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Das Vaticanum II - der Schritt in die Moderne?
09.03.2013, 14:40
Beitrag: #7
RE: Das Vaticanum II - der Schritt in die Moderne?
2. Verlauf und Arbeitsweise des Konzils

Grundsätzlich ist in der kirchlichen Tradition ein Konzil ein Beratungsorgan, das einer übergeordneten Autorität eine Entscheidung in Streitfragen unterstützt und mithilft zu diese zu erarbeiten. Zurück geht das auf das Apostelkonzil, welches wohl im Jahr 53 in Jerusalem statt gefunden hat. Hier ging es um die Streitfrage, ob Heiden Christen werden können, ohne sich beschneiden lassen zu müssen. Auch hier haben die Apostel vor dem Ältestenrat ihre Erfahrungen und Meinungen ausgetauscht und sich dann eine Lösung erarbeitet, die vom Ältestenrat dann beschlossen worden ist. Später, in konstantinischer Zeit wurde das Konzil, so wie es die Kirche später traditionell übernahm vom Kaiser einberufen und die jeweiligen Theologen erarbeiten ein Programm, welches der Kaiser dann beschloss und öffentlich verkünden ließ. Danach wurden die abgelehnten Lehren in Form von Canones, also Verurteilungen und Gesetzestexte bei Zuwiderhandlungen gegen die gefundene Wahrheit in Text gegossen.
Das 21. Konzil der Geschichte, das was wir heute als Vatikanum II kennen, ist ein Ausnahmefall. Am Anfang des Konzils stand keine Streitfrage, die einer Klärung bedurfte, sondern der allgemeine Aufbruch, der sich zunächst latent in der intellektuellen Schicht der katholischen Kirche zum Vorschein kam.

Schon kurz nach der Papstwahl von 1958 kündigte der neue Papst Johannes XXIII ein Konzil an, welches diesmal keine Streitfrage zu klären hat, auf Verurteilungen verzichten soll und aus anderen Religionen Beobachter haben soll. Zudem soll das von 1917 stammende Kirchengesetz CIC/1917 auf den neuesten Stand gebracht werden, in alle Sprachen übersetzt werden dürfen, was im CIC/1917 vollständig verboten war. Ja, der neue CIC soll dem Konzil die Krone aufsetzen, das was die Kirche glaubt, denkt und fühlt sollte nun ihr eigenes Gesetz werden. Im Grunde genommen könnte auf Grund des Juristikationsprimat des Papstes dies ohne Konzil geschehen. Darum bleibt die Frage offen, ob er das Konzil einberufen hat um den vielen geistigen Bewegungen (z. B. dem bis dahin verurteilten Modernismus oder auch der liturgischen Bewegung) Gehör zu verschaffen und durch Arbeitsteilung den Papst dabei zu entlasten oder ob er – was ich aus verschiedenen Gründen für wahrscheinlicher halte – das Konzil einberufen hat aus der tiefen Überzeugung, dass nur die Gemeinschaft (Ökumene) an solch einer wichtigen und langfristigen Arbeit beteiligt werden muss, so wie es im Christentum zur Tradition geworden ist. Es ist sicher von Vorteil gewesen, dass ein Konzil einberufen worden ist, somit waren die Änderungen von großer Tragweite und größtmöglich von der Ökumene getragen. Und akzeptiert. Man ist sich heute darüber einig, dass die Einberufung auch heute noch als Sensation gewertet werden darf. Dazu später noch mehr.

Vor dem eigentlichen Konzil wurden Vorbereitungskommissionen gebildet, die im Austausch mit Bischöfen und Universitätsprofessoren schematische Texte als Grundlage erarbeiten. Zu Beginn des Konzils standen den Konzilsvätern (Teilnehmern) 72 Texte zur Verfügung.

Es ist hier unmöglich auf jede Phase des Konzils einzugehen, darum werde ich den Verlauf nur skizzieren.

Das Konzil verlief in vier Sessionen, die meist dreiviertel jährlich tagten. Die erste Session begann am 11.10.1962 mit einer Prozession der Teilnehmer, 2540 an der Zahl, in den Petersdom. Da man eine solche Prozession immer als Glaubensdemonstration versteht, wollte man schon früh klar machen, dass es hier um keine Nebensächlichkeit geht, dass man großes vor hat und dies auch deutlich zeigen möchte. Anschließend gab es einen Gottesdienst und eine Begrüßungsrede des Papstes. Die erste Session verlief frustrierend, da sie im großen Plenum recht zäh verlief, aber alle 72 Schemata durchgesprochen und gearbeitet werden sollten. Papst Johannes XXIII versuchte mehrfach vergeblich mit beherztem Eingreifen in die Diskussion das Verfahren zu beschleunigen, aber zum Ende hin blieb diese Session ernüchternd und ohne schriftliches Erzeugnis. Sie endet am 7. Dezember 1962. Am 3. Juni 1963 verstirbt Papst Johannes XXIII.

Die zweite Session wird von Nachfolger Papst Paul VI geleitet. Er wertet das Konzil nochmals auf und gab dem Konzil damit einen noch bedeutende Neuerung: erstmals dürfen Laien an dem Konzil mitwirken, also Theologen, die nicht dem Klerus angehören. Dies hat bis heute eine positive Nachwirkung, Kirche wurde somit nicht nur das Privileg für Kleriker. Als das Konzil am 29. September 1963 wieder zusammentrifft, wird die Arbeitsweise deutlich vereinfacht. Nun gibt es vier Arbeitsgruppen, jeweils ein Moderator an der Spitze, worunter auch der deutsche Kardinal Julius Döpfner gehörte. Diesmal konnte die Session auch Ergebnisse vorlegen, die aber alle noch nicht durchschlagend sind und bis heute in ihrem Inhalt nur die Fachwelt kennt. Sie wurde am 04.12.1963 beendet.

Die wichtigste Session sollte im Nachhinein die dritte werden. Sie begann 14. September 1964. In ihre wurde die Konstitution „Lumen Gentium“ (lat. = Licht der Welt) beschlossen. Sie ist für die Kirche bis heute die dogmatische Verfassung der Kirche. Auch ein Dekret über das Zusammenleben der Religionen wird in der Session verabschiedet. Sie beinhaltet die faktische Anerkennung der Religionsfreiheit und wendet sich deutlich von der instruktionstheoretischen Erkenntnis (wie in Folge 1 beschrieben) ab. Diese Session endete wieder im Dezember desselben Jahres.

Der Abschluss bildet dann eine Sitzungsreihe vom 15. September bis 8. Dezember 1965. In ihr gab es wieder mehrere Neuerungen, zum Beispiel referierte nun erstmals ein Laie vor den Konzilsvätern. Zudem wurde die Exkommunikation der orthodoxen Ostkirche aufgehoben und die restlichen Dokumente wurden abgeschlossen, darunter „Dei Verbum“ (lat. = Wort Gottes“). Am 8. Dezember 1965 wurde das Konzil dann mit Abschlussgottesdienst entlassen. Somit endete „die heilige Feier“ (Yves Congar).

(verwendete) Literatur:

Deutsche Bischofskonferenz: Das zweite Vatikanische Konzil. Ein halbes Jahrhundert alt aber nicht veraltet. Internetpräsenz der DBK.

Zeit Online: Zweites Vatikanum. War es wirklich eine Revolution?

Lüdecke, Norbert, Bier Gregor: Das römisch – katholische Kirchenrecht. Eine Einführung. Stuttgart, 2012.

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RE: Das Vaticanum II - der Schritt in die Moderne? - WernerS - 09.03.2013 14:40

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