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King Arthur - das ungelöste Rätsel...
08.06.2018, 11:52
Beitrag: #21
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(21.05.2018 13:35)Aguyar schrieb:  Ich halte die Lancelot-Thematik für eine ureigene Schöpfung der höfischen Literatur und insofern tatsächlich als eine reine Erfindung von Chrétien von Troyes. Nicht nur der Name «Lancelot» spricht dafür, sondern auch die ganze Thematik der Affäre mit Gunivere, welche eine Krise auslöst, die das Reich in den Abgrund zu reissen droht. Die ganze Dramaturgie entspricht derart offensichtlich den Idealen des Minnekults (z.B. die Vorstellung, dass der Liebe auf jeden Fall den Vorzug vor den Eheverpflichtungen zu geben ist, aber auch der Konflikt zwischen Liebe und ritterlicher Ehre) und kaum den wohl eher patriarchalen Vorstellungen der Keltenmythologie. Im Weiteren muss darauf hingewiesen werden, dass in Chrétiens Lancelot-Roman erstmals auch der Gral auftaucht, eine Thematik, die sich nach meinem Dafürhalten überhaupt nicht in die keltisch-walisische Tradition einreihen lässt (@Bunburry: Wir hatten diese Thematik in anderem Zusammenhang schon mal kurz angeschnitten).

Ich wollte noch mal hierauf kurz eingehen. (Und leider kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, was wir dazu schon mal diskutiert hatten, tut mir leid. ich ändere meine Meinung öfters mal, wenn ich neue Aspekte einer Theorie erfahre, von daher würde ich auch gar nicht mehr behaupten, dass ich damals im Recht war....)

Chretien de Troyes schrieb den "Lancelot" im Auftrag von Marie de France. Marie ihrerseits war die Tochter von Eleonore von Aquitanien. Eleonore wurde Königin von England, einige jahre nachdem Geoffrey seine Historia geschrieben hatte. Die Förderung der Kunst und Literatur war ein Anliegen beider Frauen. Von daher halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass die Historia von Geoffrey Marie dazu bewog, Chretien den Auftrag zu erteilen, über Lancelot zu schreiben.
Dazu kommt, dass Marie die Herrin der Champagne war- und die Champagne immer wieder von neuen Keltenstämmen besiedelt worden war-was auch verhältnismäßig gut von den antiken Autoren dokumentiert war. Marie war sehr gebildet- also könnte sie darüber durchaus Bescheid gewußt haben.
Es gibt also einige Indizien, die darauf hinweisen, dass Chretien im Lancelot auf Geheiß seiner Mäzenin keltische Elemente oder soagr eine auf keltischen Legenden beruhende Grundgeschichte verwendet hat.
Die Art und Weise, wie er es tat, die entspricht aber sicherlich den Gesetzen der Minnesänger - wieviel okzidianische Einflüsse sie aufweist, kann ich nicht beurteilen, da bist du der Experte...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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08.06.2018, 14:17
Beitrag: #22
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(08.06.2018 11:52)Bunbury schrieb:  Chretien de Troyes schrieb den "Lancelot" im Auftrag von Marie de France. Marie ihrerseits war die Tochter von Eleonore von Aquitanien. Eleonore wurde Königin von England, einige jahre nachdem Geoffrey seine Historia geschrieben hatte. Die Förderung der Kunst und Literatur war ein Anliegen beider Frauen. Von daher halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass die Historia von Geoffrey Marie dazu bewog, Chretien den Auftrag zu erteilen, über Lancelot zu schreiben.
Dazu kommt, dass Marie die Herrin der Champagne war- und die Champagne immer wieder von neuen Keltenstämmen besiedelt worden war-was auch verhältnismäßig gut von den antiken Autoren dokumentiert war. Marie war sehr gebildet- also könnte sie darüber durchaus Bescheid gewußt haben.
Es gibt also einige Indizien, die darauf hinweisen, dass Chretien im Lancelot auf Geheiß seiner Mäzenin keltische Elemente oder soagr eine auf keltischen Legenden beruhende Grundgeschichte verwendet hat.
Die Art und Weise, wie er es tat, die entspricht aber sicherlich den Gesetzen der Minnesänger - wieviel okzidianische Einflüsse sie aufweist, kann ich nicht beurteilen, da bist du der Experte...

