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Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
25.12.2012, 21:04
Beitrag: #1
Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Hier soll es um die Zeit des Aufstiegs des Osmanenreich gehen, Platz sollen Beiträge sowohl über den Aufstieg der Osmanen vom Kleinfürstentum zur Weltmacht haben, als auch die Gegenmaßnahmen die von den osmanischen Gegnern gegen diese ergriffen wurden.

Zum Diskussionsanstoß stelle ich ein paar Fragen:

-Warum sind die Osmanen so stark geworden?
-Was machten die Osmanen besser als ihre Gegner (auch andere türkische Fürstentümer)?
-Hätte man den Aufstieg frühzeitig beenden können, wenn ja wer?

Und auch noch:

-Welche Beispiele für Gegenmaßnahmen kennt ihr?

Freue mich auch interessante Beiträge und Diskussionen.
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27.12.2012, 22:53
Beitrag: #2
Aspekt gute Rahmenbedingungen für den Aufstieg:
(25.12.2012 21:04)WDPG schrieb:  -Warum sind die Osmanen so stark geworden?

Ich möchte mich mal einem Teilaspekt des Aufstiegs des Osmanenreichs zum Großreich widmen.

Bei fast jedem Aufstieg zur Großmacht ist ein wichtiger Faktor, das gute Rahmenbedingungen vorzufinden sind und diese bestanden für das Osmanenreich absolut.

-Rahmenbedingungen beim Aufstieg in Anatolien: Osman hatte keineswegs das mächtigste und größte der türkischen Kleinfürstentümer, die beim Zerfall des Rum-Seldschukenreichs entstanden waren zur Verfügung. Andere wie Germiyan oder Karaman waren viel stärker, aber er hatte einen entscheidenden Vorteil. Sein Gebiet grenzte an Byzanz. Dieses musste unter Kaiser Andronikos II einen harten Sparkurs fahren, der sich auf die Verteidigung in Anatolien stark auswirkte. Es standen viel zu wenige Soldaten zur Verfügung um das Gebiet effizient zu verteidigen. Das Wehrbauerntum das im Kaiserreich Nikea wieder angefangen wurde, war viel zu schwach um wirklichen Widerstand zu leisten. Außerdem kommt mir bei dem ganzen eine Vermutung auf (von der ich bisher keinen echten Beleg gefunden habe). Ein Staat der zu schwach ist um sich eine halbwegs ordentliche Armee zu leisten wird auch seinen Verwaltungsbeamten nicht gerade viel gezahlt haben. Vielleicht wurde so manchen Stadtbefehlshaber und Oberbefehlshaber auch sehr schnell dazu gebracht sein Gebiet zu übergeben – ist nur eine Überlegung, aber für mich ist es nicht so abwegig, das ein Verwalter der weiß das er sein Gebiet nicht lange halten wird können, von der Zentralregierung kaum Hilfe erwarten kann und nicht gerade gut bezahlt wird, sein Verwaltungsgebiet schnell auch Feinden zu übergeben.

-Aufstieg auf ehemals byzantinischem Gebiet: Unter Andronikos III (Nachfolger von Andronikos II) zeigte sich schnell das Anatolien wohl bald verloren sein würde. Andronikos III reagierte darauf auch. Er und Johannes Kantakuzenos konzentrierten sich darauf in Europa ihre Macht auszubauen und auch ein Flotte aufzubauen. Die Vermutung liegt nahe das man sich, statt sinnlos wo zu kämpfen wo man sowieso nur verlieren kann, lieber eine starke Basis in Europa schafft um sich so im Notfall wehren zu können. Eine weitere Möglichkeit (bei der mich wundert das man sie nicht früher angewendet hat) ist das Ausspielen der verschiedenen türkischen Fürstentümer untereinander. Eine Politik die Andronikos III und Johannes Kantakuzenos auch betrieben haben, die letzterem aber an einer anderen Stelle nützte als wohl ursprünglich gedacht. Johannes VI Kantakurzenos baute im Bürgerkrieg um die Nachfolge von Andronikos III auch auf seine guten Beziehungen zum türkischen Fürstentum von Aydin. Als dieses als Hilfe ausschied, holte er sich Hilfe von den Osmanen, was deren Macht natürlich weiter festigte und vielen ihrer Heerführen einen Einblick in Europa und Byzanz brachte. Außerdem war es für die Osmanen für ihren Aufstieg nach der Eroberung von Gallipoli nützlich dass, das Byzantinische Reich derart geschwächt war. Innerhalb von kurzer Zeit konnte man weite Gebiete von Byzanz erobern ohne das sich das von Bürgerkriegen zerrüttelte Reich helfen konnte.

-Der Balkan: Neben den Osmanen, waren auch noch die italienischen Seemächte und Serbien Gewinner der Bürgerkriege in Byzanz. Serbien riss weite Gebiete an sich und wurde zum Großserbischen Reich. Doch dieses war nicht besonders stabil und zerfiel kurz nahc dem Tod von Stephan Dusan bald wieder in Kleinreiche. Diese Kleinreiche waren es einzelner zu schwach um sich gegen die Osmanen zu wehren und auch mühsam ausverhandelte Allianzen waren keine Garantie für ein Zurückdrängen der Osmanen, die schließlich etliche Siege einfahren konnten und weite Gebiete des Balkans an sich reißen konnten. Bulgarien war schon lange stark geschwächt und teilweise auch aufgesplittert.
Kurz gesagt: Nach den Bürgerkriegen in Byzanz und dem Zerfall des Großserbischen Reichs gab es auf dem Balkan keine einzelne Macht mehr die es mit den Osmanen aufnehmen konnten.

-Der Westen, schnelle Gegenmaßnahmen kaum zu erwarten: Im 14. und 15. Jahrhundert war es nur schwer möglich das man gegen die Osmanen schnelle Gegenmaßnahmen ergriffen hätte. Es gab nicht besonders viele echte Großmächte in Europa und für die Großmächte die es gab war es alles andere als Einfach mal schnell ein großes Heer zu Entsenden um die Osmanen zu stoppen. Nehmen wir mal die Zeit als Konstantinopel fiel, da gab es nur wenige Mächte die im Stande waren diesem zu Hilfe zu kommen. England und Frankreich waren zusehr geschwächt vom Krieg gegeneinander, das Heilige Römische Reich bestand aus Kleinstaten. Kleinstaaten waren in dieser Zeit insgesamt sehr zahlreich.
Es blieben Venedig und Genua, letzteres war von inneren Kämpfen geschwächt, ersteres war auch nur ein Kleinstaat der zur See stark war. Ein Gebiet auf Dauer gegen die Osmanen zu halten war schwer möglich und erforderte hohen Finanzaufand. Aus der Sicht der Handelsmacht wohl zu hohen Aufwand. Ungarn war eine halbwegs starke Landmacht, doch dieses nahm (so mein Eindruck) am Anfang die Bedrohung nicht so ernst, war auch später oft mit anderem beschäftigt und erwies sich alleine als zu schwach um die Osmanen wieder aus der Balkangegend zu verdrängen. Ansonsten bleiben nicht mehr viele Mächte, die das Osmanische Reich in seinem Aufstieg stoppen hätten können.

Hätte eben nur ein Bündnis aus Staaten was bringen können, doch dieses auf längere Zeit zusammenzubringen war schwer.

Aus diese Sicht betrachtet, halfen gute Rahmenbedingungen dem Osmanenreich enorm.
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29.12.2012, 21:24
Beitrag: #3
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Ein nicht unbedeutender Aspekt des Aufstiegs der Osmanen war, dass sie mit den Janitscharen eine gut ausgebildete Berufsarmee besaßen. Außerdem verfügten sie über einen Dienstadel, der sich aufgrund eigener Verdienste herausbildete. Das bedeutete auch, dass fähige und qualifizierte Männer an die Spitze des Staates gelangen konnten. Dem hatten Staaten wie Byzanz, Serbien oder Bulgarien nichts Vergleichbares entgegenzusetzen.

Der Niedergang der Osmanen begann erst, nachdem dieses Leistungsprinzip verwässert wurde und die Herkunft und familiären Beziehungen für den persönlichen Aufstieg wichtiger wurden. Die Janitscharen blieben von den militärischen Weiterentwicklungen ab ca. Mitte/Ende des 16. Jahrhunderts weitgehend unberührt, so dass sie gegen Ende des 17. Jahrhunderts nicht mehr die effiziente Armee vergangener Tage war.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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30.12.2012, 13:31
Beitrag: #4
Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
.
Servus WDPG .

Ein interessantes Thema , das Du da eröffnet hast .
Es ist bei mir leider schon zu lange her daß ich ein Buch
über die Anfänge des osmanischen Reiches in der Hand hatte .

Mir fällt dazu nur ein daß sie ursprünglich Oghusen
aus dem Stamm der Yörük waren .
Und daß sie schon bei der Gründung ihres kleinen Fürstentum ,
das schwache byzantinische Reich als Hauptziel sahen ,
daß es zu beerben galt .

Sie begannen schon mit dem Ghazisystem
( bewaffnete Lehen mit Kriegspflicht ) , die sie auch sofort auf
den erroberten Gebieten einrichteten .

Und wie schon Sansavoir erwähnte , führte schon der Zweite ,
ihrer Herrscher ; Orhan , die Aufstellung von Janitscharenkorps ein ,
die schon von Beginn an aus erroberten Jungen , die muslimisch erzogen ,
eingerichtet wurden .

Leider kenne ich mich erst so ab Sülyeman dem Prächtigen
etwas besser aus .
Als bin ich Dir keine Hilfe .

luki

Und übrigens , Morgen ist auch noch ein Tag Cool
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30.12.2012, 15:56
Beitrag: #5
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(30.12.2012 13:31)Luki schrieb:  Mir fällt dazu nur ein daß sie ursprünglich Oghusen
aus dem Stamm der Yörük waren .

