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Die Eroberung(en) des Wildenstein
13.01.2018, 12:27
Beitrag: #1
Die Eroberung(en) des Wildenstein
Die Eroberungen des Wildenstein, eine Episode aus der Spätzeit des Dreißigjährigen Krieges

Der Wildenstein ist eine auch heute noch völlig intakte Festungsanlage aus der frühen Neuzeit.
[Bild: 800px-Wildenstein-Merian.jpg]
der Merianstich ist von 1643, enstand also genau ein Jahr nach den Ereignissen die ich hier beschreiben will.
Auf dem Wildenstein entstand die Zimmerische Chronik, mindestens zum Teil.
Nach den Zimmern ist die Festung auf dem Erbschaftsweg schließlich bei den Fürstenberg gelandet, denen er 1642 gehörte, und die den Wildenstein in den 70ern des 20. Jahrhunderts an das Jugendherbergswerk verkauften, denen er heute gört.

Handelnde Personen sind,
als Strippenzieher im Hintergrund, zuerst der württ. Oberst und Festungskommandant des Hohentwiel Konrad Wiederholt, der in jenen Jahren zwischen Alb und Bodensee einen umfangreichen Kleinkrieg führte, auch einen bemerkenswerten Seekrieg auf dem See!
dann Franz von Mercy https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Mercy
der zu der Zeit als bayerischer Generalisimus bei Donaueschingen stand.

als Akteur vor Ort der württ. Sergeant Michael Wäschlin gebürtig aus Oberdigisheim auf der Schwäbischen Alb. (der Familien-Name ist bis heute in jener Gegend recht häufig) Er wurde wohl auf Grund seiner Ortskenntnisse für die Aktion ausgewählt. Wiederholt hat ihm für einen Erfolg der geplanten Aktion eine Leutnantsstelle versprochen.
Was Rückschlüsse auf die erwarteten Schwierigkeiten aber insbesondere auf die Wichtigkeit und Bedeutung bei einem Erfolg zulässt.
In der Belletristik ist zT vom "Schwarzen Sergeant" die Rede, was bei einem gebürtigen Älbler etwas verwundert, aber der og Wäschlin ist historisch fassbar.

Dann gab es noch etliche Akteure vor Ort, ebenfalls historisch, auf die ich im Text komme.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.01.2018, 14:21
Beitrag: #2
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Die Lage 1642:
Konrad Widerholt war seit der Schlacht bei Nördlingen Kommandant der württ. Landesfestung Hohentwiel, er hatte sich früh auch Bernhard von Weimar (Weimar war mindestens 3mal auf der Festung) der Krone Schweden und nach dem Tod Weimars Frankreich verpflichtet. Ziemlich sicher auf Veranlassung und mit Wissen des württ. Herzogs.
1642 hatte Widerholt bereits 4 Belagerungen des Twiel erfolgreich abgewehrt.
Es wird zT die Meinung vertreten, dass Grund des Anschlags auf den Wildenstein Widerholts Befürchtung gewesen wäre, dass künftige Belagerer sich des Wildenstein als Standquartier bedienen könnten. Widerholt hatte aus diesem Grund die ganzen Hegauburgen, Staufen Hohenkrähen usw. usf. in Schutt und Asche gelegt. Aber ich habe große Zweifel. Die Entfernung ist einfach zu groß, und Überlingen. Aach, Engen liegen wesentlich näher und waren doch wesentlich geeigneter.
Ich denke mal, der Widerholt wollte so seinen Aktionsradius erweitern.

