeligen Status. Aber die Söhne Heinrich und Otto gewinnen wieder die Oberhand, der eine durch eine tolle Heirat (die wohl ursprünglich keineswegs für ihn die große Liebesgeschichte war, als die sie später gesehen wurde), der andere, indem er dank seinem Onkel mütterlicherseits selbst nach der Krone greift und dank eines Mordes, an dem ihm eine mögliche Beteiligung jedenfalls nicht nachgewiesen werden konnte, tatsächlich als römisch-deutscher König eine Chance hat.

Letztlich aber ist nichts für Dauer, der eine scheitert als König, der andere hat keine männlichen Erben und über seine Tochter (Agnes) kommt die Kurpfalz, die einst über seine erste Ehefrau (Agnes) an ihn gekommen ist, an eine andre Familie, die Herzöge von Bayern (Wittelsbacher), die, wenn gleich mit Einschränkungen den bayrischen Löwenanteil nach dem Sturz Heinrich des Löwens "eingesackt" haben.

Wenig später gewinnt Friedrich II. Stupor Mundi ein Weltreich, das er freilich nur mit Einschränkungen halten kann. (Nur ein Zufall, dass Erinnerungen an ihn im Heiligen Römischen Reich und eine Verklärung seiner Person später auf seinen gleichnamigen Großvater übertragen wurden?)

Doch nun kommt der Neffe von Heinrich und Otto zum Zug. Aussöhnung - Braunschweig wird zum Reichsfürstentum erhoben. Die Nachfahren von Heinrich dem Löwen haben zwar Bayern und Sachsen nicht wieder bekommen, sind aber rehabilitiert. In der Folge sind sie dann in den Geschichtsbüchern kaum mehr präsent, höchstens als Ehepartnerinnen und Ehepartner anderer Promis. (Ich gehe hier von dem aus, was Menschen vielleicht noch wissen können, die sich nicht wirklich ernsthaft mit Geschichte beschäftigt haben.)

Ich war selbst erstaunt, als ich vor einigen Jahren im Zusammenhang mit einer Rätselfragen-Block, den ich in einem Forum mit Musiktheater-Interessierten eingestellt hatte, bei der Suche nach einem Tipp für eine unbekannte Oper des 19. Jahrhunderts, bei deren Erraten es Schwierigkeiten gab, feststellte, dass die Queen eine direkte Nachfahrin von Heinrich dem Löwen ist.
Mit Staufer sind untergegangen und wurden verklärt, ihre Gegenspieler, die Welfen sind in der "historischen Unauffälligkeit" verschwunden, aber existieren noch immer und haben es inzwischen doch zu einer Königskrone gebracht.

Aber warum spielten die Welfen keine Rolle mehr, als es zum Untergang der Staufer kam? Warum kamen sie nicht noch einmal zum Zug, wie sich das für einige andere rivalisierende Dynastien im Mittelalter beobachten lässt? Hatten sie sich durch Otto IV. etwa so diskrediert oder gab es da andere Gründe?

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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04.02.2018, 21:42
Beitrag: #2
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Das ist schwierig zu beantworten. Möglicherweise lag es nur daran, dass die wichtigste politische und wirtschaftliche Region eben Süddeutschland war. Aus diesem Grund wurden eben nur Könige aus dem Süden gewählt. Die Welfen, aber auch die Askanier oder die Wettiner nutzten die Situation, um sich als Territorialmächte zu etablieren. Inwieweit die vielen Erbteilungen hemmend für die Entwicklung waren, ist durchaus diskutabel. Habsburger und Wittelsbacher teilten sich in mehrere eigenständige Linien auf, die letzten Luxemburger Herrscher mussten sich stets mit Brüdern oder Cousins kriegerisch auseinandersetzen.

Deshalb ist es fraglich, ob die bereits 1269 erfolgte erste Erbteilung von Braunschweig-Lüneburg, den Welfen weitere Optionen verbaute. Der Lebensweg des Welfen Otto von Tarent aus der Linie Braunschweig-Lüneburg ist in dieser Hinsicht recht interessant.

Fakt ist, dass der Aufstieg der Welfen zum Kurfürsten von Braunschweig-Lünebürg bzw. Hannover und zum König von Großbritannien und Irland erst in einer Zeit geschah, als es nur noch drei bzw. nach dem Aussterben der Linie Lüneburg (1705) zwei.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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05.02.2018, 17:58
Beitrag: #3
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Zuerstmal, "eigentlich" sind die Welfen ausgestorben.
Wie die Hohenstaufen. Oder die Habsburger.
Im Jahr 1055
Warum die dann doch nicht als ausgestorben gelten?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht kann da einer der Mediavisten hier aufklärend tätig sein.

Noch ein kleiner OT-Einschub.
Mein Schwager, ein begnadeter Ahnenforscher, hat einst den Nachweis erbracht, dass einer meiner Vorfahren in der frühen Neuzeit, ein betuchter Wirt, die Tochter eines oberschwäbischen Edelmannes heiratete, der widerum von den Welfen abstammt. Idea
Tjaaa
ihr dürft mich aber trotzdem duzen.Big Grin

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.02.2018, 00:36
Beitrag: #4
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(05.02.2018 17:58)Suebe schrieb:  Zuerstmal, "eigentlich" sind die Welfen ausgestorben.
Wie die Hohenstaufen. Oder die Habsburger.
Im Jahr 1055
Warum die dann doch nicht als ausgestorben gelten?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht kann da einer der Mediavisten hier aufklärend tätig sein.

Noch ein kleiner OT-Einschub.
Mein Schwager, ein begnadeter Ahnenforscher, hat einst den Nachweis erbracht, dass einer meiner Vorfahren in der frühen Neuzeit, ein betuchter Wirt, die Tochter eines oberschwäbischen Edelmannes heiratete, der widerum von den Welfen abstammt. Idea
Tjaaa
ihr dürft mich aber trotzdem duzen.Big Grin

Die Welfen sind tatsächlich - in männlicher Linie - im Jahr 1055 mit dem Tod von Welf III ausgestorben. Dieser Welf III war Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona, welche mit seinem Tod wieder ans Reich gingen.

Der restliche Besitz, bestehend aus Eigen (Allod) sowie Grafschaftsrechten in Altdorf, Norital, Lechrain, Vintschgau, Tirol und Unterengadin gingen an die Schwester von Welf III Kunigunde/Cunzia, welche damit zur "Erbtochter" des Geschlechts wurde.

Kunigunde/Cuniza war mit Alberto Azzo II von Este, dem Erbauer der gleichnamigen Burg bei Este verheiratet, der durch diese Ehe zum Stammvater der "jüngeren Linie" der Welfen wurde. D.h. Azzo II ist der Stammvater der "eigentlichen", noch heute existierenden Welfen und damit auch des Herrn, der gelegentlich Mühe hat, sein Wasser zu halten.

In zweiter Ehe war Azzo II mit Garsenda von Maine von Maine verheiratet, ebenfalls eine "Erbtochter", was Azzo dazu brachte, sich zum Grafen von Maine zu machen. Er konnte seinen Anspruch einige Jahre durchsetzen, verlor aber die Grafschaft 1072 wieder an den Herzog der Normandie.

