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Merkwürdiges und denkwürdiges aus Schwaben und Alemannien
10.08.2012, 10:31
Beitrag: #8
Blauer Montag
Im Zusammenhang mit diesem Beitrag und den immensen Zeiten die die Hausfrau in früheren Zeiten am Herd stand

(10.08.2012 07:46)Suebe schrieb:  Aber wer hat heute noch die Zeit, Teig mit dem Rädchen schneiden, Klecks draufsetzen, mit Eigelb Deckel draufkleben, dann Kochen, dann noch braten, nebenher Kartoffeln Kochen, schälen, schneiden zum karoffelsalat.
Die Fleischbrühe, natürlich nicht aus Brühwürfeln ...

Meine Urgroßmutter soll zwischen 9 und 10 Uhr angefangen haben mit kochen....

ist mir folgendes aus den Erzählungen meines Vaters (Jahrgang 1902) eingefallen.

Mein Urgroßvater war Handwerksmeister. Etliche Gesellen, ein paar Lehrlinge, es ging ihm nicht schlecht.

Mein Vater erzählte, wenn ihn seine Mutter in die "Kinderschule" schickte, und er keine große Lust dazu hatte, wäre er mehrfach vor der Werkstatt seines Großvaters auf und ab marschiert, bis das Fenster aufgegangen sei, und die Frage kam "Büble wo gehst du hin?" auf die Antwort "ich muss in die Kinderschule" wäre gekommen "Awa, deine Mutter soll selbst in die Kinderschule gehen, komm rein"

Drinnen hätte er ihm die eine oder andere kleine Tätigkeit angewiesen, nach Erledigung wäre immer das Versprechen gekommen:
"Büble, du kriegscht eine Wurst wenn ich meine Hühner metzge"

Ein typisch schwäbisches sehr "knitzes" Versprechen, das ich heute auch öfter zur Verblüffung meiner Gesprächspartner mache.
"Knitz" insofern, ich muss es nie halten. Ich habe keine Hühner.
Und mein Urgroßvater, der Leser wird es sich denken, hatte natürlich auch keine.

Nach dieser kleinen Abschweifung.
Mein Vater kannte von daher kommen und gehen, tun und lassen dort recht gut.

Die Sonntage, insbesondere die Sonntagabende waren in diesen glücklichen Zeiten vor dem 1. Weltkrieg für die Männer sehr anstrengend, man musste ins Wirtshaus wo die politische Lage diskutiert wurde, und wo leicht 30-40 Glas Bier durch die Kehle rannen.
Disclaimer: ein "Glas Bier" hatte 0,3 ltr. Inhalt, aber das Bier war deutlich schwächer als heute, Trotzdem, das Fassungsvermögen dieser alten Krieger erstaunt. Wobei ich mir nicht nur von einem Zeitzeugen die Menge bestätigen ließ. Einer meinte, 50 Glas Bier des Sonntags von der Kirche bis zum späteren Abend, wäre normal gewesen.

Gut, seis drum.
Am Montag morgen jedenfalls ging es den Männern nicht so gut. Vielleicht war ja der Sonntagsbraten leicht "mißraten" wer soll das wissen. Oder im Sauerkraut zu wenig Wacholderbeeren, Möglichkeiten gibt es ja viele.

Meine Urgroßmutter kannte aber natürlich die Montag Morgen-Beschwerden und hat scharf aufgepasst.
Dass gearbeitet wurde, und auch der Meister vor Ort war.
Bis, ja bis sie gegen halb Zehn zum kochen musste.

Wenig später wäre der Meister abmarschiert, dem ein Lehrling nachgeschickt wurde, der auszukundschaften hatte, in welche Wirtschaft der Meister ging.
Ging der Meister den Markt hoch, sind die Gesellen den Markt runter marschiert, ging der Meister den Markt runter, sind die Gesellen den Markt hoch einkehren gegangen.

Über das weitere schweigt sich der Chronist leider aus. Wenn mein Urgroßvater dann zum Essen kam, ... ja, ich denke mal, er hatte zwei Ohren wie sein Urenkel heute Cool

Leider schweigt er auch über die Arbeitsleitungen am Montagnachmittag....
Aber eine gewisse Relativierung der damaligen täglichen 12 Stunden Arbeitszeit kann man schon unterstellen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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