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Nachdenken über die "Unterschicht"
07.10.2012, 22:15
Beitrag: #1
Nachdenken über die "Unterschicht"
Unterschicht. Das klingt böse. Dass es sie aber gibt daran kann es keinen Zweifel geben. Sichtbar wird das jeden Tag in der Stadt. Die Frage ist aber, wie wird über sie gedacht? Inwieweit denkt der Durchschnittsmensch der Mittelschicht im RTL2-Schema? Ruht er sich nicht sogar darauf aus? Es ist genau die einfache Antwort, die er braucht um nicht nachzudenken, hinterfragen zu müssen, ob das alles richtig ist, was in diesem Land so abläuft.
Wenn man hier das klagen über die Krise und deren Auswirkungen hört. Wer spürt dann eigentlich die Auswirkungen? Und wer am stärksten?
Am Ende, hört diesen Leuten eigentlich noch jemand zu? Die SPD? kaum. Die Linke. Mit sich selbst und dem Kommunismus beschäftigt. Wer vertritt eigentlich das Interesse?

Anbei ein paar Ausschnitte aus einem Zeitartikel, dessen komplette Lektüre ich empfehle:
http://www.zeit.de/2012/40/Unterschicht-Armut-Hartz-IV


"Mit der Agenda fand die Entfremdung der Sozialdemokratie von den sozial Schwächeren ihren Abschluss. Offenbar wollten die ja gar nicht aufsteigen. Oder konnten es nicht. Die SPD war enttäuscht von den Armen und die Armen von der SPD. So verlor die Unterschicht ihre politische Vertretung. Diejenigen, die keine Arbeit hatten, hatten auch keine Lobby, nicht in der Regierung und nicht in den Talkshows."

"Egal, in welchem Beruf Justin einmal arbeiten wird, er wird wohl nie mehr als etwa 1000 Euro im Monat verdienen. Aber es wird mehr sein als seine Mutter jemals selbst verdient hat. Man könnte sagen, dass er aufsteigen wird."

"Als die Agenda 2010 durch war, hätte man darauf hoffen können, dass die Verachtung der Unterschicht nachlässt. Aber das passierte nicht. Man hörte nicht auf, die da unten niederzureden. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, es gebe »in Teilen der Gesellschaft bereits Verwahrlosung«. Wolfgang Clement schrieb als Arbeits- und Wirtschaftsminister in das Vorwort einer Broschüre aus seinem Ministerium: »Biologen verwenden für ›Organismen‹, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben, übereinstimmend die Bezeichnung ›Parasiten‹.« Es war klar, wer gemeint war."

"Paul fing an, mit den Kindern der Asylbewerber Tittenmagazine und Matchboxautos zu klauen. Seine Mutter hatte zwei, manchmal drei Jobs gleichzeitig, putzte in einer Arztpraxis, einem Schuhgeschäft, einem Altenheim. Einmal brachte sie ihren Kindern Jeans aus Polen mit, Marke Levros. »Klingt doch so ähnlich wie Levi’s«, sagte sie zum Trost. Peinlich wurde es, als die Mitschüler das Etikett sahen. »Da habe ich erst gemerkt, dass Klamotten auf der Coolheitsskala echt was ausmachen«, sagt Paul heute. Er trägt einen verwaschenen Hoodie, Wollmütze, Jeans, Sportschuhe. Unterarme, Hals und Hände sind tätowiert. Auf dem Hals steht »Gold«, an der Außenseite der linken Hand sein Geburtsdatum, 30.11.1980. Paul ist 31 Jahre alt. In den vergangenen Jahren hat er viel Geld verdient. Sehr viel."

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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09.10.2012, 05:04
Beitrag: #2
Gutes Thema
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Unterschicht. Das klingt böse. Dass es sie aber gibt daran kann es keinen Zweifel geben.

Natürlich nicht. Wobei hier ein eklatanter Unterschied zwischen Eigen- und Fremdbild besteht.
Es ist auch zu berücksichtigen, wie man "Unterschicht" definiert, nur nach Einkommen bzw. Vermögen, oder auch nach Bildungsstand?
Die seit rund 20 Jahren stattfindete Verarmung eines Teils der Hochschulabsolventen, die oft nur prekäre Berufe haben, ist evident.

(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Sichtbar wird das jeden Tag in der Stadt. Die Frage ist aber, wie wird über sie gedacht?

Schlecht, auch wenn es offiziell anders dargestellt wird.

(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Inwieweit denkt der Durchschnittsmensch der Mittelschicht im RTL2-Schema? Ruht er sich nicht sogar darauf aus? Es ist genau die einfache Antwort, die er braucht um nicht nachzudenken, hinterfragen zu müssen, ob das alles richtig ist, was in diesem Land so abläuft.

Soloang's ihn selber nicht betrifft, wird's ihm in den meisten Fällen recht egal sein.

(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Wenn man hier das klagen über die Krise und deren Auswirkungen hört. Wer spürt dann eigentlich die Auswirkungen? Und wer am stärksten?