Der älteste Sohn von Azzo II (aus der Ehe mit Kunigunde), Welf IV od. Guelfo, wurde von Imiza von Gleiberg (Frau von Welf II, Mutter von Welf III und Kunigunde/Cuniza) nach Deutschland geholt, um das doch recht umfangreiche Erbe anzutreten (dass ihr Sohn Welf III etwas voreilig bereits dem Hauskloster Altdorf vermacht hatte).

Der nach Deutschland geholte Welf IV / Guelfo heiratete (in zweiter Ehe) Ehtelinde von Northeim, Tochter des Herzogs von Bayern, Otto von Northeim. 1070 geriet Otto unter die Reichsacht, was Welf IV zum Anlass nahm, sich scheiden zu lassen (die Ehe war ohnehin kinderlos geblieben), worauf er von Heinrich IV prompt mit Bayern belehnt und damit zum Herzog gemacht wurde. In dritter Ehe heiratete er Judith von Flandern.

Die beiden jüngeren Halbbrüder von Welf IV (aus der Ehe von Azzo II mit Garsenad von Maine), Hugo V und Fulco I, begründeten das eigentliche Haus Este, welches in der Folgezeit Ferrara, Modena und Reggio erwarb.

Vertraglich geregelt wurde das Ganze allerdings erst später. Im Jahr 1154 schlossen die beiden Linien der Familie der Este, die eigentlichen Este und die Welfen – vertreten durch Heinrich den Löwen – einen Vertrag, welcher der jüngeren Linie den Besitz in Italien zusprach.
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06.02.2018, 20:31
Beitrag: #5
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Zur Zeit gibt es aber nur noch die Linie Hannover von den Welfen. Die Braunschweiger Linie ist 1884 ausgestoben. Angehörige der Este gibt es seit 1829 ebenfalls nicht mehr. Die Familie Österreich-Este als Erbe der Este ist eine Seitenlinie der Habsburger.

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06.02.2018, 21:35
Beitrag: #6
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(06.02.2018 20:31)Sansavoir schrieb:  Zur Zeit gibt es aber nur noch die Linie Hannover von den Welfen. Die Braunschweiger Linie ist 1884 ausgestoben. Angehörige der Este gibt es seit 1829 ebenfalls nicht mehr. Die Familie Österreich-Este als Erbe der Este ist eine Seitenlinie der Habsburger.

Und der eine da, der von der Weltausstellung hat sich mit dem Abkömmling einer algerischen Wäscherin und gefallenem Mädchen verehelicht.
Shocking

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07.02.2018, 20:03
Beitrag: #7
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(06.02.2018 21:35)Suebe schrieb:  
(06.02.2018 20:31)Sansavoir schrieb:  Zur Zeit gibt es aber nur noch die Linie Hannover von den Welfen. Die Braunschweiger Linie ist 1884 ausgestoben. Angehörige der Este gibt es seit 1829 ebenfalls nicht mehr. Die Familie Österreich-Este als Erbe der Este ist eine Seitenlinie der Habsburger.

Und der eine da, der von der Weltausstellung hat sich mit dem Abkömmling einer algerischen Wäscherin und gefallenem Mädchen verehelicht.
Shocking

Stell Dir mal vor, George R.R. Martin oder ein anderer Fantasy-Autor hätte sich die Familiengeschichte der Welfen als Vorbild genommen und einen Roman über den Niedergang einer Familie - ähnlich "Die Buddenbrooks" oder "Radetzkymarsch" geschrieben. Angefangen hätte er bei Heinrich den Löwen und der Pinkel-Prinz wäre das Schlusskapitel. Hätte dies ein Verlag gedruckt? Oder hätte man gesagt: "Also hier ist Ihnen Ihre Fantasie etwas übers Ziel geschossen!" Big Grin

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07.02.2018, 20:51
Beitrag: #8
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(07.02.2018 20:03)Sansavoir schrieb:  
(06.02.2018 21:35)Suebe schrieb:  Und der eine da, der von der Weltausstellung hat sich mit dem Abkömmling einer algerischen Wäscherin und gefallenem Mädchen verehelicht.
Shocking

Stell Dir mal vor, George R.R. Martin oder ein anderer Fantasy-Autor hätte sich die Familiengeschichte der Welfen als Vorbild genommen und einen Roman über den Niedergang einer Familie - ähnlich "Die Buddenbrooks" oder "Radetzkymarsch" geschrieben. Angefangen hätte er bei Heinrich den Löwen und der Pinkel-Prinz wäre das Schlusskapitel. Hätte dies ein Verlag gedruckt? Oder hätte man gesagt: "Also hier ist Ihnen Ihre Fantasie etwas übers Ziel geschossen!" Big Grin

Du hast recht.Idea
Es ist kaum zu glauben, was für "eigenartige Gesellen" das Haus der Welfen hervorbrachte.
Dass das Herzogtum Braunschweig fast 30 Jahre von einem Hohenzollernprinz und einem Mecklenburger regiert wurde, da man in Berlin keinen Welfen dort haben wollte, war mir soweit bekannt.
Dass aber dem Braunschweigischen Herzog Karl 1830 von der wütenden Bevölkerung das Schloss angezündet und er verjagt wurde, ist mir absolut neu.
Kühle Klare aus dem Norden, die ihrem Fürsten den Roten Hahn aufs Dach setzen, 1830!
Und es muss eine derartige Marke gewesen sein, dass (Karlsbader Beschlüsse!) auch in Frankfurt beim Deutschen Bund keine Sau die Stimme für ihn erhob.

OT: Ich glaube ich halte meine sehr geringeInnocent Ahnengleichheit mit jenem Haus in Zukunft wieder geheim. Devil

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.02.2018, 12:45
Beitrag: #9
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Ich glaube, das "Kernproblem" (wenn es denn ein Problem sein sollte) besteht darin, dass es abstammungsmäßig noch immer Welfen gibt, die aber neben den Braunschweiger Welfen herexistieren und den Namen "Welfen" abgelegt haben zugunsten anderer Bezeichnungen, die in der Vergangenheit irgendwann opportuner oder treffender erschienen sind.
So ist der Welfe Georg von Hannover in GB als "Haus Hanover" aufgetreten. Das deutschstämmige und deutsch klingende "Hanover" endete mit Victoria, die den "Familiennamen" ihres Gatten übernahm, sodass die englischen "Welfen" "nur" noch in weiblicher Linie existieren. Das wiederum zu deutsche "Sachsen-Coburg-Dingsbums" wurde dann Anfang des 20.Jhs. gegen das sehr viel englischer klingende "Windsor" getauscht, wodurch nicht nur die deutsche, sondern endgültig auch die welfische Abstammung des heutigen britischen Königshauses verloren ging.
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10.02.2018, 15:49
Beitrag: #10
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(10.02.2018 12:45)913Chris schrieb:  Ich glaube, das "Kernproblem" (wenn es denn ein Problem sein sollte) besteht darin, dass es abstammungsmäßig noch immer Welfen gibt, die aber neben den Braunschweiger Welfen herexistieren und den Namen "Welfen" abgelegt haben

Wie dem ausch sei - die Welfen sind das mit Abstand (!) älteste deutsche Adelsgeschlecht. Daran können Hohenzollern oder Wittelsbacher, geschweige denn Habsburger, überhaupt nicht klingeln. Die alte Tante Wili schreibt völlig zu recht:

"Die Welfen sind neben den Kapetingern und den Reginaren das älteste noch existierende Hochadelsgeschlecht Europas. Seit dem 8. Jahrhundert bekannt, erreichte die Dynastie einen ersten Machthöhepunkt im Hochmittelalter im Heiligen Römischen Reich, als sie Herzöge von Bayern und Sachsen sowie als Konkurrenten der Staufer einen Kaiser stellte."

