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Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter
13.08.2016, 16:15
Beitrag: #47
RE: Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter
In dem Unterhaltungsroman "Das dunkle Herz der Welt" verwendet die Autorin Liliana Le Hingrat übrigens das Motiv, dass Janos Hunyadys Vater in Wirklichkeit König / Kaiser Sigmund war. Ihr Janos Hunyady erfährt davon durch König Jagiello und ist letztlich selbst davon überzeugt, was sie dramaturgisch geschickt als eine Motivation für sein Handeln nützt. Die Frage, ob Sigmund tatsächlich der Vater ist oder Janos das nur glaubt, lässt die Autorin allerdings in ihrem Roman unbeantwortet. Das Verhalten von Sigmund im Roman selbst ist undurchsichtig, jedenfalls verweigert er Janos die Anerkennung, versucht allerdings immer wieder diesen mit Aussicht darauf für seine Pläne zu manipulieren.

Im Nachwort hat die Autorin allerdings erklärt, dass es offensichtlich in Rumänien durchaus Versionen gibt, die Janos Hunyady zu einem unehelichen Sohn eines früheren ungarischen Herrschers machen.

Die Abstammung von einem früheren ungarischen König wäre natürlich eine einleuchtende Erklärung für den doch relativ ungewöhnlichen Aufstieg von Matthias Corvinus. Andererseits wären Familie Hunyady nicht die erste "Aufsteigerfamilie" gewesen, die sich so eine Art Legitimation zu verschaffen versuchte oder diese von späteren Anhängern erhielt.

Da haben wir z. B. die norwegischen Könige Sverre Sigurdsson (um 1151-1202) und Håkon IV. Håkonsson (1204-1263). (Zumindest König Sverre dürfte nach dem Stand der neueren Forschung keineswegs ein unehelicher Sohn von König Sigurd Munn gewesen sein.) In dem 1864 uraufgeführten Drama "Die Kronprätendenten" / "Kongs-Emnerne" von Hendrik Ibsen finde ich es recht interessant, dass Ibsen die Frage, ob Hakon tatsächlich der Sohn von Håkon Sverreson ist, letztlich trotz der bestandenen Feuerprobe seiner Mutter offen gelassen hat. Entscheidend ist im Stück, dass Håkon davon selbst überzeugt ist.

Der Aufstieg von Francesco Sforza (1401-1466) zum Herzog von Mailand zeigt zumindest, was im 15. Jahrhundert unter bestimmten Voraussetzungen möglich war. Offensichtlich gab es damals zumindest zwei wichtige Möglichkeiten zum Aufstieg, eine kirchliche Laufbahn oder eben eine Karriere als erfolgreicher Heerführer, wobei Francesco Sforza sicher der erfolgreichste Condottiere in dieser Hinsicht war. Von Vorteil war für ihn neben seinen militärischen Erfolgen, dass Filippo Maria Visconti keine legitimen Nachkommen hinterließ, sodass sich für Sforza als Ehemann von dessen natürlicher Tochter Bianca Maria nach dem Tod seines Schwiegervaters eine Möglichkeit ergab, sich als Nachfolger einzubringen, was ihm letztlich auch erfolgreich gelang. Allerdings war das ungarische Königreich ein wesentlich größeres und komplexeres Gebiet als das Herzogtum Mailand.

Aguyar - herzlichen Dank für Deine ausführliche Beschreibung der Familienverhältnisse bei Janos Hunyady, über die ich selbst nichts gewusst habe.

Das erinnert mich ein wenig an die Grafen von Cilli, die zwar erst 1435 zu Reichsgrafen erhoben wurden (womit der spätere Kaiser Friedrich III. absolut nicht einverstanden war), aber zumindest außerhalb des HRRs bereits vor der Heirat von König Sigmund von Ungarn mit Barbara von Cilli eine recht einflussreiche Familie gewesen sein dürften, wie z. B. Beziehung zum polnischen Könighaus im 13. Jahrhundert zeigen. (Dass die Grafen von Cilli gewöhnlich als reine Aufsteigerfamilie von Sigmunds Gnaden dargestellt werden, könnte damit zusammenhängen, dass für die deutschsprachigen Historiker die "europäische" Geschichte des Mittelalters gewöhnlich vor den "Grenzen" des HRRs endet.)

Mit Blick auf die Grafen von Cilli stellt sich für mich schon die Frage, ob vielleicht der Aufstieg der Hunyadys ähnliche Voraussetzungen hatte, zudem über die Lage im damaligen Rumänien eigentlich wenig bekannt ist.

Daneben könnte vielleicht die Karriere des Georg von Podiebrad einige Hinweise geben. Immerhin zeigt sein Werdegang gewisse Parallelen zu Janos Hunyady, wenn gleich ihm die Überlieferungen charakterlich ein ganz anderes Charakterprofil hat.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Jugendliche Herrscher in Antike und Mittelalter - Teresa C. - 13.08.2016 16:15

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