Die, die am meisten zu verlieren haben, die Mittelschicht und die Sparer.


(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Am Ende, hört diesen Leuten eigentlich noch jemand zu? Die SPD? kaum. Die Linke. Mit sich selbst und dem Kommunismus beschäftigt. Wer vertritt eigentlich das Interesse?

Vordergründig fast alle, faktisch fast niemand.
Wie ich schon des Öfteren schrieb: Obwohl das deutsche Perteienspektrum einen starken Linksdrall hat, hat die politische Linke in ihrem ureigensten Bereich -dem Vertreten von Arbeitnehmerinteressen- kolossal versagt.
Aber das ist freilich nur einer von mehreren Gründen für einen Anstieg des Prekariats.

Einen weiteren hat der böse Sarrazin sehr gut beschrieben: Einwanderung ins Sozialsystem und einen höhere Fertilitätsrate der sozial Schwachen.

Ein weiterer sind die gigantischem Kapitalabflüsse ins Ausland, die mittelbar und ummittelbar stattfinden.

Noch einer liegt in der demographischen Struktur der Bev. Eine überalterte Bev. ist für eine Volkswirtschaft wahnsinnig teuer.

Ein fünfter Punkt ist die mangelnde Pflege des Wirtschaftsstandorts Deutschland und der starke Druck auf die KMU.


(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Anbei ein paar Ausschnitte aus einem Zeitartikel, dessen komplette Lektüre ich empfehle:
http://www.zeit.de/2012/40/Unterschicht-Armut-Hartz-IV


"Mit der Agenda fand die Entfremdung der Sozialdemokratie von den sozial Schwächeren ihren Abschluss. Offenbar wollten die ja gar nicht aufsteigen. Oder konnten es nicht. Die SPD war enttäuscht von den Armen und die Armen von der SPD. So verlor die Unterschicht ihre politische Vertretung. Diejenigen, die keine Arbeit hatten, hatten auch keine Lobby, nicht in der Regierung und nicht in den Talkshows."

"Egal, in welchem Beruf Justin einmal arbeiten wird, er wird wohl nie mehr als etwa 1000 Euro im Monat verdienen. Aber es wird mehr sein als seine Mutter jemals selbst verdient hat. Man könnte sagen, dass er aufsteigen wird."

Obwohl ich die Agenda grundsätzlich für richtig halte, hätte sie einiger Korrekturen bedurft. Mein Eindruck ist, dass die beiden Großparteien in D in ihrer Ausrichtung immer beliebiger werden. Denn rot-grün hat damals - interessanterwweise ebenso wie schwarz-blau in Ö - Wirtschaftspolitik betrieben, die gemeinhin als "neoliberal" bezeichnet wird.


(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  "Als die Agenda 2010 durch war, hätte man darauf hoffen können, dass die Verachtung der Unterschicht nachlässt. Aber das passierte nicht. Man hörte nicht auf, die da unten niederzureden. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, es gebe »in Teilen der Gesellschaft bereits Verwahrlosung«. Wolfgang Clement schrieb als Arbeits- und Wirtschaftsminister in das Vorwort einer Broschüre aus seinem Ministerium: »Biologen verwenden für ›Organismen‹, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben, übereinstimmend die Bezeichnung ›Parasiten‹.« Es war klar, wer gemeint war."

Diese Wortwahl ist unter aller S.
Man muss diferenzieren, es gibt nämlich beides, Menschen, die sich sehr bewusst in die soziale Hängematte legen, und welche, die unverschuldet in eine prekäre Situation gekommen sind. Zweiteren, das ist zumindest mein subejktiver Eindruck, wird im Gegensatz zu ersteren zu wenig geholfen.




(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  "Paul fing an, mit den Kindern der Asylbewerber Tittenmagazine und Matchboxautos zu klauen. Seine Mutter hatte zwei, manchmal drei Jobs gleichzeitig, putzte in einer Arztpraxis, einem Schuhgeschäft, einem Altenheim. Einmal brachte sie ihren Kindern Jeans aus Polen mit, Marke Levros. »Klingt doch so ähnlich wie Levi’s«, sagte sie zum Trost. Peinlich wurde es, als die Mitschüler das Etikett sahen. »Da habe ich erst gemerkt, dass Klamotten auf der Coolheitsskala echt was ausmachen«, sagt Paul heute. Er trägt einen verwaschenen Hoodie, Wollmütze, Jeans, Sportschuhe. Unterarme, Hals und Hände sind tätowiert. Auf dem Hals steht »Gold«, an der Außenseite der linken Hand sein Geburtsdatum, 30.11.1980. Paul ist 31 Jahre alt. In den vergangenen Jahren hat er viel Geld verdient. Sehr viel."

Ja, Sido, der zz bei uns in Ö für Quoten im ORF sorgen soll, ist ein Beispiel dafür, dass ein Aufstieg grundsätzlich möglich ist. Dem ist sein Erfolg aber nciht in den Schoß gefallen Dazu braucht's aber Talent, Hirn,Selbstdiszplin und - nicht zu vergessen - eine Prise Glück.

