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Eberhard im Bart als Produkt einer Übermutter?
10.03.2021, 20:30
Beitrag: #8
RE: Eberhard im Bart als Produkt einer Übermutter?
(05.03.2021 22:51)Bunbury schrieb:  Mir fallen zwei Dinge auf:
Das erste ist die überzogene Mutterdarstellung. Sie entpricht natürlich dem urkatholischen Mutterbild- die Mutter, die sich zum Wohl des Sohnes aufopfert und alles für ihn tut, damit er seine Ziele erreicht. Das ist ein altes römisches Motiv (das meiner Meinung nach mit Paulus in die Christliche Lehre gekommen ist, aber das ist wieder ein anderes Thema) und zeigt auch ganz gut auf, dass es Frauen im Mittelalter selten direkt, sondern nur über Beherrschung eines Mannes "zu etwas gebracht" haben.

Das zweite, was mir auffällt, ist die zeitliche Parallele des Romans zu Freud- und da liegt die Vermutung nahe, dass die Autorin in ihrer Ausgestaltung der Figurenkonstellation sich auch gegen Freuds Thesen zur Wehr setzen wollte.
Das ist aber nur eine Vermutung.

Einen historschen Roman psychologisch zu beleuchten, ist insofern schwierig, als dass der Roman ja nur das erzählt, von dem der Autor denkt, dass es so gewesen sein könnte. Psychologisch gesehen verrät also der historische Roman mehr über den Autor als über die historische Figur.

Aber warum sollte ein Konflikt zwischen Mutter und Sohn stattfinden? Wenn die Mutter wirklich alles zum Besten des Sohnes einrichtet, warum sollte ein so erzogener Sohn dagegen aufbegehren? Ein Aufbegehren würde es nur geben, wenn die Ziele der beiden nicht übereinstimmen. Aber dazu bietet dein Text keinen Anhaltspunkt.

Mit der Vermutung, dass die Autorin bei ihrer Figurenkonstellation gegen Freuds Themen zur Wehr setzen wollte, könntest du übrigens richtig liegen. Jedenfalls ist auffallend, dass Ideen wie ein Oedipuskomplex, die sich für den Roman angeboten hätten, nicht einmal ansatzweise vorkommen. (Eberhard ist zwar im Roman ziemlich eingeschnappt, als er erfährt, dass seine Mutter sich mit Erzherzog Albrecht verlobt hat, beruhigt sich nach einem Gespräch mit seinem besten Freund recht rasch. Ein wirklicher Konflikt mit seinem Stiefvater kommt nicht vor, auch eine mögliche Rivalität ist kein Thema)

Davon abgesehen ist auffallend, dass Liebesformen "außerhalb von Verwandtschaft" im Roman nur zweimal vorkommen, und beide Male kein glückliches Ende haben. In einem Fall bezahlt die verliebte unschuldige junge Frau mit dem Leben, in dem sie trotz aufziehendem Gewitter zum vereinbarten Rendezvous geht. Im anderen Fall läuft es in etwa nach der Formel: Zunächst tat er alles, um sie, die er schon immer geliebt hatte, zu kriegen (beziehungsweise als Ehefrau zu gewinnen). Nach der Eheschließung tat er nichts, um sie zu halten, sondern glänzt durch ständige "beruflich" bedingte Abwesenheit.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Eberhard im Bart als Produkt einer Übermutter? - Teresa C. - 10.03.2021 20:30

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