Der Wildenstein
gehörte im 30jährigen Krieg zuerst der Linie Fürstenberg-Meßkirch, nach deren Aussterben der Linie Fürstenberg-Stühlingen.
An beide erging mehrfach die Aufforderung, den Wildenstein entsprechend den Kriegserfordernissen zu bemannen. Geschätzt wurde ein dafür erforderlicher Aufwand von 10-20.000 fl. Man sah dies natürlich ein, für die Kosten wollte man jedoch nicht aufkommen. Wien sollte bezahlen, Wien sah dies anders. Fürstenberg-Stühlingen wandte sich an die Erzherzogin Claudia, der die österr. Vorlande gehörten. Dis sah auch alles ein, nur nicht, dass sie es bezahlen soll...
So blieb der Wildenstein nur schwach bemannt. Im Sommer 1642 ein Kommandant der Burgvogt Jakob Bürklin und vier Mann.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.01.2018, 22:58
Beitrag: #3
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Widerholt schickte im August 1642 den Serganten Wäschlin mit 15 Mann um den Wildenstein zu besetzen. Dass Gewaltsam damit auch gegen den nur schwach besetzten Wildenstein nichts zu machen war, ist klar.
Wäschlin musste auf eine Kriegslist setzen.
Die Nacht zum 10. August 1642 verbrachte Wäschlin mit seinen Männern in einem Versteck bei Leibertingen, das dem Wildenstein nächstgelegene Dorf.
Dort bemerkte Wäschlin, dass Burgvogt Bürklin mit 3 Mann in aller Herrgottsfrühe abrückte. Die Quellen stellen dies unterschiedlich dar, in die Kriche nach Meßkirch, andere schreiben zu einem Fest nach Meßkich, Wobei das eine das andere nicht ausschließen würde.
Jedenfalls die Hauptmacht war weg, auf dem Wildenstein blieb nur ein Musketier zurück. der bei offenem Tor, hier gibt es drei Versionen, außerhalb der Burg 1. sich ins Gras legte, 2. Pfeife rauchend lustwandelte, 3. sich von einer Magd ein Maß Bier bringen ließ und dieses leerte.
Jedenfalls die 15 Württemberger erkannten die Situation, stürmten Richtung Burgtor, der Musketier raante davon und ward nicht mehr gesehen.
Die Magd jedoch rannte in die Festung schloss und verriegelte das erste Tor, konnte aber die Zugbrücke nicht alleine hochkriegen. Sie forderte eine andere Magd auf, ein Geschütz abzufeuern, um die umliegende Landbevölkerung zu alarmieren. Was diese aber konsequent verweigerte.
Die Angreifer hatten inzwischen das äußere Burgtor eingeschlagen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.01.2018, 17:34
Beitrag: #4
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Es ist bezeichnend genug, dass Burgen normalerweise bestenfalls von einer halben Handvoll gichtkranker Veteranen besetzt waren und nicht von (Hollywood lässt grüssen) hunderten waffenstarrenden Kriegern.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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15.01.2018, 17:46
Beitrag: #5
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(15.01.2018 17:34)Arkona schrieb:  Es ist bezeichnend genug, dass Burgen normalerweise bestenfalls von einer halben Handvoll gichtkranker Veteranen besetzt waren und nicht von (Hollywood lässt grüssen) hunderten waffenstarrenden Kriegern.

das erstaunliche für mich ist, der Wildenstein war recht gut armiert, Kanonen, Flinten Hellebarden, Pulver und Säbel satt.
Dafür war anscheinend genug Geld da,
oder, letztes Drittel des 30jährigen Krieges,
Soldaten waren knapp und damit teuer. Idea

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.01.2018, 20:05
Beitrag: #6
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(15.01.2018 17:46)Suebe schrieb:  
(15.01.2018 17:34)Arkona schrieb:  Es ist bezeichnend genug, dass Burgen normalerweise bestenfalls von einer halben Handvoll gichtkranker Veteranen besetzt waren und nicht von (Hollywood lässt grüssen) hunderten waffenstarrenden Kriegern.

das erstaunliche für mich ist, der Wildenstein war recht gut armiert, Kanonen, Flinten Hellebarden, Pulver und Säbel satt.
Dafür war anscheinend genug Geld da,
oder, letztes Drittel des 30jährigen Krieges,
Soldaten waren knapp und damit teuer. Idea

Aber anscheinend keine motivierten Krieger. Wahrscheinlich sind die paar Hanseln gleich nach Hause geschickt worden oder wurden eingereiht.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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15.01.2018, 21:02
Beitrag: #7
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(15.01.2018 20:05)Arkona schrieb:  
(15.01.2018 17:46)Suebe schrieb:  das erstaunliche für mich ist, der Wildenstein war recht gut armiert, Kanonen, Flinten Hellebarden, Pulver und Säbel satt.
Dafür war anscheinend genug Geld da,
oder, letztes Drittel des 30jährigen Krieges,
Soldaten waren knapp und damit teuer. Idea

Aber anscheinend keine motivierten Krieger. Wahrscheinlich sind die paar Hanseln gleich nach Hause geschickt worden oder wurden eingereiht.

im hier beschriebenen Fall war es ganz anders, aber dazu komme ich noch.