Natürlich sind die heutigen Welfen auf ihre Abstammung stolz. Es ist unsinnig, etwa anderes zu behaupten. Aus der Vielzahl der Linien - Braunschweig, Bevern, Grubenhagen, Göttingen, Calenberg, Hannover - ist die hannoversche Linie noch heute lebendig. Und selbstverständlich sind deren Abkömmlimge stolz auf ihre hochadlige uralte welfische Abstammnung.

Wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich das mir hier vorliegende Buch:

Bernd Schneidmüller, Die Welfen, Herrschaft und Erinnerung, 379 Seiten, erschienen im Jahr 2000 beim Kohlhammer Verlag.
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10.02.2018, 17:26
Beitrag: #11
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(10.02.2018 15:49)Dietrich schrieb:  
(10.02.2018 12:45)913Chris schrieb:  Ich glaube, das "Kernproblem" (wenn es denn ein Problem sein sollte) besteht darin, dass es abstammungsmäßig noch immer Welfen gibt, die aber neben den Braunschweiger Welfen herexistieren und den Namen "Welfen" abgelegt haben

Wie dem ausch sei - die Welfen sind das mit Abstand (!) älteste deutsche Adelsgeschlecht. Daran können Hohenzollern oder Wittelsbacher, geschweige denn Habsburger, überhaupt nicht klingeln. Die alte Tante Wili schreibt völlig zu recht:

"Die Welfen sind neben den Kapetingern und den Reginaren das älteste noch existierende Hochadelsgeschlecht Europas. Seit dem 8. Jahrhundert bekannt, erreichte die Dynastie einen ersten Machthöhepunkt im Hochmittelalter im Heiligen Römischen Reich, als sie Herzöge von Bayern und Sachsen sowie als Konkurrenten der Staufer einen Kaiser stellte."

Natürlich sind die heutigen Welfen auf ihre Abstammung stolz. Es ist unsinnig, etwa anderes zu behaupten. Aus der Vielzahl der Linien - Braunschweig, Bevern, Grubenhagen, Göttingen, Calenberg, Hannover - ist die hannoversche Linie noch heute lebendig. Und selbstverständlich sind deren Abkömmlimge stolz auf ihre hochadlige uralte welfische Abstammnung.

Wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich das mir hier vorliegende Buch:

Bernd Schneidmüller, Die Welfen, Herrschaft und Erinnerung, 379 Seiten, erschienen im Jahr 2000 beim Kohlhammer Verlag.



Ja,
aber nach Hochadelszählweise sind sie zwischendrin auch mal "ausgestorben". Eigentlich heißen die ja "Este" wobei die genauso alt sind, ich weiß.
Wobei ich das eh nicht nachvollziehen kann, warum da meist nur die männlichen Nachkommen gelten. Betonung auf meist, denn bei den Welfen damals nicht.
Bei Habsburg 650 Jahre später auch nicht, aber das hat dann auch wieder gewaltig an "Entgegenkommen" gekostet.

Der letzte König von Hannover hat übrigens 1866 als er das preußische Ultimatum auf dem Tisch liegen hatte, voll auf dieses Jahrtausend Herrschergeschichte gesetzt, geht ja sowas von gar nicht, dass man einen Herrscher mit einer solchen Tradition in die Wüste schickt....
Pustekuchen.

Was Teresa mMn aber meint, warum haben die Welfen 500 Jahre gebraucht, bis sie wieder in die 1. Reihe der Reichsfürsten aufrückten?
Ist ja durchaus verwunderlich.

OT: Du meinst also, ich soll wieder mehr Propaganda machen, mit meiner Welfen-Anhnengleichheit?

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10.02.2018, 18:40
Beitrag: #12
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(10.02.2018 17:26)Suebe schrieb:  Ja,
aber nach Hochadelszählweise sind sie zwischendrin auch mal "ausgestorben". Eigentlich heißen die ja "Este" wobei die genauso alt sind, ich weiß.

Dass eine Dynastie im frühen Mittelalter über die weibliche Linie fortgeführt wurde, war nicht unüblich.

(10.02.2018 17:26)Suebe schrieb:  Was Teresa mMn aber meint, warum haben die Welfen 500 Jahre gebraucht, bis sie wieder in die 1. Reihe der Reichsfürsten aufrückten?

Die Reichsfürstenwürde wurde den Welfen mit dem Sturz Heinrichs des Löwen nach dem Prozess 1177 aberkant. Schon 60 Jahre später wurde der Welfe Otto das Kind 1235 von Kaiser Friedrich II. mit dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg belehnt, was mit der Reichsfürstenwürde verbunden war.

In der Reichsgeschichte spielten die Welfen aber erstaunlicherweise keine Rolle mehr.

(10.02.2018 17:26)Suebe schrieb:  OT: Du meinst also, ich soll wieder mehr Propaganda machen, mit meiner Welfen-Anhnengleichheit?

Worum geht's da?
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10.02.2018, 23:34
Beitrag: #13
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(10.02.2018 18:40)Dietrich schrieb:  
(10.02.2018 17:26)Suebe schrieb:  Was Teresa mMn aber meint, warum haben die Welfen 500 Jahre gebraucht, bis sie wieder in die 1. Reihe der Reichsfürsten aufrückten?

Die Reichsfürstenwürde wurde den Welfen mit dem Sturz Heinrichs des Löwen nach dem Prozess 1177 aberkant. Schon 60 Jahre später wurde der Welfe Otto das Kind 1235 von Kaiser Friedrich II. mit dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg belehnt, was mit der Reichsfürstenwürde verbunden war.

In der Reichsgeschichte spielten die Welfen aber erstaunlicherweise keine Rolle mehr.

Die Reichsfürstenwürde, mein Eindruck, wurde Heinrich dem Löwen nicht aberkannt, sondern er verlor die Herzogtümer Bayern und Sachsen und damit auch seine Stellung als Reichsfürst.

Er mag damit endgültig politisch erledigt gewesen sein, nicht aber seine Nachkommen. Von seinen Söhnen führte einer die Familie weiter, während zwei weitere immerhin wieder in den Reichsfürstenstand gelangten:

* Otto brachte es (vermutlich mit englischer Unterstützung) zum römisch-deutschen Gegenkönig bzw. König. Die Auseinandersetzung zwischen italienischen Städten mit ghibellinischen und guelfischen Stadtherrschaften dürfte ihren Ursprung in den Auseinandersetzungen zwischen ihm und Philipp / Friedrich II. haben. Letztlich aber war es Friedrich II., der sich gegen ihn durchsetzte.

* Heinrich beerbte seinen Schwiegervater und wurde Pfalzgraf bei Rhein (bzw. Kurfürst). Eine gewisse Ironie ist, dass ihn ebenfalls sein Schwiegersohn beerbte, der wiederum war ein Angehöriger jener Familie, die nach dem Sturz von Heinrich dem Löwen (wenn gleich mit verkleinerten Territorium) das Herzogtum Bayern übernommen hatte.

