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Ethnogenese der Türken
07.06.2012, 17:10
Beitrag: #1
Ethnogenese der Türken
Das türkische Volk, das heute in Kleinasien beheimatet ist, hat mit dem nomadischen Hirten- und Reiterkriegerstamm der Oghusen, die um 900 n. Chr. aus Zentralsien kamen, nur noch wenig zu tun. Ebenso wenig oder so viel, wie die germanischen Völker der Völkerwanderung mit den heutigen Deutschen.

Der Turkstamm der Oghusen zog im Lauf mehrer Jahrzehnte durch Persien, eroberte das Abassidenkalifat und setzte sich seit dem 11. Jh. auch in Kleinasien fest. Dort vermischten sie sich im Laufe der Zeit mit der alteingesessenen kleinasiatischen Bevölkerung und es entstand durch diesen Verschmelzungsprozess ein neues Volk mit türkischem Idiom, wie wir es heute kennen.

Es lässt sich also nur sehr bedingt eine Linie ziehen zwischen dem Seldschukensultan Alp Arslan, der um 1050 lebte, und Recep Tayyip Erdoğan, dem heutigen Ministerpräsidenten der Türkei. Dazwischen liegen ethnische, kulturelle und soziale Welten - vom Zeitabstand wollen wir gar nicht reden!

Hinsichtlich der Ethnogenese der kleinasiatischen Türken gilt:

Die heutigen Türken sind zu einem Teil - vermutlich dem geringeren - unzweifelhaft Nachkommen der seit dem 11. Jh. in Anatolien eingedrungenen Turkvölker. Hier sind zunächst die (Rum)seldschuken zu nennen, die seit dem 11./12. Jh. ihren Staat gründeten, der dann später von der Dynastie der Osmanen überflügelt wurde.

Es ist anzunehmen, dass zwischen dem 11. und 13. Jh. ständig neue Scharen türkischer Hirten und Krieger aus dem Osten nachrückten. Gemessen an der altansässigen kleinasiatischen Bevölkerung wird das aber nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausgemacht haben. Er dominierte die Unterworfenen nicht aufgrund seiner Bevölkerungsübermacht, sondern aufgrund seiner Wehrhaftigkeit, wie sie Hirtennomaden eigen ist - man denke nur an Mongolen, Hunnen, Awaren usw.

Wie aber setzte sich die von Turkstämmen unterworfene kleinasiatische Bevölkerung zusammen?

Ihre ethnische Schichtung ist relativ gut bekannt! Die autochthone kleinasiatische Bevölkerung wurde seit dem 2. Jahrtsd. v. Chr. von indoeuropäischen Hethitern (plus Luwiern, Palaern usw.) überschichtet, später von Phrygern und Lydern, während die Perser seit dem 6. Jh. v. Chr. lediglich eine Oberhoheit ausübten. Während der Blütezeit der griechischen Polis setzten sich Griechen an der kleinasiatischen Westküste fest, auf sie folgten dann die Römer. Auch Armenier und Kurden kamen im Osten hinzu, sowie andere Völker, die ebenfalls ihre Spuren hinterließen.

Während der Römerzeit überwog im oströmischen Reichsteil, besonders auch in Kleinasien, die griechische Kultur, was sich zur Zeit des Byzantinischen Reichs noch verstärkte.

Dieses ethnische Völkergemisch - man könnte es als gräzisierte altkleinasiatisch-indoeuropäische Mischung bezeichnen - trafen die nomadisierenden Turkvölker an, als sie seit dem 12. Jh. Kleinasien besetzten.

Wie hoch nun der Anteil der Turkvölker an der alteingesessenen kleinasiatischen Bevölkerung war, ist schwer zu sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass er etwa 25% nicht überstieg, doch ist das lediglich Spekulation. Auf jeden Fall vermischte sich diese Turkbevölkerung in den nächsten Jahrhunderten völlig mit der Altbevölkerung, drückte ihr aber dennoch ihren kulturellen und religiösen Stempel auf.
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Ethnogenese der Türken - Dietrich - 07.06.2012 17:10
RE: Ethnogenese der Türken - Paul - 03.11.2016, 02:18
RE: Ethnogenese der Türken - Arkona - 03.11.2016, 08:21
RE: Ethnogenese der Türken - Arkona - 04.11.2016, 14:18
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