Im April 1647 hat nach dreimonatiger Belagerung die baierische Besatzung von Hohentübingen auf freien Abzug akkordiert. Turenne hat dies zugestanden, mit der Einschränkung, dass wer schon mal bei den Franzosen/Weimarischen diente dort wieder in Dienst treten musste.
Bei fast der Hälfte war dies der Fall, abziehen durften dann nicht mal 80 Mann von insgesamt 140.
Einen haben die Franzosen gehenkt, der hat Kugeln zu Dummdumm-Geschossen gefeilt.

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15.01.2018, 22:44
Beitrag: #8
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(14.01.2018 22:58)Suebe schrieb:  Widerholt schickte im August 1642 den Serganten Wäschlin mit 15 Mann um den Wildenstein zu besetzen. Dass Gewaltsam damit auch gegen den nur schwach besetzten Wildenstein nichts zu machen war, ist klar.
Wäschlin musste auf eine Kriegslist setzen.
Die Nacht zum 10. August 1642 verbrachte Wäschlin mit seinen Männern in einem Versteck bei Leibertingen, das dem Wildenstein nächstgelegene Dorf.
Dort bemerkte Wäschlin, dass Burgvogt Bürklin mit 3 Mann in aller Herrgottsfrühe abrückte. Die Quellen stellen dies unterschiedlich dar, in die Kriche nach Meßkirch, andere schreiben zu einem Fest nach Meßkich, Wobei das eine das andere nicht ausschließen würde.
Jedenfalls die Hauptmacht war weg, auf dem Wildenstein blieb nur ein Musketier zurück. der bei offenem Tor, hier gibt es drei Versionen, außerhalb der Burg 1. sich ins Gras legte, 2. Pfeife rauchend lustwandelte, 3. sich von einer Magd ein Maß Bier bringen ließ und dieses leerte.
Jedenfalls die 15 Württemberger erkannten die Situation, stürmten Richtung Burgtor, der Musketier raante davon und ward nicht mehr gesehen.
Die Magd jedoch rannte in die Festung schloss und verriegelte das erste Tor, konnte aber die Zugbrücke nicht alleine hochkriegen. Sie forderte eine andere Magd auf, ein Geschütz abzufeuern, um die umliegende Landbevölkerung zu alarmieren. Was diese aber konsequent verweigerte.
Die Angreifer hatten inzwischen das äußere Burgtor eingeschlagen.

Die Vorburg war erobert, aber nun standen sie auf der (nicht hochgezogenen) Zugbrücke, die über den überaus tiefen Graben mit dem hohen Pfeiler.
Das Tor der Hauptburg war stark mit Eisen beschlagen so dass an ein Einschlagen nicht zu denken war.
Wäschlin entdeckte eine Schießscharte über dem Tor, mit einer Leiter kletterte man hoch, und durch die Scharte, und auch die Hauptburg war erobert. Die Leiter soll aus Leibertingen herbeigeholt worden sein, das sind aber lässige 3 km, hin und zurück, Leiter suchen, da sind Stunden vergangen, halte ich für eine Mär, die wird auf dem Wildenstein rumgestanden sein, die Leiter.
OT: Das war übrigens der Grund für meinen neulichen vergeblichen Besuch, ich wollte mir die Schießscharte anschauen)
TT:Die Hohentwieler sollen sich nach der Besetzung der Burg zuerst nicht um deren Sicherung gekümmert haben, sondern sich um die Mägde "gekümmert" haben. So dass sie es schließlich nur noch mit Mühe schafften, die Festung vor der zurückkommenden
fürstenbergischen Besatzung abzusperren.
Burgvogt Bürklin und seine drei Mann sollen zu Tode erschrocken sein, und verschwanden auf der Stelle auf nimmerwiedersehn.