* Ein dritter Sohn, der über den "Familienbesitz" (Braunschweig) herrschte, der Heinrich dem Löwen erhalten geblieben war, war der Vater von jenem Otto das Kind, der 1235 die Reichsfürstenwürde für die Familie zurückgewann, als Kaiser Friedrich II. seinen Familienbesitz zum Herzogtum Braunschweig erhob.

Jedenfalls waren die Welfen mit dem Sturz von Heinrich dem Löwen keineswegs erledigt, sie spielten in der Generation nach ihm eine wichtige Rolle in der Reichspolitik und zwei Generationen später waren sie wieder Reichsfürsten und diese Position konnten sie bis Ende des Römischen Reiches halten ...

In der Reichspolitik allerdings, so scheint es jedenfalls, spielten die Nachfahren von Heinrich dem Löwen beziehungsweise Otto dem Kind keine wirklich herausragende Rolle, abgesehen davon, dass sie sich über Jahrhunderte behaupten konnten und einige von ihnen prestigereiche Ehen schlossen.

Dass auch einige (angeblich) komische Vögel oder zweifelhafte Persönlichkeiten darunter waren, würde ich nicht überbewerten, sie haben jedenfalls den Weiterbestand als Reichsfürsten nicht wirklich gefährdet.

Aber auffallend ist schon, dass die Welfen, die immerhin nach dem Sturz des Löwen in der Reichspolitik als Gegner der Staufer präsent sind, unter Friedrich II. wieder offiziell zu den Reichsfürsten gehörten, deren Name in Italien zur Bezeichnung für die Gegner der Staufer wurden, nach dem Tod Friedrichs II. und im Interregnum offensichtlich gar nicht mehr mitgemischt haben.

Hatte die Familie etwa ihren Wiederaufstieg in den Reichsfürstenstand mit ihrer politischen Macht bezahlt?
Liegt es daran, dass die Dynastie nach Otto dem Kind von ein paar Einzelpersonen abgesehen nicht wirklich erforscht ist und ihre Rolle im Reich daher bis heute nicht wirklich wahrgenommen wird?
...

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11.02.2018, 13:56
Beitrag: #14
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(10.02.2018 23:34)Teresa C. schrieb:  Die Reichsfürstenwürde, mein Eindruck, wurde Heinrich dem Löwen nicht aberkannt, sondern er verlor die Herzogtümer Bayern und Sachsen und damit auch seine Stellung als Reichsfürst.

Die Reichfürstenwürde hatten auch hochadlge Familien ohne Herzogtum inne. Heinrichs Verurteilung wegen Landfriedensbruchs und Missachtung der kaiserlichen Majestät verbunden mit dem Entzug der Herzogtümer Bayern und Sachsen zog den Verlust der Reichsfürstenwürde nach sich. Er war nun auf den Rang eines bloßen Edelfreien herabgesunken, worauf ihn die kaiserliche Kanzlei nur noch als Herr von Braunschweig titulierte.

(10.02.2018 23:34)Teresa C. schrieb:  Hatte die Familie etwa ihren Wiederaufstieg in den Reichsfürstenstand mit ihrer politischen Macht bezahlt?

Niemand hätte die Welfen daran hindern können, nach dem Untergang der Staufer wieder eine maßgebende Rolle in der Reichspolitik zu spielen. Sie begnügten sich jedoch mit dem Ausbau ihres Herzogtums Braunschweig-Lüneburg und entwickelten keine weiterreichenden Ambitionen. -

Warum?

Vielleicht bot die Geschichte dazu keinen Anlass. Auch die Hohenzollern wurden nur mächtig, weil ihnen zufällig der Kaiser im 15. Jh. das Kurfürstentum Brandenburg überließ und es einige Kurfürsten gab, die alle Chancen zur Expansion nutzten. An solchen genialen Köpfen hat es den Welfen augenscheinlich gefehlt.
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11.02.2018, 22:33
Beitrag: #15
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Die erste Reihe der Reichsfürsten waren die Kurfürsten, und in die Reihe, in der Goldenen Bulle steht kein Welf drin, rückten sie erst nach dem 30jährigen Krieg auf.

Eine mögliche These:
Wer brauchte nach dem Untergang der Staufer noch einen Antipoden für die Staufer?
Keiner.
Siehe auch die Päpste,
Ein politische Rolle in Europa spielten die nach dem Wegfall der Staufer auch nicht mehr.

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12.02.2018, 01:15
Beitrag: #16
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Wobei anzumerken ist, dass die herausragende Rolle und Stellung der Kurfürsten erst mit der Goldenen Bulle festgelegt wurde. Karl IV. hätte sie sicher nie unterzeichnet, auch wenn das gewöhnlich angenommen wird, wenn er nicht selbst einer der sieben Kurfürsten gewesen wäre.

Wie ich inzwischen festgestellt habe, gibt es offensichtlich kaum Forschungen zu den Reaktionen anderer Reichfürsten (ausgenommen der Herzöge von Österreich / Habsburger), was mich sehr interessieren würde, da es scheint, dass einige von ihnen die Goldene Bulle auch nicht so einfach hingenommen haben.

Immerhin findet sich in einem Aufsatz in einem Sammelband zu Karl IV. ein Überblick, aus dem hervorgeht, dass Karl offensichtlich von Seiten der übrigen Reichsfürsten, die durch die Goldene Bulle gegenüber den Kurfürsten benachteiligt wurden, zumindest mit Kritik konfrontiert war. Hier wird immerhin angedeutet, dass einige dieser Fürsten offensichtlich auch Taten gesetzt haben dürften, wenn gleich es letztlich nicht zu Aufständen oder Ähnlichem kam. (Ironische Pointe mit Blick auf die weitere Entwicklung für Karl IV. Einer der wenigen Reichsfürsten, die loyal zu ihm standen und ihm keine Schwierigkeiten bereiteten, war ausgerechnet Herzog Albrecht II. von Österreich.)

Jedenfalls hätten die Welfen in diesem Zusammenhang auch versuchen können, aus der Situation für sich Kapital zu schlagen. Haben sie es nicht versucht, hatten sie andere Schwierigkeiten oder liegt es daran, dass für diesen Zeitraum keine seriösen (oder reißerischen) Forschungsergebnisse vorliegen.
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Was die Päpste betrifft, muss es keineswegs der Wegfall der Staufer gewesen sein, der ihre Machtposition schwächte, sondern ihr Exil in Avignon (unter angeblich "französischer" Oberhoheit) dürfte da entscheidend gewesen sein. (Zumindest bot sich für ihre politischen Gegner ein eindeutiger Grund an, ihre Rolle als selbständige Herrscher zu hinterfragen.)
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Was die Hohenzollern betrifft, die Aufstieg zu Kurfürsten war sicher entscheidend für die weitere Entwicklung und ihren Aufstieg in die "Fürsten-Elite", aber auch die Burggrafen von Nürnberg dürften trotz ihres scheinbar niedrigen Ranges (war es vielleicht ohnehin ihr damaliger "Familienname") in Wirklichkeit gar nicht so unbedeutend gewesen sein., aber sie waren zuvor wohl auch nicht so unbedeutend gewesen sein. Immerhin finden sie sich bereits im 13. Jahrhundert im Umfeld der mächtigsten Fürsten, als mit König Rudolf I. ein einfacher Graf (ohne Reichsfürstenstatus) römisch-deutscher König wurde. In der Folge schlossen sie mit anderen bedeutenden Adelsfamilien verwandtschaftliche Bindungen, was zeigt, dass sie in der Reichslandschaft Franken / Baiern eine Machtposition gehabt haben dürften. Mit den böhmischen Königen (Luxemburgern) beziehungsweise mit Kaiser Karl IV. waren sie ebenfalls verwandt. Ein Albrecht III. von Österreich, immerhin durch seine erste Ehefrau ein Schwiegersohn von Karl IV., hätte mit Blick auf andere Eheschließungen sicher keine Beatrix von Nürnberg (Zollern) geheiratet, wenn die Familie nur lokale Bedeutung gehabt hätte oder in seinen Herzogtümern ansässig gewesen wäre.
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Was die Welfen betrifft, um zum ursprünglichen Thema zurückzukehren, stellt sich für mich die Frage, ob hier nicht vielleicht eine schlechte Forschungslage der Grund ist. Gewöhnlich werden bis heute nur die Herrscher im Heiligen Römischen Reich näher betrachtet, die auf der "Reichsbühne" präsent waren.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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12.02.2018, 15:47
Beitrag: #17
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Zitat:Wobei anzumerken ist, dass die herausragende Rolle und Stellung der Kurfürsten erst mit der Goldenen Bulle festgelegt wurde. Karl IV. hätte sie sicher nie unterzeichnet, auch wenn das gewöhnlich angenommen wird, wenn er nicht selbst einer der sieben Kurfürsten gewesen wäre.