Die Yörük waren Nomaden in Zentral- und Südanatolien, die im Grunde der selben (nämlich hochgradig gemischter) Abstammung waren wie die Menschen, die in den Städten dieses Gebiets lebten, aber eben nomadisch lebten. Es gab sie bis ins 20.Jh., sie rekrutierten sich aus Kurden, diversen Turkvölkern, die als Turkmenen bekannt wurden, und wohl auch Einheimischen aus byzantinischer Zeit.
Die Osmanen gingen aus einem seldschukischen Teilfürstentum hervor und waren türkischer Abstammung - genaueres wird man nicht sagen können.

VG
Christian
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30.12.2012, 16:33
Beitrag: #6
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Entscheidend für den Aufstieg des osmanischen Reiches war wohl die Tüchtigkeit der ersten Sultane Osman, Orhan, Murat I., Bajazid I., Mehmet Fatih (der Sieger, Eroberer Konstantinopels), bis zu Suleiman dem Prächtigen. Die Osmanen waren so in der Lage, auch den fast tödlichen Rückschlag durch den Sieg Timurs zu verkraften. Nach der 1. Belagerung Wien ließ die Macht des Osmanischen Reiches nach, bis zum "kranken Mann am Bosporus".
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30.12.2012, 17:46
Beitrag: #7
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Grundsätzlich kann man sagen, dass sie einfach gute Chancen hatten (politische, geographische, militärische Lage etc.), aber eben auch einige Herrscher, die die Chancen auch richtig zu nutzen verstanden (siehe die Aufzählung von Harald1) und somit einen doch ziemlich dauerhaften Erfolg begründeten.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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31.12.2012, 19:43
Beitrag: #8
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(30.12.2012 15:56)913Chris schrieb:  
(30.12.2012 13:31)Luki schrieb:  Mir fällt dazu nur ein daß sie ursprünglich Oghusen
aus dem Stamm der Yörük waren .

Die Yörük waren Nomaden in Zentral- und Südanatolien, die im Grunde der selben (nämlich hochgradig gemischter) Abstammung waren wie die Menschen, die in den Städten dieses Gebiets lebten, aber eben nomadisch lebten. Es gab sie bis ins 20.Jh., sie rekrutierten sich aus Kurden, diversen Turkvölkern, die als Turkmenen bekannt wurden, und wohl auch Einheimischen aus byzantinischer Zeit.
Die Osmanen gingen aus einem seldschukischen Teilfürstentum hervor und waren türkischer Abstammung - genaueres wird man nicht sagen können.

VG
Christian

Servus Christian .

Es gibt wirklich keine genaue Zuordnung von welchem Stamm genau
Ertugrul , der Vater Osman I. abstammte .
Ich fand nur heraus , daß er vor den Mongolen nach Kleinasien floh
und die Rumseldschuken in einer Schlacht gegen Byzanz , mit ca. 400. Reitern unterstützte .
Nachdem die Rumseldschuken diese Schlacht gewonnen hatten wurde er zum Dank
1230. ? für seine Unterstützung , zum Kommandanten der Kayi - Oghusen bestellt .
Ob er aber vorher auch selbst jenem Stamm angehörte ?
Und er erhielt einige Ländereien in der Nähe des heutigen Ankaras .

Auf der Seite steht :
Er entstammte dem yörük-türkmenischen Stamm der Karakeçili der oghusischen Föderation der Kayı.

http://www.eslam.de/begriffe/o/osman_1.htm

Im deutschen WIKI steht :

Osman entstammte dem yörük-türkmenischen Stamm der Karakeçili der oghusischen Föderation der Kayı, eines Stammes von Halbnomaden,.....

http://de.wikipedia.org/wiki/Osman_I.

G. v. Luki

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31.12.2012, 19:50
Beitrag: #9
Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Servus .

Zwei interessante Karten die zeigen wie klein
das osmanische Fürstentum ursprünglich war .

[Bild: 300px-Osman_I_area_map.PNG]

Und größer :

http://en.wikipedia.org/wiki/File:Osman_I_area_map.PNG

Aus dieser URL :
http://en.wikipedia.org/wiki/Osman_I

Eine Übersichtkarte :

[Bild: 330px-Anatolia1300.png]

Und größer :

http://de.wikipedia.org/w/index.php?titl...0417222654

Aus der URL :
http://de.wikipedia.org/wiki/Osman_%28Dynastie%29

G.v.Luki

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01.01.2013, 13:22
Beitrag: #10
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Besonders interessant ist die erste Karte, die zeigt, wie Osman die Größe seines Herrschaftsgebiets vervielfältigen konnte. Die Stadt Bursa war davon fast eingeschlossen, so daß sie von Osmans Sohn Orhan leicht erobert und zur Hauptstadt gemacht werden konnte.
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01.01.2013, 21:28
Beitrag: #11
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(30.12.2012 16:33)Harald1 schrieb:  Entscheidend für den Aufstieg des osmanischen Reiches war wohl die Tüchtigkeit ..... Bajazid I., .

Ob man ihn zu den wirklich ganz, ganz fähigen zählen kann, da bin ich mir nicht ganz so sicher. Er war fast etwas zu stürmisch. Das kann man allgemein in seiner Politik beobachten und das führte zu Kampf gegen Timur, der ihm dann die Niederlage und den Osmanen einen vorübergehenden Niedergang bescherte.
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03.01.2013, 14:16
Beitrag: #12
Die Anfänge der Osmanen:
Es dürfte nicht ganz geklärt sein von wo die Osmanen ursprünglich kamen. Verwunderlich ist das nicht, denn als Osman das kleine Fürstentum übernahm war es nur eines von vielen, würde sogar sagen eines von den eher kleineren.

Im Rum-Seldschukenreich gab es seit jeher Spannungen zwischen nomadischer und sesshafter Lebensweise, zwischen Sprachgruppen, zwischen einem gewissen Zentralismus und einem eher aufgesplitterten Reich usw.
Viele der türkischen Kleinfürstentümer hatten ihren Ursprung nicht im Seldschukenreich sondern weiter östlich, als die Mongolen kamen flohen sie ins Seldschukenreich, wo sie hauptsächlich im Westen an der Grenze zu Byzanz angesiedelt wurden. Das Rum-Seldschukenreich erlitt gegen die Mongolen bei Köse Dag eine verheerende Niederlage, damit begann eine Schwächephase die, die Kleinfürstentümer nutzen konnten um immer Unabhängiger zu werden. Bis sich schließlich (etwa zur Zeit Osmans) das Rum-Seldschukenreich komplett auflöste, den Illchanen war Osman (und Anfangs vielleicht sogar sein Sohn und Nachfolger Orhan) scheinbar noch tributpflichtig. So der allgemeine Rahme der Geschichte der Türkischen Fürstentümer von denen das der Osmanen ursprünglich nur eines von vielen war.

Was die Osmanen direkt betrifft, waren sie wohl Oghusischer Herkunft (der genaue Stamm nannte sich Kayi), die Vorfahren von Osman sollen über ein Gebiet im heutigen Turkmenistan geherrscht haben und dann vor den Mongolen nach Westen genauer genommen Westanatolien geflohen sein. Ganz gesichert ist das allerdings nicht. Osmans Vorgänger soll der bereits erwähnte Ertogrul gewesen sein. Sein Fürstentum war nicht besonders groß und (wobei ich da erwähnen möchte das ich verschiedene Angaben gelesen habe) nicht einmal besonders kriegerisch. Es wurde eher ein Hirtenleben geführt. Doch Osman erkannte wohl die perfekte Lage (die in diesem Ausmaß wohl auch in dieser Zeit zustande gekommen ist), er baute den Staat um, so das der Krieg eine größere Rolle für sein Fürstentum spielte. Der Nachbar (Byzanz) war durch Sparmaßnahmen extrem geschwächt und so waren Eroberungen nicht besonders schwer, in dieser Hinsicht lag man auch besser als andere Fürstentümer. So (in etwa, denn wie gesagt es liegt vieles eher im Dunkeln) dürfte der Aufstieg der Osmanen begonnen haben.
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03.01.2013, 14:24
Beitrag: #13
RE: Die Anfänge der Osmanen:
(03.01.2013 14:16)WDPG schrieb:  Was die Osmanen direkt betrifft, waren sie wohl Oghusischer Herkunft (der genaue Stamm nannte sich Kayi),

Ich denke die Bedeutung der Herkunft der Osmanen sollte man nicht überschätzen. Das Herscherhaus und Teile der Bevölkerung des kleinen Fürstentums über das Osman herrschte kam von einem der genannten Stämme, OK. Aber als dieses größer wurde, kamen ganz andere Bevölkerungsschichten dazu, die der anderen Fürstentümer, die wohl aus ähnlichen Gegenden kamen die, die mit den Seldschuken nach Kleinasien kamen und wohl auch Leute die Ursprünglich mal Byzantier waren. So kann man bestenfalls sagen das der Stamm der da einwanderte die Herrscherdynastie hervorbrachte, nicht wirklich sehr viel mehr.
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03.01.2013, 14:35
Beitrag: #14
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(30.12.2012 17:46)Maxdorfer schrieb:  Grundsätzlich kann man sagen, dass sie einfach gute Chancen hatten (politische, geographische, militärische Lage etc.),...

