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Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger
29.04.2015, 13:27
Beitrag: #14
RE: Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger
Nun zum 3. Teil meiner Ausarbeitung

Kehren wir zu Emma von Italien zurück. 966 wurde sie mit dem westfränkischen König Lothar (941–986) aus Karolinger-Dynastie verheiratet. Lothar war der älteste Sohn von Ludwig IV. und Gerberga, einer Schwester von Otto I. Neben seinem Bruder Karl von Niederlothringen hatte Lothar noch eine Schwester, die das Erwachsenalter erreichte. Diese Mathilde (* um 943) wurde bereits 964 mit dem burgundischen Welfen Konrad III., den Friedfertigen von (Hoch-)Burgund (* um 930; † 993). Dieser Konrad war der wiederum während seiner Minderjährigkeit ein Mündel Ottos I., der dadurch sicher das Weiterexistieren des Königreichs Hochburgund ermöglichte. Konrads Schwester wiederum war Adelheid, Emmas Mutter, die 951 Otto I. ehelichte. Otto garantierte danach Konrad III. die Herrschaft über Niederburgund, so dass wieder ein geeintes Königreich Burgund bestand, wie es bereits von Konrads Vater Rudolf II. von 928/933 bis 937 bestand. Da sowohl die west- als auch ostfränkischen Könige sich um ein gutes Verhältnis und verwandtschaftliche Beziehungen zu den burgundischen Welfen bemühten, zeigt die strategische Bedeutung des seit 888 von den Karolingern unabhängigen Reichs. Dazu schreibe ich noch einiges weiter unten.

Ehebruch ?

Aus der Ehe von Lothar und Emma entstammen zwei Söhne. Ludwig V. (966/967–987) und Otto (967/968–984/985), Domherr zu Reims. 977 unterstellte Karl von Niederlothringen seiner Schwägerin Emma Ehebruch mit Ascelin, dem Bischof von Laon. Auch wenn sie danach von einer Synode unter Leitung des Erzbischofs von Reims, Adalbero, einem Onkel von Ascelin freigesprochen wurde, war ihr Ruf ruiniert. Letztlich war es egal, ob der Ehebruch tatsächlich stattfand oder nicht. Schon allein der Verdacht reichte aus, um seine Ehefrau zu verstoßen oder in ein Kloster abzuschieben.

Die Reaktion von Emmas Mutter Adelheid und Emmas Schwägerin Theophanu war auch dementsprechend. Es wurde gegen Karl von Niederlothringen nichts unternommen, der Emma ungestraft verleumden konnte. Stattdessen wurde er 978 von Otto II. mit dem nördlichen Lothringen (Niederlothringen) belehnt. Der Bischof von Laon wurde ebenfalls nur halbherzig gemahnt, dass er sich in Zukunft von Ehefrauen fern zu halten habe. Dagegen wurde Emma gerügt, dass sie wohl zu vertrauten Umgang mit dem verderbten Menschen Ascelin gehabt hätte. Das heißt letztlich, ihr war vorgeworfen worden, nicht die nötige Distanz zu ihrem Berater eingehalten zu haben.

Für Emma hatte dieser Skandal - trotz ihrer bestätigten Unschuld - zur Folge, dass sich sowohl ihr Mann Lothar, als auch ihr Sohn Ludwig von ihr abwandten. In den Ereignissen um 986/87 (bzw. bis 991) wurde sie weder von ihrem Sohn, noch von der ostfränkischen Regentin Theophanu um irgendeinen Rat oder um Vermittlung gebeten. Sie scheint nach dem Tod Ludwigs V. von der politischen Bildfläche unbemerkt verschwunden zu sein.

Emma von Böhmen ?

Die häufigste Ansicht ist natürlich, dass sie sich 987 oder 988 in ein Kloster zurückzog (oder gezwungen wurde) und bald darauf verstarb. Doch hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen. 1998 veröffentlichte Helmut Hentschel seine These, die letztlich auf den tschechischen Historiker Frantisek Palacky aus dem 19. Jahrhundert zurückgeht. Er geht davon aus, dass Emma von Italien identisch mit Emma, der Ehefrau des böhmischen Herzogs Boleslav II. († 999) ist. Die Eheschließung soll 987 stattgefunden haben. Palacky behauptete, dass Emma eine Schwester des burgundischen Königs Konrad III., des Friedfertigen war. Konrad hatte aber nur eine Schwester und dies war Adelheid. Aber Adelheid hatte eine Tochter namens Emma. So ist es durchaus möglich, dass Emma 987 nach Böhmen kam. Aus der Ehe mit Boleslav II. sollen dessen jüngere Söhne Jaromir († 1035) und Oldrich († 1034) stammen.