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16.01.2018, 20:51
Beitrag: #9
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Nun waren das schon sehr viele Zufälle, die zu dem erfolgreichen Handstreich gegen den Wildenstein geführt haben.
Bekannt ist, dass Widerholt sehr viel mit Informanten geschafft hat, und so liegt der Verdacht auch hier nahe, dass da Verrat im Spiel war.
Und der erste Verdächtige war natürlich Burgvogt Bürklin.

Inzwischen erfuhr Franz von Mercy, bayerischer Generalfeldzeugmeister zu der Zeit in seinem Hauptquartier bei Donaueschingen,. von dem erfolgreichen Anschlag.
"Wenn der Feind dieses Haus behaupten würde, könne er ganz Schwabenland bis Ulm in Kontribution setzen" soll er gesagt haben.
Und setzte unverzüglich seinen Oberstleutnant Marimont mit 300 Mann vo Fussregiment Fugger und 100 Reiter die in Tuttlingen lagen in Marsch.
Der Wildenstein war so schon wenige Tage nach der Widerholtschen Eroberung von bairischen Truppen umstellt.
Marimont versuchte zuerst einen Sturm, der mit einigen Verlusten abgeschlagen wurde.
Man zog sich aus dem Schussfeld der Festung zurück und begann die Belagerung.
Wie schon an anderer Stelle geschrieben, Marimont erkannte umgehend die schwächste Stelle der Festung, und brannte den Pfeiler und die Zugbrücke zwischen Vor- und Hauptburg ab. In den Quellen wird zum Teil behauptet, dass zu der Zeit die Vorburg schon bairisch erobert war. Aber in dem Fall hätte diese Maßnahme ja überhaupt keinen Sinn gemacht. Nur wenn dadurch die Besatzung geteilt wurde, mit der Unmöglichkeit wieder Verbindung zueinander aufzunehmen, ergibt dies eine Logik.

Denn Wäschlin auf der gut verproviantierten Burg, gut mit Munition versorgt....
hat jetzt tatsächlich zu verhandeln begonnen.
Freier Abzug mit allem was er und seine Männer aus der Festung tragen konnten, hat er herausgehandelt.
Am 4. September 1642 wurde der Wildenstein an Marimont übergeben.
Bei der Übergabe wurde ein ausführliches Inventar erstellt, es ist immens welche Vorräte auf Wildenstein lagerten, 20 Kanonen, 50 Doppelhaken (große Gewehre) 200 Harnische, 54 Tonnen Pulver! (wobei ich nicht weiß was eine Tonne Anno 1642 in Oberschwaben wog)
nur ein kleiner Auszug.
Die "ehrenvolle" Kapitulation ist da schon eine Merkwürdigkeit

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.01.2018, 13:19
Beitrag: #10
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Der Sergeant Wäschlin und seine 15 Mann trudelten wieder auf dem Hohentwiel ein.
Widerholt bekam einen Tobsuchtsanfall.
Sofortiges Kriegsgericht. Wäschlin und ein weiterer Soldat wurden zum Tod verurteilt.
Neben dem Galgen wurden zwei Särge bereitgestellt.
Die beiden wurden unter den Galgen geführt.
Wo sie von Widerholt "wegen zahlreicher Fürbitten" insbesondere von den beiden Ehefrauen, die beide schwanger waren
in letzter Sekunde begnadigt wurden.

Der Michael Wäschlin war 1667 ausweislich der Stammrollen noch auf dem Hohentwiel.

Auch nach dem Burgvogt Jakob Bürklin wurde gefahndet. Mercy ließ ihm androhen, dass er "in effige" an den Galgen gehängt würde, so er sich nicht umgehend stellen würde.
Was dem Bürklin natürlich nicht einfiel. Zumindest den einen Quellen nach. Nach anderen soll er sich später doch gestellt haben. Ob oder wie er bestraft wurde, ist aber nicht zu erfahren.

"In effige" war eine damals übliche Bestrafung, wenn der Delinquent nicht gefasst wurde.
Da wurde sein Bildnis je nach dem an den Galgen gehängt, enthauptet, gerädert...

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17.01.2018, 22:39
Beitrag: #11
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Nun war der Wildenstein in bairischer Hand.
Brücke und Tore wurden instandgesetzt.
Der Oberstleutnant Marimont besetzte ihn mit 30 Mann, und machte sich selbst zum Festungskommandanten.