Wie ich inzwischen festgestellt habe, gibt es offensichtlich kaum Forschungen zu den Reaktionen anderer Reichfürsten (ausgenommen der Herzöge von Österreich / Habsburger), was mich sehr interessieren würde, da es scheint, dass einige von ihnen die Goldene Bulle auch nicht so einfach hingenommen haben.

Immerhin findet sich in einem Aufsatz in einem Sammelband zu Karl IV. ein Überblick, aus dem hervorgeht, dass Karl offensichtlich von Seiten der übrigen Reichsfürsten, die durch die Goldene Bulle gegenüber den Kurfürsten benachteiligt wurden, zumindest mit Kritik konfrontiert war. Hier wird immerhin angedeutet, dass einige dieser Fürsten offensichtlich auch Taten gesetzt haben dürften, wenn gleich es letztlich nicht zu Aufständen oder Ähnlichem kam. (Ironische Pointe mit Blick auf die weitere Entwicklung für Karl IV. Einer der wenig

Die Kurfürsten in der Zusammensetzung werden erstmals 1257 fassbar.
Gegründet haben sie sich selbst als "Einung zu des Reiches Ehre und Schutz" am 16. Juli 1338 in Rhens am Rhein in dem bis heute bekannten Nussgarten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurverein_von_Rhense
https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nig..._von_Rhens

Hintergrund des Treffens vom 16. Juli 1338 war übrigens ein Konflikt mit dem Papst. Der wollte Ludwig den Baier nicht anerkennen,
und die (späteren) Kurfürsten haben ihm von dort aus die Meinung gesagt, dass die Wahl des Kaisers lediglich ihre Sache wäre, bei der der Papst keine Mitsprache hätte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.02.2018, 12:33
Beitrag: #18
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Wobei anzumerken ist, dass die herausragende Rolle und Stellung der Kurfürsten erst mit der Goldenen Bulle festgelegt wurde. Karl IV. hätte sie sicher nie unterzeichnet, auch wenn das gewöhnlich angenommen wird, wenn er nicht selbst einer der sieben Kurfürsten gewesen wäre.

Wie Suebe schon bemerkt hat, konstituierten sich die sieben wichtigsten Königswähler - die Kurfürsten - bereits weit vor ihrer Fixierung in der Goldenen Bulle. Erstmals erscheinen die Kurfürsten im Sachsenspiegel (III 57.2). Die Zahl aller sieben Kurfürsten erscheint erstmals im Kurfürstenspruch des Reinmar v. Zweter 1239. Das böhmische Wahlrecht war bereits in der Rezeption des Sachsenspiegels umstritten.

Warum gerade diese sieben Fürsten zu Kurfürsten wurden, ist umstritten. So hätte auch der mächtige Herzog von Bayern in diese Runde gepasst, oder der Erzherzog von Österreich. Es handelte sich also nicht notwendigerweise um die mächtigsten, sondern um die nach damaliger Auffassung vornehmsten Familien des Reichs.

Bis heute diskutiert die Forschung verschiedene Theorien, warum ausgerechnet diese Gruppe das Recht der Königswahl erhielt: Bestimmung durch den Papst, Inhaber der Erzämter, Festlegung im Sachsenspiegel, Erbrecht, Reichsgesetz usw.

(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Jedenfalls hätten die Welfen in diesem Zusammenhang auch versuchen können, aus der Situation für sich Kapital zu schlagen. Haben sie es nicht versucht, hatten sie andere Schwierigkeiten ...

Was hätten die Welfen tun sollen? Der Kreis der ersten Königswähler hatte sich bereits im 13. Jh. konstituiert. So vereinigten sich zum ersten Mal die sieben Kurfürsten am 24. Juli 1298 in Mainz "für eine heilsame Reform der Verfassung des heiligen Reiches" ("pro salubri sacri status imperii reformacione"). Vorausgegangen war die Absetzung König Adolfs von Nassau (reg. im Reich 1292-1298). Die Welfen waren wenige Jahrzehnte zuvor erstmals wieder Reichsfürsten durch Belehnung mit dem neuen Herzogtum Braunschweig-Lüneburg geworden. Mit dessen Neuordnung und Konsolidierung hatten sie genug zu tun.

(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Was die Hohenzollern betrifft, die Aufstieg zu Kurfürsten war sicher entscheidend für die weitere Entwicklung und ihren Aufstieg in die "Fürsten-Elite", aber auch die Burggrafen von Nürnberg dürften trotz ihres scheinbar niedrigen Ranges (war es vielleicht ohnehin ihr damaliger "Familienname") in Wirklichkeit gar nicht so unbedeutend gewesen sein.,

Die Markgrafschaft Brandenburg war breits weit vor den Hohenzollern ein Kurfürstentum. Diese Qualität haftete am Territorium, sodass die Hohenzollern bei ihrem Herrschaftsantritt in Brandenburg 1415 automatisch Kurfürsten wurden.

(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Was die Welfen betrifft, um zum ursprünglichen Thema zurückzukehren, stellt sich für mich die Frage, ob hier nicht vielleicht eine schlechte Forschungslage der Grund ist. Gewöhnlich werden bis heute nur die Herrscher im Heiligen Römischen Reich näher betrachtet, die auf der "Reichsbühne" präsent waren.

Dass die Welfen in der neuzeitlichen Reichsgeschichte keine Rolle mehr spielten, dazu bedarf es keiner neuen Forschungen. Tonangebende Familien waren Habsburger und Hohenzollern und dieser Dualismus überlagerte alles andere.
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13.02.2018, 12:43
Beitrag: #19
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Wenn wir mal den Sonderfall der kath/evang. Wittelsbacher Linien weglässt, hat Hannover dann aber die erste neueingerichtete Kur erhalten.
Zu dem Zeitpunkt durchaus bemerkenswert.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.02.2018, 13:28
Beitrag: #20
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(13.02.2018 12:43)Suebe schrieb:  Wenn wir mal den Sonderfall der kath/evang. Wittelsbacher Linien weglässt, hat Hannover dann aber die erste neueingerichtete Kur erhalten.
Zu dem Zeitpunkt durchaus bemerkenswert.