Gegner dieser Theorie äußerten folgende Zweifel: Emma (* 948) wäre zum Zeitpunkt der Geburt von Boleslavs jüngeren Söhne bereits um die 40 Jahre alt gewesen. Späte Geburten sind bei Frauen des Hochadels ungewöhnlich, aber man kann sie auch nicht völlig ausschließen. So gebar z.B. Konstanze von Sizilien 1194 ihr einziges Kind – den späteren Kaiser Friedrich II. - im Alter von 40 Jahren und Eleonore von Aquitanien gebar 1167 ihr zehntes und letztes Kind – den späteren König Johann Ohneland – im Alter von ca. 45 Jahren. Blanka von Kastilien, die Mutter des oben bereits erwähnten Karl von Anjou, war bei dessen Geburt auch schon um die 39 Jahre alt.

Ebenso möglich ist aber auch, dass Emma nicht die Mutter, sondern nur die Stiefmutter von Boleslavs jüngeren Kindern war. Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes brachen Thronwirren in Böhmen auf und Emma floh mit ihren beiden Söhnen nach Regensburg, wo sie am Hof des damaligen Herzogs von Bayern und späteren König Heinrich II. lebten. 1003/04 kehrte sie mit ihren beiden Söhnen nach Böhmen zurück und 1005/06 soll Emma verstorben sein. Ihre beiden Söhne bekämpften sich danach erbittert. Oldrich ließ schließlich seinen Bruder Jaromir im Jahr 1012 kastrieren und im Jahr 1034 blenden.

Die burgundischen Welfen oder Rudolfinger

Während ich im 2. Teil meiner Ausführung schon die väterliche Herkunft aus der mit den Karolingern verwandten Doppelfamilie der Bosoniden/Buviniden behandelt habe, möchte ich jetzt die Herkunft ihrer Mutter Adelheid untersuchen. Adelheid war die Tochter des Königs Rudolf II. von Hochburgund (895–937) und dessen Ehefrau Berta von Schwaben (902–966).

Die Welfen gehörten zu den ältesten fränkischen Geschlechtern. Ihr Aufstieg begann wohl damit, dass die Töchter Welfs I. ins karolingische Herrscherhaus einheirateten. So ehelichte Judith (795/800– 843) im Jahre Kaiser Ludwig den Frommen (778-840), ihre Schwester Hemma (808–876) – auch Emma – ehelichte im Jahr 827 des Kaisers Sohn Ludwig den Deutschen (804–876). Judith war die Mutter des westfränkischen König Karl II. den Kahlen (823–877) – und damit faktisch die Stammmutter der westfränkischen Karolinger - und von Gisela (820–874), der Mutter des bereits im 2. Teil genannten Berengar I. (840–924), von 864–924 Markgraf von Friaul, von 905–924 König von Italien und von 915–924 Kaiser. Hemma dagegen war die Stammmutter der ostfränkischen Karolinger, ihre Söhne waren Karlmann, Ludwig III, der Jüngere und Karl III., der Dicke und ihr Enkel war Arnulf von Kärnten.

Judiths und Hemmas Bruder war Konrad I. (* 795/800–808; † 862), der zuerst als Berater Ludwigs des Frommen, dann als Berater Ludwig des Deutschen wirkte. Konrad war maßgeblich an der Gestaltung des Vertrags von Verdun (843) beteiligt. Seit den 840er Jahren war er Graf einiger Gaus im Südwesten des Ostfrankenreichs und nomineller Herzog in Alemannien. Aber er war auch Lehnsträger der im Westfrankenreich gelegenen Grafschaft Paris. Im Jahr 859 wechselte Konrad I. mit den Söhnen Ludwigs des Deutschen die Fronten und stellte sich an der Seite Karls II., des Kahlen. Für den Verlust seiner ostfränkischen Besitzungen entschädigte Karl II. Konrad mit der im Hochburgund (Transjurarien) gelegenen Grafschaft Auxerre. Nach dieser Grafschaft erhielt er seinen häufig angewandten Namen Konrad von Auxerre.

