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Moderne Erziehung und Werteverfall
01.04.2014, 07:03
Beitrag: #57
RE: Moderne Erziehung und Werteverfall
(30.03.2014 09:08)913Chris schrieb:  Was mich wieder zum Thema führt: Wird etwa in Großstädten anders erzogen als "auf dem Land"? Gelten dort andere Werte? Und führt dieser Unterschied zu all den Diskussionen um einen allgemeinen Wandel in Erziehung und Werten?

VG
Christian

Nein. Die Erziehung in Großstädten ist im Allgemeinen nicht anders als auf dem Land. Aber Großstadtkinder werden mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus und Szenen konfrontiert. Während auf dem Lande und in Kleinstädten Kinder und Jugendliche neben der Erziehung durch ihre Eltern sich nur den Einflüssen von Schule, Vereinen, Kirche, Nachbarn usw. stellen müssen, müssen sich Großstadtkindern zusätzlich mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Milieus auseinandersetzen. Vor allem in solchen Stadtvierteln, die als soziale Brennpunkte gelten. Die dort lebenden Kinder erleben auch häufiger den Widerspruch, um nicht zu sagen: die Verlogenheit, zwischen den ihnen vermittelten Werten und ihrem eigenen Umfeld. Wer dort lebt, muss „Biss“ haben und wenn sich dieses Verhalten gegen die Gesellschaft richtet, wird es halt als aggressiv wahrgenommen. Verhält sich der Jugendliche konform und kämpft sich aus diesem Milieu heraus, wird er gelobt für seine Stärke und sein Durchsetzungsvermögen. Wenn ich z.B. Nachhilfeunterricht gebe, habe ich weniger um die frechen oder „bösen“ Kinder Angst, sondern eher um die „lieben“, leicht lenkbaren und gut gläubigen Kinder und Jugendlichen.

(30.03.2014 16:24)Bunbury schrieb:  Wie können sich zum beispiel Leute, die sich im Straßenverkehr an keine Regeln halten (und man achte mal darauf, wie viele das nicht tun) erdreisten, von Kindern jederzeit gutes Verhalten zu erwarten? Wie viele meinen, eine Kasserin von oben herab behandeln zu können und beschweren sich gleichzeitig darüber, daß Kinder heute keine Manieren mehr haben?
Wenn es einen Wertewandel gegeben hat, dann vor allem den, daß einfach niemand mehr bereit ist, die Verantwortung für das zu übernehmen, was er selbst tut.

Das ist richtig. Gerade im Straßenverkehr merkt man, dass es falsch ist, Aggressivität nur mit der so genannten „Unterschicht“ zu verbinden. Fahrer bestimmter bayrischer Marken haben nicht umsonst ihren schlechten Ruf weg.

Es ist nicht nur, dass die Kassiererin von oben herab behandelt wird, es sind ja auch die Arbeitsverhältnisse, -verträge und –zeiten. Wer Samstag spät abends shoppen gehen möchte, braucht sich auch nicht über die fehlende Ruhe zur Mittagszeit aufregen. Wer heute als Ungelernter oder Angelernter, als Praktikant oder in einen „Beruf mit niedriger Qualifikation“ arbeitet, sollte schon einiges wegstecken können. Wie sollen dann diese Leute, die in ihrem Arbeitsleben wenig Achtung und Respekt gegenüber ihrer Person, ihren Kindern Werte vermitteln. Wieso sollen sie zum Beispiel ihren Kindern Achtung gegenüber Unternehmer beibringen, wenn ihr Arbeitgeber den Lohn statt am 1. erst am 15. auszahlt oder Facharbeiter gegen kostengünstige Leiharbeiter ersetzt. Der Werteverfall in der Gesellschaft hat nämlich auch damit zu tun, dass der Einzelne keine Wertschätzung für sein Tun erhält.

(31.03.2014 00:33)Marek1964 schrieb:  Naja, ich bin unter Druck, ich kann mir nicht den Konsum leisten, der mir andauernd suggeriert wird, schlage ich zu, gerade wenn ich ein paar Brutalo Videos oder Spiele zu viel gesehen habe. Wo der schwächere nidergetrampelt wird. Wenn ich die Gelegenheit habe, mache ich es. Und die Kuscheljustiz sanktioniert das nicht einmal... oder doch?

