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Guglerkrieg von 1375
20.02.2019, 19:11
Beitrag: #16
RE: Guglerkrieg von 1375
Zunächst einmal eine Klarstellung, die Herzöge Albrecht (III.) und Leopold (III.) von Österreich, gegen die Enguerrand (VII.) de Coucy den Guglerkrieg führte, haben seiner Mutter Katharina ihr (angebliches) Erbe gar nicht vorenthalten, zum Zeitpunkt, als diese starb, waren beide gerade geboren beziehungsweise gab sie noch nicht.

Der Vertrag von 1310 lag zum Zeitpunkt des Guglerkrieges schon mehr als 60 Jahre (mit Blick auf die damals durchschnittliche Lebenserwartung ungefähr zwei Generationen) zurück. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass seit 1310 keine weiteren Verträge oder Regelungen geschlossen wurden, die auf seine Bestimmungen eingehen oder diese verändert haben, sodass er wohl in der ursprünglichen Form doch eher ein Vorwand als ein eindeutiges Rechtstück gewesen sein wird.

(19.02.2019 12:38)Aguyar schrieb:  Die Erbaschaftsansprüche waren nicht strittig - und in diesem Fall schon gar nicht vorgeschoben - sondern stammen aus dem Ehevertrag vom 20.4.1310 zwischen Leopold I von Habsburg und Katharina von Savoyen, welcher deren Tochter (die spätere Mutter Enguerrands) die Ortschaften Willisau, Bremgarten, Sempach, Sursee, Aarau und Lenzburg (zum Teil befestigte Städte) zusprach.

Mein Eindruck ist, nicht zuletzt mit Blick auf andere herrscherliche Eheprojekte des Spätmittelalters, dass diese Erbansprüche keineswegs so eindeutig waren. Wie Du selbst schreibst, stammten sie aus dem Ehevertrag aus dem Jahr 1310, wobei zu berücksichtigen ist, dass Katharina von Savoyen und Leopold (I.) von Österreich erst einige Jahre später tatsächlich geheiratet haben. Es wäre daher sehr interessant, ob es noch weitere Verträge gibt, mit denen dieser Vertrag von 1310 später noch gebessert, umdotiert, bestätigt wurde oder Ähnliches, ehe die Ehe endgültig geschlossen wurde. Daneben wäre sicher auch interessant zu wissen, welche Regelungen für alle möglichen Fälle (kinderlose Ehe mit vorzeitigen Tod des Mannes, kinderlose Ehe mit vorzeitigen Tod der Frau, Regelungen für Kinder, Söhne oder Töchter etc.) vorgesehen waren. (Nach meinen eigenen Beobachtung zu Ehevertragswerken lassen sich im Spätmittelalter durchaus unterschiedliche Regelungen festlegen.

Da Katharina von Österreich erst um 1320 geboren wurde, kann der Vertrag von 1310 ihr selbst jedenfalls diese Städte keineswegs zugesprochen haben, da sie zum Zeitpunkt des Abschlusses noch gar nicht am Leben war. Es war auch keineswegs vorhersehbar, dass aus der Ehe ihrer Eltern nur Töchter hervorgehen beziehungsweise ein längeres Leben haben würden. Der Vertrag von 1310 könnte also nur Regelungen für den Fall, dass es nur Töchter geben würde, festgelegt haben - für Katharina von Österreich hat er sicher noch keine Regelungen enthalten, die sie konkret betrafen.

Da Katharina von Savoyen offensichtlich nach dem Tod von Leopold von Österreich ihre Aufenthaltsorte in Gebieten hatte, die in jenen Herrschaftsbereichen lagen, über welche seine Familie die Hauptobrigkeit beanspruchte, ist davon auszugehen, dass sie auch nach seinem Tod sich an seine Familie gehalten hat. Dafür spricht auch, dass sie ihre Grabstätte in seiner Grablege fand, die im 13. Jahrhundert eine der beiden wichtigste Grablegen der Habsburger war. Und offensichtlich wurde Katharinas Ehe mit Enguerrand (VI.)de Coucy von Albrecht (II.) von Österreich, einem Bruder ihres Vaters, der zu dieser Zeit sozusagen der "Familienchef" war, organisiert.

Entscheidend wäre hier, welche Verträge in Bezug auf diese Ehe geschlossen wurden und inwieweit hier auf den Ehevertrag ihrer Eltern von 1310 Bezug genommen wurde beziehungsweise welche neuen Regelungen ihr Ehevertrag für alle möglichen Fälle vorsah. Durchaus vorstellbar, dass diese Orte / Städte erst bei ihrer Eheschließung (also durch einen weiteren Vertrag) als ihre Mitgift festgelegt waren, wobei sicher sehr aufschlussreich wäre, ob die Städte und Orte in diesem Fall Eigengut waren oder lediglich Pfandschaften, auf welche ihre Mitgift verschrieben worden war.

Katharina von Österreich hat nach dem Tod von Enguerrand (VI.) wieder geheiratet, diese Ehe wurde offensichtlich ohne Zustimmung ihres Onkels Albrecht (II.) geschlossen, inwieweit ihr zweiter Ehemann nicht standesgemäß war, lasse ich jetzt einmal dahingestellt. Inwieweit dies auf die Bestimmungen ihres Ehevertrages von Seiten ihres Onkels Auswirkungen hatte oder diesem als Vorwand oder Begründung diente, sich nicht mehr an die Bestimmungen des Ehevertrages gebunden zu sehen und diesen daher nicht einhalten zu müssen (wenn er nicht doch andere Regelungen gehabt hätte), wäre ebenfalls abzuklären.

Ob Enguerrand (VII.) von Coucys Erbschaftsansprüche tatsächlich berechtigt waren, um die er den Guglerkrieg führte, ist (mein Eindruck) keineswegs eindeutig, wenn ein objektiver Blickwinkel versucht wird.

Die Angelegenheit war, wahrscheinlich aufgrund unterschiedlicher Verträge und Regelungen und da sie bereits zwei Generationen zurücklag, strittig genug, dass sie für einen Konflikt genutzt werden konnte, und Enguerrand mag eine für ihn günstige Gelegenheit genutzt haben.

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