Natürlich gab es auch einen politischen Kuhhandel: Für alle künftigen Königswahlen sagten die hannoverschen Welfen fest die Zustimmung zur Wahl des habsburgischen Erstgeborenen zu.
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13.02.2018, 13:53
Beitrag: #21
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(13.02.2018 13:28)Dietrich schrieb:  
(13.02.2018 12:43)Suebe schrieb:  Wenn wir mal den Sonderfall der kath/evang. Wittelsbacher Linien weglässt, hat Hannover dann aber die erste neueingerichtete Kur erhalten.
Zu dem Zeitpunkt durchaus bemerkenswert.

Natürlich gab es auch einen politischen Kuhhandel: Für alle künftigen Königswahlen sagten die hannoverschen Welfen fest die Zustimmung zur Wahl des habsburgischen Erstgeborenen zu.

+ die "Allgemeingültigkeit" der Böhmischen Kur die zuvor für ca. 170 Jahre nur für die Königswahl galt.

In Stuttgrt war man sehr enttäuscht, dass man nicht auch eine Kur bekam.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.02.2018, 14:14
Beitrag: #22
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(13.02.2018 13:53)Suebe schrieb:  In Stuttgrt war man sehr enttäuscht, dass man nicht auch eine Kur bekam.

Hat sich denn die württembergische Herzogsfamilie überhaupt um eine Kur bemüht? Die hannoverschen Welfen haben dafür kräftig gebuddelt.
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13.02.2018, 15:28
Beitrag: #23
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(13.02.2018 14:14)Dietrich schrieb:  
(13.02.2018 13:53)Suebe schrieb:  In Stuttgrt war man sehr enttäuscht, dass man nicht auch eine Kur bekam.

Hat sich denn die württembergische Herzogsfamilie überhaupt um eine Kur bemüht? Die hannoverschen Welfen haben dafür kräftig gebuddelt.

da hat man sich sogar sehr bemüht.
Hier offline, aber vllt. schreibe ich mal was dazu.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.02.2018, 16:24
Beitrag: #24
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(13.02.2018 12:33)Dietrich schrieb:  
(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Was die Hohenzollern betrifft, die Aufstieg zu Kurfürsten war sicher entscheidend für die weitere Entwicklung und ihren Aufstieg in die "Fürsten-Elite", aber auch die Burggrafen von Nürnberg dürften trotz ihres scheinbar niedrigen Ranges (war es vielleicht ohnehin ihr damaliger "Familienname") in Wirklichkeit gar nicht so unbedeutend gewesen sein.

Die Markgrafschaft Brandenburg war breits weit vor den Hohenzollern ein Kurfürstentum. Diese Qualität haftete am Territorium, sodass die Hohenzollern bei ihrem Herrschaftsantritt in Brandenburg 1415 automatisch Kurfürsten wurden.

Trotzdem aber spricht viel dafür, dass die Burggrafen von Nürnberg, noch ehe sie Kurfürsten von Brandenburg wurden, keine unbedeutende Familie waren.

(13.02.2018 12:33)Dietrich schrieb:  
(12.02.2018 01:15)Teresa C. schrieb:  Was die Welfen betrifft, um zum ursprünglichen Thema zurückzukehren, stellt sich für mich die Frage, ob hier nicht vielleicht eine schlechte Forschungslage der Grund ist. Gewöhnlich werden bis heute nur die Herrscher im Heiligen Römischen Reich näher betrachtet, die auf der "Reichsbühne" präsent waren.

Dass die Welfen in der neuzeitlichen Reichsgeschichte keine Rolle mehr spielten, dazu bedarf es keiner neuen Forschungen. Tonangebende Familien waren Habsburger und Hohenzollern und dieser Dualismus überlagerte alles andere.

Fakt ist aber, das die Habsburger und Hohenzollern erst im 18. und 19. Jahrhundert die beiden tonangebenden Familien waren, was das "Heilige Römische Reich" beziehungsweise die Nachfolgestaaten betrifft.

Dass die Hohenzollern nicht einfach im 18. Jahrhundert aus dem Ei gekrochen sind, ist auch klar, ebensowenig wie das zu Beginn des 15. Jahhunderts der Fall gewesen sein dürfte. Zuvor aber sind die Hohenzollern keineswegs tonangebend. Abgesehen von einigen einzelnen Herrschern, die es in die historische Wahrnehmung außerhalb der Lokalgeschichte geschafft haben, sind sie selbst seit Beginn des 15. Jahrhunderts eher unauffällig geblieben, zumindest bei der Eingrenzung auf Universalgeschichte.
Im Vergleich dazu hat es den Eindruck, dass die Wettiner nicht nur die ältere Familie waren, sondern etwas präsenter. Allerdings, bis sie ebenfalls Kurfürsten wurden, waren sie auch nicht präsent.

Die Habsburger waren mit Sicherheit seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine tonangebende Familie. Bei ihnen ist übrigens interessant, dass es ihnen nach ihrem steilen Aufstieg in die Reichselite in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zumindest gelungen ist, sich trotz mehrerer schwerer Krisen im 14. und auch noch zu Beginn des 15. Jahrhunderts im Umfeld der Macht zu halten (immerhin über 150 Jahre), ehe sie sozusagen endgültig die "Kaiserdynastie" waren. Zum Vergleich: Ein Adolf von Nassau ist samt der Familie nach dessen Niederlage wieder, salopp ausgedrückt, der "Versenkung" verschwunden.

Die Erben der Dynastien, die im Interregnum den König zu stellen versuchten (so zum Beispiel die Grafen von Holland) spielten in der Folge auch nicht in der Elite mit, wenn sie Reichsfürsten und keine Herrscher außerhalb des Reiches gewesen waren. Bei den Grafen von Görz und Tirol, zumindest dem Meinhardinischen Familienzweig (Graf Meinhard, der den Meinhardinischen Familienzweig begründete, stieg immerhin zum Herzog von Kärnten auf), entsteht zwar der Eindruck, dass sie in der Folge eine sehr ambitionierte auf das Reich gerichtete Politik betrieben, letztlich aber nicht gerade mit besonderen Erfolgen.

Da stellt sich schon die Frage, warum die Welfen nach ihrem Wiederaufstieg in den Reichsfürstenstand eigentlich viel weniger präsent waren, als in der Zeit nach dem Sturz des Löwen. Mangelte es ihnen an politisch ambitionierten Persönlichkeiten, erlaubte ihnen die landesfürstliche Politik kein Ausgreifen auf die Reichspolitik mehr oder wurden ihre politische Aktivitäten von einer Universalgeschichtsforschung nicht bemerkt oder bewusst ignoriert?

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14.02.2018, 21:07
Beitrag: #25
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Es sind "eigentlich" alle größeren Fürstenhäuser nach den Luxenburgern in ihrer Wirkung begrenzt geblieben.
Bis auf Habsburg, das ab den Luxenburgern in einer eigenen Liga spielte.

Außer vielleicht die Wittelsbacher, die katholisch geblieben, ihre Wirkung durch die geistlichen Kurfürstenämter vervielfachen konnten.
Was den Wettinern, Welfen pp verwehrt blieb.

