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Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger
18.04.2015, 13:13
Beitrag: #6
RE: Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger
Mit Hugo Capet hatte eine neue Dynastie die Herrschaft im späteren Frankreich übernommen, aber noch waren die Karolinger nicht ganz untergegangen: Karl von Niederlothringen wollte sich seinen Thron nicht ohen Gegenwehr wegnehmen lassen. Die Wahl Hugo Capets war handstreichartig erfolgt, die Großen des Reichs waren gespalten in Anhänger Hugos und in Anhänger Karls von Niederlothringen, der an sich die besseren Erbfolgeargumente hatte. Die Abwehr von Karls Ansprüchen und die Geteiltheit der Großen sind wohl auch die Gründe dafür, dass Hugo, der mächtigste Fürst des Reichs, als König relativ schwach war.
Die noch von Ludwig in Compiegne einberufene Versammlung der Großen, die eine Verurteilung Adalberos von Reims bewirken sollte, wurde unter Hugos Vorsitz vertagt und nach Senlis einberufen. Hier rechtfertigte Hugo seine Thronfolge mit interessanten Argumenten: Karl sei nicht klug genug für das Königsamt, überdies nicht standesgemäß verheiratet (mit einer Tochter Hugo Capets nämlich...) und dazu noch Lehensmann des ostfränkischen Königs. So langsam war das Bewusstsein, dass Ost- und Westfrankenreich Teilreiche des Fränkischen Reichs waren, geschwunden, verstanden sich die ehemaligen Reichsteile als eigenständige Reiche. Der Weg zu einem Frankreich und einem Deutschland war schon zu einem Großteil gegangen...
Hugo berief sich also NICHT darauf, selber einem königswürdigen Geschlecht zu entstammen -die Robertiner hatten ja tatsächlich schon Könige des Westfrankenreiches gestellt - sondern darauf, der fähigste Thronanwärter zu sein. Er machte sich auch gleich daran, seine Dynastie zu festigen, indem er seinen Sohn Robert schon 987 zum Mitkönig erhob.

Karl von Niederlothringen ließ sich das nicht gefallen: Er nahm die Königsstadt Reims sowie Laon ein. Sein gerade und durchaus nicht ohne Erfolgsaussichten begonnener Kampf um den Thron wurde aber abrupt beendet, als ausgerechnet Bischof Adalbero (Ascelin) von Laon Karl in den Rücken fiel, indem er nachts die Tore von Laon für Hugos Truppen öffnen ließ.
Zuvor hatte Karl Laon eingenommen und dabei die Königsmutter Emma und Ascelin gefangen genommen. Ascelin konnte entkommen, versöhnte sich mit Karl und wurde von diesem erneut als Bischof von Laon eingesetzt. Dass Ascelin dann aber Karl seinem Feind auslieferte, trug Ascelin den Ruf als Vetulus traditor (alter Verräter) ein. Unter diesem Beinamen ist er in der französischen Geschichtsschreibung bekannt. 993 machte er diesem Beinamen noch einmal alle Ehre, als er Hugo Capet und dessen Sohn Robert an Otto III. verraten wollte. Er scheiterte und wurde als Bischof endgültig abgesetzt. Er lebte noch bis 1030 oder 1031.

Karl wurde im Schlaf überrascht und mitsamt seiner Familie gefangengenommen. Er starb in der Haft in Orleans.
Sein Sohn Otto wurde von Kaiser Otto III. zum Herzog von Niederlothringen eingesetzt, das damit (vorerst) endgültig zum Ostfrankenreich gehörte. Der "letzte Karolinger" war treuer Gefolgsmann Kaiser Ottos III. und gehörte zu den Adligen, die dessen Leichnam zurück ins Reich brachten. Danach brechen die Nachrichten über Otto von Niederlothringen ab. Er muss wohl kinderlos gestorben sein, denn sein Nachfolger unter König Heinrich II. war Gottfried II., jener Gottfried von Verdun, der 985 von König Lothar gefangen genommen worden war und erst unter Hugo Capet wieder befreit werden konnte (daher auch sein Beiname "Gottfried der Gefangene") und der der Bruder von Adalbero von Reims war.

Mit dem Tod Ottos von Niederlothringen waren auch die westfränkischen Karolinger endgültig ausgestorben (auch wenn z.B. in dfer Dynastie Vermandois immer noch karolingische Zweigfamilien existierten) und meine kleine Reihe kann damit ihr Ende finden. Ich schließe damit aber nicht aus, dass der Thread noch weitergeführt wird, bitte sogar darum, dass ihr noch Ideen oder Fragen bringt, denn alle Aspekte konnte ich natürlich nicht berücksichtigen.

Meine Hauptquelle war ein Werk der Herausgeber Joachim Ehlers, Heribert Müller und Bernd Schneidmüller mit dem Titel "Die französischen Könige des Mittelalters 888-1498", erschienen 1996 bei C.H.Beck und noch einmal 2006 in der Beck´schen Reihe.
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RE: Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger - 913Chris - 18.04.2015 13:13

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