Konrad I. war mit Aelis (Adelheid, Adela, Adelaïde) von Tours (* bis 837; † nach 866) verheiratet, die eine Angehörige der im Elsass beheimateten Familie der Etichonen war. Aus dieser Ehe stammen drei oder vier Söhne und eine Tochter: Konrad II., Hugo Abbas, Rudolf und Welf II. sowie eine namentlich nicht bekannte Tochter, die mit dem Lahngaugrafen Udo verheiratet wurde, der ein Vorfahre des ostfränkischen Königs Konrad I. (Konradiner) war.

Die verwitwete Aelis von Tours heiratete 863 oder 864 Robert den Tapferen († 866), der bereits Graf von Paris und Graf im Wormsgau war und durch seine Heirat mit Aelis zusätzlich Graf von Tours wurde. Aus der kurzen Ehe von Aelis von Tours mit Robert den Tapferen stammen zwei Söhne, Odo von Paris (* um 865; † 898) – seit 888 erster nichtkarolingischer König des Westfrankenreich und Robert I. (* 866; † 923), der 922 König des Westfrankenreichs wurde..

Kehren wir zurück zu ihren älteren Halbbrüdern aus Aelis erster Ehe mit Konrad I. von Auxerre: Konrad II. und Hugo Abbas († 886) spielten ebenfalls eine bedeutende Rolle in der westfränkischen Politik. Ihr jüngerer Bruder (vielleicht auch nur ihr jüngerer Cousin) Welf II. war der Stammvater der schwäbischen Welfen und somit auch der jüngeren Welfen. Er war Graf des Linzgaus und des Alpgaus. Für beide Ämter ist er bis ca. 858 nachgewiesen. Ob er sich 859 (wie sein Vater) an der Rebellion gegen Ludwig den Deutschen beteiligte ist ungewiss. Welf II. gilt zwar als Bindeglied der burgundischen und schwäbischen Welfen, aber sowohl über sein Leben, als auch der schwäbischen Welfen des 9. und 10. Jahrhunderts ist wenig bekannt. Der letzte Bruder Rudolf war Abt von Jumieges und war wahrscheinlich zum Zeitpunkt der Wiedervermählung seiner Mutter (864) verstorben. (Die Verwandtschaftsgrade der einzelnen Welfen zueinander sind zum Teil nicht eindeutig, ich habe versucht, mich an den Angaben von Rudolf Schieffer zu halten).

Hugo Abbas

Hugo Abbas fungierte zuerst als Berater Karls II. und war ursprünglich ein Gegner der Robertiner. Inwieweit die zweite Ehe seiner Mutter einem Politikwechsel oder einem Familienzerwürfnis zugrunde lag, ist nicht gewiss. Fakt ist, dass Hugo nach dem Tod von Ludwig des Stammlers 879 (Sohn und Erbe Karls II.) die Regentschaft für dessen minderjährigen Sohn Karlmann († 884) in Burgund und Aquitanien übernahm und die im 2. Teil beschriebene Abspaltung Bosos von Niederburgund (Boso von Vienne) akzeptierte. Nach dem Tod von Karlmanns älteren Bruder Ludwig III. im Jahr 882 herrschte Hugo faktisch über das verbliebene Westfrankenreich (Neustrien, Burgund, Aquitanien). Nach dem Tod von Karlmann 884 wurden die Ansprüche von dessen minderjährigen Bruder Karl (den Einfältigen) übergangen. Die westfränkischen Magnaten wählten nicht ihn zum König des Westfrankenreichs, sondern den ostfränkischen Karl III. zum König. Zu dieser Thematik werde ich im 4. Teil noch einmal zurückkommen. Hugo Abbas verstarb 886, offensichtlich an den Folgen einer Seuche, die infolge der Belagerung durch die Wikinger in Paris ausgebrochen war. Er war bis zuletzt in Machtkämpfen mit verschiedenen westfränkischen Magnaten verstrickt, besonders mit den Bischof Gauzlin von Paris († 886), der ebenfalls ein Opfer der Seuche geworden war. Hugos Vermögen erbten seine beiden Halbbrüder Odo und Robert, deren politische Stellung dadurch erheblich gestärkt wurde, sodass Odo 888 das westfränkische Königtum übernehmen konnte. Dazu werde ich auch im 4. Teil schreiben.