Ich halte es allerdings für sehr unwahrscheinlich, dass Maire von Champagne Chrétien Vorgaben zum Stoff gemacht hat. Natürlich war sie Förderin und Auftraggeberin der Minnesänger - und wie ihre Mutter Eleonore kannte sie natürlich die Geschichten um Artus. Artus und die Tafelrunde waren schliesslich das zentrale Thema resp. der Mittelpunkt der ganzen Minnedichtung, die jeder Adlige, der etwas auf sich hielt, kennen musste. Umso mehr natürlich die tatsächlich sehr gebildeten Eleonore und Marie. Aber dass Marie Chrétien den Auftrag erteilt hat, keltische Sagen umzusetzen, halte ich wie gesagt für äusserst unwahrscheinlich. Und zwar aus folgenden Gründen:

Die Champagne war zusammen mit der Ile de France das Zentrum der nordfranzösischen Minnesänger (Chrétien von Troyes, G. von Provins etc.) und deren kulturellen Vorläufer waren die Verfasser der "Chansons de geste" (Hauptthematik Karl der Grosse wie etwa das Rolandslied).
Natürlich haben die nordfranzösischen Minnedichter die Artus-Thamtik aufgegriffen (ohne Artus und die Tafelrunde kam kaum eine Minnedichtung aus), aber es sind eben auch Elemente der Chansons de geste sowie eigene Kreationen wie der Gral oder eben (m.M) Lancelot mit eingeflossen.

Eleonore von Aquitanien war noch eine grössere Förderin der Minnedichtung als ihre Tochter Marie. Ihre erste und ursprüngliche kulturelle Prägung erhielt sie aber nicht durch Momouth oder durch dessen keltischen Hintergrund (den sie allerdings offensichtlich bereits in Frankreich und nicht erst in England kennen lernte) sondern der war - aufgrund ihrer Heimat Aquitanien - durch und durch okzidanisch. Ihr Grossvater (der bei ihrer Geburt noch gelebt hat) war der aquitanische Herzog Wilhelm IV der Troubadour, welcher als einer der ersten Minnesänger übernhaupt gilt. Bei dessen Tod (1126) hatte Monmouth seine "britannische Königsgeschichte" noch nicht begonnen - und die okzidanischen Troubadoure (Vorläufer der nordfranzösischen und deutschen Minnesänger) wussten ganz offensichtlich noch nichts von Arthur.

Die Champagne hatte bereits im Frühmittelalter keinen keltischen Hintergrund mehr (trotz der zahreichen Stämme in der Antike) und gerade dort dürften sich wohl kaum mehr entspr. erzählerische Spuren finden lassen - um so mehr, da es mehr als fragwürdig ist, ob die antike keltische Kultur in Gallien (wie sie etwa Cäsar beschreibt) sich mit den frühmittelalterlichen keltischen Traditionen Englands, Irlands und Wales vergleichen lässt. Jedenfalls gehörte die Champange zum Zentrum des karolingischen Frankenreichs und war allein schon deshalb fränkisch und nicht keltisch geprägt. Die einzige Region in Frankreich, welche eine (frühmittelalterliche) keltische Kultur aufwies, war die Bretagne. Die frühen Grafen der Bretagne verwendeten den Leitnamen Conan, ein Name keltischen Ursprungs (nicht nur Asterix sondern auch Conan der Barbar war keltischer Bretone -Smile).
Und gerade diese Region wurde ja später auch speziell in die Artus-Epik der Minnedichter eingebaut (Ban von Benwick, der Vater von Lancelot, soll König der Bretagne gewesen sein).

Wenn man weitere Minnedichtungen mit - neben den Gestalten von Artus, Merlin, Gunivere sowie der Toteninsel Avalon - keltischem Sagenhintergrund suchen will, so sollte man sich m.M nicht an Lancelot und schon gar nicht an den Gral halten, sondern an den Themenkreis "Tristan und Isolde". Dieser Teil der Minnedichtung, welcher seltsamerweise lange Zeit keinen Bezug zu Artus und der Tafelrunde hatte, ist, so meine ich, bestimmt keltischen Ursprungs (irsich-walisisch).

PS:
Vielleicht kommt später ja jemand auf die Idee, auch für den Lohegrin ein keltisches Vorbild zu suchen -Smile
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08.06.2018, 15:56
Beitrag: #23
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
Jetzt muss ich doch mal fragen, ob wir beide tatsächlich von dem gleichen reden....
Ich rede nicht von irischen oder walisischen Sagen und Mythen, die ihren Eingang in die Minne gefunden haben. Da verstehe ich sogar, dass du so ablehnend reagierst. Ich habe ja auch nie behauptet, dass Chretien keltische Traditionen förderte.
Man kommt dem, was ich meine, wahrscheinlich näher, wenn man einen historischen Kern (der sich häufig in lokalen Traditionen findet, auch wenn er sehr klein ist) annimmt, der von der irischen/walisischen Mythologie und dem Minnegansang auf unterschiedliche Weise interpretiert wurde.