Diese Chancen die sich aus der politischen Lage heraus ergeben sind wohl eine wichtige Vorraussetzung für die Bildung von Großreichen. Das kann man bei fast allen solchen Aufstiegen beobachten. Ein paar Beispiele: Das Islamische Großreich fand auch die günstige Lage vor das sowohl Byzanz, als auch die Sassaniden von gegenseitigen Kämpfen geschwächt sind, Dschinghis Khan, war unzweifelhaft ein Genie, aber er fand auch eine günstige Lage vor, die Steppe zerstritten, China aufgeteilt und militärisch eher schwach, in Persien existierte ein sehr instabiles Großreich usw.

Denke schon das diese günstige Lage eine sehr seher große Rolle beim Aufstieg vieler Großreiche war, sie nutzen sozusagen ein in der jeweiligen Region vorhandenes Machtvakum um zu dem zu werden was sie waren.
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11.01.2013, 14:11
Beitrag: #15
Abwehrstrategien von Byzanz (gegen die Osmanen):
Byzanz war der erste größere Gegner des Osmanenreichs, es war keineswegs so das man nichts dagegen getan hat, das die Osmanen immer stärker wurden, es gab auch Abwehrmaßnahmen gegen die aufsteigenden Osmanen, allerdings waren diese schließlich erfolglos. Hier möchte ich kurz auf die verschiedenen Abwehrmaßnahmen in den verschiedenen Zeiten eingehen:

-Unter Andronikos II: Unter Andronikos II herrschte in Byzanz finanzielle Not, die Armee wurde aus dieser Grund extrem verkleinert, etwas was auch den Aufstieg von türkischen Kleinfürstentümern wie dem der Osmanen begünstigte. Andronikos II musste sich also eine Gegenstrategie einfallen lassen.
Diese sah schließlich so aus das man Alanen die vor den Mongolen geflohen waren in Kleinasien ansiedelte um mit ihnen gegen die Türken zu kämpfen. Kaisersohn Michael und die Alanen wurden jedoch schon sehr bald von den Türken geschlagen (ob es sich dabei um die Osmanen oder andere Fürstentümer handelt weiß ich nicht). Nachdem sich die Alanen als zu schwach erwiesen hatten setzte man auf die Hilfe Katalanentruppe, diese Söldnertuppe war auch sehr erfolgreich, konnte den Türken auch Niederlagen bebringen, wandte sich aber zunehmend gegen Byzanz, das sie nicht wirklich bezahlen konnte. Schließlich versuchte Byzanz die Söldnertruppe durch die Ermordung ihres Anführer (Roger die Fiore) zu beseitigen, der Schuss ging nach hinten los, die Katalanen zogen nun plündernd gegen Byzanz und für die Türken war diese Gefahr gebannt.

-Unter Andronikos III: Auch Andronikos III versuchte gegen die Osmanen vorzugehen, er und sein Heer erlitten jedoch eine Niederlage, was ihm zu einer anderen Politik brachte. Andronikos III und Johannes Kantakuzenos (der unter ihm die Nummer 2 im Reich war) bauten ihre Macht im Europäischen Reichsteil aus und bauten eine starke Flotte auf, so das man wenigstens ein Übergreifen der Türken auf diese Gebiete verhindern konnte. In Anatolien widerstand gegen die Türken gesamt zu leisten dürfte man aufgegeben haben, dafür begann man anscheinend mit einer Politik, bei der mich immer wieder wundert das man nicht früher auf die Idee gekommen ist. Man spielte die verschiedenen türkischen Kleinfürstentümer gegeneinander aus. Ein Hinweis darauf sind die guten Beziehungen von Johannes Kantakuzenos zu manchen türkischen Fürstentümern.

-Bürgerkrieg: Ob die Strategie von Andronikos III aufgegangen wäre ist schwer zu sagen, zunichte gemacht wurde sie durch heftige Bürgerkriege nach seinem Ableben. Johannes Kantakuzenos holte sich hierbei auch die Hilfe eines türkischen Verbündete, des Herrschers von Aydin zu dem man aufgrund der vorhergehenden Strategie gute Verbindungen hatte. Als dieser sich mit anderen Feinden rumschlagen musste, holte Johannes VI Kantakuzenos auch die Osmanen in den Bürgerkrieg hinein. Statt das man also die türkischen Fürstentümer gegeneinander ausspielen konnte, profitierten diese nun davon in Kämpfe innerhalb von Byzanz zu gelangen.

-Nach dem Bürgerkrieg: Nach dem Bürgerkrieg Mitte des 14. Jahrhunderts schrumpfte das Gebiet von Byzanz auf wenige kleine Teile zusammen. Schon bald eroberten die Osmanen den wichtigen Stützpunkt von Gallipoli und drangen auf den Balkan.
Byzanz gelang es nach dem Bürgerkrieg nur schwer überhaupt noch ein ordentliches Budget aufzustellen, größere Söldnerheere (auf ein solches baute Byzanz in der Spätzeit) waren nicht mehr drinnen.
Man hatte also nicht mehr besonders viele Möglichkeiten etwas gegen die Osmanen zu unternehmen. Meist setzte man auf die gleichen 2 Strategien:

Stragie 1: Bitten um Hilfe aus dem Westen, schon der Nachfolger von Johannes VI Kantakuzenos, Johannes V Palaiologos versuchte sich Hilfe aus dem Westen gegen die Osmanen zu verschaffen, ohne Erfolg (meinem Gefühl nach wurde die Osmanenbedrohung noch zuwenig ernst genommen, als er sich an Venedig und Ungarn wendete), auch alle Nachfolgenden Kaiser bis Konstantin XI baten im Weste um Hilfe gegen die inzwischen übermächtig gewordenen Osmanen. Das war wohl auch die einzige Möglichkeit diesen wirklich was entgegenzusetzen. Ein Hoffnung die man sogar bei der Belagerung noch hegte, doch dieser einzige Weg um bestehen zu können kam nicht zustande. Größere Effektive Hilfe blieb aus.

Strategie 2: Ab Manuel II nahm man immer wieder mal gerne osmanische Thronanwärter auf oder unterstütze aufständische Anwärter gegen den aktuell Sultan um sich zumindest etwas Luft zu verschaffen. Manuel II hatte hier den Vorteil das es sich um echt harte Thronkämpfe handelte die, die Osmane führten nachdem Bayezid I von Timur besiegt und gefangen genommen worden war, bei denen er Kandidaten unterstützen konnte. Im Zuge dieser Thronkämpfe gelang es ihm immerhin Thessolonike zurückzuerhalten und für einige Zeit Frieden zu schließen. Andere Ausspielungsversuche etwa die Unterstützung eines Thronanwärters gegen Murad II waren weniger erfolgreich. Mit manchen wie etwa dem Beherbergen von Prinz Orhan, versuche man zumindest ein paar Zahlungen des Sultans zu erriechen. Prinz Orhan war auch 1453 noch in Konstantinopel und kämpfte auch bei der Belagerung für dieses.

Schließlich blieb Byzanz jedoch nur noch die Strategie, auf die Festungen in Konstantinopel zu vertrauen, auf Hilfe aus dem Westen zu hoffen und zu schauen ob man wenigstens kleinere Chancen nutzen konnte.
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11.01.2013, 14:12
Beitrag: #16
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Frage an die Mit-User:

Hätte es eurer Meinung nach auch noch andere Möglichkeiten von Gegenstrategien gegeben, die Byzanz hätte versuchen können?

Wenn ja, welche?
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11.01.2013, 15:40
Beitrag: #17
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Ich will mal auf die Anfänge des osmanischen Reiches zurückkommen. Ic besitze ein dickes Buch über die Türkei mit einem Kapitel "Osmanische Geschichte", geschrieben von einem türkischen Historiker. Danach wollten die Oghusen unter Führung Süleyman Schahs nach Dschingis Khans Tod nach Chorasan zurückkehren. Bei der Überquerung des Euphrats ertrank Süleyman Schah. Zwei seiner vier Söhne kehrten weiter zurück, die anderen beiden blieben in Anatolien. "Auf ihrem Weg stießen sie auf eine Schlacht, deren Parteien sie nicht kannten. Aus traditioneller Verpflichtung, dem Schwächeren zu helfen, griff Ertogrul (der Führer der Oghusen) kurzentschlossen in die Sclacht ein" und brachte die Wende. Die Schwächeren waren die Seldschuken unter ihrem Sultan, deren Gegner Mongolen.
Ertogruls Sohn war Osman.

Sicher hat diese Geschichte einen Wahrheitsgehalt, aber um sie so zu glauben muß man Türke sein.
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11.01.2013, 17:44
Beitrag: #18
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 14:12)WDPG schrieb:  Frage an die Mit-User:

Hätte es eurer Meinung nach auch noch andere Möglichkeiten von Gegenstrategien gegeben, die Byzanz hätte versuchen können?

Wenn ja, welche?

Ich denke, Deine Frage kann man mit "Nein" beantworten. Manuel II. hat ja Vieles unternommen. Dass er und seine Söhne Johannes VIII. und Konstantin XI. keine ausreichende Hilfe aus Westeuropa bekamen, war nicht deren Schuld. Außerdem zeigte der 1396 gescheiterte Kreuzzug, dass west- und mitteleuropäische Ritterheere nicht viel gegen Osmanen ausrichteten. Die Niederlage des Kreuzzugsheeres bei Varna im Jahr 1444 bedeutete nur eine Wiederholung des militärischen Versagens von 1396. Dagegen konnte Johannes XI. 1422 und 1442 Konstantinopel noch erfolgreich gegen Murad II. verteidigen. Und um 1450 besaßen die Osmanen wohl die beste Armee der Welt.

Es war schon richtig, dass Manuel II. 1413 einen Freundschaftsvertrag mit Mehmed I. schloss. Dieser sicherte zwar Mehmed I. den Sieg gegen seine rivalisierenden Brüder, verschaffte Byzanz aber auch eine Atempause, die Manuel zum Ausbau der Verteidigungsanlagen von Konstantinopel nutzte. Dass Mehmeds Sohn Murad II. nicht gewillt war, den Frieden weiter fortzusetzen, war nicht Schuld Manuels!

