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Nachdenken über die "Unterschicht"
11.10.2012, 17:02
Beitrag: #37
RE: Nachdenken über die "Unterschicht"
(11.10.2012 13:02)Renegat schrieb:  Unser Schulsystem ist ein wichtiger Punkt der Diskussion über die Unterschicht. Ich frage mich aber, ob man alles mit fehlender Bildung erklären und mit Bildung alles erreichen kann.
Vor 40 Jahren wurden zu Zeiten Willy Brandts unter einer SPD-Regierung unser Bildungssystem geöffnet, Stichpunkte dazu: Bafög, verschiedene Möglichkeiten höhere Bildungsabschlüsse zu erwerben, 2. Bildungsweg.
Damals war mit einem Hochschulabschluss ein ordentlich bezahlter Arbeitsplatz so gut wie garantiert. Aber auch mit einer betrieblichen Ausbildung konnte man in Handwerk, Industrie oder als Kaufmann auskömmlich leben.
Selbst von an- oder ungelernten Tätigkeiten konnte man leben und wenn man sich anstrengte, sogar seine Position verbessern.
Diese Zeiten sind seit ca 20 Jahren vorbei. Bildung kann zwar die Situation verbessern, aber nur in der richtigen Sparte und wenn Beziehungen, Glück und eine geschickte Selbstvermarktung hinzukommen.
Das klassische Arbeiterbewußtsein ist schon lange abhanden gekommen, es gibt die Jobs auch gar nicht mehr. Heute werden viele Tätigkeiten so weit aufgegliedert, dass sie nach ganz kurzer Anlernphase mehr schlecht als recht zu leisten sind, das macht die Arbeitnehmer auswechselbar, das wissen die auch und das ist das Ziel, denn so kann man den Preis für Arbeit drücken.
Beispiele: Callcenter, Zustelldienste, in solchen Jobs arbeiten einige gut gebildete Menschen und haben trotzdem so gut wie keine Chance eine auskömmliche Lebensperspektive zu entwickeln.
Es kann und muß nicht jeder Leiter oder sonstige Führungskraft werden aber jeder möchte sich einigermaßen mit seiner Arbeit identifizieren und dafür ist Voraussetzung, dass diese über eine vernünftige Bezahlung und ein ordentliches Anstellungsverhältnis wertgeschätzt wird.
Ich glaube Du bringst hier sehr gut auf den Punkt, was abläuft. Und ich glaube wenn wir nicht aufpassen, fliegt uns dieser Sachverhalt noch ganz gehörig um die Ohren.
Vor allem die Zustelldienste: Du brauchst quasi nur noch Einpacker und Leute die Adressaufkleber draufheften. Das kann jeder machen. Zunehmend mehr wird übers Internet geordert: Multimedia, Bücher, Kleidung etc. etc. Auf lange Sicht ist es naiv zu glauben, dass die Anzahl der Fachverkäuferstellen nicht rapide sinken wird. Und das sind viele, und diese sind schon eher schlecht bezahlt.


(11.10.2012 15:43)Wallenstein schrieb:  Bildung ja. Abschlüsse ja. Das ist wichtig, natürlich.

Aber wenn es nur noch um das Erreichen des Abiturs und ein anschließendes Studium geht, dann ist diese Diskussion etwas zu abgehoben und geht an der Realität vorbei. Zumindest bei 50-60% der Fälle.

Wir, die Gesellschaft, brauchen nicht nur Anwälte, Manager, Lehrer, Architekten, Marketingexperten, Börsenspekulanten, Ärzte, Wissenschaftler, Ingenieure usw. - wir brauchen auch die anderen - nämlich jene, die die eigentliche Arbeit machen, die den Mehrwert schaffen.
Wir brauchen den Handwerksmeister, den Gesellen, wir brauchen den Bauarbeiter, den Bäcker, die Verkäuferin, den Produktionsarbeiter, den KFZ-Mechaniker - und, wir brauchen auch die, die die Regale einräumen und auch die Menschen, die uns den Sprit an der Tankstelle verkaufen, nicht zu vergessen jene, die in dorthin liefern.
Stimmt das wirklich? In teilen sicherlich. Aber nimm z.B. die Bäcker: Wenn Du ehrlich bist geht die Entwicklung dort hin, dass morgens um drei ein LKW vorfährt und die vorgebackenen Brötchen aus der Großbäckerei anliefert. Wo gibts denn noch echte Bäckereien? Oder denk an die Schnellbäcker, wo die Verkäuferinnen, weder einen richtigen Stuhl noch sonst irgendwas haben sodass ihre Arbeit angenehm ist.

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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