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Geldgeschichte
05.07.2014, 14:56
Beitrag: #5
RE: Geldgeschichte
(04.07.2014 21:17)Marek1964 schrieb:  Geld ist aber nur ein Mittel. Der Satz, der mich am meisten auf die Palme bringt, ist:

"Geld regiert die Welt."

Kann nur jemand sagen, der nicht weiss, was Geld ist.

Sagen wir es einmal anders. Diejenigen, die den Geldumlauf steuern bzw. diejenigen, die mehr oder weniger „gutes“ oder „schlechtes“ Geld in den Geldkreislauf zu- bzw. abführen, beeinflussen schon Wirtschaft und Politik. Währungsmanipulationen bzw. „Kippen und Wippen“ war doch an der Tagesordnung, besonders in Kriegs- und Nachkriegsjahren.

Des Weiteren sollte man den Ursprung des Reichtums einiger bedeutender Familien untersuchen. Die Fugger sind ja nicht im 15. Jahrhundert als Tuchhändler zu ihrem immensen Reichtum gekommen, sondern durch ihr um 1500 entstandenes (de facto) Monopol im Silberbergbau und ihrer Funktion als Bankiers. Sie konnten dadurch den Zu- bzw. Abfluss von Silber in den Geldkreislauf und damit das Preisgefüge nach ihrem Gutdünken zeitweise gestalten. Ihr Niedergang hatte wiederum mit der unkontrollierten Zufuhr von amerikanischen Edelmetallen auf den europäischen Geldmarkt und ihren nichteinlösbaren Forderungen zu tun.

Ein zweites Beispiel ist die Leipziger Bankiersfamilie Frege. Vergleichbar mit den Fuggern verdiente sich auch der „erste“ Frege seit etwa 1740 sein Kapital als Tuchhändler, das er wiederum in Montanunternehmen und Manufakturen investierte. Dadurch kann man wohlhabend werden, aber nicht zu einen der reichsten Männer seiner Zeit aufsteigen. Die Hauptquelle seines Reichtums war seine Funktion als Quasi-Zentralbank, die ihm als Bankier vom sächsischen Kurfürsten zugestanden wurde. Frege legte für den Handel, besonders für den Handel während der Leipziger Messen die Wechselkurse einzelner Währungen fest. Dies muss er offensichtlich sehr geschickt gemacht haben, die Kaufleute vertrauten ihn und hielten sich an seine Vorgaben. Freges wirtschaftliche Doppelfunktion, einerseits als Kaufmann, Unternehmer bzw. Privatbankier, andererseits als Zentralbank führte zum immensen Reichtum seiner Familie, deren Reichtum erst im 19. Jahrhundert von den Rothschilds übertroffen wurde.

Die Basis des Reichtums der Rothschilds liegt ja in den während der Napoleonischen Kriege erfolgten Transaktionen des (Umlauf-)Vermögens des Landgrafen von Hessen nach Großbritannien. Ein beträchtlicher Teil dieses Vermögens stammte aus dem Verkauf hessischer Landeskinder nach Großbritannien während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

(04.07.2014 21:17)Marek1964 schrieb:  Geld hat drei Funktionen:

- Tauschmittel für Werte
- Aufbewahrungsmittel für Werte
- Recheneinheit für Werte

Das stimmt. Und es müssen nicht nur Edelmetalle bzw. –legierungen verwendet werden. In den präkolumbianischen Kulturen Mittelamerikas wurden Kakaobohnen als Geld verwendet.


(04.07.2014 21:17)Marek1964 schrieb:  Allerdings - irgendwie kann ich mir nicht recht vorstellen, wie früher die Herrscher den Geldumlauf vernüftig steuerten. Vermutlich war das irgendwie Pi mal Handgelenk plus Zufall, wobe die Knappheit von Metallen half, Geld zu schaffen aber eben auch knapp zu halten.

In Friedenszeiten bekam man das auch irgendwie hin. Notfalls manipulierte man am Anteil des Edelmetalls bzw. Metalls, manchmal sogar so, dass der erhöhte Kupfergehalt nicht zu übersehen war. Im HRR besaßen viele lokale Herrscher das Privileg, eigene Münzen zu prägen. Dies hemmte auf alle Fälle die wirtschaftliche Entwicklung. Der Aufstieg Hamburgs während des Dreißigjährigen Krieges als von beiden Kriegsparteien respektiertes Handelszentrum hängt neben der geografischen Lage sicher auch mit der Verlässlichkeit der Hamburger Kaufleute und deren Währung zusammen.

Ein großes Problem der Herrscher war die Vorfinanzierung. Besonders für das Führen von Krieg und der Überwindung von Kriegsfolgen einschließlich der Folgen von Seuchen, aber auch für große Bauvorhaben, benötigten die Herrscher viel Geld, das sie in der Regel nicht hatten. Eine Finanzierungsquelle war der Verkauf von Ämtern, Titel und Privilegien, eine zweite (m. E. wichtigere) Quelle war das Ausstellen von Pfandbriefen über bestimmte Herrschaften. Diese Pfandherrschaften verkomplizierten zwar die rechtliche Situation der mittelalterlichen Welt und oft konnte das Pfand nicht eingelöst werden, was wiederum zur Schwächung des Herrschers führte.