Ein Manko der letzten byzantinischen Herrscher waren fehlende Verbündete. Deshalb stellt sich die Frage: Wer käme außer Papst und Kaiser, Ungarn, Polen-Litauen oder der eine oder andere westeuropäische Herrscher noch als potentieller Verbündeter in Frage? Da wären nur noch Persien, die ägyptischen Mamelucken, die Goldenen Horde einschließlich ihrer Abspaltungen wie das Krim-Khanat und das Khanat Kasan und das aufstrebende Großfürstentum Moskau. Trotz meines „Nein“ zur Rettung von Byzanz, möchte ich aber trotzdem nachfolgendes Gedankenkonstrukte durchspielen, wobei ich mich auf die Situation von ca. 1420 bis 1450 konzentriere.

Persien wurde im 15. Jahrhundert von den Timuriden beherrscht. Der Sieg Timurs über Bajazid I. in der Schlacht bei Ankara im Jahr 1403 verschaffte Byzanz eine Atempause. Demnach hätte sich Persien als Verbündeter angeboten. Allerdings gliche es einer Revolution der griechischen bzw. byzantinischen Diplomatie, diesen traditionellen Gegner als Verbündeten zu gewinnen. Des Weiteren hätte sich Byzanz statt der Osmanen einen potentiell ebenso gefährlichen Gegner in die unmittelbare Nachbarschaft geholt. Frühere byzantinische Herrscher duldeten die Osmanen als Puffer zwischen ihrem Staat und Persien. Trotzdem sei der Gedanke erlaubt, ob persische Angriffe die Osmanen gezwungen hätten, ihre bisherige Expansionspolitik zu drosseln und eine ausgleichende Politik sowohl zu Byzanz als auch zu Persien zu betreiben. Ich denke, zumindest bis 1449 wären die Timuriden unter Schah Ruch oder Ulugh Beg eine Option gewesen, die Angriffe der Osmanen besser abzuwehren. Danach waren die Timuriden in Kämpfen untereinander verstrickt, möglicherweise hätte die eine oder andere Partei Byzanz auch unterstützt. Dass es zu keinem dauerhaften Bündnis kam, kann sicher mit den Erfahrungen und Traditionen aus der griechischen bzw. byzantinischen Geschichte begründet werden, in der Persien als Erbfeind galt. Die unterschiedlichen Religionen waren sicher auch ein Grund, dass ein dauerhaftes Bündnis mit den Timuriden nicht zustande kam.

Ein weiterer möglicher Verbündeter wären die ägyptischen Mamelucken gewesen. Ihnen gelang 1425/26 die Eroberung von Zypern. Ein Problem der ägyptischen Wirtschaft bestand in der Piraterie der Ritter von Rhodos. Es wäre für Byzanz durchaus sinnvoll gewesen, wirtschaftliche und politische Beziehungen mit den Mamelucken zu führen. Dieser Verbündete wäre zwar nicht so stark, wie die Timuriden, wäre aber auch nie eine Gefahr für den eigenen Staat geworden. Sowohl Mamelucken als auch Byzanz hätte das gemeinsame Ziel, den weiteren Aufstieg der Osmanen zu verhindern, in einem politisch-militärischen Bündnis umsetzen müssen. Ob ihre gemeinsamen Kräfte über Jahrzehnte gereicht hätten, ist eine andere Sache. Aber Byzanz hätte um 1450 einen Verbündeten gehabt. Dass es dazu nicht kam, lag wohl an den unterschiedlichen Religionen und an den noch verbreiteten Kreuzzugsgedanke, mit dem Ziel, Jerusalem zurück zu erobern.

Die Goldene Horde oder die aus ihr hervorgegangenen Gebilde wie das Khanat von Kasan oder das Khanat der Krimtataren wären theoretisch auch eine Option. De facto kann man dies aber ausschließen, die Goldene Horde bemühte sich ihren Zerfall aufzuhalten, die abgespaltenen Gebiete setzten alles daran, sich als eigenständig zu behaupten. Ich denke, von den Mongolen bzw. den Tataren hätte Byzanz keine Hilfe erhalten. Ein weiterer Punkt ist, dass sich noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Bündnisse zwischen den Osmanen und den Tatarenstaaten herausbildeten.

Interessanter dagegen, wäre abzuwägen, ob das seit dem 14. Jahrhundert aufstrebende Großfürstentum Moskau ein potentieller Verbündeter gewesen wäre. Denn nach der siegreichen Schlacht am Schnepfenberg im Jahr 1380 unter Dimitri Donskoi stieg Moskau zu einer regionalen, wenn nicht gar Großmacht auf. Was für dieses Bündnis spricht, beide Staaten praktizierten den orthodoxen Ritus des Christentums. Allerdings hatte sich Moskau mit Angriffen von Polen-Litauen und den Mongolen bzw. Tataren auseinander zu setzen. Ich halte jedenfalls das Großfürstentum Moskau als einen potentiellen Verbündeten, um den sich die byzantinische Diplomatie nicht ausreichend gekümmert hatte. Dass sie es nicht tat, lag sicher mit den ungenügenden Kenntnissen der byzantinischen Diplomatie über den Nordosten Europas und ihrer auf West- bzw. Mitteleuropa fixierten Politik zusammen. Nicht zu vergessen, der erhebliche logistische Aufwand, den man für die diplomatische Beziehungen mit Moskau zu betreiben hatte.

Trotzdem wäre wohl um 1450 eine Alternative für Byzanz ein Bündnis mit dem Großfürstentum Moskau und den ägyptischen Mamelucken gewesen. Ob dieses auf Dauer gegen die Osmanen Bestand hätte, ist eine andere Frage. Die Tataren und Mongolen wären osmanische Verbündete geworden, die den Nachschub der Moskowiter beträchtlich erschwert hätten. Und die Mamelucken, die den Gebrauch von Feuerwaffen ablehnten, wären auch nicht für ewig ein loyaler Verbündeter geblieben.

Aber um mein obiges "Nein" etwas zu entkräften. Byzanz hätte nur Möglichkeiten gehabt, weiter zu bestehen, wenn man sich Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt, auf alle möglichen, politischen Konstellationen eingestellt hätte und bereit gewesen wäre, ungewöhnliche neue Wege zu gehen. Dies war aber mit einer auf Traditionen verhafteten Diplomatie nicht zu machen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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11.01.2013, 19:01
Beitrag: #19
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Frühere byzantinische Herrscher duldeten die Osmanen als Puffer zwischen ihrem Staat und Puffer.

???
Diesen Satz verstehe ich nicht so ganz...

Zum Thema:
Generell hat Sansavoir ja schon das meiste zum Thema gesagt, ein großes Lob für diesen Beitrag. Im Nachhinein und wenn man die letzten Jahrzehnte von Byzanz genau durcharbeiten würde, käme man sicher auf die ein oder andere Situation, in der man anders hätte handeln "müssen" oder mehr zu tun gewesen wäre. Aber wenn man sich in die damalige Zeit hineinversetzt und von der Perspektive des Entscheidenden aus die Möglichkeiten einzeln in Betracht zieht, kann man nicht sagen, dass eine gänzlich verquere Politik betrieben wurde.
Das Problem war - neben dem mächtigen Feind, den Osmanen - dass das byzantinische Reich gealtert war. Damit meine ich einerseits die Heerführer, die Armee und das ganze Staatswesen, aber eben auch die Diplomatie, die Sansavoir in einem Gedankenexperiment unter die Lupe genommen hat. Mit den Mamelucken oder Moskau in Zusammenarbeit zu treten, darauf war das diplomatische System nicht vorbereitet und man konnte es ohne grundlegende Reform des Staatswesens nicht so einfach um 180 Grad drehen
- und nicht zuletzt wollte man es vielleicht auch gar nicht, denn es hatte sich ja bewährt und war wohl auch ideologisch eingeschärft worden.

VG

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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11.01.2013, 20:56
Beitrag: #20
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 19:01)Maxdorfer schrieb:  
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Frühere byzantinische Herrscher duldeten die Osmanen als Puffer zwischen ihrem Staat und Persien.
???
Diesen Satz verstehe ich nicht so ganz...
Hoffentlich nun. Danke, dass Du mich auf diesen Schreibfehler aufmerksam gemacht hast.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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11.01.2013, 23:48
Beitrag: #21
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Persien wurde im 15. Jahrhundert von den Timuriden beherrscht. Der Sieg Timurs über Bajazid I. in der Schlacht bei Ankara im Jahr 1403 verschaffte Byzanz eine Atempause. Demnach hätte sich Persien als Verbündeter angeboten. Allerdings gliche es einer Revolution der griechischen bzw. byzantinischen Diplomatie, diesen traditionellen Gegner als Verbündeten zu gewinnen. Des Weiteren hätte sich Byzanz statt der Osmanen einen potentiell ebenso gefährlichen Gegner in die unmittelbare Nachbarschaft geholt. Frühere byzantinische Herrscher duldeten die Osmanen als Puffer zwischen ihrem Staat und Persien. Trotzdem sei der Gedanke erlaubt, ob persische Angriffe die Osmanen gezwungen hätten, ihre bisherige Expansionspolitik zu drosseln und eine ausgleichende Politik sowohl zu Byzanz als auch zu Persien zu betreiben. Ich denke, zumindest bis 1449 wären die Timuriden unter Schah Ruch oder Ulugh Beg eine Option gewesen, die Angriffe der Osmanen besser abzuwehren. Danach waren die Timuriden in Kämpfen untereinander verstrickt, möglicherweise hätte die eine oder andere Partei Byzanz auch unterstützt. Dass es zu keinem dauerhaften Bündnis kam, kann sicher mit den Erfahrungen und Traditionen aus der griechischen bzw. byzantinischen Geschichte begründet werden, in der Persien als Erbfeind galt. Die unterschiedlichen Religionen waren sicher auch ein Grund, dass ein dauerhaftes Bündnis mit den Timuriden nicht zustande kam.