Was ich für ganz uns gar unglaubwürdig halte- einfach aus meiner Erfahrung als Schriftstellerin und Autorin heraus- ist, dass sich jemand einfach so hinsetzt und sich aus dem nichts ein Thema ausdenkt, das derartig komplex ist. Das passiert nicht. Nicht mir, nicht meinen dichtenden und schriftstellernden Kollegen. Irgendeinen Kern gibt es immer, das den Dichter oder Autor bewegt, das ihn nicht losläßt, das er auf seine Art und Weise interpretiert. Keine Geschichte entsteht völlig aus dem Nichts. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann gilt Chretien als Begründer dieser Art von Dichtung. Man kann also nicht sagen, er habe abgekupfert... Es kam von ihm. Irgendeine Idee muss er am Anfang gehabt haben. Die Unterstellung, die ich einmal gelesen habe, Marie de France habe eine Liebesgeschichte in Auftrag gegeben, weil sie selbst nah Liebe gehungert habe (wie ihre Mutter Eleanore) stellt mich da nicht zufrieden.

Die Artus-Legende ist nun mal keltischen Ursprungs. Egal, wie wenig historische Realität dahinter steckt- im Kern ist sie keltisch.

Ich war jetzt aktuell ganz überrascht, als ich bei meinen Recherchen für eine Führung auf -zugegeben winzige- keltische Spuren in der lokalen Tradition gestoßen bin- obwohl die Kelten die Gegend hier um 50 v. Chr. verlassen haben und jahrhundertelang keiner wußte, dass sie hier gewesen sind...

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08.06.2018, 19:50
Beitrag: #24
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(08.06.2018 15:56)Bunbury schrieb:  Was ich für ganz uns gar unglaubwürdig halte- einfach aus meiner Erfahrung als Schriftstellerin und Autorin heraus- ist, dass sich jemand einfach so hinsetzt und sich aus dem nichts ein Thema ausdenkt, das derartig komplex ist. Das passiert nicht. Nicht mir, nicht meinen dichtenden und schriftstellernden Kollegen.
George R. R. Martin ?

(08.06.2018 15:56)Bunbury schrieb:  Die Artus-Legende ist nun mal keltischen Ursprungs. Egal, wie wenig historische Realität dahinter steckt- im Kern ist sie keltisch.

Selbstverständlich. Ich würde sogar meinen, die Artus- und die Tristan-Legende sind keltisch. Aber (m.M.) Lancelot, der Gral, Erec und Enite, Parzival, der Schwanenritter etc. nicht.
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09.06.2018, 20:24
Beitrag: #25
RE: King Arthur - das ungelöste Rätsel...
(08.06.2018 19:50)Aguyar schrieb:  
(08.06.2018 15:56)Bunbury schrieb:  Was ich für ganz uns gar unglaubwürdig halte- einfach aus meiner Erfahrung als Schriftstellerin und Autorin heraus- ist, dass sich jemand einfach so hinsetzt und sich aus dem nichts ein Thema ausdenkt, das derartig komplex ist. Das passiert nicht. Nicht mir, nicht meinen dichtenden und schriftstellernden Kollegen.
George R. R. Martin ?

Auch -oder gerade- Fantasy Autoren (ich meine jetzt doch den gleichen Autor wie du...) schreiben nicht ohne inneren Antrieb. Sie setzen ein inneres Erleben in Bilder um...

(08.06.2018 19:50)Aguyar schrieb:  
(08.06.2018 15:56)Bunbury schrieb:  Die Artus-Legende ist nun mal keltischen Ursprungs. Egal, wie wenig historische Realität dahinter steckt- im Kern ist sie keltisch.

Selbstverständlich. Ich würde sogar meinen, die Artus- und die Tristan-Legende sind keltisch. Aber (m.M.) Lancelot, der Gral, Erec und Enite, Parzival, der Schwanenritter etc. nicht.

Wenn du demnächst mal Zeit hast, würde ich gerne das eine oder andere mit dir im Detail disktutieren. Auch wenn es anders wirkt, mir geht es nicht darum recht zu haben, sondern tatsächlich um das Lernen (und mein eigentliches Interesse gilt nicht wirklich den Kelten , sondern dem, was davor da war...)
Ich finde beispielsweise die Gralsgeschichte insofern sehr interessant, dass hier der Held (Lancelot) den Gral nicht erreicht. Das ist ungewöhnlich, findest du nicht? Normalerweise geht es in solchen Geschichten immer um den einen, der ihn findet. Ob griechische oder sonstige Mythologie- es geht normalerweise immer um den, der ihn findet oder das Rätsel löst.
Und Lancelot kann nicht.
Stattdessen geht es auf seinen Sohn über, der das vollendet, was der Vater nicht beenden kann...
Das ist eine sehr, sehr ungewöhnliche Geschichte. Zumindest da, wo es nicht um Rache geht....

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