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Übersichtlichkeit im Historischen Roman - die Personennamen
03.02.2017, 21:22
Beitrag: #1
Übersichtlichkeit im Historischen Roman - die Personennamen
Mit den Personennamen ist es so eine Sache, die neueste Regel laut einem Autor im Bereich (historischer) Unterhaltungsroman, lautet: keine gleichen Personennamen und auch keine ähnlich klingenden Namen, sonst sind die armen Leserinnen und Leser überfordert.

Nun, sind die Figuren selbst erfunden, dürfte das noch einigermaßen gehen, aber was ist mit den historisch belegten Akteuren und Akteurinnen. Bei denen sind die Namen bzw. Vornamen gewöhnlich vorgegeben. Nun fällt mir immer wieder auf, dass Leserinnen und Leser richtig maulen oder jammern, wenn in einem Roman sämtliche Figuren z. B. Anne, Mary, Thomas oder Henry heißen. (Anderereseits bin ich froh, dass Hilary Mantel in "Wölfen" das so gehalten hat, ich glaube nicht, dass ich mich z. B. an einem Tommy More oder Thommi Cromwell hätte gewöhnen können.)

Vielleicht ist das auch der Grund, dass es inzwischen üblich ist, die Ehefrauen von Henry VIII. nicht mehr als Katharina (Catherine von Aragon), Anne Boleyn, Jane Seymour, Anne oder Anna von Kleve, Catherine Howard und Catherine Parr zu bezeichen, sondern nun sind es: Catalina, Anne, Jane, Anna, Catherine, Katheryn.

Als positives Gegenbeispiel wird Rebecca Gablé angeführt, die in ihren Rosenkrieg-Romanen das Problem durch Verwendung von Kosenamen und abgewandelten Namensformen das Problem ideal gelöst haben soll. Allerdings muss ich zugeben, dass mich das gerade in dem Roman, den ich von ihr probeweise gelesen habe, gestört hat. Margaret Beaufort ist für mich z. B. keine Meghan, wobei noch hinzukommt, dass die Verwendung von Kosenamen und Dutznamen auch indirekte Botschaften wie Verniedlichung, "Verkleinerung", Abwertungen etc. beinhaltet.

Auf der Gesprächsebene mag es für mich schon passen, wenn eine Figur mit ihrem Kosenamen angeredet wird, aber auf der Handungsebene finde ich das eher nicht überzeugend.

Interessant war meine Erfahrung mit "Das dunkle Herz der Welt" von Liliana LeHingrat. Hier hatte ich den Eindruck, dass die Autorin gute Lösungen in Bezug auf gleichlautende Namen ihrer historischen Figuren gewählt hatte. Nicht nur verschiedene Schreibformen, sondern auch gewisse Entscheidungen, die ich sinnvoll gefunden haben: so z. B. Janos Hunyady statt Johann Hunyady, der immerhin ungarischer bzw. walachischer Adeliger ist, während der wohl fiktive Johann Benker ein deutscher Kaufmann ist und ansässig in Siebenbürgen. Es gab einen Wladyslaus, der polnische ist Jagiello, ein weiterer Ladislaus wurde auf Rodislav umbenannt, wobei sich die Autorin allerdings auf eine Quelle berief, wo dies tatsächlich der Fall, Vlad Tepes war Vlad und sein Vater wurde je nach Kontext Vladisla oder Vlas genannt. Elisabeth von Luxemburg als Tochter des deutschen Kaisers hat mir ebenfalls eingeleuchtet, während die ungarische Namensform von Elisabeth der ungarischen Ehefrau (Erzsebeth Szilagy) von des Hunyady vorbehalten bleibt.

Als ich das mit der unterschiedlichen Namensgebung selber probeweise bei einem meiner eigenen Schreibversuche gemacht habe, habe ich noch eine weitere Feststellung gemacht: Wer behält die übliche Namensschreibung und wer bekommt den Kosenamen, Dutznamen bzw. wird umbenannt? Welche Kriterien sind hier sinnvoll, dies mit Blick auf Romanprioritäten, aber auch die Leserschaft und besonders dann, wenn die Geschichte im HRR spielt und eben nicht in Gefielden abseits des HRRs?

Dazu ein Beispiel: Wäre es z. B. für einen Pfälzer begreiflich, wenn er ein Buch zu lesen bekäme, wo Pfalzgraf Friedrich I. bei Rhein Fritz oder Fritzl genannt wird, um ihn z. B. von einem anderen Zeitgenossen namens Friedrich, so z. B. Kaiser Friedrich III. oder Kurfürst Friedrich den Sanftmütigen zu unterscheiden. Oder macht eine Bezeichnung wie der "böse Fritz", um Namensgleichheiten zu vermeiden, wirklich Sinn? (Dies vor allem auch dann, wenn die Erzählperspektive einer Person anvertraut ist, die mit dem Pfalzgrafen in gutem Einvernehmen ist.)

Was sind Eure Erfahrungen mit der Namensgebung von historischen Figuren im Roman?

Oder seid ihr auch meiner persönlichen Meinung, dass der Leserschaft von historischen Romanen durchaus zugemutet werden kann, dass es mehrere Figuren mit demselben Namen gibt?

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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Übersichtlichkeit im Historischen Roman - die Personennamen - Teresa C. - 03.02.2017 21:22

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