MfG, Titus Feuerfuchs
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09.10.2012, 11:48
Beitrag: #3
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
Das Ganze ist eine sehr interessantes Thema, mit viel Stoff zu diskutieren und nachzudenken.

Zuerst würde ich mal sagen kann man die "Unterschicht" nicht in einen Topf werfen, das fällt selbst bei RTL2 Sendungen auf. Arbeitsloser ist nicht gleich Arbeitsloser.

Der Grund warum Leute Langzeitarbeitslos sind, ist denke ich total unterschiedlich. Manchmal hat es zahlreiche sehr verzwickte Gründe, warum es nichts wird. Oft beginnt es in der Kindheit (wie schon erwähnt ist es nicht leicht aus dieser Schicht wieder rauszukommen), oft fehlen Schulabschlüsse oder es hat Gesundheitliche Gründe warum Leute mit den hohen Anforderungen der heutigen Arbeitswelt nicht zurecht kommen, kommt man mit diesen nicht zurecht bleiben oft nur relativ "einfache" Arbeiten, bei denen aber kaum Geld zu verdienen ist. Und dann gibts schon auch noch die Minderheit die aus irgendeinem Grund nicht Arbeiten möchte (kenne selbst so jemand aus dem privaten Umfeld). Nur als Faul sehen sollte man solche Leute jedoch nicht, oft gibt es auch hier Gründe.
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09.10.2012, 11:58
Beitrag: #4
RE: Gutes Thema
(09.10.2012 05:04)Titus Feuerfuchs schrieb:  Ja, Sido, der zz bei uns in Ö für Quoten im ORF sorgen soll, ist ein Beispiel dafür, dass ein Aufstieg grundsätzlich möglich ist. Dem ist sein Erfolg aber nciht in den Schoß gefallen Dazu braucht's aber Talent, Hirn,Selbstdiszplin und - nicht zu vergessen - eine Prise Glück.

Natürlich gibt es Beispiele von Leuten die aus der "Unterschicht" aufgestiegen sind, etliche sogar. Aber ich denke der Weg nach Oben ist extrem schwer, vor allem die enorme Selbstdisziplin die da gefordet ist, kann nicht jeder aufbringen. Und wie du geschrieben hast Glück braucht es auch.

Was das Beispiel von Viriathus betrifft: Das Tatoo als Zeichen von Unterschicht das hier genannt wurde, da muss ich auch einen Eindruck schreiben. Davon abgesehen das heute nicht nur Leute von der Unterschicht Tatoos haben, muss ich sagen das mir vorkommt das Sido vor etlichen Jahren auch noch nicht so stark tatowiert war (kann aber auch sein das ich mich täusche). Als diese mehr wurden, war er wohl kein Teil der "Unterschicht" mehr. Mittlerweile besitzt er meines Wissens sogar ein Tatoostudio.
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09.10.2012, 12:06
Beitrag: #5
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
Noch was möchte ich zu Sendungen die, die Unterschicht betreffen sagen.

Der oben genannte Sido, hat vor einiger Zeit für den ORF ein Bandgründungsprojekt gemacht um einige Jugendliche aus der Unterschicht zu holen. OK, man hört von solchen Leuten leider nie wie es mit ihen weiterging und vielleicht verurteile ich das Ganze auch zu unrecht, aber ich habe das Gefühl dass, das Ganze alles andere als erfolgreich war. Kein Wunder, mir kamen die Jugendlichen aus der Unterschicht die hier gezeigt wurden, dafür das unbedingt Rapper werden wollten, reichlich lustlos waren. Fragen wie "wie sollen wir uns denn dazu bewegen?" waren zu hören. Also wenn man Rap als Hobby hat muss man das schon im Gefühl haben.

Ein anderes Beispiel war der Versuch von Christian Rach. Besonders erfolgreich, so mein Eindruck war sein erster Versuch nicht, kaum jemand von damals ist heute noch dabei. Bei der zweiten Staffel kommt mir vor, waren die "Sozialfälle" nicht mehr ganz soo hart, wie die ersten.

OK, klar das Ganze ist irgendwie auch nur Unterhaltung (auch der Grund warum ich solche Sendungen oft anschaue, man hat nebenbei was laufen und kann dabei locker Internetsurfen), aber irgendwie zeigen diese Fallbeispiele das es oft alles andere als einfach ist Leute aus der Unterschicht wieder herauszuholen.