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14.02.2018, 21:49
Beitrag: #26
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(14.02.2018 16:24)Teresa C. schrieb:  Da stellt sich schon die Frage, warum die Welfen nach ihrem Wiederaufstieg in den Reichsfürstenstand eigentlich viel weniger präsent waren, als in der Zeit nach dem Sturz des Löwen. Mangelte es ihnen an politisch ambitionierten Persönlichkeiten, erlaubte ihnen die landesfürstliche Politik kein Ausgreifen auf die Reichspolitik mehr oder wurden ihre politische Aktivitäten von einer Universalgeschichtsforschung nicht bemerkt oder bewusst ignoriert?

Ich denke, dass die Aktivitäten der in Norddeutschland wirkenden Dynastien wie Welfen, Askanier, Obotriden, Oldenburger oder die Herzöge von Pommern weniger erforscht sind bzw. über sie weniger publiziert wurde, als über die in Süddeutschland, in Österreich oder in Böhmen aktiven Familien. Literatur über die Habsburger, Luxemburger, Wittelsbacher kann man sicher im ganzen deutschsprachigen Raum kaufen, deswegen sind deren Geschichte präsenter im Bewusstsein historisch Interessierter.

Die Hohenzollern sind da eine Ausnahme. Sie waren bereits als Burggrafen von Nürnberg bedeutend. Friedrich von Nürnberg war einer der wichtigsten Mitstreiter und Berater des Luxemburgers Sigismund. Er wurde 1415 zum Kurfürsten von Brandenburg befördert, weil Sigismund keine Luxemburger zur Verfügung standen. Es gab zwar noch einen männlichen Luxemburger, seinen Bruder Wenzel, der ehemalige deutsche König, der noch als König von Böhmen herrschte. Ansonsten gab es nur noch Sigismunds minderjährige Tochter und Erbin Elisabeth und seine mit ihm zerstrittene Nichte Elisabeth von Görlitz. Dieser Personalmangel der Luxemburger begünstigte den Aufstieg der Hohenzollern und dann 1423 den Aufstieg der Wettiner zu Kurfürsten von Sachsen.

Für die Bedeutung der Hohenzollern war aber mindestens genauso bedeutend die "Umwandlung" des Ordenstaates in das weltliche Herzogtum Preußen unter dem letzten Hochmeister Albrecht von Hohenzollern, der sich dann Albrecht I., Herzog von Preußen nannte. Da sein Sohn und Erbe Albrecht II. 1618 kinderlos starb, wurde das Herzogtum Preußen mit dem Kurfürstentum Brandenburg unter einem Herrscher vereinigt. Die Eroberung von Schlesien 1740/41 und die Übertragung des Rheinlands 1815 sind wichtige Meilensteine für die gesamtdeutsche Entwicklung der Hohenzollern. Interessant ist, dass die relativ bedeutungslose schwäbische Linie von 1866 bis 1944/47 die rumänischen Könige stellte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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15.02.2018, 11:25
Beitrag: #27
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(14.02.2018 21:49)Sansavoir schrieb:  Die Eroberung von Schlesien 1740/41 und die Übertragung des Rheinlands 1815 sind wichtige Meilensteine für die gesamtdeutsche Entwicklung der Hohenzollern. Interessant ist, dass die relativ bedeutungslose schwäbische Linie von 1866 bis 1944/47 die rumänischen Könige stellte.

Hier wäre einzufügen, dass die preußische Politik ab FdG für das Reich überaus schädlich war.
Mit dem Knalleffekt, als man sich aus dem selbstbegonnenen! Koalitionskrieg zurückzog, um bei der 2. polnischen Teilung richtig Beute zu machen.
Die Zeche hat das Reich bezahlt, indem alles linksrheinische futsch war.
Borussia sei Dank. Innocent

Es ist überhaupt festzustellen, dass das Engagement der jeweiligen Großen außerhalb des Reiches, für das Reich selbst überaus schädlich war. Lightbulb

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15.02.2018, 18:58
Beitrag: #28
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(14.02.2018 16:24)Teresa C. schrieb:  Da stellt sich schon die Frage, warum die Welfen nach ihrem Wiederaufstieg in den Reichsfürstenstand eigentlich viel weniger präsent waren, als in der Zeit nach dem Sturz des Löwen. Mangelte es ihnen an politisch ambitionierten Persönlichkeiten, erlaubte ihnen die landesfürstliche Politik kein Ausgreifen auf die Reichspolitik mehr oder wurden ihre politische Aktivitäten von einer Universalgeschichtsforschung nicht bemerkt oder bewusst ignoriert?

Dazu habe ich oben schon geschrieben, dass die Dynastie der Welfen keine politischen Talente mit Visionen hervorbachte, die über die Landesgrenzen hinausreichten. Wirklich reichspolitische Bedeutung erlangten auch die Hohenzollern erst im Kampf mit Habsburg, wo Preußen in der Pentarchie zur europäischen Großmacht aufstieg. Das war das Ergebnis der brutalen militärischen Expansion Friedrichs II. - ein Vabanquespiel, das auch die völlige Vernichtung Preußens und seine Rückstufung zum Kleinstaat hätte bedeuten können.

Unter den gemütlichen welfischen Herzögen gab's keine solchen Feuerköpfe. Wie auch keine bei den hessischen, mecklenburgischen oder pommerschen Fürsten. Das Streben der sächsischen Wettiner zur Goßmacht endete mit einer blutigen Bauchlandung, die das Land in den finanziellen Ruin trieb.

Ähnliche Expansionsmöglichkeiten boten sich den Welfen nicht, es sei denn, sie hätten Krieg gegen Dänemark, Hessen oder die benachbarten Fürstbistümer führen wollen. Eine unrealistische Vorstellung.
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16.02.2018, 13:21
Beitrag: #29
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
(15.02.2018 11:25)Suebe schrieb:  
(14.02.2018 21:49)Sansavoir schrieb:  Die Eroberung von Schlesien 1740/41 und die Übertragung des Rheinlands 1815 sind wichtige Meilensteine für die gesamtdeutsche Entwicklung der Hohenzollern. Interessant ist, dass die relativ bedeutungslose schwäbische Linie von 1866 bis 1944/47 die rumänischen Könige stellte.

Hier wäre einzufügen, dass die preußische Politik ab FdG für das Reich überaus schädlich war.
Mit dem Knalleffekt, als man sich aus dem selbstbegonnenen! Koalitionskrieg zurückzog, um bei der 2. polnischen Teilung richtig Beute zu machen.
Die Zeche hat das Reich bezahlt, indem alles linksrheinische futsch war.
Borussia sei Dank. Innocent

Es ist überhaupt festzustellen, dass das Engagement der jeweiligen Großen außerhalb des Reiches, für das Reich selbst überaus schädlich war. Lightbulb


Hatte ich oben vergessen. Sorry
"Relativ bedeutungslos" ist eine gute Bezeichnung.
Die haben sich 1848/49 unter den "Berliner Schirm" gerettet, da ihnen die eigenen Untertanen, mit gutem Recht! den Prozess gemacht hätten. In Sigmaringen oder eher noch in Frankfurt.
Man hat in bester Duodez-Manier die Untertanen bechissen und betrogen, in dem man, unter Bruch des Bundesrechts! die Einnahmen der fürstlichen Domänen, die überwiegend durch Napoleon an Hzl kamen, aus dem Landeshaushalt herausgehalten hat, für eigene private Zwecke benutzt.
Preußen-Berlin hat diese Handhabung bei der Übernahme so akzeptiert, was vermutlich der Hauptgrund war, dass es überhaupt zur Übernahme kam.
Noch bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts war dies in HzL ein Innenpolitischer Streitpunkt.
Bei der Übernahme 1849/50 haben zuerst preußische Truppen, die unmittelbar zuvor die badische Revolution niedergeschlagen haben, die Hohenzollerischen Lande besetzt, Einquartierungen als "Straf-Preuße" bei allen die etwas laut ihre Meinung geäußert hatten.

