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Sprache als Identifikationsmerkmal
16.11.2020, 21:53
Beitrag: #14
RE: Sprache als Identifikationsmerkmal
Vielleicht müssen wir bei der Verständigung auch berücksichtigen, dass Verständigung nicht gleich Verständigung ist. Das wird vor tausend Jahren nicht viel anders gewesen sein. Abgesehen davon, dass es schon immer möglich war, sich mit Menschen auch auf Umwegen (Gesten, mit Händen und Füßen) und nicht nur über die gemeinsame Sprache zu verständigen, wäre auch zwischen schriftlicher und mündlicher Kommunikation zu unterscheiden. (Geschriebener Dialekt ist oft schwieriger zu verstehen, als wenn er gesprochen wird. Ein Drama entfaltet gewöhnlich seine tatsächliche Wirkung erst auf der Bühne und bietet meistens eine gewisse Mehrdeutigkeit, die in einer epischen Erzählung vermieden wird.)

Bei oberflächlicher Konversation reicht es gewöhnlich, wenn die Personen etwas von der Sprache beherrschen. Bei bestimmten Situationen (Handeln, Zeremonien, Höflichkeitsfloskeln etc.) reicht es, wenn gewisse Sätze und Wörter verstanden und benutzt werden können, sodass diese Situationen gemeistert werden können.

Daneben wird es sicher auch Menschen gegeben haben, die aus dem einen oder anderen Grund eine andere Sprache soweit beherrschten, dass sie als Dolmetscher eingesetzt wurden.

Wenn Bonifatius Wert darauf legte, dass er für seine Mission die Sprache der Völker, die er missionieren wollte, tatsächlich gut beherrschte, muss das nicht damit zusammenhängen, dass er ihre lokalen Sprachen überhaupt nicht verstand oder eben nicht reden konnte, sondern er mag davon ausgegangen sein, dass er mit perfekten eigenen Sprachkenntnissen ihnen seine Botschaft besser vermitteln kann. Wir sollten auch nicht vergessen, dass eine gute Übersetzung nicht einfach nur wortwörtlich richtig sein muss, sondern auch inhaltlich stimmig sein sollte. (Als ich vor vielen Jahren eine Fanfiction aus dem Englischen übersetzt haben, und das war keine sehr anspruchsvolle Arbeit, habe ich immer wieder auch nachgefragt, damit ich bei meiner Übersetzung auch das Drumherum richtig rüberkriege. Beispiel eine kurze Befragungsszene, ich habe bei meiner Übersetzung auch berücksichtigt, ob es für den Frager eine Routineangelegenheit ist, bei er den Befragten unabsichtlich demütigt oder ob er das Absicht ist. In einer Szene habe ich ein Wortspiel nicht übersetzt, weil es nicht zu übersetzen war und stattdessen (mit Zustimmung der Autorin) durch ein deutschsprachiges Wortspiel ersetzt.

Das Beispiel mit den Neffen Georg zeigt doch, dass es für Bonifatius offensichtlich wichtig war, dass der zukünftige Missionar das Evangelium nicht einfach wortwörtlich herunterleiert, sondern weiß, was er da eigentlich sagt und wie es anderen in ihrer Sprache so vermittelt, dass sie das auch so verstehen.

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Sprache als Identifikationsmerkmal - Teresa C. - 16.11.2020 21:53

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