Eine dritte Methode war, sich Geld auszuleihen oder Leistungen abzufordern, ohne dies später abzugelten, oft bereits mit Vorsatz. Ein Beispiel dafür ist das Verhalten des englischen Königs Eduard III. während der Anfangjahre des Hundertjährigen Krieges, das um 1345 zum Konkurs der italienischen Bankhäuser Peruzzi und Bardi führte. Aufgrund dieser Konkurse begannen die ersten Medici, die Kreditwürdigkeit ihrer Partner zu prüfen. Die Filialen bekamen Anweisungen, dass sie Kaufleuten oder Kirchenfürsten Geld leihen durften, Adligen aber nicht. Ebenso war es untersagt, Ausländern, besonders an Deutsche und Polen, Geld zu verleihen. Filialdirektoren, die dagegen verstießen, mussten mit ihrem eigenen Vermögen für den aufgetretenen Schaden haften.

Ein jüdischer Geldgeber musste immer damit rechnen, dass sein geliehenes Geld nicht zurück bezahlt wurde. Gegen Juden gerichtete Pogrome oder die Ausweisung (einschließlich Enteignung) von Juden erfolgten oft nur, weil ihre Gläubiger die Forderungen nicht begleichen konnten oder wollten. Dieses hohe Risiko, das die Juden in Geldgeschäften eingehen mussten, führte dazu, dass sie ihr Geld mit hohen Zinsen verliehen, was wiederum ihre gesellschaftliche Isolation begünstigte. Wie gefährdet das Leben jüdischer Finanziers war, beweist das noch im 18. Jahrhundert erfolgte Vorgehen des württembergischen Herzogs gegen Joseph Süß Oppenheimer, dessen Leben von Wilhelm Hauff und Lion Feuchtwanger literarisch verarbeitet wurde, dessen Leben aber auch durch den NS-Film „Jud Süß“ von Veit Harlan verunglimpft wurde.

Ebenso bürgerte sich im 14. und 15. Jahrhundert ein, Leistungen des niederen Adels nicht zu bezahlen. Der niedere Adel (Ritter) musste ja seinen Lehnspflichten nachkommen, indem er u. a. pro Jahr ca. 40 Tage Kriegsdienst zu leisten hatte. Die Ausrüstung und das benötigte Personal musste er selbst finanzieren. Infolge der Klimaverschlechterung seit 1300 reduzierten sich die Erträge aus ihrem Eigentum, die Finanzierung des geforderten Kriegsdienstes konnte nicht mehr erbracht werden, so dass Pfandbriefe ausgestellt werden mussten. Begünstigt wurde dieses Verhalten auch durch die Versprechen der Herrscher, den Rittern ihre Ausgaben nach den Kriegshandlungen zu ersetzen, so dass sie ihre verpfändeten Güter auslösen konnten. Dies geschah in den meisten Fällen nicht, der niedere Adel verarmte völlig. Dies ist ein Grund für das Entstehen der Raubritter, ein exemplarisches Beispiel dafür ist der Ritter Kunz von Kaufungen, der 1455 mit dem „Prinzenraub von Altenburg“ den Kurfürsten von Sachsen zwingen wollte, ihm seine im „Sächsischen Bruderkrieg“ zerstörte Güter zu ersetzen. In England und Frankreich schlossen sich diese verarmten Adligen Magnaten an, die das schwache Königtum bekämpften oder im Krieg gegeneinander oder untereinander standen.

(04.07.2014 21:17)Marek1964 schrieb:  Mit der Industriellen Revolution musste dann Papiergeld geschaffen werden, später virtuelles Geld, da es nicht mehr sinnvoll war, das Wirtschaftswachstum durch das vorhandensein von Metallen abhängig zu machen.

Ich würde sagen, dass bereits um 1700 ein erhöhter Geldbedarf bestand. Es ist nicht zufällig, dass um diese Zeit angebliche Goldmacher relativ häufig an europäischen Höfen ihr Glück versuchten, oft mit tragischem Ende. Der Bekannteste ist sicher Johann Friedrich Böttger, der während seiner mehrjährigen Gefangenschaft statt Gold Porzellan (das so genannte „Weiße Gold“) herstellte. Man denke aber auch an die beiden Alchimisten Domenico Manuel Caetano oder Hektor Johann von Klettenberg, die dem König von Preußen bzw. dem sächsischen Kurfürsten einige Jahre vorgaukelten, Gold herzustellen können und die aufgrund ihres Misserfolges dann 1709 bzw. 1720 hingerichtet worden. Der im vorrevolutionären Frankreich wirkende Hochstapler Alessandro Graf von Cagliostro gehörte ebenfalls zu diesem Typus.

Auf eine sehr interessante, aber kriminelle Idee der Geldbeschaffung kam der Leipziger Bürgermeister Franz Conrad Romanus, der zur Finanzierung seines prächtigen, noch heute zu bewundernden Wohnhauses (Romanus-Haus) auf gefälschte Ratsschuldscheine setzte. Da dies bereits um 1705 aufgeklärt wurde, verbrachte Romanus seine letzten 41 Jahre als Gefangener auf der Festung Königstein!

John Law hatte sicher mit der Einführung von Papiergeld Recht. Dass sein System krachen ging, hatte ja damit zu tun, dass das herausgegebene Papiergeld einem Vielfachen des tatsächlichen vorhandenen Wertes war und dass seine Mississippi-Kompanie eine Mogelpackung war. Sein Scheitern im Jahre 1720 führte dazu, dass bis zum Ende des Ancien Regime ein Misstrauen gegen Papiergeld bestand und dass sich erst unter Napoleon Papiergeld durchsetzte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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