Über den ältesten Sohn von Konrad I. ist wenig bekannt. Nach dem Skandal um den Bosoniden Hucbert, den Laienabt von Saint Maurice und seiner Schwester Theutberga ernannte Karl II., der Kahle im Jahr 864 Konrad II. zum Markgrafen von Transjurarien (entspricht Hochburgund). Er bekämpfte den für vogelfrei erklärten Hucbert, der noch 864 als Straßenräuber erschlagen wurde. Seine Schwester Theutberga musste 865 nach ihrer Scheidung wieder zu Lothar aufgenommen werden. Konrad II. starb zwischen 872 und 878, die Markgrafschaft Transjurarien. Ihm folgte sein Sohn Rudolf I., der 888 das Königreich Transjurarien oder Hochburgund aus dem karolingischen Reichsverband löste. Dieses Gebiet (von der Freigrafschaft Burgund - Franche-Comté - mal abgesehen) konnte faktisch bis heute seine kulturelle und territoriale Einheit bewahren, sei es als Königreich Hochburgund, Rektorat Burgund oder heute als französische Schweiz.

Das Königreich Hochburgund

Das Königreich Hochburgund bestand seit 888. Zwischen 928 und 933 fand die Vereinigung mit Niederburgund statt, d.h. seitdem spricht man vom Königreich Burgund oder vom Königreich Arelat (abgeleitet von der Stadt Arelat). Insgesamt herrschten 4 Könige. Rudolf I. (888–912), Rudolf II. (912–937), Konrad III., der Friedfertige (937–993) und Rudolf III. (993–1032). Die Zählung Konrads erfolgt zur Unterscheidung zu seinen Vorfahren Konrad I. und Konrad II., die aber keine Könige von Hochburgund waren. Aufgrund seiner geografischen Lage und der Kontrolle über bestimmte Alpenpässe spielte das Königreich eine oft konstruktive und deeskalierende Rolle in den Auseinandersetzungen des Hochadels. Rudolfs I. Herrschaft verlief friedlich. Er war mit Willa von Niederburgund, die aus der ersten Ehe des Buviniden Boso von Niederburgund († 887) stammte. Willa von Niederburgund († 926) heiratete nach dem Tod Rudolfs I. den Bosoniden Hugo von Arles († 947), seit 905 Regent von Niederburgund und seit 926/928 König von Italien.

Rudolf II. Herrschaft war vor allem durch seine Einbindung in den Kämpfen im neu gegründeten Herzogtum Schwaben und in Italien geprägt. 916 erwarb Rudolf II. Gebiete des Aargaus, wegen denen er seit 917 mit dem neuen Herzog Burchard II. († 926) in Streit geriet. Nach der verlorenen Schlacht von Winterthur (919) musste Rudolf auf das Aargau verzichten, das wiederum in das Herzogtum Schwaben eingegliedert wurde. Bereits um 922 waren Burchard II. und Rudolf II. versöhnt. Zumindest fand um 922 die Hochzeit von Rudolf II. und Burchards Tochter, Bertha von Schwaben (907–966) statt. Aus dieser Ehe stammen Konrad III. († 993) und Adelheid (931–999), die künftige Ehefrau von Otto I.

Ebenfalls im Jahr 922 rief der oppositionelle Adel Italiens unter Führung Adalbert, des Markgrafen von Ivrea († um 923) Rudolf II. zum König von Italien aus. In den darauffolgenden Krieg des Markgrafen gegen seinen früheren Schwiegervater, den Amtsinhaber Berengar I. von Friaul gewannen die oppositionellen Kräfte, die sowohl von Rudolf II., als auch von Burchard II. militärisch unterstützt wurde. Aber die Situation in Italien beruhigte sich nicht. Berengar II. von Ivrea, der sowohl Sohn des Markgrafen von Ivrea, als auch Enkel des Markgrafen von Friaul war setzte sich immer mehr zum tatsächlichen Herrscher in Italien durch. Rudolf II. begann deswegen mit seinem Stiefvater Hugo von Arles, dem Regenten des Königreichs Niederburgund über einen Tausch ihrer Länder zu verhandeln.