Aggressives Verhalten ist nicht nur bei den Menschen zu beobachten, die sich vieles nicht leisten können. Richtig ist, dass durch brutale Filme, Videos und Spiele die Hemmschwelle sinkt, nicht Gewalt anzuwenden. Gewalt ist aber nicht nur der Gebrauch von Fäusten und Waffen, Gewalt fängt schon mit verbalen Attacken an. Leider wird es in der Öffentlichkeit auch vorgelebt, dass man seinen Kontrahenten nicht aussprechen lässt, ihn diffamiert oder beschimpft. Und uns wird z.B. ein Mann als Vorbild hingestellt, der für ein Sieg in einem Rennen trickst und schummelt, es riskiert seinen Bruder übern Haufen zu fahren und der wegen zu zahlender Steuern seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt hat. Da braucht man sich dann nicht zu wundern, was am Freitag oder Sonnabend abends auf den Straßen los ist.

Kuscheljustiz hin oder her. Gewalttätige Jugendliche in den Knast zu schicken, bringt in vielen Fällen nicht. Es kann nicht im gesellschaftlichen Interesse sein, dass ein achtzehnjähriger Schläger (oder Schwarzfahrer) im Knast eine Welt kennen lernen, die von gewalttätigen Schwerverbrechern bestimmt wird und wo der junge Mensch nur lernt, sich diesem auf Gewalt basierenden System unterzuordnen. Richtiger wäre es, diese Jugendlichen mit den Folgen ihrer Taten zu konfrontieren und sie zu sozialen Leistungen (Krankenhäuser, Altenheime, THW, Freiwillige Feuerwehr, DRK usw.) zu verpflichten. Dazu benötigt man natürlich mehr geschultes Personal.

(31.03.2014 10:06)Renegat schrieb:  Wessen Kinder sind dann so böse, konsumgeil und falsch erzogen und vor allem warum?

Richtig böse Kinder gibt es ja zum Glück kaum, ein Teil der Kinder ist schwierig und damit müssen wir klar kommen. Dasselbe könnte man auch über die ältere oder Elterngeneration sagen, in meinen Fall wären das die über 70-/75-jährigen.

Dass viele Kinder konsumgeil sind, ist doch gewollt. Ganze Industriezweige leben doch davon. Dabei ist es egal, ob es Markenklamotten, elektronisches Spielzeug, Harry Potter oder sonst was ist.

Falsch erziehen? Uns gefallen oft der Ton und der Sprachschatz der Jugendlichen nicht oder ihre Manieren. Sie zeigen wenig Respekt dem Älteren gegenüber, sie bleiben in den öffentlichen Verkehrsmitteln sitzen, während die Sechzigjährigen für die Achtzigjährigen aufstehen. Ist jetzt etwas überspitzt, aber zeigen Jugendliche nur das, was praktisch gesellschaftlich vorgelebt wird. Über 50-jährige haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt, Rentner werden nur als volkswirtschaftlicher Kostenfaktor dargestellt. Welche Altersgruppe ist denn relevant bei Arbeit, TV, Mode usw.? Warum erwartet man als älterer Mitarbeiter von einem jungen Fachmann Respekt und vom Chef nicht? Der Vorgesetzte kann sich jede verbale Entgleisung erlauben, bei einem jungen Kollegen ist man pikiert, wenn er nicht „Guten Morgen“ sagt.

Vor noch nicht allzu langer Zeit blieb das Fachwissen relativ konstant, der Ältere war aufgrund seiner Erfahrung geschätzt. Heute leben wir in einer Zeit, in der in vielen Fachgebieten permanent Revolutionen stattfinden. Fachwissen wird vielleicht für zehn oder zwanzig Jahren gebraucht, irgendwann nutzen die gesammelten Erfahrungen nicht mehr. Der Ältere hat Wissen, das er nicht weitergeben kann. Der Jüngere kann vom Älteren keine Unterstützung erwarten. Es gibt deshalb wenige Möglichkeiten, gegenseitigen Respekt zu erlangen. Im Büro ist z.B. der Experte für die neusten Computerprogramme mehr gefragt als ein ausgebildeter Lohn- und Gehaltsbuchhalter.

Ebenso sollte man bedenken, dass immer gehorsame Kinder zwar pflegeleicht sind und wenig Stress bereiten, aber sie sind dann nicht auf das Leben vorbereitet und werden sich später im schlimmsten Fall nicht in Konkurrenzsituationen behaupten können.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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