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Verbrechen - ein inhärenter Bestandteil des Christentums?
16.12.2013, 23:23
Beitrag: #18
RE: Verbrechen - ein inhärenter Bestandteil des Christentums?
Zitat:Das Christentum wird des Öfteren mit mit großen Verbrechen assoziiert (Kreuzzüge, Inquisition, Kolonisation, gewaltsame Missionierung, Religionskriege, etc...),

Also ich habe noch NIE in der Geschichte gelesen, dass es einen Krieg darum gegeben hat, "welcher Gott der Richtige" wäre. Das ist genau ein Religionskrieg. Ich habe in der Geschichte mitbekommen, dass es Kriege gab, deren Parteiungen unterschiedlicher Religion waren und die Religion als eine Art stabilisierendes und moralisierendes Moment benutzt haben und somit gegen die anderen "Ungläubige" bzw. "Andersgläubigen" Stimmung zu machen. Die Kreuzzüge gehen in diese Richtung und ich habe es schon oft betont, auch wenn man Papst Innozenz immer im ersten Satz zitiert, wenn es um die Kreuzüge geht, auch hier ist die Religion und vor allem ganz und gar nicht das Christentum der Auslöser, sondern es ist hier im Grunde genommen eine Art der sozialen Bindung. Nicht das Christentum mit seinem päpstlichen Vertreter schrieb es vor, sondern rufte auf - ein Aufruf dem man zu diesen Zeiten nicht unbedingt Folge zu Leisten hatte. Die Motive lagen aber auf der Hand: Wirtschaftliche Kolonisation (Seefahrerstädte), Ruhm & Ehre (weltliche Herrscher) und der gekränkte Stolz (obere Elite), dass man als Christ die heillige Stadt Jerusalem nicht mehr betreten durfte. Das alles unter einem Versprechen, dass den Ehrgeiz antreiben lässt: ewiges Leben ohne Buse. Das alleine der Religion unterzuschieben ist verkürzt, schaut man sich mal die Verhältnisse damaliger Zeit an: Die Religion ist im Staate aufgegangen, es ist eine völlige Inkulturierung der Masse in das Christentum. Und im Umkehrschluss ist es auch dann so, dass alles was im Heilligen Römischen Reich passiert gleichsam auch unter dem Deckmantel des Christentums passiert.

Übrigends auch wenn man sich Konstantin dem Großens Sieg an (wei hieß die Brücke nochmals?) ansieht, ist es das allerselbe. Wir wissen nicht ob Konstantin überzeugt war vom Christentum, aber er hatte um sich herum einen christlichen Gelehrten, der sich auch gut mit der Geschichte auskannte und Konstantin sicher geraten hat, auf einen gemeinsen Wert (nämlich christliche Religion) integrativ auf die Moral seiner Kämpfer zu wirken. In den damaligen Verhältnissen ist das Eingreifen von göttlicher Macht ganz selbstverständlich. Das Kalkül: wenn ein Gott, der die Israeliten die Ägypter, Assyerer und Seleukiden überleben lassen, selbst im römischen Reich von zwei Gruppen noch trotz repressiver Maßnahmen großen Anhang findet uns zur Seite steht: Was kann uns dann noch passieren? In diesem Glauben kämpft man besser, ja sogar Bedinungsloser, in dem guten Gefühl: wenn ich falle, falle ich nicht tiefer als in die Hand Gottes. Zack, somit hat man den Religionskrieg perfekt, obwohl man nie einen Religionskrieg hatte.

Der 30-jährige Krieg geht schon eher in die Richtung. Allerdings waren die wahren Interessen eigentlich rein säkular, auch nicht Religiös. Im Genauen ging es um Besitzverhältnisse. Durch Lutherisches Ansehen gibt es kein kirchliches Lehen, dass die Kirche den Herrschern gibt. Somit gehört das Land protestantischer Herrscher auch nicht der Kirche, was aber der katholische Kaiser und seine katholischen Adelsmitglieder bestreiten. Zudem braucht man jeden Zentimeter Lebensraum um das eigene Volk ernähren zu können. Natürlich: die bösen Katholiken und die Protestanten, ebenfalls böse, weil die einen zur stur sind und die anderen nicht hören wollen. Zack hat man unter dem Deckmantel der Religion wieder einen Krieg gebacken. Und wieder ein "Religionskrieg" der einer ist aber eben "doch keiner" wie das ein Historiker formuliert hat.

Zitat:Kolonisation

mh. Das ist ebenfalls schwierig. Aber das fällt mit der gewaltsamen Missionierung zusammen. Es ist wahr: wer sich nicht mit Worten missionieren ließ, bekam das Schwert zu spüren. Karl der Große, die spanischen Einwanderer. Andererseits : Diffenziert betrachtet standen jeweils säkuläre Gründe dahinter.

Zitat:Inquisition

Vollkommen d'accord! Das war tatsächlich aus rein religiösen Gründen und jenseits des Rechts. Hier sind viele Dinge zusammengekommen, die tatsächlich in der Frömmigkeit und der schlechten religiösen Bildung zu Grunde liegen. Hier ist mal zu überlegen, ob man da wirklich das Christentum verantwortlich machen will, oder ob das lediglich ein katholisches Phänomen ist. Ich glaube es ist letzteres.

Also zusammengefasst: ich würde behaupten, dass Religion alleine nicht der Auslöser für schlechtes und für Konflikte sind, sondern immer nur in Wechselwirkung zu weltlichen Interessen stehen. Und genau das macht es schwierig für Gläubige sich rechzufertigen - ohne Frage! - aber auch schwierig für die Historiker, eine Bewertung der Religion abzugeben und welche Rolle sie spielt. Deswegen rate ich immer dazu Dinge nicht manichäisch zu unterteilen sondern immer differenziert abzuwägen, unter der Lupe sieht die Welt oft anders aus. Und hier sagt mir der Blick: überall wo verschiedene Religionen aufeinandertreffen und es kriegerische Auseinandersetzungen gibt, wird die Religion immer eine Rolle spielen, aber wahrscheinlich nicht die erste und nicht das Auschlaggebende.

Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten

"Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12
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RE: Verbrechen - ein inhärenter Bestandteil des Christentums? - WernerS - 16.12.2013 23:23

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