Das Königreich Burgund

Nachdem Berengar I. den ehemaligen italienischen König Ludwig III. abgesetzt und geblendet hatte, amtierte dieser noch nominell als König von Niederburgund. Tatsächlicher Machtinhaber war jedoch Hugo von Arles, dessen Nachfolgemöglichkeiten in Niederburgund nicht geklärt waren. Mit dem Tod von Ludwig III. hätte Hugo seine Macht verloren oder um sie kämpfen müssen. Deshalb stimmte er dem Vorschlag seines Stiefsohns Rudolf II. zu, der über seine Mutter Willa ein Enkel des ersten niederburgundischen Königs Boso (von Vienne) war. Der Tausch wurde zwischen 926 und 928 vollzogen und vertraglich im Jahr 933 geregelt. Seit dieser Zeit besteht das (vereinigte) Königreich Burgund.

Das Königreich darf nicht mit dem westfränkischen Herzogtum Burgund verwechselt werden. Dagegen war die Freigrafschaft Burgund, aus der sich die Franche-Comté bildete, Bestandteil des Königreichs. Allerdings verstarb der erste gesamtburgundische König Rudolf II. bereits 937. Er hinterließ seine Witwe Bertha von Schwaben und zwei Kinder – seinen Sohn und Nachfolger Konrad III. und Adelheid. Bertha von Schwaben begab sich daraufhin mit ihrer Tochter unter dem Schutz von Hugo Arles, den sie noch 937 heiratete. Beide einigten sich dann, dass ihre Kinder Adelheid und Lothar heirateten. Dies geschah dann auch 946.

Die Fortsetzung der Herrschaft der burgundischen Welfen bzw. Konrads III. war vor allem wegen dem Expansionsbestreben des italienischen Königs Hugo von Arles gefährdet. Deshalb sorgte der ostfränkische König Otto I. dafür, dass Konrad III. an seinen Hof in Sicherheit aufwuchs. Dies lag sicher daran, dass nachdem Rudolf II. beim Hoftag in Worms (926) Heinrich I. die Heilige Lanze übergab und seitdem zwischen dem Ostfrankenreich und Burgund (damals noch Hochburgund-Italien) eine Sicherheitspartnerschaft, aber kein Lehensverhältnis bestanden haben muss. Otto I. sorgte jedoch dafür, dass das Königreich Burgund erhalten blieb und Konrad III. mit dem Erreichen der Volljährigkeit (946/948) selbst regieren konnte.

Konrad III. erwies sich aber als schwacher Herrscher, der sich nur mit Mühe gegen seine Vasallen durchsetzen konnte. Er war dreimal verheiratet. Seine Tochter (aus zweiter Ehe) Gisela war mit dem bayrischen Herzog Heinrich den Zänker verheiratet. Beiden waren die Eltern des ostfränkischen Königs Heinrich II., des Bischofs Brun von Augsburg und der ersten ungarischen Königin Gisela (Ehefrau von Stephan I., den Heiligen). Dagegen stammten aus Konrads 964 geschlossener dritten Ehe mit Mathilde, Tochter des westfränkischen Königs Ludwig IV., sein Nachfolger Rudolf III., Bertha und Gerberga.

Bertha (965–1010) war in erster Ehe mit Odo I. von Blois verheiratet, der sich in den Kämpfen gegen Hugo Capet verbrauchte und 996 während einer Belagerung verstarb. Aus dieser Ehe stammen drei Söhne Theobald († 1004), Odo II. und Roger. Die verwitwete Bertha heiratete dann noch im gleichen Jahr Hugo Capets Sohn Robert II. den Frommen (972–1031), der um 992 bereits seine erste Ehefrau wegen deren Kinderlosigkeit verstoßen hatte. Die Ehe zwischen Robert und Bertha wurde jedoch vom Papst wegen zu naher Verwandtschaft nicht anerkannt. Trotzdem blieben beide noch einige Jahre zusammen, erst um 1004 trennte sich Robert offiziell von seiner Frau, weil auch sie ihm keine Kinder gebar. Aber er verstieß sie nicht, Bertha lebte bis zu ihrem Tod am Hofe Roberts II., der wegen des nicht gesicherten Fortbestands seiner Dynastie ein drittes Mal heiratete.

