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Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
06.07.2019, 11:23
Beitrag: #9
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(04.07.2019 15:23)Suebe schrieb:  Der Kaufpreis "der elende Hirschgulden" wurde natürlich auch untersucht.

Württemberg hat 20-30 Jahre zuvor die Herrschaften Vaihingen und später Tübingen gekauft.
Die gezahlten Preise unterscheiden sich nicht wesentlich von den 28.000 fl die für die Herrschaft Balingen bezahlt wurde.
Württemberg hat in den 1450ern eine "Schatzung" in ganz Württemberg durchgeführt, und dabei ein Gesamtvermögen aller Einwohner der Schalksburg-Herrschaft von 150.000fl "geschätzt".
Darauf gründet sich der Jahrhundertelange Jammer der Hohenzollern, dass jener Kaufpreis zu niedrig gewesen wäre.
Ein Gesamtvermögen aller Einwohner kann aber doch niemals Basis für einen Kauf der Herrschaftsrechte gewesen sein.

Der Graf Ostertag von Zollern-Hohenzollern (in der Urkunde "Täglin") hat auf dem Kaufvertrag, den anschließend das Rottweiler Hofgericht noch begutachtet und für Rechtens erkannt hat, neben etlichen anderen von höherem Adel gesiegelt.

Entscheidend ist weniger das Vermögen seiner Untertanen als die tatsächlichen Einkünfte für die Herrschaft. Wobei noch Schwankungen zu berücksichtigen ist und dass sich im Verlauf der Jahre sehr viel ändern kann. 40 Jahre bedeutete im Spätmittelalter etwa eine Zeitdauer von zwei Generationen.

Andererseits darf nicht übersehen werden, dass Legenden und Sagen (und auch die Propaganda) gewöhnlich zur Vereinfachung und Übertreibung neigen, was der Veranschaulichung des Geschehenen dient (bzw. Propaganda dienen soll.) Die Sage vom Hirschgulden enthält immerhin eine ganze Reihe von moralischen Vergehen (die vor dem Hintergrund des Mittelalters und der (frühen) Neuzeit, die Zerstörung von gesellschaftlichen "Horten" verursachen.

- Eine Familie wird durch die Gier ihrer Söhne und deren Zwietracht unter einander um ihre Vermögen (also Existenz) gebracht. Wobei nicht nur die beiden bösen Söhne, sondern auch der Vater (das Familienoberhaupt, dessen Aufgabe die Bewahrung von Eintracht und Zusammenhalt ist) Schuld an der Entwicklung trägt.

- Die Sage erzählt jedoch nicht nur von der Zerstörung und (existenziellen) Vernichtung einer reichen (adeligen) Familie, sondern es ist auch eine Geschichte von betrogenen Betrügern.

- Daneben spielt jedoch auch die Standesfrage eine Rolle, denn der gute Bruder, obgleich Adeliger, solidarisiert sich (zumindest was seine engsten Bezugspersonen betrifft) mit den Menschen aus dem einfachen Volk. Damit wird er aber unter "seinesgleichen" (dem Adel) zum Außenseiter.

- Weiter ist interessant, dass es zwar eine Stiefmutter, eine Mutter und die "weise alte Frau" gibt, aber keiner der Brüder verheiratet ist oder das Thema Eheschließung im Zusammenhang mit ihnen auftaucht. Die Brüder der Sage haben also offensichtlich keine konkreten Zukunftspläne oder Pläne zur Weiterführung der Familie, die etwa durch den Hirschgulden vereitelt wurde. Sie sind somit von Anfang an dem Untergang geweiht ...

Interessant ist übrigens, dass Hauff gewisse Motive wie den Brudermord nur als Wunsch der bösen Brüder und als Möglichkeit in den "Raum" seiner Sagenhandlung stellt, sich aber nicht darauf eindeutig festlegt.

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern - Teresa C. - 06.07.2019 11:23

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