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Alternative Ständesysteme
12.07.2013, 11:06
Beitrag: #2
Ständesystem im Islam, 1: Einleitung
Oops, den Thread habe ich ja ganz übersehen… Blush Wurde zumindest nicht bei mir in den neuen Beiträgen angezeigt...
Zunächst einmal möchte ich deine Frage beantworten, auf andere Feudalsysteme können wir später eingehen.

Also prinzipiell ist zu sagen, dass es im Islam eine theoretische Gleichheit aller vor dem Gesetz gab, also kein Feudalsystem wie in Mitteleuropa. Praktisch war eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft natürlich noch in den Köpfen der Menschen, was sich nicht so leicht ändern lies. Aber dem Koran zufolge gibt es keine Ober- und Unterschicht (der Bibel zufolge ja eigentlich auch nicht…) Ibn Haldun (1322-1406) beschrieb in einem Buch die arabische asabiya, die soziale Solidarität innerhalb der muslimischen Gemeinschaft (der umma). Gerade die Almosen spielen im Islam eine große Rolle, was ein Merkmal dieser Solidarität war, aber gleichzeitig auch zeigt, dass es große soziale Unterschiede gab.
Die Sklaverei war weiterhin in den muslimischen Ländern verbreitet und sollte es noch eine ganze Zeit bleiben. Sie bildete vielfach die Grundlage der Wirtschaft und machte ein Feudalsystem wie in Mitteleuropa unnötig. Hierin liegt meiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen den Herkunftsländern der Kreuzfahrer und ihren muslimischen Gegnern: Bei diesen war die Sklaverei gang und gäbe, während in Europa ein kompliziertes Feudalsystem entwickelt wurde.
Freigelassene Sklaven waren in den arabischen Ländern weiterhin ihrem Herren verpflichtet, bildeten aber trotzdem eine einflussreiche Gesellschaftsschicht. Angehörige anderer Religionen hatten zwar gesellschaftlich wie juristisch einen etwas niedrigeren Status und mussten beispielsweise höhere Steuern zahlen, wurden aber akzeptiert und konnten durchaus wirtschaftlichen Erfolg haben.
Außerdem bildete die mit der Zeit stark angewachsene Familie Mohammeds einen gewissen „Adel“, dem man besondere Rechte zugestand und der ja auch das Herrscherhaus stellte. Die Familienangehörigen, die ihre Abstammung auf den Propheten zurückführen konnten, hatten eine modifizierte Gerichtsbarkeit mit anderen Anwälten und waren von der Almosensteuer (zakat) befreit. Gerade in den Städten Mekka und Medina bildete dieser sarif genannte Personenkreis eine Art Oberschicht.

Den Nachkommen Mohammeds, den Sklaven und Freigelassenen und den Fremden kam also ein besonders hoher oder niedriger Status zu, aber der gesamte Rest der Gesellschaft war nicht in starre Ständegrenzen eingeteilt.
Eine bedeutende gesellschaftliche Unterscheidung gab es allerdings im Islam zu Beginn, nämlich eine Art Patronatsverhältnis zwischen einem Schutzherren (oder einem ganzen Schutzvolk) und einem Klienten, Maula genannt. Die Mawali (Plural von Maula) waren oft im Krieg gefangen genommene Nichtaraber oder auch Araber, die sich einem reicheren und mächtigeren Mann unterstellten. Sie waren fast schon ein Statussymbol für den Araber, der etwas auf sich hielt. Offiziell wurden die Mawali durch den vierten Kalifen Ali rechtlich gleichgestellt, und tatsächlich gingen sie langsam in der Gesellschaft auf.

Wie die Wirtschaft und Gesellschaft in den Städten und auf dem Land dann praktisch aussah, darüber schreibe ich später noch etwas.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Alternative Ständesysteme - RPGator - 10.07.2013, 02:01
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