Bezüglich der Timuriden muss man sagen, das es diesen gleich nach Timur schwer fiel, Großmachtspolitik zu betreiben und sich mit einem Angriff auf das Osmanenreich einen zusätzlichen Gegner zu schaffen. Man hatte in vielen Ecken Feinde und untereinander Streitigkeiten. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht sicher ob im Jahr 1453 die Timuriden noch Nachbarn des Osmanenreichs waren. Denn da hat sich ja die Weisse Hammeln dazwischengeschoben, die unter Uzun Hassan ein Blüte erlebte dazwischengeschoben. Auf deren Hilfe baute später der Kaiser von Trapezunt, erfolglos.
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12.01.2013, 00:00
Beitrag: #22
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Trotzdem wäre wohl um 1450 eine Alternative für Byzanz ein Bündnis mit dem Großfürstentum Moskau und den ägyptischen Mamelucken gewesen.

Ein interessanter Gedanke, den du da schreibst. An die Mameluken als potentielle Verbündete habe ich noch nicht wirklich gedacht. Moskau, da habe ich mich auch schon öfter gefragt, warum das nicht als Bündnispartner in Frage kam. Diplomatische Kontakte gab es schon. Eigentlich gab es schon seit der Zeit der Kiewer-Russ ständig Kontakte zueinander. Auch in der Zeit der Schwäche von Byzanz gab es z.B. Geldspenden aus Moskau. OK, eine gewisse Verstimmung zwischen den beiden Reichen dürfte es gegeben haben, aber waren die so groß das Moskau als es für Byzanz um alles oder nichts ging keine Hilfe leisten konnte? Das erscheint mir dann auch wieder nicht so.

Andere Frage: Hatte Moskau damals schon eine Flotte die stark genug war um Konstantinopel zu helfen? Denn über den Landweg war die Entfernung doch relativ weit.
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12.01.2013, 00:30
Beitrag: #23
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(12.01.2013 00:00)WDPG schrieb:  Andere Frage: Hatte Moskau damals schon eine Flotte die stark genug war um Konstantinopel zu helfen? Denn über den Landweg war die Entfernung doch relativ weit.

Der Kiewer Rus unterhielt ja Handelsbeziehungen zu Byzanz. Dabei wurden Flüsse wie Don, Dnjepr oder Wolga genutzt. Ebenso nutzten die Waräger diese Wege. Diese Flussschifffahrt hätten die Moskowiter um 1450 auch zustande gebracht. Allerdings hätte die Gefahr von Angriffen der Mongolen oder Tataren bestanden. Es wäre sicher zeitweise möglich, diese Gefahr z.B. durch Tributzahlungen abzuwenden. Eine taugliche Kriegsflotte besaßen die Moskowiter um 1450 noch nicht. Hier hätten sie sich der Hilfe genuesischer Kaufleute bedienen müssen.

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12.01.2013, 11:28
Beitrag: #24
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Ein Manko der letzten byzantinischen Herrscher waren fehlende Verbündete. Deshalb stellt sich die Frage: Wer käme außer Papst und Kaiser, Ungarn, Polen-Litauen oder der eine oder andere westeuropäische Herrscher noch als potentieller Verbündeter in Frage? ....

Diese Frage finde ich auch deshalb interessant, weil man immer wieder mal auf interessante neue Ansätze kommt, wie eben den deinigen mit den Mameluken und Russen.

Auch ich würde sagen, so großartige andere Möglichkeiten hatte man nicht. Eine Strategie die man, so finde ich schon früher hätte anwenden können ist das Ausspielen der türkischen Kleinfürstentümer untereinander. Diese bildeteten sich ja nicht von heute auf morgen sondern waren in der Zeit von Michael Palaiologos noch vorhanden. Einer Zeit in der man sogar noch die Möglichkeit hatte den einen oder anderen wirkungsvollen Feldzug durchzuführen.
Einerseits wundert es mich, das da nichts getan wurde, andererseits muss man sagen das Michael Palaiologos mit dringenderen Problemen zu kämpfen hatte. Die Bedrohung durch Karl von Anjou war ernst und es war auch wichtig die anderen griechischen und lateinischen Fürstentümer der Gegend wieder einzugliedern. Wohl (aus der Sichtweise des Kaisers) wichtiger als ein paar türkische Kleinfürstentümer, die ein paar Raubzüge in Anatolien unternahmen. Wer weiß hätte man nicht alle Ressourchen wo anders gebunden gehabt, vielleicht hätte man da doch eine Gegenstrategie aufbauen können, denn übermächtig waren die türkischen Kleinfürstentümer anfangs absolut nicht.
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12.01.2013, 18:15
Beitrag: #25
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Das stimmt. Aber Byzanz konnte die Bedrohung durch Karl von Anjou nicht vernachlässigen. Seine Byzanz-Politik bezieht sich doch ganz klar auf Robert Guiscard und Heinrich VI.

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13.01.2013, 12:38
Beitrag: #26
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(12.01.2013 18:15)Sansavoir schrieb:  Das stimmt. Aber Byzanz konnte die Bedrohung durch Karl von Anjou nicht vernachlässigen. Seine Byzanz-Politik bezieht sich doch ganz klar auf Robert Guiscard und Heinrich VI.

Da hast du absolut recht, die türkischen Kleinfürsten waren sicherlich ein ärgerliches Problem (langfristig auch bedrohlich), aber es ist klar das man sich dem wirklich gefährlichen Problem aus dem Westen widmen musste, man muss bedenken, das der 4. Kreuzzug noch nicht allzulange vorbei war.
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13.01.2013, 12:38
Beitrag: #27
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 20:56)Sansavoir schrieb:  
(11.01.2013 19:01)Maxdorfer schrieb:  ???
Diesen Satz verstehe ich nicht so ganz...
Hoffentlich nun. Danke, dass Du mich auf diesen Schreibfehler aufmerksam gemacht hast.

Achso meinst du das.

Ja, jetzt verstehe ich.

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13.01.2013, 14:45
Beitrag: #28
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
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Interessanter dagegen, wäre abzuwägen, ob das seit dem 14. Jahrhundert aufstrebende Großfürstentum Moskau ein potentieller Verbündeter gewesen wäre. Denn nach der siegreichen Schlacht am Schnepfenberg im Jahr 1380 unter Dimitri Donskoi stieg Moskau zu einer regionalen, wenn nicht gar Großmacht auf. Was für dieses Bündnis spricht, beide Staaten praktizierten den orthodoxen Ritus des Christentums. Allerdings hatte sich Moskau mit Angriffen von Polen-Litauen und den Mongolen bzw. Tataren auseinander zu setzen. Ich halte jedenfalls das Großfürstentum Moskau als einen potentiellen Verbündeten, um den sich die byzantinische Diplomatie nicht ausreichend gekümmert hatte. Dass sie es nicht tat, lag sicher mit den ungenügenden Kenntnissen der byzantinischen Diplomatie über den Nordosten Europas und ihrer auf West- bzw. Mitteleuropa fixierten Politik zusammen. Nicht zu vergessen, der erhebliche logistische Aufwand, den man für die diplomatische Beziehungen mit Moskau zu betreiben hatte.

Trotzdem wäre wohl um 1450 eine Alternative für Byzanz ein Bündnis mit dem Großfürstentum Moskau und den ägyptischen Mamelucken gewesen. Ob dieses auf Dauer gegen die Osmanen Bestand hätte, ist eine andere Frage. Die Tataren und Mongolen wären osmanische Verbündete geworden, die den Nachschub der Moskowiter beträchtlich erschwert hätten. Und die Mamelucken, die den Gebrauch von Feuerwaffen ablehnten, wären auch nicht für ewig ein loyaler Verbündeter geblieben.

Aber um mein obiges "Nein" etwas zu entkräften. Byzanz hätte nur Möglichkeiten gehabt, weiter zu bestehen, wenn man sich Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt, auf alle möglichen, politischen Konstellationen eingestellt hätte und bereit gewesen wäre, ungewöhnliche neue Wege zu gehen. Dies war aber mit einer auf Traditionen verhafteten Diplomatie nicht zu machen.
Ende Zitat

Das Großfürstentum Moskau konnte Byzanz nicht helfen, selbst wenn es gewollt hätte. Erstens hatte es keinen Zugang zum Schwarzen Meer. Dieser wurde versperrt von der Goldenen Horde und ab 1441 vom Khanat Krim, das 1478 autonomerVasall des Osmanenreiches wurde. Noch 1445 wurde der Moskauer Großfürst Wassili II der Blinde Gefangener der Krimtartaren und mußtefreigekauft werden. Erst 1774/1783 geriet das Krimkhant unter russische Herrschaft (Katharina II).
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13.01.2013, 18:47
Beitrag: #29
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Außerdem war Moskau bis Iwan dem Schrecklichen kein Staat, der regelrechte Außenpolitik betreiben konnte. Polen-Litauen und die Tataren als Gegner waren viel zu dominierend, als dass sich Moskau groß um weitere Staaten kümmern konnte, geschweige denn, diesen Staaten Hilfe leisten konnte. Moskau brauchte selbst alle Kräfte, um sich zu behaupten.
Nicht zu vergessen die inneren Querelen der russischen Staaten. Da wurde bis auf´s Messer miteinander gekämpft, nicht nur, weil die einen auf Seiten der Tataren, die anderen auf Seiten der russischen Emanzipationsbewegung standen. Es ging auch immer um die Vorherrschaft unter den Nachfolgestaaten der Kiewer Rus.