Jetzt wollte der Graf von Fürstenberg seine Festung zurück haben.
Da kam er aber bei Mercy an den richtigen. "Er wäre schließlich oft genug aufgefordert worden, die Festung mit einer Anzahl tüchtiger Kriegsleute zu bemannen, und hätte es nicht gemacht. So hätte er sich jetzt abzufinden"
Und der Wildenstein blieb bis 1649 unter bairischer Besatzung.

Jetzt ist von "unsäglichem Leid" die Rede, das nun die Grafschaft Fürstenberg-Meßkirch heimsuchte. Allein für die Besatzung des Wildensteins musste eine "ungeheure Menge an Proviant" geliefert werden, dazu kamen Botengänge, Holzfällungen, Fuhrwerks und Vorspanndienste... "dass man kaum nachkommen konnte".

Da fragt sich allerdngs der heutige Leser, wie eine Besatzung von 30 Mann durch ihren Hunger und Durst "unsägliches Leid" über eine ganze Grafschaft bringen kann.
Gut, es waren Baiern, dass die etliches verkasematukeln können, weiß man. Angel
Aber trotzdem.

Irgenwann las ich in einer alten Chronik:
"Die Klage ist des Landmanns Gruß"

Und damit schließe ich diese Post-Serie, vielleicht hat es den einen oder anderen interessiert.

Halt, eines noch. -zur Literatur-Liste habe ich heute Abend keine Lust mehr. Kommt morgen

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23.01.2018, 11:11
Beitrag: #12
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(17.01.2018 22:39)Suebe schrieb:  Gut, es waren Baiern, dass die etliches verkasematukeln können, weiß man. Angel
Aber trotzdem.

Sieh´s doch mal so: Die wussten schlicht und einfach die schwäbische Küche zu schätzen. Smile
Es sei denn, sie haben nicht genügend Bier bekommen. Dann können Baiern ekelhaft werden... *grins*
Aber das war damals ja auch noch anders. In Baiern wurde fast so viel Wein wie Bier getrunken und das Weißbier war ja auch noch eine relativ neue Sache....
Also bleibt doch wieder nur die schmackhafte schwäbische Küche übrig...

hungrige Grüße,
Christian
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23.01.2018, 19:12
Beitrag: #13
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Eine Möglichkeit wäre, dass die schlimmen Auswirkungen der bairischen Besatzung in einem größeren Zusammenhang zu sehen sind, Auswirkungen des Krieges, der sich nun auch hier bemerkbar machte oder Folgen der Kämpfe (es war viel zerstört worden, nun zeigen sich die Auswirkungen).

Eine weitere Möglichkeit ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse später unrichtig überliefert wurden.
- Vielleicht sind verschiedenen Besatzungszeiten dabei miteinander in der Erinnerung vermengt worden.
- Oder Erfahrungen einer früheren oder späteren Besatzungszeit wurden auf später auf diesen Zeitabschnitt übertragen.
- Vielleicht war es aber auch politische Propaganda und Geschichtsfälschung, um den Herzog von Baiern zu diffamieren.
- Oder die Betroffenen hatten später großes Interesse daran, sich als Opfer zu inszenieren, die sehr unter der bairischen Besatzung gelitten hatten, nachdem wieder der Fürstenberger die Herrschaft übernommen hatte. Es wäre wohl keine Empfehlung für ihn gewesen, wenn sie zugegeben hätten, dass sie sich eigentlich unter den Baiern viel wohler gefühlt haben ...

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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23.01.2018, 20:37
Beitrag: #14
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
(23.01.2018 19:12)Teresa C. schrieb:  Eine Möglichkeit wäre, dass die schlimmen Auswirkungen der bairischen Besatzung in einem größeren Zusammenhang zu sehen sind, Auswirkungen des Krieges, der sich nun auch hier bemerkbar machte oder Folgen der Kämpfe (es war viel zerstört worden, nun zeigen sich die Auswirkungen).