Oft sind sie zu festgefahren, oft sind die Probleme im Hintergrund zu stark. Soll jetzt aber nicht heißen das man es nicht versuchen soll, leicht ist es sicherlich aber nicht.
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09.10.2012, 13:32
Beitrag: #6
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
Das ist ein vielschichtiges Thema, dem ich mich nur in Teilschritten nähern kann.
Da WDPG die Unterschichtdarstellung im TV angesprochen hat, frage ich mich, was da gemeint ist. Diese unsäglichen Gerichtssendungen, Talkrunden im Nachmittagsprogramm der Privaten habe ich immer weggeklickt, wenn ich mal nachmittags zu Hause war, gibt es die noch? Die Akteure dort sind doch Darsteller, Zirkusclowns. Genauso diese DSDS- Starsuchen, da mögen die Sänger, Models zwar echte Menschen sein, trotzdem kann man sich doch aus dem TV kein Bild über die Unterschicht machen.

Überhaupt ist es unmöglich, sich über unterschiedliche Einzelschicksale ein allgemeines Bild zu machen. Das einzige, was diese Gruppe vereint, ist ihre prekäre Einkommenssituation, die unterhalb einer bestimmten Schwelle des Durchschnittseinkommens liegt.
Mit diesem Einkommen ist in einer Marktwirtschaft wie D nur ein bestimmter Lebensstandard möglich und so sind die Teilmärkte für lebensnotwendige Güter aufgeteilt. Das Einkommen entscheidet, wo und wie man in D wohnt, einkauft, ißt und trinkt, wie man sich einrichtet und damit welche Bildungs- und Aufstiegschancen man hat.
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09.10.2012, 17:12
Beitrag: #7
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 11:48)WDPG schrieb:  Zuerst würde ich mal sagen kann man die "Unterschicht" nicht in einen Topf werfen, das fällt selbst bei RTL2 Sendungen auf. Arbeitsloser ist nicht gleich Arbeitsloser.

[..]

Der Grund warum Leute Langzeitarbeitslos sind, ist denke ich total unterschiedlich. Manchmal hat es zahlreiche sehr verzwickte Gründe, warum es nichts wird.
[..]
Mit beiden Aussagen hast du natürlich recht. Da gibt es sehr unterschiedliche Gründe und Lebensläufe.

Das Problematische daran ist, dass der Anteil der Unterschicht in der Gesellschaft, auf Kosten einer dünner werdenden Mittelschicht wächst.
Und das nicht, weil die Zahl der Langzeitarbeitslosen permanent steigt, sondern durch das Anwachsen des Billiglohnsektors.
Wenn jemand einen Full­time-Job hat und nicht mal die 1000 € Nettogrenze knacken kann, dann ist da etwas nicht in Ordnung.
Alleinerziehende Mutter von zwei oder drei Kindern, arbeitet vollzeitbeschäftigt im Einzelhandel (übles Bsp., aber nicht unnormal) und verdient 960 € Netto im Monat. Die muss das ohnehin erstmal gebacken bekommen - die Kinder, die Arbeit und dann noch vernünftig davon leben. Dass das schwer ist, ist die eine Sache. Die andere - was geht auf ihr Rentenkonto ein? Von Vornherein verdammt zur Altersarmut!?

Die Frau hat in dem Sinne noch Glück, eben weil sie einen sozialversicherungspflichtigen Job hat, bei dem zumindest etwas in die Rentenkasse eingezahlt wird. Zur Not, wenns klappt, kann sie fürs Tägliche bei der Arge noch etwas aufstocken.

Wie geht es aber denen, die vorher auch eine ähnliche Arbeit hatten (vielleicht sogar eine relativ gut bezahlte), ihnen aber aus den fadenscheinigsten Gründen gekündigt wurde, um genau diese Stelle dann mit billigeren Zeitarbeitern zu besetzen?
Und wie geht es den Zeit-, den Leiharbeitern? Noch schlechter bezahlt? Ja, und es wird gar nichts in die Altersvorsorge eingezahlt.

In dieser Situation befindet sich nicht nur un- oder weniggebildetes, faules Gesindel.

Wir sind in den letzten Jahren ein gutes Stück zurückgerutscht. Zurückgeglitten auf ein Level, was Anzeichen eines Manchesterkapitalismus auf modernem Niveau in sich birgt.
Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Und du warst schön. In deinem Auge schien
sich Nacht und Sonne sieghaft zu versöhnen.
...
So kam dich meine Liebe krönen.
Und meine nächteblasse Sehnsucht stand,
weißbindig wie der Vesta Priesterin,
an deines Seelentempels Säulenrand
und streute lächelnd weiße Blüten hin.

(Rainer Maria Rilke)
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09.10.2012, 17:48
Beitrag: #8
RE: Gutes Thema
(09.10.2012 05:04)Titus Feuerfuchs schrieb:  Dem ist sein Erfolg aber nciht in den Schoß gefallen Dazu braucht's aber Talent, Hirn,Selbstdiszplin und - nicht zu vergessen - eine Prise Glück.
Heutzutage wohl weit mehr als eine Prise.