VG
Christian
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17.01.2013, 14:28
Beitrag: #30
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Die von Harald und Chris genannten Gründe sind wohl richtig. Ausgehend von der Heirat des Moskauer Großfürsten Wassili III. mit Sofia Palaiologa, der Nichte des letzten byzantinischen Herrschers, im Jahr 1462 und den damit verbundenen Anspruch als drittes Rom die Nachfolge von Byzanz zu übernehmen, ging ich davon aus, dass es vielleicht 10 bis 15 Jahre früher möglich gewesen wäre, Byzanz zu helfen. Dies war wohl weder dem Großfürsten von Moskau, einem seiner Konkurrenten oder gar dem Patriarchen von Moskau möglich. Das Problem, einerseits mit den an Wolga, Don und Dnjepr ansässigen Mongolen und Tataren, andererseits mit den Krimtataren wurde berücksichtigt, ein Bündnis mit einen aus dieser Gruppe wäre wohl auch nur für kurze Zeit denkbar.

Aber WDPG's Frage ging ja dahin, ob es Möglichkeiten zur Rettung Byzanzs gegeben hätte. Dabei sollten auch Optionen untersucht werden, die nur für wenige Jahre in Betracht kämen - im Sinne der Spekulation, dass Byzanz nur bis zur Schlacht von Belgrad im Jahr 1456 durchzuhalten hatte. Dieser Sieg des ungarischen Heeres unter Johan Hunyadi über die osmanischen Truppen Mehmeds II. sicherte Südosteuropa ein knapp siebzigjährige Atempause, von der Byzanz auch profitiert hätte. Natürlich darf man aus heutiger Sicht nicht vergessen, dass der Feldzug von 1456 eine Folge der Eroberung von Byzanz war.

Einen weiteren Kandidaten, der Byzanz hätte unterstützen können, wäre auch die Krone Aragons. Im Jahr 1442 behaupteten sich die Aragonesen auch im Königreich Neapel, sie beherrschten Süditalien und Sizilien und sie waren die wichtigste Mittelmeermacht. Es ist schon klar, dass Alfons V. von Aragon die Opposition diverser neapolitanischer Barone bekämpfen musste. Aber vielleicht wäre er ein nützlicher Verbündeter gewesen.

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17.01.2013, 15:04
Beitrag: #31
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Der Sieg Johan Hunyadis 1456, wie du schon schriebst verursacht durch die Eroberung Konstantinopels, brachte auch keine Änderung. Johans Sohn Mattias Corvinus interessierte sich mehr für das Kriegführen in Österreich, Böhmen und Schlesien. Als er starb standen die Türken tief in seinem eigenen Land.
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17.01.2013, 21:32
Beitrag: #32
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(17.01.2013 14:28)Sansavoir schrieb:  DieAber WDPG's Frage ging ja dahin, ob es Möglichkeiten zur Rettung Byzanzs gegeben hätte. Dabei sollten auch Optionen untersucht werden, die nur für wenige Jahre in Betracht kämen

Das stimmt. Von Moskau wäre die Rettung wohl nicht unbedingt gekommen, wie wir festgestellt haben. Aber dein Gedankengang, das man sich langfristig in der Spätzeit mehr auf die Beziehungen zu den Russen und den Mamluken konzentrieren hätte können, halte ich dennoch für sehr interessant.
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17.01.2013, 21:36
Beitrag: #33
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(17.01.2013 14:28)Sansavoir schrieb:  ....im Sinne der Spekulation, dass Byzanz nur bis zur Schlacht von Belgrad im Jahr 1456 durchzuhalten hatte. Dieser Sieg des ungarischen Heeres unter Johan Hunyadi über die osmanischen Truppen Mehmeds II. sicherte Südosteuropa ein knapp siebzigjährige Atempause, von der Byzanz auch profitiert hätte. Natürlich darf man aus heutiger Sicht nicht vergessen, dass der Feldzug von 1456 eine Folge der Eroberung von Byzanz war.


Da muss ich dir widersprechen: Durch den Sieg der Ungarn wurde der Osmanische Vorstoß nur in diese Richtung gebremst. In der Folgezeit gab es gegen Ungarn nur kleinere Kampfhandlungen. Mehmed II hinderte die Niederlage aber nicht daran den Balkan zu erobern und schon gar nicht weitere Vorstöße gegen die byzantinischen Restgebiete, wie etwa die auf der Morea oder die auf Trapezunt erfolgreich auszuführen. Daraus kann man schließen das Ungarns Sieg ihn auch nicht daran gehindert hätte abermals gegen Konstantinopel vorzugehen.
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17.01.2013, 21:40
Beitrag: #34
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(17.01.2013 14:28)Sansavoir schrieb:  Einen weiteren Kandidaten, der Byzanz hätte unterstützen können, wäre auch die Krone Aragons. Im Jahr 1442 behaupteten sich die Aragonesen auch im Königreich Neapel, sie beherrschten Süditalien und Sizilien und sie waren die wichtigste Mittelmeermacht. Es ist schon klar, dass Alfons V. von Aragon die Opposition diverser neapolitanischer Barone bekämpfen musste. Aber vielleicht wäre er ein nützlicher Verbündeter gewesen.

Alfons V von Aragon wäre 1453 tatsächlich ein Kandidat zum Entsenden eines Entsatzheeres gewesen. Das Problem war nur das der Kaiser ihm zurecht misstraute. Alfons V hatte es sich anscheinend zum Ziel gemacht, die Nachfolge der Lateinischen Kaiser anzutreten oder zumindest der Kaisermacher. Somit trat er theoretisch die Nachfolger der Normannen in Süditalien oder von Karl von Anjou an, nicht gerade jemand mit dem man sich verbünden wollte.

Als die Bedrohung dann kam reagierte Alfons V von Aragon nur sehr halbherzig, ich schäte mal andere Probleme waren ihm wichtiger.
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17.01.2013, 21:55
Beitrag: #35
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Spannend finde ich die Frage "was wäre gewesen wenn es Mehmed II 1453 nicht gelungen wäre Konstantinopel einzunehmen" schon. Und soo unrealistisch ist die Annahme auch wieder nicht, es gab durchaus Leute in Mehmeds II Lager die eher scho für den Abbruch der Belagerung waren.

OK, jetzt kann man sagen Konstantinopel wäre eben später eingenommen worden, was auch sein könnte. Aber man sollte auch bedenken das Mehmed II seine Politik in den Anfangsjahren voll und ganz auf dieses eine Unternehmen ausrichtete. Wäre es gescheitert, wäre das auch eine gewaltige Niederlage für ihn gewesen. Thronanwärter Orhan hätte dann gegen Mehmed II ausgespielt werden können und währe wohl auch von den Gegner Mehmeds II unterstützt worden. Ein längerer innerer Krieg wäre vielleicht die Folge gewesen oder sogar eine Durchsetzung eines byzanzfreundlicheren Sultans, was zumindest eine Zeit lang das Überleben von Byzanz gesichert hätte.
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18.01.2013, 13:47
Beitrag: #36
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Die osmanischen Sultane bzw. Die Erinnerung an sie spielen momentan eine Rolle in der türkischen Politik. Im türkischen Fernsehen läuft zur Zeit eine Serie, in der sie soe dargestellt werden wie sie waren, also nicht nur als heldenhafte und Fromme Eroberer, sondern auch als Gefangene der Haremswirtschaft, in den Händen ihrer Frauen und Konkubinen. Bei Antritt ihrer Regierung ließen sie sämtliche ihrer Brüder ermorden. Ministerpräsident Erdogan gefällt diese Darstellung nicht. Er möchte die Sultane als fromme Helden sehen, die nur auf dem Pferderücken saßen. Dann hätte ja z.B. Bajazid gar keine Zeit für Roxanna gehabt.
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18.01.2013, 20:26
Beitrag: #37
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(17.01.2013 21:55)WDPG schrieb:  Spannend finde ich die Frage "was wäre gewesen wenn es Mehmed II 1453 nicht gelungen wäre Konstantinopel einzunehmen" schon. Und soo unrealistisch ist die Annahme auch wieder nicht, es gab durchaus Leute in Mehmeds II Lager die eher scho für den Abbruch der Belagerung waren.

OK, jetzt kann man sagen Konstantinopel wäre eben später eingenommen worden, was auch sein könnte. Aber man sollte auch bedenken das Mehmed II seine Politik in den Anfangsjahren voll und ganz auf dieses eine Unternehmen ausrichtete. Wäre es gescheitert, wäre das auch eine gewaltige Niederlage für ihn gewesen. Thronanwärter Orhan hätte dann gegen Mehmed II ausgespielt werden können und währe wohl auch von den Gegner Mehmeds II unterstützt worden. Ein längerer innerer Krieg wäre vielleicht die Folge gewesen oder sogar eine Durchsetzung eines byzanzfreundlicheren Sultans, was zumindest eine Zeit lang das Überleben von Byzanz gesichert hätte.

Hätte Mehmed II. die Eroberung von Konstantinopel nicht siegreich beendet, würde es auf alle zu innenpolitischen Änderungen gekommen. Variante 1: Der von Dir beschriebene Kampf um den Thron. Variante 2: Mehmed wäre getötet wurden und Orhan würde zum neuen Sultan erhoben werden.

