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indianische Städte in Amazonien?
12.08.2014, 12:44
Beitrag: #1
indianische Städte in Amazonien?
Servus!
Ausgehend von der Lektüre der aktuelle "Naturwissenschaftlichen Rundschau" möchte ich hier einmal thematisieren, wie die Amazonas-Indianer lebten, bevor die Europäer kamen. So primitiv wie heute oder hatten sie eine (Hoch-?)Kultur?

Immer wieder hört man ja von rätselhaften Städten im Amazonas-Gebiet.
(z.B. http://www.spektrum.de/news/indianische-...ald/966186 )

Aufgrund der armen Böden des Gebiets - der tägliche tropische Starkregen wäscht jegliche Mineralien und Humusstoffe sofort wieder aus, so dass die Böden unter den Regenwäldern im Prinzip aus nichts als Sand bestehen; ihre Nährstoffe zieht die üppige Vegetation allein aus den sehr schenll verrottenden Rückständen der eigenen "Vorfahren" - werden solche Spekulationen über Kulturen oder sogar Hochkulturen im Amazonasgebiet regelmäßig belächelt, selbst wenn die Theorie von anerkannten Wissenschaftlern unterstützt wird. (z.B. http://royalsocietypublishing.org/conten...o_tab_data ; http://www.tagesspiegel.de/wissen/archae...00836.html ; ältere Artikel: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensc...75149.html , http://www.faz.net/aktuell/wissen/erde/a...506.html).

Zu utopisch erscheint die Vorstellung, dort, wo heute auf einem Quadratkilometer nur eine Handvoll Menschen existieren können, und zwar lediglich von Jagd und etwas Gartenbau, wären einmal städtische Kulturen möglich gewesen.

Nun berichtet aber der Jesuit Gasper de Carvajal, der den Erstbefahrer des Amazonas, Francisco de Orellana, um 1540 herum begleitete - und dabei aufgrund der Beobachtung "kämpferischer Frauen" letztendlich dem Fluss seinen Namen verschaffte - von unglaublich vielen Menschen am Amazonas und von einer Vielzahl von auch recht großen Siedlungen an seinem Ufer. Auch der Schwede Erland Nordenskiöld berichtete 1914 aus der Grenzregion zwischen Bolivien und Brasilien, „dass jede Anhöhe mit einem Wallgraben umgeben war“, also wohl auch einstmals dicht mit städtischen Siedlungen bedeckt war.

Auffälligerweise passt dazu, dass man am ganzen Amazonas entlang viele Stellen gefunden hat, an denen die sog."Terra preta" vorkommt. (http://www.gerhardbechtold.com/TP/gbtp3.php ; http://royalsocietypublishing.org/conten...large.jpg)
Das sind linsenförmige Stellen im Boden, an denen anstatt des üblichen Sandes ein enorm fruchtbarer Humusboden vorkommt. Dieser Boden ist entstanden durch menschliches Tun! Holzkohle und Keramikscherben innerhalb der Terra-preta-Linsen sprechen eine deutliche Sprache.

Offenbar verbesserten die Indios planmäßig den Boden und konnten anschließend lange Zeit eine ergiebige Landwirtschaft betreiben - und große Siedlungen, sogar Städte errichten. Erst durch das Eintreffen der Spanier und v.a. die damit verbundenen Krankheiten wurde die Indiobevölkerung derart dezimiert, dass sie auf ein steinzeitliches Kulturniveau zurückfiel. Als dann später die Portugiesen von der Atlantikküste aus gezielte Menschenjagden veranstalteten, wurde der (va. östliche) Amazonasraum endgültig fast entvölkert.

Die Datierung der Terra preta unterstützt die These von der eigenständigen und auch relativ hochstehenden Amazonas-Kultur noch, und zwar egal, ob man relativ nach der Keramik datiert oder absolut nach C-14-Daten:
Vier Kulturphasen sidn demnach feststellbar:

"Die Phase der 'eingefassten Schraffur' ohne abgeknickten oder abgebogenen Rand zu Beginn des Feldbaustadiums zwischen ca. 500 v.Chr. und 500 n.Chr. (Fundstätten z.B. auf der Ilha do Marajo und bei Alemquer etc.).
Bei der Kultur des 'Randes mit Ritzung' war der tropische Feldbau, v.a. Maniok und Mais, voll entwickelt. Sie existierte v.a. auf der Ilha do marajo, am unteren und mittleren Amazonas und am mittleren Orinoco und stammte aus der Zeit von 100 - 800 n.Chr.
Daran schloss sich als eine weitere Fortentwicklung der Kultur die der 'polychromen Bemalung' (rot oder schwarz auf weiss) in den Jahren 600 - 1200 n.Chr. an. Zu dieser Zeit gab es bereits sesshafte Ansiedlungen, einen intensiven Ackerbau sowie soziale Schichten und Arbeitsteilung. Keramikreste dieser Epoche wurden im gesamten Unter- und Mittellauf des Amazonas gefunden.
Die ausklingende Epoche des 'Ritzung und Punktierung' von ca. 1000 bis zum Beginn der kolumbianischen Zeit (um ca. 1500) muss wieder eine kulturelle 'Rückentwicklung' auf das Stadium des tropischen Feldbaus gewesen sein. Ihre Verbreitung ist auf die Orinoco-Region und den mittleren und unteren Amazonas beschränkt. Namensgebend ist die Fundstätte Itacoatiara." (zitiert nach http://www.gerhardbechtold.com/TP/gbtp_chap1.php )

Als Orellana den Amazonas befuhr, befand sich die - noch spekulative - Amazonas-Kultur also schon auf dem "Abschwung", ihr Höhepunkt lag schon in der Vergangenheit - und zwar offenbar ganz ohne Einfluss der Andenreiche, wie auch immer wieder fantasiert wurde. Die Produktion von "Terra preta" geht allerdings bis heute weiter!

VG
Christian
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indianische Städte in Amazonien? - 913Chris - 12.08.2014 12:44

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