(09.10.2012 13:32)Renegat schrieb:  Da WDPG die Unterschichtdarstellung im TV angesprochen hat, frage ich mich, was da gemeint ist. Diese unsäglichen Gerichtssendungen, Talkrunden im Nachmittagsprogramm der Privaten habe ich immer weggeklickt, wenn ich mal nachmittags zu Hause war, gibt es die noch? Die Akteure dort sind doch Darsteller, Zirkusclowns. Genauso diese DSDS- Starsuchen, da mögen die Sänger, Models zwar echte Menschen sein, trotzdem kann man sich doch aus dem TV kein Bild über die Unterschicht machen.
Eigentlich möchte man dir sagen, schaue mal frühabends RTL2 oder VOX, aber ne, lass es. Was Du kennst ist noch harmlos. Unglaublicher Niveauverfall. Wohlgemerkt nicht wegen den dargestellten Leuten, sondern wegen jenen, die sowas zur Entspannung anschalten. Und ja, diese Leute gibt es.





Aber was anderes: ein Leiharbeiter bekommt 7 Euro, und nimmt noch reguläre Jobs weg. Zudem befristet und in einem Abhängigkeitsverhältnis: Noch Fragen?

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

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09.10.2012, 18:01
Beitrag: #9
RE: Gutes Thema
(09.10.2012 17:48)Viriathus schrieb:  Aber was anderes: ein Leiharbeiter bekommt 7 Euro, und nimmt noch reguläre Jobs weg. Zudem befristet und in einem Abhängigkeitsverhältnis: Noch Fragen?

Nicht der Leiharbeiter nimmt die Jobs weg, sondern die Arbeitgeber, die nur zu gern bereit sind, wegen des angeblichen Billigdruck des Marktes, Menschen zu solchen Bedingungen einzustellen.

Und es trifft besonders die jüngere Generation unter 35. Ich frage mich fast täglich, wann es zu Lohnkämpfen, Streiks, Demonstrationen kommt, irgendeine neue Form von Solidarität, es muß ja nicht der alte Klassenkampf sein.
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09.10.2012, 23:38
Beitrag: #10
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 13:32)Renegat schrieb:  Überhaupt ist es unmöglich, sich über unterschiedliche Einzelschicksale ein allgemeines Bild zu machen. Das einzige, was diese Gruppe vereint, ist ihre prekäre Einkommenssituation, die unterhalb einer bestimmten Schwelle des Durchschnittseinkommens liegt.
Mit diesem Einkommen ist in einer Marktwirtschaft wie D nur ein bestimmter Lebensstandard möglich und so sind die Teilmärkte für lebensnotwendige Güter aufgeteilt. Das Einkommen entscheidet, wo und wie man in D wohnt, einkauft, ißt und trinkt, wie man sich einrichtet und damit welche Bildungs- und Aufstiegschancen man hat.

Das stimmt so nicht. Nicht das Einkommen entscheidet über Bildungs- und Aufstiegschancen von Kindern, sondern vor allem der Bildungshintergrund der Eltern bzw. des alleinerziehenden Elternteils.
Ist jemand selbst gebildet, aber aus bestimmten Gründen arbeitslos (u.a. Alleinerziehend), so ist er durchaus im Stande, seinen Kindern bei der Schulbildung zur Hand zu gehen, auch wenn er keine Nachhilfe bezahlen kann. Er ist auch im Stande, seinen Kindern Bildung zu vermitteln, und im Zweifelsfall wird ein gebildeter "Armer" auch das nötige Wissen haben, um einigermaßen gut über die Runden zu kommen.
Ein gebildeter hat fast immer die Chance, der Armutsfalle irgendwann zu entgehen (es sei denn, es liegen Krankheiten vor), selbst wenn es ein paar Jahre dauern wird. Er wird vielleicht nicht reich oder wohlhabend, aber ein gebildeter Mensch hat eine Chance, irgendwann wieder genug zum leben zu haben.

Die sogenannte "Unterschicht" ist gleichbedeutend mit bildungsfernen Schichten, denn diese Menschen haben kaum eine Chance, jemals aufzusteigen. Selbst wenn sie noch so fleißig sind- bei €4,50 Stundenlohn reichen den Ungebildeten auch 10 Stunden Arbeit nicht am Tag, um aufzusteigen.
Und sie geben ihre Bildungsferne an die nächste Generation weiter. Denn es sind gerade die Ungebildeten, die ihre Kinder stundenlang vor dem Fernseher parken (müssen), weil sie vom 10 Stunden Job erschöpft sind und sich eine Kinderbetreuung nicht leisten können. Es sind die ungebildeten, die von ihren €35-40 am Tag eben nur minderwertige Nahrungsmittel kaufen und somit ihren Kindern schon eine schlechte Gesundheitsgrundlage mitgeben.

Nein, das Einkommen entscheidet wenn überhaupt nur kurzfristig über die Zugehörigkeit zur Schicht. Die Bildung ist viel entscheidender...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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09.10.2012, 23:57
Beitrag: #11
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 17:12)Wallenstein schrieb:  Das Problematische daran ist, dass der Anteil der Unterschicht in der Gesellschaft, auf Kosten einer dünner werdenden Mittelschicht wächst.