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18.01.2013, 20:34
Beitrag: #38
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(18.01.2013 13:47)Harald1 schrieb:  Die osmanischen Sultane bzw. Die Erinnerung an sie spielen momentan eine Rolle in der türkischen Politik. Im türkischen Fernsehen läuft zur Zeit eine Serie, in der sie soe dargestellt werden wie sie waren, also nicht nur als heldenhafte und Fromme Eroberer, sondern auch als Gefangene der Haremswirtschaft, in den Händen ihrer Frauen und Konkubinen. Bei Antritt ihrer Regierung ließen sie sämtliche ihrer Brüder ermorden. Ministerpräsident Erdogan gefällt diese Darstellung nicht. Er möchte die Sultane als fromme Helden sehen, die nur auf dem Pferderücken saßen. Dann hätte ja z.B. Bajazid gar keine Zeit für Roxanna gehabt.

War Roxana nicht die Frau von Suleiman den Prächtigen? Aber es stimmt schon, sie bewirkte die Ausschaltung des wahrscheinlich fähigeren Mustafa, um ihren eigenen Sohn Selim als Nachfolger seines Vaters durchzusetzen. Dieser Selim, genannt der Säufer, war wohl nur eine Marionette, mit ihm begann der schleichende Niedergang des Osmanischen Reiches, den auch fähige Wesire wie die aus der Familie Köprulü nicht dauerhaft aufhalten konnten.

Wäre nicht schlecht, wenn diese türkische Serie auch im deutschen Fernsehen käme.

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19.01.2013, 13:34
Beitrag: #39
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
@Sansavoir: Natürlich Süleyman und Roxelane, Sorry, das kommt von der Hast. Die Fernsehserie heißt laut Wiki "Muhtesem Yüzyil" (Das prächtige Jahrhundert") - die türkischen Buchstaben s wie sch und stimmloses i habe ich nicht auf der Tastatur. Bei Google ist auch ein Artikel der Welt mit dem Titel "Die Sauereien des osmanischen Herrschers Süleyman", den Link kann ich leider nicht fotokopieren. Da steht einiges über das politische Aufsehen, daß die Fernsehserie in der Türkei erregt.
Ich respektiere eine Nation, die so sehr an ihrer Geschichte interessiert ist.
Bei uns würde stattdessen nur von den Verbrechen der Nazis berichtet.
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20.01.2013, 01:41
Beitrag: #40
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
@Harald1, vielen Dank für die Info

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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20.01.2013, 10:16
Beitrag: #41
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(19.01.2013 13:34)Harald1 schrieb:  Bei uns würde stattdessen nur von den Verbrechen der Nazis berichtet.
Nu sieh mal nicht so schwarz. Es gab z.B. die Serie "Die Deutschen"...

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20.01.2013, 14:16
Beitrag: #42
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(17.01.2013 15:04)Harald1 schrieb:  Der Sieg Johan Hunyadis 1456, wie du schon schriebst verursacht durch die Eroberung Konstantinopels, brachte auch keine Änderung. Johans Sohn Mattias Corvinus interessierte sich mehr für das Kriegführen in Österreich, Böhmen und Schlesien. Als er starb standen die Türken tief in seinem eigenen Land.

Jein, für Konstantinoepl hätte es (wie schon geschrieben) keine Änderung bedeutet, aber für die Stoßrichtung Europa gab es eine. Solange Johan Hunyadi und sein Sohn Mattias Corvinus über Ungarn herrschte, stießen die Osmanen nicht entscheidend (sondern nur in kleineren Zügen) in diese Gegend vor.
Gerade in dieser Zeit erlebte Europa aber einen Aufstieg, so das dann als die Osmanen Ungarn eroberten wieder mächtigere Reiche ihrer Gegner waren, etwas was nicht der Fall gewesen wäre, wenn man Ungarn gleich niederringen hätte können.
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09.01.2014, 14:11
Beitrag: #43
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(13.01.2013 14:45)Harald1 schrieb:  Trotzdem wäre wohl um 1450 eine Alternative für Byzanz ein Bündnis mit dem Großfürstentum Moskau


Habe neulich gelesen, das Kaiser Konstantin anscheinend schon auch einen Hilferuf an Moskau entsendete. Die Gründe warum daraus nichts wurde waren vielseitig. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Byzanz und Moskau waren nicht gerade die besten. Und in Moskau herrschte in dieser Zeit ein ziemliches Durcheinander aufgrund von Thronstreitigkeiten. Ob zur Zeit der Belagerung Wassili II oder sein Cousin Dimitri auf den Thron in Moskau saß weiß ich nicht, aber nicht nur diese beiden lieferten sich einen erbitterten Kampf um den Thron. Nicht gerade eine gute Vorraussetzung um einen doch fernen Land zu Hilfe zu kommen.
Die Goldene Horde zerfiel zwar in dieser Zeit in mehrere Einzelstaaten, aber die Sicherheitslage Moskaus stieg dadurch nicht unbedingt. Die Nachfolgekhanate mussten sich wohl auch beweisen, erfolgreiche Züge gegen Moskau wären hier ein gutes Mittel gewesen.

Alles in allem, ist mir aufgrund der oben beschriebenen Lage klar warum man von dieser Seite keine Hilfe erwarten konnte.
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29.12.2014, 23:35
Beitrag: #44
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(11.01.2013 17:44)Sansavoir schrieb:  Persien wurde im 15. Jahrhundert von den Timuriden beherrscht. Der Sieg Timurs über Bajazid I. in der Schlacht bei Ankara im Jahr 1403 verschaffte Byzanz eine Atempause. Demnach hätte sich Persien als Verbündeter angeboten. Allerdings gliche es einer Revolution der griechischen bzw. byzantinischen Diplomatie, diesen traditionellen Gegner als Verbündeten zu gewinnen. Des Weiteren hätte sich Byzanz statt der Osmanen einen potentiell ebenso gefährlichen Gegner in die unmittelbare Nachbarschaft geholt. Frühere byzantinische Herrscher duldeten die Osmanen als Puffer zwischen ihrem Staat und Persien. Trotzdem sei der Gedanke erlaubt, ob persische Angriffe die Osmanen gezwungen hätten, ihre bisherige Expansionspolitik zu drosseln und eine ausgleichende Politik sowohl zu Byzanz als auch zu Persien zu betreiben. Ich denke, zumindest bis 1449 wären die Timuriden unter Schah Ruch oder Ulugh Beg eine Option gewesen, die Angriffe der Osmanen besser abzuwehren. Danach waren die Timuriden in Kämpfen untereinander verstrickt, möglicherweise hätte die eine oder andere Partei Byzanz auch unterstützt. Dass es zu keinem dauerhaften Bündnis kam, kann sicher mit den Erfahrungen und Traditionen aus der griechischen bzw. byzantinischen Geschichte begründet werden, in der Persien als Erbfeind galt. Die unterschiedlichen Religionen waren sicher auch ein Grund, dass ein dauerhaftes Bündnis mit den Timuriden nicht zustande kam.

So groß wäre die Revolution gar nicht gewesen. Du hast recht, Byzanz und die Perser waren historische Erzfeinde, aber das hinderte Byzanz keineswegs daran diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Immer versuchte man im Laufe der Zeit so Feinde gegeneinander auszuspielen. Das wenn die Not groß genug war auch Beziehungen zu Persien aufgenommen wurden war schon im 7. Jahrhundert so. Schaut man wer so Heerführer im Heer von Byzanz gegen die aufstrebenden Araber war, merkt man das sich im Heer von Byzanz auch Leute aus dem (untergehenden) Sassanidenreich befanden. Auch zu den Illkhanen (genauer genommen zu Hülägü) unterhielt man meines Wissens unter Kaiser Michael Palaiologos Beziehungen. Und es wird nicht ausgeschlossen das sich Manuel II in seiner Not auch an Timur Lenk wandte. Das schließe ich nicht aus, denn viele der Gegner der Osmanen die Chancenlos geworden waren (Hauptsächlich türkische Kleinfürsten) hatten sich an diesen gewandt. Also so revolutionär erscheint mir das ganze nicht.

Das Problem sehe ich aber wo anders. Ich glaube nicht das Schah Ruch und Ulugh Beg gegen die Osmanen gezogen wären. Sie hatten selbst genügend Gegner, brauchten also nicht noch einen zusätzlichen. Außerdem hätte ja auch der Osmanensultan Gegner der Timurriden unterstützen können. Dann stellt sich noch die Frage war die Timurriden von einem solchen Zug gehabt hätten.

Ein Grund warum ich nicht denke das die Timurriden wirklich eine Alternative waren, ist auch das sich das Kaiserreich von Trapezunt das ein umfangreiches Bündnissystem zu schließen versuchte scheinbar nicht an sie wandte. Am ehesten ein Verbündeter waren hier die Weissen Hammel, doch diese waren erst im Aufstieg begriffen.
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31.12.2014, 01:24
Beitrag: #45
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Das ist schwierig zu beurteilen. Das Dilemma des Byzantinischen Reiches bestand offensichtlich darin, nach 1403 keinen verlässlichen Bündnispartner aus Europa und/oderaus Asien gefunden zu haben.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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31.12.2014, 14:22
Beitrag: #46
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(31.12.2014 01:24)Sansavoir schrieb:  Das ist schwierig zu beurteilen. Das Dilemma des Byzantinischen Reiches bestand offensichtlich darin, nach 1403 keinen verlässlichen Bündnispartner aus Europa und/oderaus Asien gefunden zu haben.

Ich würde eher sagen das Dilemma bestand darin das man so einen Bündnispartner überhaupt brauchte. Byzanz tat sich schon ab Andronikos II schwer, spätestens nach den Bürgerkriegen des 14. Jahrhunderts hatte man alleine keine Chance mehr. Das öffnet natürlich auswärtigen Mächten (Osmanen, Serben, Venedig, Genua) Tür und Tor verstärkte die Probleme noch mehr. Nicht allzulange Zeit nach den Bürgerkriegen suchte man nach Bündnispartnern, doch die Suche war nicht einfach. Einer alleine war meist nicht stark genug um gegen die aufstrebenden Osmanen anzutreten, eine Niederlage für die meisten Staaten schwer zu verkraften und der Nutzen dieser Hilfe erschien oft geringer als das Risiko.

