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Februarkämpfe - der Österreichische Bürgerkrieg
11.01.2019, 17:50
Beitrag: #11
RE: Februarkämpfe - der Österreichische Bürgerkrieg
Es ist natürlich richtig, dass es zwischen Ständestaat/Austrofaschismus und Nationalsozialismus unterschieden werden muss und dass man beide Diktaturen voneinander trennen muss. Trotzdem gibt es viele Parallelen, m.E. sind beide Diktaturen "verfeindete Brüder im Geiste". Beide Systeme haben ihre Ursache im Scheitern der demokratischen Parteien infolge der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich traten die Staatsoberhäupter nicht den antidemokratischen Bewegungen von rechts entschieden entgegen. Letztlich schafften Hindenburg und Miklas es nicht, die seit 1929/30 bestehende Staatskrise zu bewältigen. Hindenburg ernannte schließlich am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler, Miklas verhielt sich im März 1933 beim Entstehen des Ständestaats passiv und trug damit letztlich zum Aufbau der Diktatur bei.

Weitere Parallelen sind auch, dass sich in Österreich mit den "Kornneuburger Eiden" im Mai 1930 und in Deutschland mit der Bildung der "Harzburger Front" sich antidemokratische politische Kräfte sammelten, mit dem Ziel, die Demokratie abzuschaffen. Ebenso scheiterten die Versuche eine aus allen demokratischen Parteien gebildete Koalition zur Verteidigung der Demokratie zu bilden. In Österreich würde ich den Versuch von Ignaz Seipel dazu zählen, 1931 die sog. Konzentrationsregierung zu bilden, der an der Ablehnung der Sozialdemokraten um Otto Bauer scheiterte. In Deutschland versuchte Kurt von Schleicher Ende 1932 ebenfalls eine Koalition zu bilden, die eine Machtübernahme Hitlers verhindern sollte. Des Weiteren zeigten sich vor dem Beginn der Diktaturen in Deutschland und Österreich bereits Ankündigungen der zukünftigen Entwicklung, in Deutschland wäre da z.B. der Preußenschlag vom Juli 1932 zu nennen, in Österreich der gescheiterte Pfrimer-Putsch vom September 1931.

Die Feindschaft zwischen Ständestaat/Austrofaschismus und österreichischen Nationalsozialisten beruht nicht so sehr auf innenpoltische Konflikte, sondern auf unterschiedliche außenpolitische Auffassungen. Die Nationalsozialisten wollten den Anschluss an Deutschland, die Vertreter des Ständestaats/Austrofaschismus wollten dies verhindern. Inwieweit die Großdeutschen der 1920er Jahren zu den österreichischen Nationalsozialisten gewechselt sind oder ob diese sich aus einer jüngeren Generation neu gebildet haben, kann ich momentan nicht beurteilen. Fakt ist, dass das Dollfuß-Regime auf die außenpolitische Unterstützung Mussolinis angewiesen war. Deswegen muss man für die Existenz des Ständestaats/Austrofaschismus auch die damalige Außenpolitik und insbesondere die italienische Außenpolitik beachten. Die Achse Berlin-Rom kam erst 1936 zustande, vorher hielt sich Mussolini verschiedene Optionen offen, d.h. er lavierte zwischen den europäischen Mächten Großbritannien, Frankreich und Deutschland, aber auch Jugoslawien und CSR. Erst der italienische Krieg in Äthiopien führte zu einer Abkühlung der Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich und zum Bündnis mit Deutschland. Die Bildung der Achse Berlin-Rom leitete m.E. das Ende des Ständestaats/Austrofaschismus ein, da Mussolini keinen Pufferstaat zu Deutschland brauchte.

Abschließend stellt sich mir die Frage, welche Bedeutung das Scheitern der 1931 geplanten deutsch-österreichischen Zollunion auf die Entwicklung beider Länder gehabt hat?

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Februarkämpfe - der Österreichische Bürgerkrieg - Sansavoir - 11.01.2019 17:50

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