Das hört man häufig, die Frage ist, ob es wirklich stimmt. Denn eigentlich schrumpft die Mittelschicht an sich nicht so wesentlich. Sie rutscht nur immer weiter von der Oberschicht weg in Richtung Unterschicht- die Mittelschicht wird ärmer.

(09.10.2012 17:12)Wallenstein schrieb:  Und das nicht, weil die Zahl der Langzeitarbeitslosen permanent steigt, sondern durch das Anwachsen des Billiglohnsektors.
Wenn jemand einen Full­time-Job hat und nicht mal die 1000 € Nettogrenze knacken kann, dann ist da etwas nicht in Ordnung.

Damit hast du zwar absolut recht, aber in der Regel stammen die langfristigen Billigjobber auch aus der Unterschicht und steigen nicht aus der Mittelschicht in die Unterschicht ab.

(09.10.2012 17:12)Wallenstein schrieb:  Alleinerziehende Mutter von zwei oder drei Kindern, arbeitet vollzeitbeschäftigt im Einzelhandel (übles Bsp., aber nicht unnormal) und verdient 960 € Netto im Monat. Die muss das ohnehin erstmal gebacken bekommen - die Kinder, die Arbeit und dann noch vernünftig davon leben. Dass das schwer ist, ist die eine Sache. Die andere - was geht auf ihr Rentenkonto ein? Von Vornherein verdammt zur Altersarmut!?

Definitiv.

(09.10.2012 17:12)Wallenstein schrieb:  In dieser Situation befindet sich nicht nur un- oder weniggebildetes, faules Gesindel.

Irgendwie stoße ich mich an dem Komma- nimm es mir nicht übel. Unser Bildungssystem ist nicht darauf ausgerichtet, Bildungsdefizite der Eltern auszugleichen. Faulheit ist nicht unbedingt die Ursache, wenn Kinder die Schule nicht schaffen oder nur schlecht schaffen.


(09.10.2012 17:12)Wallenstein schrieb:  Wir sind in den letzten Jahren ein gutes Stück zurückgerutscht. Zurückgeglitten auf ein Level, was Anzeichen eines Manchesterkapitalismus auf modernem Niveau in sich birgt.
Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Ja, und wer verdammt noch mal in die Hände spucken und etwas dagegen tun muss, ist die Mittelschicht. Es ist die Oberschicht, die diese Verhältnisse geschaffen hat.
Und die bescheuerte Mittelschicht tut alles, um sich von der Unterschicht abzugrenzen, in der festen Illusion, daß sie es schaffen könnten, irgendwann zur Oberschicht dazuzugehören.
Das werden sie nur nie. Aber in ihrem Machtstrebenübersieht die verblendete Mittelschicht, daß nur sie es in der Hand hat, an den bestehenden Verhältnissen etwas zu ändern.
Um es mal ganz billig und polemisch zu sagen- jeder kann für sich selbst die Entscheidung treffen, ob er den Vorzeige BMW fahren muss und dafür Lebensmittel und Klamotten da billig einkauft, wo Leute dafür ausgebeutet werden. Oder er kann sich entscheiden, anständige und faire Preise zu zahlen und dafür auf das, was ihm das gefühl gibt, zur Oberschicht zu gehören zu verzichten...
Nur rafft das irgendwie keiner. Vielleicht weil es mit der Bildung dann doch immer schlechter geworden ist...

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10.10.2012, 02:32
Beitrag: #12
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
Bildung schützt aber nicht von vornherein vorm Abgleiten in die Unterschicht. Kenne einige Akademiker und Ingenieure, die aufgrund ihrer "Überqualifizierung" nicht vermittelbar sind. Die sind alle keine Alkoholiker und sind nicht sozial verwahrlost. Was den einen oder anderen fehlt, ist vielleicht das Talent zur Selbstvermarktung. Letztlich hängt vieles vom Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein ab.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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10.10.2012, 06:25
Beitrag: #13
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Das hört man häufig, die Frage ist, ob es wirklich stimmt. Denn eigentlich schrumpft die Mittelschicht an sich nicht so wesentlich. Sie rutscht nur immer weiter von der Oberschicht weg in Richtung Unterschicht- die Mittelschicht wird ärmer.

Das ist doch dasselbe.



(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Irgendwie stoße ich mich an dem Komma- nimm es mir nicht übel. Unser Bildungssystem ist nicht darauf ausgerichtet, Bildungsdefizite der Eltern auszugleichen. Faulheit ist nicht unbedingt die Ursache, wenn Kinder die Schule nicht schaffen oder nur schlecht schaffen.

Nein, Faulheit ist dem schulischen Erfolg wesentlich abträglicher als mangelnde Intelligenz.
Diese lässt sich duch Fleiß und Ehrgeiz recht gut kompensieren, umgekehrt geht es wesentlich schlechter.


(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Ja, und wer verdammt noch mal in die Hände spucken und etwas dagegen tun muss, ist die Mittelschicht.

Die schultert ohnehin schon die ganze Volkswirtschaft, was soll die denn noch tun?

(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Es ist die Oberschicht, die diese Verhältnisse geschaffen hat.

