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Aufwachsen in den Kulturen der Antike
09.01.2013, 17:10
Beitrag: #5
RE: Aufwachsen in den Kulturen der Antike
Kindheit und Jugend im Judentum zur Zeit Jesu, Teil II.

Kinder galten lediglich als Nachkommen sehr viel und waren der Zweck der Ehe – das Volk Israel sollte vergrößert werden und wachsen: „Jeder, der die Fortpflanzung nicht übt, gleicht einem, der Blut vergießt!“ (Rabbi Eliezer, zit. nach: ebd., S. 176). An sich waren Kinder also nicht besonders viel wert, und männliche Nachkommen noch mehr als weibliche. Doch trotzdem waren sie ein Geschenk Gottes und durften nicht einfach ausgesetzt werden, Kinderliebe gab es also. Besonders wenn man die Einstellung der Juden mit der der Römer etc. vergleicht, zeigt sich dies: In Rom wurden Kinder ausgesetzt, zur Prostitution gezwungen oder verstümmelt und zum Betteln geschickt. Dies sah man in Israel anders: Es wurde gesagt, die Welt bestehe nur um des unschuldigen Hauses der Kinder wegen. Allerdings konnten sie wie auch die Ehefrau unter besonders schlechten finanziellen Verhältnissen in Schuldknechtschaft verkauft werden.
Ein Kind, das unter einem Monat alt war, war nichts wert. Daraus schließt man, dass eine recht hohe Kindersterblichkeit geherrscht haben muss. Acht Tage nach der Geburt wurde das Kind beschnitten und somit zum Juden, gleichzeitig bekam es einen Namen. Die ersten drei Lebensjahre blieb es bei der Mutter und wurde von ihr gesäugt. Danach begann die eigentliche Kindheit. Der Vater brachte einem Sohn langsam die ersten handwerklichen Fähigkeiten bei. Währenddessen erlernten die Töchter bei der Mutter die Führung eines Haushalts und halfen an dieser Stelle mit. Natürlich kamen auch Spielereien nicht zu kurz, doch eine gänzlich unbeschwerte Kindheit gab es nicht.
Schon sehr früh wurde mit der Erziehung der Kinder begonnen. Sobald es sprechen konnte, wurde ihm in jedem Fall das Glaubensbekenntnis des jüdischen Glaubens, das „Höre, Israel“ eingeprägt. Im weiteren Verlaufe der Kindheit wurden die Grundgebote der Tora gelehrt und die wichtigsten jüdischen Gesetze beigebracht. Doch die Kinder mussten auch im Haushalt helfen, den Vater bedienen, ihm die Füße waschen und ihn versorgen. Waren sie nicht gehorsam, drohten körperliche Züchtigungen, so heißt es im Buch der Sprüche, 13,24: „Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn.“ In besonderen Fällen konnte man bei den Ältesten sogar die Todesstrafe beantragen, was eine Stelle im 5. Buch Mose (12,18-21) nahelegt. Doch dies war der absolute Ausnahmefall.
Die Söhne wurden, sobald sie geschlechtsreif waren, in die Synagoge geschickt, wo ihnen schließlich der vollständige Religionsunterricht zukam. Ab da, ungefähr ab dem Alter von 13 Jahren, war der Heranwachsende im modernen Sinne „volljährig“, nun durfte er selbst entscheiden. Man war sich sicher, dass der „gute“ Trieb in ihm nun stärker sei als der böse. Die Töchter hatten weit weniger Rechte und wurden auch schlechter religiös ausgebildet, man setzte eine Unterweisung in der Tora damit gleich, sie albern zu machen. Auch erbrechtlich hatten die männlichen Nachkommen Vorrang.
Frauen heirateten mit 12 bis 13, Männer mit 18 bis 24 Jahren. Die meisten Väter versuchten jedenfalls, die Tochter bis zum Alter von zwölfeinhalb zu verloben, da bis zu diesem Alter ihr Wille nichts galt, während Ältere ihre Einwilligung hätten geben müssen. Viele Ehen wurden aber geschlossen, ohne dass sich die Ehepartner jemals vorher hätten treffen können, schon allein, weil die Mädchen ja unter strengstem Verschluss gehalten wurden. Es gab einige Festtage, bei denen dann alle auf die Weinberge zogen, dort tanzten und sich potentiellen Ehemännern und Schwiegervätern präsentierten. Doch wie gesagt hatte der Vater einiges mitzureden.
Jesus zog unter die meisten der beschriebenen Praktiken einen Schlussstrich, nahm Frauen in seine Gemeinde auf, rief die Kinder zu sich und schrieb die unauflösliche Einehe vor.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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RE: Aufwachsen in den Kulturen der Antike - Maxdorfer - 09.01.2013 17:10

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