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Böhmen unter Karl IV.
13.02.2016, 01:08
Beitrag: #9
RE: Böhmen unter Karl IV.
(10.06.2012 05:17)Sansavoir schrieb:  ...
Kommen wir zum Reich: Mit der Goldenen Bulle von 1356 wurde u.a. auch die Wahl zum römisch-deutschen König geregelt. Karl beabsichtigte damit, dass zukünftige Reichsangelegenheiten nicht mehr von ausländischen Mächten gesteuert werden. Dies ist erstaunlich, da seine eigene Wahl vom Papst Clemens VI. und dem französischen König Philipp VI. gefördert wurde und Karl deswegen als Pfaffenkönig galt. Für ihn galt es, die Gefahr eines Gegenkönigtums abzuwenden. Er selbst musste sich als Gegenkönig gegen Ludwig IV. den Bayer behaupten und nach dessen Tod seinen Gegenkönig Günther von Schwarzburg bekämpfen. Und ihm waren sicher die Ereignisse des Interregnums bekannt. Diese Erfahrungen bewogen ihn, eine eindeutige Königswahl durchzusetzen. Damit war er auf die Hilfe der Fürsten angewiesen. Er bestimmte drei geistliche Herrscher (die Erzbischofe von Köln, Mainz und Trier) und vier weltliche Herrscher (König von Böhmen, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Sachsen-Wittenberg und den Markgraf von Brandenburg) zu Kurfürsten. Die Festlegung erfolgte einerseits nach traditionellen Ämtern (z.B. wurde der Erzbischof von Trier als Erzkanzler von Burgund bestätigt), andererseits nach persönlichen Machtinteressen (Karl besaß als König von Böhmen selbst eine Kurstimme, sein damaliger Schwiegervater war der Pfalzgraf bei Rhein). Die Habsburger bekamen keine Kurstimme und die bayrischen Wittelsbacher bekamen nur für die Markgrafschaft Brandenburg eine Kurstimme. Damit beabsichtigte Karl die Wahl eines Angehörigen dieser Dynastien zu verhindern oder zumindest zu erschweren. 1373 erwarb Karl die Markgrafschaft Brandenburg, damit besaßen die Luxemburger zwei Kurstimmen.
...

Zunächst einmal, auch ich finde, diesen Artikel sehr umfassend und interessant. Allerdings gibt es da einige Punkte, die zu hinterfragen wären.

Zunächst einmal - lässt sich wirklich sagen, dass Karl IV. mit der goldenen Bulle die 7 Kurländer und ihre Fürsten selbst bestimmt hat? Fakt ist doch, er schuf keine neuen Kurfürstentümer.

Die jeweiligen Fürsten, die über die 7 Kurländer (nicht nur, die drei geistlichen Fürstentümer, sondern auch die vier weltlichen) herrschten, bestimmten bereits im 13. Jahrhundert als Kurfürsten neben dem Papst die Wahl des Königs (HRR). (Vgl. dazu z. B. Jörg K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen, 1989)

Mein Eindruck:
Mit der Goldenen Bulle wurden offensichtlich nur bereits bestehende Verfassungsstrukturen verschriftlicht. (Was die wesentlichen Regelungen betrifft, so habe ich den Eindruck, dass vor allem darauf abzielten, Situationen wie die Wahl von 1314 zu verhindern, den die Goldene Bulle verbietet bzw. regelt alles, was damals dazu führte, dass es überhaupt zu einer Doppelwahl kommen konnte.

Gut vorstellbar, dass es Karl IV. gefallen haben wird, dass gewisse Rivalen keine Kurfürsten wurden (und vielleicht ein Grund, mit der Verschriftlichung einverstanden zu sein). Aber das lag offensichtlich daran, dass die Kurländer eben zu dieser Zeit nicht unter der Herrschaft dieser Rivalen waren, nicht aber, weil er sich darum selbst gekümmert hatte.

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(10.06.2012 05:17)Sansavoir schrieb:  Interessant ist auch, dass Karl durch "Erbverbrüderungen" mit dem Erzherzog von Österreich und mit dem König von Ungarn die Idee des späteren Habsburgerreich vorwegnahm. Dagegen erkannte er nicht die vom Herzogtum Burgund ausgehende Gefahr für die Westgrenze des Reiches.

Nur eine Überlegung:
War die Gefahr für die ausgehende Westgrenze durch das Herzogtum Burgund, mit der sich seine Nachfolger als Könige / Kaiser (HRR) befassen mussten, zu seinen Lebzeiten wirklich schon vorhersehbar?

Das Reich, über das später Herzöge wie Philipp der Gute oder Karl der Kühne regierten, dürfte zu seiner Zeit erst in Entstehung gewesen sein, und Gebiete wie z. B. das damalige Herzogtum Luxemburg (das Stammland von der Familie Karl IV.) oder Teile der späteren Niederlande kamen erst im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts unter burgundische Herrschaft, also zu einer Zeit, als Karl IV. bereits längst nicht mehr am Leben war.

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