Eine preußische Fussnote die heute auch fast vergessen ist.
Aber mMn tief, sehr tief blicken lässt.

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18.02.2018, 22:46
Beitrag: #30
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Zurück zu den Welfen.
Braunschweig-Wolfenbüttel blieb bei der Reformation katholisch.
Da der Herzog diverse Drohungen gegen nahegelegene protestantische Gebiete ausgesprochen hatte, führte der Landgraf von Hessen und der Kurfürst von Sachsen einen Präventivschlag, eroberten das Herzogtum und verjagten den kath. Herzog.
Was Kaiser Karl V. den Anlass für den Schmalkaldischen Krieg lieferte.

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19.02.2018, 17:46
Beitrag: #31
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Einen richtigen Volkshelden und Freiheitskämpfer haben die Welfen auch hervorgebracht.
Der "Schwarze Herzog" dessen Kampf auf Seiten Österreichs 1809 und der anschließende Marsch durch Norddeutschland bis er mit seiner Truppe von britischen Schiffen aufgenommen wurde, hat ein Echo fast wie Andreas Hofer oder Schill ausgelöst.
Dass er heute unbekannter als diese beiden ist, wird nur am glücklichen Ausgang seiner Aktion liegen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.02.2018, 18:44
Beitrag: #32
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Ein bekannter Welfe war auch Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (1599–1626), protestantischer Administrator des Bistums Halberstadt und Feldherr im Dreißigjährigen Krieg. Oft wird er als Bischof bezeichnet, aber die katholische Kirche hat ihn nicht anerkannt. Interessant ist, dass Christian in seinen Amt seinen zwei jüngeren Brüder folgte, der eine starb im Alter von 5 Jahren, der andere als Vierzehnjähriger. Die Welfen konnten sich auf Dauer nicht in Halberstadt halten, mit dem Tod des "tollen Christian" endete die Administration der Welfen (1566–1623/26). Die Administration des Bistums ging wieder an die Hohenzollern, von 1628 bis 1648 amtierte der Habsburger Leopold Wilhelm (Bruder von Kaiser Ferdinand III.) als letzter katholischer Administrator des Bistums, ehe es 1648 Bestandteil von Kurbrandenburg wurde.

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27.02.2018, 10:18
Beitrag: #33
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Und grade Braunschweig-Wolfenbüttel war gar nicht mal so unwichtig. Einerseits war es für die Habsburger die Gelegenheit, im Norden des Reichs einen Fuß in der Tür zu halten (zumindest bis zur Hochzeit des damals noch nicht "alten" Fritz = Friedrich der später Große mit einer Prinzessin von Braunschweif-Wolfenbüttel-Bevern), andererseits betrieben die Woflenbüttler eine schwunghafte Heiratspolitik, aufgrund derer im 18.Jh. halb Europa miteinander (und mit den Braunschweiger Welfen) verwandt war...
Ein paar Namen?
Bitte:
der Vater von Zar Iwan VI. war Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel
die Frau von König Friedrich V. von Dänemark-Norwegen war Juliane von Braunschweig-Wolfenbüttel
die Frau von König Georg IV. von Großbritannien war Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel
die diversen Verschwägerungen mit deutschen Fürstenhäusern entnehmt ihr bitte der Stammliste der Welfen (https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste...l-Bevern), das wird hier sonst zu viel... Wink
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27.02.2018, 22:39
Beitrag: #34
RE: Aber Untergang der Staufer - Aber was war mit den Welfen?
Hierzu möchte ich noch ergänzen:

Friedrich II. war mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1715–1797) verheiratet.

Sein Bruder August Wilhelm (1722–1758) war mit Luise Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel (1722–1780) verheiratet. Ihr Sohn Friedrich Wilhelm II. war in erster Ehe als Kronprinz mit Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel verheiratet. Die Ehe wurde aber geschieden. Die späteren preußischen Herrscher sind aber Nachkommen aus Friedrichs Wilhelms 2. Ehe.

Friedrichs II. Mutter war Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (1687–1757), die wiederum aus der Ehe des späteren König von Großbritannien und Irland, Georg I., mit Sophie Dorothea von Braunschweig (1666–1726) entstammte. Sophie Dorothea wurde als so genannte Prinzessin von Ahlden bekannt, da sie nach dem Bekanntwerden ihrer Affäre mit Philipp von Königsmarck als faktische Gefangene auf Schloss Ahlden leben musste. Philipps Schwester war Aurora von Königsmarck, die August den Starken bat, das Schicksal ihres Bruders aufzuklären. Das tat dieser aber nicht, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Friedrichs II. Vater Friedrich Wilhelm I. war wiederum der Sohn von Sophie Charlotte von Hannover (1668–1705), der Schwester Georgs I., und Friedrich I. , Sophie Charlotte wurde 1701 die erste Königin von Preußen.

Friedrichs II. Schwester Philippine Charlotte von Preußen war mit Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel verheiratet. Beide sind u.a. die Eltern von Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1735–1806), der als preußischer Feldherr gegen die französischen Revolutionäre bei Valmy eine Niederlage einsteckte und an den Folgen seiner in der Schlacht bei Jena und Auerstedt erlittenen Verletzungen verstarb.

Karl Wilhelm Ferdinands Schwester war Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel. Sie ist vor allem bekannt als Herzogin von Sachsen-Weimar, als Gründerin und Namensgeberin der Anna-Amalia-Bibliothek und Förderin von Goethe. Ihre Söhne waren Karl August, Dienstherr, Förderer und Freund von Goethe, und der in Frankreich gefallene Konstantin, dem wohl der "Verdienst" zusteht, eine brave Bäckerstochter (die spätere Mutter von Richard Wagner) aus Weißenfels nach Leipzig gelockt zu haben.

Der Feldherr Karl Wilhelm Ferdinand war mit Amalia von Hannover, Schwester des englischen Königs Georg III. verheiratet. Beide sind die Eltern von Friedrich Wilhelm, der "Schwarze Herzog" und Caroline Amalie, Ehefrau des Regenten und späteren Königs Georg IV. Mit dem schwarzen Herzogs Söhnen erlosch das Haus Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1884. Es stand bis 1913 unter Verwaltung verschiedener Statthalter.

Ernst August von Hannover, der Großvater des Prinzen mit den schlechten Manieren, heiratete 1913 Viktoria von Preußen, einzige Tochter Wilhelm II. Diese Eheschließung diente der Versöhnung zwischen Welfen und Hohenzollern. Ernst August von Hannover wurde letzter Herzog von Braunschweig, das Königreich Hannover blieb jedoch unter preußischer Verwaltung (seit 1866).

Und vor einigen Tagen wurden Ernst August jr. und seine Ehefrau Ekaterina Eltern eines kleinen Mädchens. Mal sehen, ob wir im Forum noch über das Leben dieser Welfin schreiben ...

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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