Von einem langfristig verlässlichen Bündnispartner abhängig zu sein, ist ein riskantes Spiel, eines das man durch die Schwäche jedoch spielen musste um wenigstens noch etwas die Hoffnung die Gefahr durch die Osmanen überstehen zu können zu erhalten.

Ob Konstantinopel wirklich 1453 fallen hätte müssen ist schwer zu sagen, vielleicht hätte das Eingreiffen Venedigs oder ein Angriff Ungarns genügt um den Druck zu nehmen, vielleicht auch um die Belagerung abzubrechen. Doch Mehmed II wäre sicherlich ehestmöglich zurückgekehrt. Außer er hätte durch das verlorene Unternehmen seinen Thron verloren und es wäre zu Kämpfen oder einen Byzanz-Freundlicher gesinnten Herrscher gekommen. Doch auch da wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen bis Konstantinopel erneut belagert worden wäre.
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31.12.2014, 16:14
Beitrag: #47
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Die 1453 erfolgte Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen fiel in eine für Byzanz ungünstige politische Konstellation.

Auf der einen Seite stände die seit den 1440er Jahren wieder erstarkten Osmanen mit einer schlagkräftigen Armee, deren Infanterie damals keinen gleichwertigen Äquivalent in den europäischen Heeren hatte. Zusätzlich erstarkten die Osmanen durch ihre Flotte und Artillerie, deren Know-How von europäischen privaten Unternehmern erworben worden ist. Und mit Mehmed II. besaßen die Osmanen einen Herrscher, der gewillt war, seine Eroberungsziele umzusetzen und sich nicht durch Niederlagen von seinem Gesamtziel abbringen ließ. So führte seine Niederlage vor Belgrad im Jahr 1456 zum vorläufigen Abbruch der Expansion nach Westen, tatsächlich wurden die Prioritäten nur neu gesetzt und die Eroberungen im Osten und Süden fortgesetzt. Die Politik Suleimans des Prächtigen ist deshalb auch so zu verstehen, dass die "Arbeit" im Osten und Süden getan war, so dass man 1526 endlich wieder gen Westen konnte.

Eine zweite Ursache für den Untergang Byzanz liegt darin, dass sich alle mittel- und westeuropäischen Staaten in einer gesellschaftlichen, aber auch militärischen Krise befanden. Fast alle Staaten waren in Kriege gegeneinander oder in Bürgerkriege verwickelt, so dass es wohl auch schwer war, noch genügend Ritter (die wohl nur verheizt worden wären) oder Fußsoldaten (Pikeniere, Bogenschützen u.a.) und leichte Kavallerie zu finden. Gute Fußsoldaten oder leicht Kavallerie gab es aber nur als Söldner, die von privaten Unternehmern geführt worden sind. Ein Herrscher, der Byzanz helfen wollte, hätte tief in die Tasche greifen müssen, um ein Heer gegen die Osmanen zu entsenden. Aber infolge der im 14. und 15. Jahrhundert erfolgten Kriege lagen oft die Volkswirtschaften um 1450 da nieder, dass ein einzelner Staat gar nicht die benötigte Geldsumme, das Personal und Material zum Führen eines Krieges gegen die Osmanen zusammen gekriegt hätte. Frankreich, England, Aragon, Kastilien, all diese Staaten waren mit sich selbst beschäftigt. Ungarn war in zwei feindliche Lager geteilt, die Stellung des Reichsverwesers Johann Hunyadi, war umstritten, vor allem auch wegen seinen beiden Niederlagen gegen die Osmanen in Warna 1444 und auf dem Amselfeld 1448, auf dem Letzteren infolge des Verrates der Walachen und Serben. Zusätzlich befanden sich im 15. Jahrhundert Ungarn und Venedig in Konflikten um Gebiete Dalmatiens. Die venezianische Festlandspolitik führte außerdem dazu, dass Venedig als Teil der italienischen Pentarchie in inneritalienische Konflikte mehr eingebunden war, als vorher. Praktisch bestand eine Dauerfeindschaft oder zumindest Rivalität zu Mailand.

Ein Byzantinisch-venezianisches Bündnis wäre eine Alternative gewesen, aber ich habe den Eindruck, dass man sich seit 1204 nicht mehr gegenseitig traute.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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03.01.2015, 16:36
Beitrag: #48
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(31.12.2014 16:14)Sansavoir schrieb:  Die 1453 erfolgte Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen fiel in eine für Byzanz ungünstige politische Konstellation.... Eine zweite Ursache für den Untergang Byzanz liegt darin, dass sich alle mittel- und westeuropäischen Staaten in einer gesellschaftlichen, aber auch militärischen Krise befanden.

Zu dieser Zeit war Byzanz nur noch ein machtloser kleiner Stadtstaat, der auf Gedeih und Verderb der osmanischen Militärmaschine ausgeliefert war. Byzanz existierte in einem muslimisch-türkischen Meer, das längst Europa erreicht hatte, sodass alle Spekulationen über eventuelle byzantinische Bündnisse haltlos sind.

(31.12.2014 16:14)Sansavoir schrieb:  Ein Byzantinisch-venezianisches Bündnis wäre eine Alternative gewesen, aber ich habe den Eindruck, dass man sich seit 1204 nicht mehr gegenseitig traute.

Der Stadtstaat Venedig hätte niemals die militärische Kraft gehabt, einen Landkrieg gegen die Osmanen siegreich zu führen. Der Stadtstaat Byzanz war ohnehin Mitte des 15. Jh. ohnmächtig. Bei dieser militärischen Konstellation hätte auch die venezianische Flotte das Blatt nicht wenden können. Byzanz war Mitte des 15. Jh. so oder so verloren und zum Untergang verdammt. Die Gründe dafür reichen zum Teil weit zurück und liegen nicht zuletzt in einer inneren Erstarrung des byzantinischen Staats und seiner Gesellschaft begründet
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03.01.2015, 16:56
Beitrag: #49
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
(03.01.2015 16:36)Dietrich schrieb:  Zu dieser Zeit war Byzanz nur noch ein machtloser kleiner Stadtstaat, der auf Gedeih und Verderb der osmanischen Militärmaschine ausgeliefert war. Byzanz existierte in einem muslimisch-türkischen Meer, das längst Europa erreicht hatte, sodass alle Spekulationen über eventuelle byzantinische Bündnisse haltlos sind.

Als haltlos würde ich sie nicht bezeichnen. Denn dabei handelt es sich nicht um irgendwas rein spekulatives, sondern um die Taktik die Byzanz ab Kaiser Johannes V gegen die Osmanen angewandt hat. Auch deshalb weil man eben die von dir beschriebene Lage hatte.

Ob so ein Bündnis Erfolg haben könnte? Langfristig eher nicht, da hätte schon alles Zusammenpassen müssen, also ein extremst guter Feldherr, der zur richtigen Zeit und mit den richtigen Absichten gegen die Osmanen gezogen wäre und dann wohl noch Glück gebraucht hätte.

Kurzfristig würde ich sagen warum nicht: Wären die Ungarn etwas 1453 plötzlich am Balkan aufgetaucht, hätte Mehmed II seine Belagerung lockern oder aufgeben müssen. Hätte Venedig Flottenhilfe geleistet wäre die Belagerung auch sehr erschwert worden. Denn als Flottenübermacht präsentierten sich die Osmanen damals nicht gerade. Ob Mehmed II eine erfolglose Belagerung ohne Probleme überstanden hätte, da wäre ich mir auch nicht so sicher und so hätte sich der Untergang von Byzanz durch ein solches Bündnis vielleicht zumindest verzögert.
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02.03.2015, 14:37
Beitrag: #50
Bündnisse gegen die Osmanen:
Ein beliebtes Mittel gegen die Osmanen waren Allianzen gegen sie. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele:

-Die Slawen auf den Balkan versuchten so gegen sie vorzugehen und scheiterten.
-Ungarn versuchte mittels Kreuzzugsbündnis gegen die osmanische Bedrohung vorzugehen, schlussendlich erfolglos.
-Byzanz versuchte immer wieder Verbündetet gegen die Osmanen zu bekommen. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts war das wohl die einzige Möglichkeit zumindest noch etwas länger durchzuhalten. Aber auch schon zuvor versuchte Kaiser Andronikos III verbündete gegen sie zu bekommen und zwar unter den türkischen Emiren.
-Das kleine Kaiserreich von Trapezunt scheiterte ebenfalls mit so einem Bündnis. Dieses war breit gefächert, funktionierte dann aber als es darauf ankam nicht wirklich.

Das sind nur ein paar Beispiele für diese beliebte Strategie gegen die oft übermächtig erscheinenden Osmanen. Schlussendlich gibt’s aber auch Beispiele das die Strategie Bündnisse gegen sie einzugehen funktionieren konnte:

-Die Niederlage bei Lepanto hatte zwar wenig Auswirkung war aber auch eine gegen ein Bündnis bei dem unter anderem die Seemächte Spanien und Venedig dabei waren.

-Und auch bei der 2. Belagerung Wiens scheiterten die Osmanen schlussendlich an der Armee die mehrere Verbündete stellten. Und danach wurden die Osmanen von mehreren Mächten, an mehreren Fronten gleichzeitig bedrängt und damit zurückgeschlagen.

Die Strategie auf Bündnisse gegen die Osmanen zu setzen erwies sich damit als richtig, aber sie war auch riskant. Für manche Mächte war sie auch die einzige Hoffnung.
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