Nö, die Politik; die Bürger machen sich bloß mitschuldig, indem sie das dulden.

(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Und die bescheuerte Mittelschicht tut alles, um sich von der Unterschicht abzugrenzen, in der festen Illusion, daß sie es schaffen könnten, irgendwann zur Oberschicht dazuzugehören.
Das werden sie nur nie. Aber in ihrem Machtstrebenübersieht die verblendete Mittelschicht, daß nur sie es in der Hand hat, an den bestehenden Verhältnissen etwas zu ändern.
Um es mal ganz billig und polemisch zu sagen- jeder kann für sich selbst die Entscheidung treffen, ob er den Vorzeige BMW fahren muss und dafür Lebensmittel und Klamotten da billig einkauft, wo Leute dafür ausgebeutet werden. Oder er kann sich entscheiden, anständige und faire Preise zu zahlen und dafür auf das, was ihm das gefühl gibt, zur Oberschicht zu gehören zu verzichten...
Nur rafft das irgendwie keiner. Vielleicht weil es mit der Bildung dann doch immer schlechter geworden ist...


Abgesehen von billig und polemisch, was du selber richtig erkannt hast, ist das sachlich falsch, da hochwertige Kleidung ein wesentliches Merkmal von sozialem Status ist.

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.10.2012, 06:30
Beitrag: #14
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 12:06)WDPG schrieb:  Noch was möchte ich zu Sendungen die, die Unterschicht betreffen sagen.

Der oben genannte Sido, hat vor einiger Zeit für den ORF ein Bandgründungsprojekt gemacht um einige Jugendliche aus der Unterschicht zu holen. OK, man hört von solchen Leuten leider nie wie es mit ihen weiterging und vielleicht verurteile ich das Ganze auch zu unrecht, aber ich habe das Gefühl dass, das Ganze alles andere als erfolgreich war. Kein Wunder, mir kamen die Jugendlichen aus der Unterschicht die hier gezeigt wurden, dafür das unbedingt Rapper werden wollten, reichlich lustlos waren. Fragen wie "wie sollen wir uns denn dazu bewegen?" waren zu hören. Also wenn man Rap als Hobby hat muss man das schon im Gefühl haben.[...]

Diesen Eindruck hatte ich auch. Dazu kommt, dass die Kandidaten unisono Unsympathler waren.
Die bekommen eine unglaubliche Chance, Menschen die sich für sie engagieren, und begegnen diesen mit Abschätzigkeit und Gleichgültigkeit.

Dazu kommt auch noch die Gruppendynamik. Wenn du mit lauter "Owezarern" unterwegs bist, stärkt das nicht deine Motivation.

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.10.2012, 06:34
Beitrag: #15
RE: Gutes Thema
(09.10.2012 18:01)Renegat schrieb:  Nicht der Leiharbeiter nimmt die Jobs weg, sondern die Arbeitgeber, die nur zu gern bereit sind, wegen des angeblichen Billigdruck des Marktes, Menschen zu solchen Bedingungen einzustellen.

Und es trifft besonders die jüngere Generation unter 35. Ich frage mich fast täglich, wann es zu Lohnkämpfen, Streiks, Demonstrationen kommt, irgendeine neue Form von Solidarität, es muß ja nicht der alte Klassenkampf sein.

Natürlich gibt es raffgierige Arbeitgeber.
Aber man muss schon ziemlich blind sein, wenn man glaubt, dass ein Unternehmen nicht permanent unter hohem Kostendruck steht.

MfG, Titus Feuerfuchs
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10.10.2012, 10:46
Beitrag: #16
RE: Gutes Thema
(10.10.2012 06:34)Titus Feuerfuchs schrieb:  Natürlich gibt es raffgierige Arbeitgeber.
Aber man muss schon ziemlich blind sein, wenn man glaubt, dass ein Unternehmen nicht permanent unter hohem Kostendruck steht.

Den Kostendruck gibt es doch nur wegen des fehlenden Mindestlohns und der Bündnisschwäche auf der Arbeitnehmerseite.
Dadurch wird derjenige AG mit höherem Profit belohnt, der den Produktionsfaktor Arbeit am effektivsten ausnutzt. Einen bestimmten Teil des Profits gibt er über die Preise an die Verbraucher weiter, was zu einer Ausweitung seines Marktanteils führt. Darum haben wir überall die gleichen Ladenketten und die Profite konzentrieren sich auf immer weniger Firmengruppen.
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10.10.2012, 12:53
Beitrag: #17
RE: Gutes Thema
(10.10.2012 06:34)Titus Feuerfuchs schrieb:  Natürlich gibt es raffgierige Arbeitgeber.
Aber man muss schon ziemlich blind sein, wenn man glaubt, dass ein Unternehmen nicht permanent unter hohem Kostendruck steht.
Sicher, da hast du doch recht.
Wobei es in D aber ganz extrem ist. Es gibt wohl kaum ein anderes Land auf der Welt, in dem der Preiskampf so intensiv geführt wird. Nicht in Europa, nicht in Amerika. Egal, ob hier produziert oder nur vertrieben wird.

