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Olivia di Havilland als Maid Marian
01.08.2020, 15:47
Beitrag: #1
Olivia di Havilland als Maid Marian
Der kürzliche Tod der einst sehr bekannten Hollywood-Schauspielerin Olivia de Havilland, sie immerhin über 100 Jahre alter, weckt bei mir Erinnerungen, die ihre Rolle als Maid Marian betreffen. Ich erinnere mich noch gut an jenes Jahr, wo gleich zwei Robin Hood-Filme ins Kino kamen, das dürfte vor etwas dreißig Jahren gewesen sein. Der Film mit dem letztlich irreführenden Titel "Robin Hood - Ein Leben für Richard Löwenherz" mit Patrick Bergin und Uma Thurman, meiner Meinung nach der interessantere Streifen, hatte zwar den Vorteil, dass er als erster in Österreich gespielt wurde, konnte es aber letztlich nicht mit dem anderen Film "Robin Hood - König der Diebe" aufnehmen, mit Kevin Kostner (er galt damals gerade durch seinen Oskar-prämierten Western "Der mit dem Wolf tanzt" ein Hollywood-Shooting-Star geworden) und Mary Elizabeth Mastantonio. Heute ist der Film eigentlich nur mehr wegen Morgan Freeman, der hier einen Mauren spielt, den Robin Hood auf dem Kreuzzug kennen gelernt hat, und dem Sheriff von Nottingham (das war damals Alan Rickman, und angeblich soll der Film sogar für die erste Kinofassung umgeschnitten worden sein, damit dieser Robin-Kostner nicht die Show stiehlt) bekannt. Interessant ist aus heutiger Sicht, dass man sich damals, obwohl Robin Hood eher ein Legenden- als ein historischer Stoff ist, noch eine Geschichte ausgedacht hat, wie dieser zu einem farbigen Begleiter kommt.

Immer wieder wurde auch behauptet, dass die Marian der Mary Elizabeth Mastantonio eine moderne Frau darstellen würde. Wie eine Bekannte damals meinte - im Vergleich zu früheren Marians wäre sie viel selbständiger und aktiver. Als Beispiel führte sie die Marian der Olivia de Havilland an, die wohl wirklich nur weiblicher Aufputz gewesen wäre. Ich war schon damals anderer Meinung.

Sicher, auf den ersten Blick wirkte Mastantonio als alleinstehende Burgherrin, die sogar in einer Szene mit dem Schwert herumfuchtelt, ganz wie eine starke Frau. Aber eben nur vordergründig. Sicher, sie darf dem Helden zu mehr Hygiene raten und mit ihm die Klinge kreuzen und zusammen ihrer Dienerin zwei etwas trottelige Gefolgsleuten von ihm aus dem Sattel hauen, aber das war es dann schon. Gegen die richtigen Bösewichte ist sie dagegen hilflos. Völlig naiv vertraut die Gute dem bösen Bischof (oder war der ohnehin nur ein Abt). Dem ebenfalls bösen-neurotischen Sheriff, der sie zur Ehe zwingt, hat sie auch nichts entgegenzusetzen. (Sehr deutlich die Szene bei der Hochzeit, wo er ihr einfach den Mund zuhält.)
(Allerdings ist anzumerken, dass die filmische Inszenierung einer Frauenfigur als nur vordergründig emanzipiert, auch nach dreißig Jahren noch beliebt ist. So funktioniert die Maria von Burgund in der Maximilian-Serie nach demselben Schema, zunächst angeblich modern, sie will selbst herrschen, was eigentlich nur Chaos, Krieg und Hinrichtungen zur Folge hat - dann brave, verliebte Ehefrau und auf Beten und Sozialarbeit beschränkt, womit sich wieder einmal bestätigt, dass Frauen gut daran tun, Kämpfe und Politik den Männern zu überlassen.)

Olivia de Havilland, in den 1930er-Jahren (also über 50 Jahre früher) fuchtelt in keiner einzigen Szene mit einem Schwert herum, sie hat nie eines in der Hand. hatte nie ein Schwert in der Hand. Und trotzdem ist sie viel aktiver, stärker und selbständiger als eine Mastantonio. Diplomatisch und elegant, ganz Dame, hält sie sich zunächst einen nicht erwünschten Verehrer (Basil Rathbone), mit der böse John (Claude Rains) sie verkuppeln will, auf Distanz. Zwar merkt man sofort, dass sie von Robin Hood / Errol Flynn angetan ist, aber er muss erst einmal ihr den Beweis liefern, dass er eben für eine gerechte Sache kämpft - gutes Aussehen und Charme sind offensichtlich für diese Marian zu wenig. Dass sie bei seiner Befreieung seinen Leuten geholfen hat, zeitgerecht in die Burg zu kommen, wird zwar nicht gezeigt, aber aus wird behauptet und durch das, was gezeigt wird, bestätigt. Havilland-Marian lehnt es ab wie Mastantonio ab, Robin in die Wälder zu folgen, weil sie überzeugt ist, dass sie seinem Kampf, der nun auch ihr Kampf ist, von der Burg aus (im Umfeld von König John) besser unterstützen kann, womit sie anders als Mastantonio-Marian, die durch ihr Vertrauen in eine falsche Person, die Gefangennahme ihrer Dienerin, ihre Entführung und die Entdeckung mit Überfall auf Robin Hoods Lager zu verantworten hat, recht behält. Havilland-Marian fliegt erst auf, als sie entdeckt hat, dass Prinz John seinen Bruder Richard ermorden lassen will und wird gefangen genommen, als sie versucht, Robin Hood eine Nachricht durch ihre Zofe Bess zu kommen zu lassen. Den Anschlag auf Richard kann trotzdem verhindern, auch nachdem John die Nachricht zerrissen hat, sorgt Zofe Bess dafür, dass ihr Liebhaber (Munch) davon erfährt und den König im Alleingang retten darf. Aber auch als Gefangene ist Havilland-Marian weder mundtot zu kriegen noch wehrlos., König John bekommt von ihr eine gehörige Standpauke, und ist dabei selbstverständlich wieder ganz Dame, was wohl ihre Spezialität war.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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