Gerberga (966–1019) wiederum war in erster Ehe mit Hermann I. von Werl und in zweiter Ehe mit Hermann II., Herzog von Schwaben verheiratet. Aus ihrer zweiten Ehe stammen u.a. ihre Töchter Mathilde und Gisela, sowie ihr Sohn Hermann III von Schwaben. Gisela (um 990–1043) war in dritter Ehe mit dem Salier Konrad II. (um 990–1039) verheiratet, ihr gemeinsamer Sohn war wiederum Kaiser Heinrich III. (1017–1056).

Für den burgundischen König Rudolf III. waren die Ehen und die daraus ergebenden verwandtschaftlichen Beziehungen seiner Schwestern wichtig für den Fortbestand seines Königreichs. 995 musste er zwar hinnehmen, dass Otto-Wilhelm von Burgund-Ivrea die Freigrafschaft Burgund aus seinem Staat herauslöste und sich daraufhin König Hugo Capet unterstellte. Aber weitere Annexionen von Odo-Wilhelm scheiterten. Trotzdem blieb Rudolf III. ein schwacher Herrscher. Der regionale Adel wurde mächtiger, er zwang Rudolf III. Bischöfe als weltliche Grafen einzusetzen, z.B. 999 den Bischof von Sitten als Grafen von Wallis oder 1011 den Bischof von Lausanne als Grafen von Waadt.

Da beide Ehen Rudolfs III. († 1032) kinderlos blieben, verhandelte Rudolf III. seit 1016 mit seinem (ebenfalls kinderlosen) Neffen König Heinrich II. einen Erbvertrag aus. Aber Heinrich II. verstarb bereits 1024 und das Erbe fiel auf König Konrad II., der sein Erbe als Nachfolger des ostfränkischen Königs beanspruchte. Er musste sich jedoch bis 1037 in langwierigen Kämpfen gegen Odo II. von Blois durchsetzen. Erst dessen Tod sicherte Konrad II. die Herrschaft über das Königreich Burgund. Odo II. von Blois entstammte der ersten Ehe der Bertha von Burgund, er war somit ein Neffe des Königs Rudolf III. von Burgund. Seine Niederlage gegen Konrad II. zeigt aber auch, dass sich staatsrechtliche Belange gegenüber privatrechtlichen Belangen des Adels durchzusetzen begannen. Konrads Sohn Heinrich III. konnte dann im Jahr 1039 ohne Schwierigkeiten König von Burgund werden.

Fazit

Nachdem ich bereits im 2. Teil einiges zu den Bosoniden/Buviniden bzw. der Entwicklung in Niederburgund und Italien schrieb und in diesem Teil mich auf die burgundischen Welfen konzentrierte, werde ich im 4. Teil noch ein paar Zeilen zu Schwaben und Lothringen schreiben. Insgesamt versuche ich damit, deutlich zu machen, dass die Entstehung Frankreichs, Deutschlands und (Ober-)Italiens aus der Erbmasse des karolingischen Frankenreichs ein langer Prozess war, den man nicht nur an einzelne Ereignisse oder Jahreszahlen wie 806, 817, 833/40, 843, 870, 887/88, 911, 919, 955 oder 987 festmachen kann. Der Prozess vollzog sich über das 9. und 10. Jahrhundert und war danach noch nicht beendet, aber wohl unumkehrbar fortgeschritten. Einen großen Anteil an der Neugestaltung hatte der oft mit den Karolingern verwandtschaftlich verbundene Hochadel, der zum Teil mit strategischem Geschick neue Staaten (Burgund, (Ober-)Italien, Lothringen) oder zumindest Strukturen wie die Stammesherzogtümer Schwaben oder Bayern schuf bzw. erneuerte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Das Ende der (Westfränkischen-)Karolinger - Sansavoir - 29.04.2015 13:27

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