Eine weitere Möglichkeit ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse später unrichtig überliefert wurden.
- Vielleicht sind verschiedenen Besatzungszeiten dabei miteinander in der Erinnerung vermengt worden.
- Oder Erfahrungen einer früheren oder späteren Besatzungszeit wurden auf später auf diesen Zeitabschnitt übertragen.
- Vielleicht war es aber auch politische Propaganda und Geschichtsfälschung, um den Herzog von Baiern zu diffamieren.
- Oder die Betroffenen hatten später großes Interesse daran, sich als Opfer zu inszenieren, die sehr unter der bairischen Besatzung gelitten hatten, nachdem wieder der Fürstenberger die Herrschaft übernommen hatte. Es wäre wohl keine Empfehlung für ihn gewesen, wenn sie zugegeben hätten, dass sie sich eigentlich unter den Baiern viel wohler gefühlt haben ...


Es sind die Bittbriefe der Bevölkerung an ihren "guten" Grafen von Fürstenberg die diese Horrornachrichten enthalten. Der diese postwendend an den Kurfürsten (das war er doch da schon?) nach München weiterleitete, da er bei Mercy kein Gehör gefunden hatte. Dort aber auch nicht, 8 Jahre blieben die Baiern auf dem Wildenstein.

Es wird so 20 Jahre her sein, da war in der Scheune des Maierhofs am Hohentwiel eine Ausstellung des BW Landesmuseums.
Und dort wurde in aller Ausführlichkeit geschildert, was für eine Zeit des Martyriums dieser Privatkrieg des Konrad Widerholt von 1635 bis 1648 für die Bevölkerung im Hegau und am Bodensee gewesen wäre.
Bis in die 60er Jahre hinein sah man Widerholt als württ. Kriegshelden.
Dann siehe oben als eine Art Freibeuter.
Inzwischen ist man sich wieder einig, dass die völlige Restitution des Herzogtums Württemberg im Westfälischen Frieden von den Franzosen und Schweden, nicht zuletzt auf Grund der Widerholtschen Vereinbarungen, durchgesetzt wurde.

OK, war eine kleine Abschweifung.
Ich wollte nur nochmals meine These von oben bestätigen.
"Klage ist des Landmanns Gruß"

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26.01.2018, 01:05
Beitrag: #15
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Das"unsägliche Leid" des schwäbischen Landmannes wird vor allem gewesen sein,dass keiner seine "Koschten" zahlt hat. Das schmerzt den Schwaben wie den Bayern der Biermangel Big Grin
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15.04.2020, 23:38
Beitrag: #16
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
An Ostern hat SüdwestIII das Regional-Fernseh-Programm eine Sendung über die Schönheiten unseres Südweststaates ausgestrahlt.
Man war unter anderem in Beuron (aktuell, die Corona-Absperrungen der dortigen Parkplätze waren zu sehen, wurden besprochen) dann auf dem Wildenstein.
Dort hatte man einen "Sachkundigen", großen schlanken ca. 70jährigen, vor die Kamera geholt.
Er erzählte unter anderem, dass der Wildenstein "niemals besetzt, niemals erobert" worden sei.............

Jener "Sachkundige" hat entweder keine Ahnung, oder hat gelogen... ganz einfach gelogen, warum auch immer.............
im Jahre 1642 wurde der Wildenstein innert weniger Wochen zwei mal erobert, einmal durch Überrashung oder Verrat von Württembergern unter Widerholt und dann durch Bayern unter Mercy, die den Schwachpunkt der Festung, den Pfeiler der Zugbrücke, erkannt hatten.

Womit man man wieder weiß, was man von Fernsehsendungen halten kann.

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16.04.2020, 09:35
Beitrag: #17
RE: Die Eroberung(en) des Wildenstein
Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung.

Eine andere Möglichkeit wäre gegeben, falls die Eroberung des Wildensteins dadurch erfolgte, dass sich die Burg sich erst nach einer Belagerung ergeben musste (beziehungsweise mit den Belagerern die Übergabe aushandeln konnte). In diesem Fall könnte er das vielleicht nur als Einnahme und nicht als Eroberung gesehen haben, eine Interpretationsvariante, die jedenfalls zu diskutieren wäre.

Dass von Fernsehsendungen nichts zu halten ist - ich weiß doch, warum seit vielen Jahren ohne Fernsehapparat lebe. Nur leider, die meisten Personen, die ich kenne, denken leider wirklich, dass Fernsehdokus, mit unkritischer Info-Übernahme von Wikipedia und ein bisserl weiteres Internetsurfing bereits als tolle und genaue Recherche gilt.

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