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Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter
27.01.2013, 12:27
Beitrag: #37
RE: Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter
Ptolemaios V. Epiphanes Eucharistos war von 205 bis 180 Pharao Ägyptens und der fünfte Ptolemäer (alle Jahreszahlen im Artikel meinen die Jahre vor Christus).

Ptolemaios wurde am 6. Oktober 210 als Sohn des Pharaos Ptolemaios IV. Philopator I. geboren (da manche Beinamen bei den Ptolemäern mehrfach verwendet wurden, werden die Namen mit zwei Ordnungszahlen angegeben – die erste bezieht sich auf den Namen Ptolemaios, die zweite auf den Beinamen – hier Philopator). Bereits drei Tage nach seiner Geburt, am 9. Oktober wurde er zum Mitregenten seines Vaters ernannt, der damit seine Nachfolge sichern wollte.
Unter der Regierung Ptolemaios IV. ging die Blütezeit des ägyptischen Reiches der Ptolemäer zu Ende. Die Fassade der Vorherrschaft im Osten des Mittelmeeres konnte Philopator I. aufrecht erhalten, doch die faktische Macht war verschwunden. Durch kostspielige Kriege – die nicht immer siegreich endeten – und Aufstände (Rebellionen in Nordägypten, „Pharaonenstaat von Theben“) wurde auch die wirtschaftliche Lage bedeutend verschlechtert. Gleichwohl nahm Ägypten immer noch eine bedeutende Rolle allein im Handel ein, denn so mancher Kaufmann zog die Seeroute über Alexandria und das Rote Meer nach Indien der unsicheren Seidenstraße vor.

Dies war die Situation, als der kulturliebende, aber sonst nicht sonderlich fähige Ptolemaios IV. in den Sommermonaten des Jahres 205 starb. Für den nicht ganz fünfjährigen Sohn hätte nach dem Wunsch des Verstorbenen sicherlich seine Witwe und Schwester Arsinoë III. die Regentschaft führen sollen. Doch dies missfiel den zwei mächtigsten Männern des Ptolemäerreiches, Sosibios und Agathokles, die schon unter dem untätigen eben verstorbenen Vorgänger die Fäden gesponnen hatten. Sie ließen Arsinoë kurzerhand ermorden. Es gibt aber auch Berichte, nach denen Ptolemaios IV. seine Schwestergemahlin noch zu Lebzeiten selbst umgebracht habe und dies lange Zeit verheimlicht worden sei (er war völlig seiner Mätresse Agathokleia ergeben gewesen und interessierte sich nicht für Arsinoë) oder aber dass diese bei einem durch Brandstiftung entstandenen Feuer ums Leben gekommen sei. Doch diese Überlieferungen werden von den Historikern meist abgelehnt, vermutlich wurden sie von den Verschwörern in die Welt gesetzt.
Sosibios, ein ehemaliger Sportler, und Agathokles, der in seiner Jugend Mundschenk und Geliebter Ptolemaios IV. gewesen sein soll, übernahmen jetzt die Machtpositionen. Sie besorgten zwei Urnen mit der angeblichen Asche der Toten. In denen soll sich aber dem griechischen Schriftsteller Polybios zufolge nur etwas Gewürz befunden haben. Außerdem fälschten die beiden ein Testament des toten Ptolemäers, laut dem sie die Vormünder Ptolemaios V. sein sollten und mit dem sie sich der Staatsgewalt bemächtigen konnten. Mit diesen Utensilien beriefen sie die Palastwache, die Leibgarde und die Offiziere der Armee zusammen und verkündeten einen natürlichen Tod des Herrscherpaares. Anschließend wurde dem kleinen Kind das Diadem aufs Haupt gesetzt und es zum König ernannt.

Die Versorgung des Kindes übernahm die ehemalige Mätresse Agathokleia (die die Schwester des Agathokles war) und deren Mutter Oinanthe. Doch im Laufe der Zeit kam die Wahrheit über die Testamentsfälschung ans Licht und verärgerte das Volk in Alexandria. Während Sosibios schon sehr schnell (anscheinend eines natürlichen Todes) starb, führte Agathokles noch eine ganze Weile die Regierungsgeschäfte. Potentielle Rivalen seiner Person schickte er mit diplomatischen Aufträgen auf möglichst weite Reisen. Er versuchte damit, seine Stellung zu sichern, gleichzeitig sollten die Fortgeschickten gegen Eroberungen der Nachbarländer protestieren, die die in Ausnutzung der Regierungskrise in Ägypten und auf dessen Kosten Feldzüge durchführten. Aber großen Erfolg hatten die nach Makedonien und zu den Seleukiden geschickten Männer nicht. Im Gegenteil, in einem Geheimvertrag kamen Makedonen und Seleukiden überein, die Außenbesitzungen der Ptolemäer unter sich aufzuteilen.
Auch machte Agathokles sich sehr schnell unbeliebt. Unter Tlepolemos, dem Strategen von Pelusion, bildete sich eine starke Opposition gegen seine Herrschaft heraus. Bei den nun folgenden Machtkämpfen, deren exakter Ablauf nicht weiter bekannt ist, spielten die makedonischen Soldaten, die die Palastwache bildeten, eine bedeutende Rolle, da von ihrer Gunst ein großer Teil politischen Erfolges abhing. Im Herbst 203 schließlich gelang es, Agathokles zu stürzen. Vom aufgebrachten Mob verfolgt, floh er mit seiner Familie ins Stadion, wo er schließlich erschlagen wurde. Mit ihm und mit Sosibios starben zwei Paradebeispiele für den Typus des intelligenten, aber kaltblütigen, hinterlistigen und intriganten Machtmenschen der hellenistischen Zeit. Oinanthe, die in einen Tempel geflohen war, wurde dort herausgezerrt, nackt auf ein Pferd gesetzt und im Stadion auf brutalste Weise abgeschlachtet. Der Sensationslust des Volkes kam solch ein Ereignis gerade recht.
In den Wochen der Ermordung des Agathokles kehrte auch Philammon (der Mörder Arsinoës) in die Hauptstadt Ägyptens zurück. Einige Frauen, die früher Freundinnen der umgebrachten Königin gewesen waren, töteten ihn und seine Familie.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Ergänzung zu Gordian III - WDPG - 01.12.2012, 14:12
RE: Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter - Maxdorfer - 27.01.2013 12:27

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