Es geht aber vor allem um Gewinnmaximierung, und genau da ist der Lohn, das Gehalt für die Mitarbeiter, zumeist der größte zu beeinflussende Kostenfaktor.
Zumindest bei den gängigen Industrien und Unternehmungen.

Und du warst schön. In deinem Auge schien
sich Nacht und Sonne sieghaft zu versöhnen.
...
So kam dich meine Liebe krönen.
Und meine nächteblasse Sehnsucht stand,
weißbindig wie der Vesta Priesterin,
an deines Seelentempels Säulenrand
und streute lächelnd weiße Blüten hin.

(Rainer Maria Rilke)
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10.10.2012, 23:15
Beitrag: #18
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(09.10.2012 23:57)Bunbury schrieb:  Um es mal ganz billig und polemisch zu sagen- jeder kann für sich selbst die Entscheidung treffen, ob er den Vorzeige BMW fahren muss und dafür Lebensmittel und Klamotten da billig einkauft, wo Leute dafür ausgebeutet werden. Oder er kann sich entscheiden, anständige und faire Preise zu zahlen und dafür auf das, was ihm das gefühl gibt, zur Oberschicht zu gehören zu verzichten...
Nur rafft das irgendwie keiner. Vielleicht weil es mit der Bildung dann doch immer schlechter geworden ist...
Ich würde nicht sagen, dass das an der Bildung liegt, sondern einfach an dem menschlichen Bedürfnis sich abzugrenzen.
In dem Fall das Bedürfnis der Mittelschicht sich von der Unterschicht abzugrenzen. Und das geht eben am besten durch den Konsum teurer Statussymbole (Autos, Häuser, etc.) nicht durch den Konsum von fairer Kleidung oder Lebensmitteln

"Auflehnung ist das heiligste aller Rechte und die notwendigste aller Pflichten."
Marquis de La Fayette
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10.10.2012, 23:17
Beitrag: #19
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(10.10.2012 06:25)Titus Feuerfuchs schrieb:  Abgesehen von billig und polemisch, was du selber richtig erkannt hast, ist das sachlich falsch, da hochwertige Kleidung ein wesentliches Merkmal von sozialem Status ist.
Nur diese erkennt man eben nicht auf den ersten Blick. Abgrenzung durch Kleidung ist heutzutage nicht mehr so einfach, wie zum Beispiel in der frühen Neuzeit oder im Mittelalter.

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10.10.2012, 23:34
Beitrag: #20
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Unterschicht. Das klingt böse.
Eigentlich nicht, nur drifted unser Bild von der Unterschicht immer weiter ins negative ab.
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Die Frage ist aber, wie wird über sie gedacht? Inwieweit denkt der Durchschnittsmensch der Mittelschicht im RTL2-Schema?
Ich würde sagen, dass ist sehr unterschiedlich. Es gibt natürlich Leute, die in diesem Trashfernsehen-Schema denken, vor allem junge Leute, aber es gibt auch Leute, die nicht so denken.
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Ruht er sich nicht sogar darauf aus? Es ist genau die einfache Antwort, die er braucht um nicht nachzudenken, hinterfragen zu müssen, ob das alles richtig ist, was in diesem Land so abläuft.
Bei den Leuten, die so denken, würd eich sagen ja. Denn dadurch haben sie jemanden, auf den sie herabschauen können.
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Wenn man hier das klagen über die Krise und deren Auswirkungen hört. Wer spürt dann eigentlich die Auswirkungen? Und wer am stärksten?
Die Auswirkungen spüren die Unter- und Mittelschicht. Wobei die Mittelschicht am stärksten betroffen ist, da sie durch die Krise am meisten verlieren kann.
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Am Ende, hört diesen Leuten eigentlich noch jemand zu? Die SPD? kaum.
Leider kaum noch. Sad Die SPD hat sich in den letzten Jahren immer weiter von der Unterschicht entfernt.
(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  Wer vertritt eigentlich das Interesse?
Keiner. Außer vielleicht den Kommunisten. Rolleyes


(07.10.2012 22:15)Viriathus schrieb:  "[...] Einmal brachte sie ihren Kindern Jeans aus Polen mit, Marke Levros. »Klingt doch so ähnlich wie Levi’s«, sagte sie zum Trost. Peinlich wurde es, als die Mitschüler das Etikett sahen. »Da habe ich erst gemerkt, dass Klamotten auf der Coolheitsskala echt was ausmachen«, sagt Paul heute. [...]"
Gerade das ist aber schon von Region zu Region und Schule zu Schule sehr unterschiedlich. Es gibt Schulen, wo die Schüler mehr auf die Klamotten achten und Schulen, wo dem nicht so ist.
Laut Aussage meiner besten Freundin sind Klamotten in den östlichen Bundesländern nicht so wichtig, wie hier in den westlichen Bundesländern.

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